Ich habe gerade schockiert festgestellt, dass ein hervorragender Webcomic hier nirgends erwähnt wird:
Gunnerkrigg Court (link zeigt auf die erste Seite) von Tom Siddell. Vom Genre her würde ich den Comic unter Fantasy/Mystery einordnen, mit einer guten Portion Humor zwischendrin. Wohlgemerkt, die Sorte Mystery, bei der der Autor die Fragen, die er aufwirft, auch auflöst, statt einfach irgendwelches Zeug passieren zu lassen, wie es in manchen anderen Vertretern des Genres gerne gemacht wird.
Es geht um ein Mädchen namens Antimony Carver, die auf ein britisches Internat namens "Gunnerkrigg Court" geht. Diese Schule ist allerdings recht ungewöhnlich. Statt aus ein paar Schul- und Wohngebäuden besteht der Court aus einem gewaltigen Industriekomplex, voller verwinkelter Gänge und riesiger Anlagen. Direkt neben der Schule befindet sich ein dunkler Wald, der mit der Schule über eine Brücke verbunden ist, die auf beiden Seiten von einer langen Reihe von Laternen gesäumt wird, so dass es unmöglich ist, sie unbemerkt zu überqueren. Carver stellt schnell fest, dass an dieser Schule noch einiges anderes merkwürdig ist und zusammen mit ihrer guten Freundin Kat findet sie immer mehr darüber hinaus, was vor sich geht.
Vom Erzählstil her erinnert mich der Comic des öfteren an Neil Gaiman (der den Comic übrigens mal in seinem Blog empfohlen und verlinkt hat), weil Siddell gerne Figuren aus verschiedenen Mythologien und Sagenwelten benutzt, insbesondere der britischen (d.h. englisch, walisisch, schottisch und irisch) und der ur-amerikanischen. Ein weiteres starkes Stilelement ist Alchemie, oder vielmehr alchemistische Symbolik. So wird z.B. jedes Kapitel mit dem alchemistischen Symbol für Antimon beendet und man sieht oft diverse andere alchemistische Symbole im Hintergrund, oder auf den einleitenden Titelseiten von Kapiteln.
Der Zeichenstil ist manga-artig, mit einem recht einfachem, aber hübschem Charakterdesign und detaillierten Hintergründen.
Erzählt wird Gunnerkrigg Court in abgeschlossenen Episoden, die unterschiedlich stark mit dem übergeordneten Plot zusammenhängen. Es wird immer wieder auf frühere Ereignisse eingegangen, aber das nimmt nicht Überhand und ich habe bisher noch nie erlebt, dass ich nicht verstehe was vor sich geht, ohne das klar war, dass der Leser das an der Stelle noch gar nicht verstehen kann (oder eher "verstehen muss" - wie bei guter Mystery üblich kann man viel über die Geschehnisse nachgrübeln und sich den ein oder anderen Zusammenhang schon vorher denken, ohne das das zwingend nötig wäre, um mitzukommen).
Der Update-Schedule von Sidell ist sehr stabil, da er immer Comics auf Vorrat zeichnet und großen Wert darauf legt, kein Update zu verpassen. Neue Seiten gibt es immer Montags, Mittwochs und Freitags.
Ich habe bisher ca. 300 Seiten von den aktuell 520 gelesen und bin immer begeisterter. Zur Zeit würde ich Gunnerkrigg Court auf den zweiten Platz hinter meinen Lieblings-Webcomic stellen, Girl Genius.
The Stranger