@ Jörgzum Schluss 127 NSCs und diese Vielfalt von Statisten
Bei dem Aufwand, den Du da betreiben willst, nehme ich an, Du meinst Nebendarsteller und nicht "Statisten"; letztere sind die Jungs, die im Hintergrund rumstehen und allenfalls "Jawoll, Sturmbannführer" sagen dürfen.
@1of3In der Literatur entstammt das Konzept der Archetypen der monomythischen Theorie von Jospeh Campbell (nicht der mit den Suppen) , der es wiederum von Carl Gustav Jung entlehnt hat, dessen Wurzeln auf Plato usw. Jedenfalls hat Campell da nichts Neues gemacht, sondern nur Altbekanntes verbraucherfreundlich verpackt und konkret auf Literatur angewandt. Ich glaube, irgendwo im Hintergrund springt auch noch Freud herum, aber da täusche ich mich vielleicht auch.
Ins Creative Writing US-amerikanischer Geschmacksrichtung hat das Konzept Eingang gefunden v.a. durch George Lucas' "Krieg der Sterne" und durch eine Vielzahl selbsternannter "Screenwriting-Gurus". Eines der erträglicheren Bücher zum Thema ist Christopher Voglers
Die Odyssee des Drehbuchschreibers, der getreu nach Campbell folgende Archetypen aufstellt: Held, Mentor, Schwellenhüter, Herold, Gestaltwandler, Schatten und Trickster.
EDIT: Hier ist ein schönes
informatives Link zum Thema. (Englisch).
My 2c Der Varianten dieses Musters sind also viele, weshalb ich ein Absolutum wie
"es gibt im Rollenspiel und der Literatur zwölf (archetypische) Personen" schon als kühn bezeichnen möchte, was durch Abledern der Frage nach den Quellen nicht besser wird. Für mich klingt diese spezifische Liste mehr nach Aufstelltherapie, aber was solls.
Prinzipiell wirkt sich Kategorisierung in meiner Erfahrung als Lohnschreiber sehr negativ und begrenzend aus, obwohl sie ein gutes Mittel zur retrospekten Analyse darstellt (Campells Theorien haben durchaus einiges für sich). Sie sind ein gutes Mittel zur Betrachtung, ein schlechtes Werkzeug zur Schöpfung, denn sie reduzieren eine Figur zu sehr auf ihre Funktion (sog. Korsetteffekt) und erkennen sie nicht als Person mit einer Entwicklung an. Eine solche Figur ist vorn vorneherein sehr oft dramturgisch verkrüppelt. "Oh verdammt, einen inneren Konflikt braucht er ja auch, eh, er ist... arbeitslos... und das... mmh... das treibt ihn in den Alkohol." Wann immer ich eine Figur sehe, deren Drogenkonsum plotirrelevant ist, weiß ich, daß der betreffende Autor keinen Zustand inneren Verlangens hat definieren können. --> Bad Writing.
Jörg selbst spricht von "Normierung", und das ist tatsächlich der Fall. Wenn sich auch rechnerisch soundsoviele Kombinationen ergeben, so werden doch immer wieder bestimmte Kombis Verwendung finden, und das ist eine sehr überschaubare Menge. Damit kann man vielleicht eine Story umreißen, aber auf Dauer keinen Plot umsetzen, der nicht genormt wirkt.
Ich halte es für besser, Nebendarsteller minimal im Vorfeld zu umreißen und primär ihren Kern als Person, dann erst die Besonderheit für den Plot (so vorhanden) in ein, zwei Sätzen zu beschreiben. Am Tisch lasse ich sie ggf. wachsen, wenn es notwendig werden sollte. Ich führe alle NSC (auch die Obstverkäuferin mit der erinnerungswürdigen Zeile "Äpfel! Frische Äpfel") in unserer Wiki im Bereich mit SL-Zugriff. Daß meine Gruppe (fast) immer brav ihre 6000-Wörter-Protokolle eine Woche vor der nächsten Session abliefert, hilft ungemein dabei, auch die impromptu-Details nicht zu übersehen, die meinen Spielern aufgefallen sind.
Bei NSC-Hauptcharakteren (villain, elderly male advisor, family, love interest, patron, high priest, nobles, the lot) verwende ich das 21-Fragen-Schema, das sich sehr gut bewährt hat, weil man den Charakter weniger aus seiner Funktion heraus begreift als vielmehr aus seiner Umwelt als Person sieht. Nachher kann man ihm dann ja eine Funktion zuweisen und ggf. Details abändern.