"Sind so kleine Hände...": Die Liedermacherin und Schauspielerin Bettina Wegner hasste ihr berühmtestes Lied. In der
Doku "Bettina" erzählt sie, wie sie sich wieder mit ihm versöhnt hat.
Bettina Wegner hatte schon als junge Frau und überzeugte Sozialistin in der DDR ihren eigenen Kopf. Mit 21 Jahren stand sie als junge Mutter vor Gericht, weil sie gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 "agitiert" hatte. Die Tonaufnahmen aus der Gerichtsverhandlung zeigen, wie mutig Bettina Wegner im Angesicht des als Rechtsapparat auftretenden Unrechtsstaates ihre Werte vertritt - mit Würde und Aufrichtigkeit. Sie hatte nur Flugblätter verteilt: Wäre sie 25 Jahre zuvor geboren, hätten ihre Ansichten sie ihr Leben gekostet.
Ihr Repertoire sind (traurige) Liebeslieder, gesellschaftskritische und politische Songs. Mir fällt keine Künstlerin ein, der ich zu 100% abnehme, dass sie die Dinge genau so ausspricht, wie sie sie meint. Ihre Stimme, die zwischen Zartheit und Pathos wechselt; die einfachen Melodien, die kondensierten Texte - das alles macht Bettina Wegner für mich eine deutsche Ausnahmekünstlerin. Sie war auch als Feministin ihrer Zeit voraus, und sie musste sich in ihrem Leben zwei Systemen stellen, einem, das Bettina Wegner nicht länger als Staatsbürgerin wollte, und einem, dass nicht zur Heimat von Bettina Wegner werden konnte.
Von der Künstlerin bin ich sehr beeindruckt. Die
Doku "Bettina" auf
ÖRRflix hat genug damit zu tun, die Stationen ihres Lebens in 105 Minuten nachzuzeichnen. Für einen umfassenderen, abgestufteren Blick war keine Zeit. Gerne hätte ich mehr erfahren, von Weggefährt:innen und auch von ihren Kindern, inwieweit sie den Preis der Aufrichtigkeit/des Widerstandes ihrer Mutter mitgetragen haben.