Autor Thema: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen  (Gelesen 51058 mal)

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Offline Dirk Remmecke

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #200 am: 2.03.2009 | 13:20 »
Ok, Romane sind auch bloß ein sehr naheliegendes Beispiel. Ich wollte bloß damit ausdrücken, daß ebenso wie Fantasy-Shops praktisch nicht vom RPG-Verkauf alleine überleben können, sich auch RPG-Verlage überlegen sollten, sich mehr als ein Standbein aufzubauen und RPG eher nebensächlich zu vertreiben (und das eher aus Gründen des Idealismus).

Aber genau das tun die erfolgreichen Verlage doch schon seit Jahren!

Aus dem Report to the Stakeholders: 2009 von Steve Jackson Games:
Zitat
We expected 2008 to be a very good year, and it was. Our 2008 gross was a bit over $2.9 million, only a small increase over 2007. However, it was considerably more profitable than 2007. We did much better with only a little more gross income because:

    * We continued to keep Munchkin in print almost 100% of the time.
    * We focused more on board and card games, and less on RPGs. The profit margin on RPGs is lower, especially at low print runs.
    * We moved more of our printing offshore, which cut printing bills a great deal.
    * We spent a lot less time talking to computer game companies.

Our most important product, even more than last year, is the Munchkin card game. The Munchkin line, including the new Munchkin Quest boardgame, accounted for almost exactly 75% of our sales in 2008! Munchkin is now available in 13 languages. The GURPS roleplaying system is still the other main component of our sales, and the mainstay of the e23 PDF library.

Ich habe dieses Beispiel zitiert, weil es öffentlich zugänglich ist (wie auch die Stakeholder Reports der Jahre davor), aber es gilt in ähnlichem Maße auch für andere Verlage, auch deutsche!
Für Pegasus hat Munchkin die gleiche Bedeutung wie für Steve Jackson, und dazu macht Pegasus noch Vertrieb und Normalo-Brettspiele (sehr interessant, wie nach und nach alle meine Lieblingsspiele der Achtziger und Neunziger Jahre bei Pegasus neu aufgelegt werden...), Ulisses macht neben DSA (und anderen Rollenspiellinien) ebenfalls Brett- und Kartenspiele, Vertrieb und Miniaturenspiele, Feder & Schwert hat ein Horror-/Fantasy-Belletristik-Standbein, FanPro war vor der Verzettelung ebenso ein Gemischtwarenladen (und wer weiß, vielleicht war der sukzessive Rückzug aus dem Vertriebsgeschäft der Anfang vom Ende) und ist heute nur noch im Buchgeschäft.

Dein Ratschlag kann sich eigentlich nur an Nachzügler-Verlage wie Vortex, 13 Mann, Prometheus/Assertpress, Nackter Stahl, Red Brick und ähnliche Gruppierungen wenden, die aber schon von vornherein andere Geschäftsmodelle und Vertriebskonzepte (Direktvertrieb, PoD) haben.

Offline reinecke

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #201 am: 2.03.2009 | 13:22 »
D.h. wir sollten auf die Savage-Worlds-Romane von Prometheus hoffen?

Kinshasa Beatboy

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #202 am: 2.03.2009 | 15:22 »
D.h. wir sollten auf die Savage-Worlds-Romane von Prometheus hoffen?
Zum Bleistift  ;D Wär doch super!

Offline MSch

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #203 am: 2.03.2009 | 16:55 »
Zum Bleistift  ;D Wär doch super!

Argl, ich möchte den Dreck, den ich spiele, doch nicht wirklich lesen!

Und ich kann mir nicht vorstellen, daß ein käsiges SW-Setting, in dem man tierisch gut absavagen kann, sich auch nur entfernt für einen Roman eignet. Allein der Gedanke läßt mich erschaudern!


Ciao,

Martin



Kinshasa Beatboy

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #204 am: 2.03.2009 | 17:02 »
Argl, ich möchte den Dreck, den ich spiele, doch nicht wirklich lesen!

Und ich kann mir nicht vorstellen, daß ein käsiges SW-Setting, in dem man tierisch gut absavagen kann, sich auch nur entfernt für einen Roman eignet. Allein der Gedanke läßt mich erschaudern!


Ciao,

Martin
Das ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Mir ist das aber weitgehend egal, denn die literarische Qualität von Rollenspielromanen geht mir nahezu vollkommen am Arsch vorbei. Ich betrachte solche Romane eher als ausführliche und zumeist einigermaßen professionell zusammengestellte Sammlung eines Spielrundenberichts. Und mit dieser Vorgabe quäle ich mich dann durch die Seiten und ignoriere das zumeist vollkommen fehlende literarische Talent der Schreiberlinge. Bei Shadowrun hat das beispielsweise recht gut funktioniert, bei DSA auch, momentan lese ich mit Vergnügen Kurzgeschichten zu Orpheus und selbst bei trashigeren Settings wie ShadowWorld oder Talislanta haben mir Romane und Kurzgeschichtensammlungen sehr geholfen.

Offline Feuersänger

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #205 am: 2.03.2009 | 17:07 »
Gerade _weil_ sich die meisten RPG-Romane wie Mitschriften einer Spielrunde lesen, finde ich sie ja gerade so furchtbar. Wie kann man sich nur sowas antun? Und wieso gibt irgendjemand für sowas auch noch Geld aus?
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Zitat von: ErikErikson
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oliof

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #206 am: 2.03.2009 | 17:20 »
Ist doch egal, solange ich es nicht lesen muß und die Verlage durch die Einnahmen überleben können.

Kinshasa Beatboy

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #207 am: 2.03.2009 | 17:20 »
EDIT: Sorry für den OT-Exkurs zur Lesbarkeit von Rollenspielromanen.
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« Letzte Änderung: 2.03.2009 | 17:23 von Kinshasa Beatboy »

Ludovico

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #208 am: 2.03.2009 | 17:41 »
Aber genau das tun die erfolgreichen Verlage doch schon seit Jahren!

Danke für die Hervorhebung! Die erfolgreichen Verlage konzentrieren sich auf andere Sparten und weniger auf RPG. Die weniger erfolgreichen bleiben bei RPGs.

Zitat
Dein Ratschlag kann sich eigentlich nur an Nachzügler-Verlage wie Vortex, 13 Mann, Prometheus/Assertpress, Nackter Stahl, Red Brick und ähnliche Gruppierungen wenden, die aber schon von vornherein andere Geschäftsmodelle und Vertriebskonzepte (Direktvertrieb, PoD) haben.

Und deshalb wirst Du mit großer Wahrscheinlichkeit auch diese Verlage entweder bald gar nicht mehr finden oder sehen, daß sie ihr Produktsortiment erweitert haben oder allenfalls werden sie nebenbei betrieben und deren Produkte eine geringere Professionalität aufweisen, die auf Liebhaberei stoßen.

Die Vertriebskonzepte sind zwar kostensparend, aber dadurch werden sie vor allem Insidern bekannt.

Mit Rollenspielen allein kann man keinen Verlag erfolgreich betreiben. Deshalb denke ich, daß die Produktion von RPGs in Zukunft eher wieder in den Wohnzimmern als Hobby stattfinden wird und im kommerziellen Bereich nur noch einige wenige beliebte RPGs nebenbei von WOTC und co. vertrieben werden.

Offline Backalive

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #209 am: 3.03.2009 | 21:33 »

Yep. Das ist klar.
Es wird auch in Zukufnt gerade mal eine Handvoll Systeme geben, ich denke hier an DSA, Shadowrun, Midgard, Ctullhu und D&D, die als kommerzielle Produkte, evtl. zusätzlich mit weiteren Artikeln und Accessoires Verlage die Möglichkeit bieten, auskömmlich Geld zu verdienen.
Bei den anderen wird es Hobby bleiben bzw. im besten Fall einen semi-wirtschaftlichen Charakter annehmen.

Andererseits hat RPG den Touch, etwas exklusives für Schüler und Studenten zu sein, zu dem das niedere Volk keinen Zugang zu finden braucht. Solange das so bleibt, findet auch das P&P-Rollenspiel keine weitere Durchdringung am Markt.

Romane sind sicherlich eine Möglichkeit. Über die Qualität wurde vostehend schon trefflich diskutiert. Aber auch hier gibt es gute, schlechte und unterirdische  ;D  . Bei Büchern anderer Genres ist das aber genauso.
Nichtsdestotrotz ist das nicht das alleinig selig machende, wie am Beispiel FanPro zu sehen war. Trotz vieler Bücher haben sie letztendlich ihr Flaggschiff 'DSA' abgestoßen.
Ein Krämerladen allein hält also einen Verlag nicht über Wasser. Er muß sich umtun, wenn er seine Produkte an die Spieler bringen will.
Fehlt einem allein das Geld für starke Marketingaktionen bleibt die Möglichkeit des Zusammenschlusses mit Gleichgesinnten, z.B. innerhalb eines Verbandes o.ä. wie bereits weiter vorne diskutiert, um gemeinsam das Feld zu bereiten. Oder man sucht Kontakt zu bereits im Markt etablierten Händlern wie Kaufhausketten, beispielhaft sei hier Karstadt genannt.

Das dem einen oder anderen egal ist, was mit den Verlagen passiert ist klar. Sie sehen keinen direkten Vorteil für sich darin. Wie aber die Rollenspiellandschaft aussehen würde, wenn es sie nicht mehr gäbe, möchte ich mir auch nicht vorstellen  :(  .

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Offline Maarzan

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #210 am: 15.03.2009 | 09:09 »
Eine ähnliche Überlegung:
Wie muss eigentlich das Portfolio eines Verlags aussehen, damit er wirtschaftlich überleben kann.
Ein Werk hat ja nun einmal eine bestimmte Marge, zu der es absetzbar ist.
Man kann weder allen Leuten etwas verkaufen, noch der bestehenden Zielgruppe zu einem beliebig hohen Preis.
Auch über Werbung, neue Produkte die neue Schichten ansprechen (und alte vielleicht verprellen) sidn nicht beliebig viele Neuspieler zu gewinnen.

Um als Verlag professionell erfolgreich zu sein, ist ein Mindestgewinn notwendig um die Gehälter der Beteiligten zu bezahlen.

Wie sähe denn dann ein Verkaufsprofil für diesen Mindestumsatz beispielhaft aus (X Grundregelwerke zu y € @ z Gewinn, entsprechendes für Hintergrundswerke, Zusatzregeln, Abenteuer und meinetwegen auch Nebenprodukte wie Romane, Figuren etc)?

Wie viel Geld muss ein Verlag aus einem typischen ( in der Zahl ja begrenzten) Spieler eines Systems "saugen"  und wie muss umgekehrt dann das Angebot aussehen, damit der normale Spieler das auch zahlt?

Pure beispielhafte Spekulation ohne Ahnung um erläuternde Beispielzahlen zu haben :
Produktlebenszeit einer Edition 5 Jahre. Ein durchschnittlicher Spieler muss über diese 5 Jahre dem Verlag 500 € Umsatz (75€ Gewinn) beschert haben, bis er die neue Edition kauft oder durch eine neue Generation Spieler ersetzt wird. 10000(!) von diesen durchschnittlichen Spieler würden dann 5 hauptamtliche Mitarbeiter a 30000 € Personalkosten durchfüttern.

Irgendwie hört sich das sehr trübe an und für 500€ wird der Spieler dann doch wohl so einiges an Material sehen wollen und es muss eigentlich noch mehr Material geben, das man an überdurchschnittlich kaufende Spieler abgeben kann, um diejenigen auszugleichen, die nur das Grundregelwerk holen. (und zwingt Verlage so zu komplexen oder zumindest materialreichen Spielen)

Oder ist da ein Denkfehler/hat jemand optimistischere Zahlen?

Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Kinshasa Beatboy

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #211 am: 15.03.2009 | 09:45 »
Pure beispielhafte Spekulation ohne Ahnung um erläuternde Beispielzahlen zu haben :
Produktlebenszeit einer Edition 5 Jahre. Ein durchschnittlicher Spieler muss über diese 5 Jahre dem Verlag 500 € Umsatz (75€ Gewinn) beschert haben, bis er die neue Edition kauft oder durch eine neue Generation Spieler ersetzt wird. 10000(!) von diesen durchschnittlichen Spieler würden dann 5 hauptamtliche Mitarbeiter a 30000 € Personalkosten durchfüttern. [...]
Oder ist da ein Denkfehler/hat jemand optimistischere Zahlen?
Nein, da ist kein Denkfehler und es hat auch niemand optimistischere Zahlen. Das ist ja gerade das Problem, das einige Leute hier so beharrlich ignorieren. Die Wahrheit lautet: es ist nahezu unmöglich, mit Rollenspielen in Deutschland einen professionellen Verlag mit Gewinnabsicht zu betreiben. Punkt.

Offline Feuersänger

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #212 am: 15.03.2009 | 09:52 »
Hier mal zum Vergleich eine Modellrechnung von Sean K. Reynolds:
http://seankreynolds.com/rpgfiles/rants/rpgsaretooexpensive.html

Kurze Zusammenfassung: er rechnet die Preisgestaltung eines 32-seitigen Moduls vor.

Disclaimer: keine Ahnung, ob seine Angaben bei der Preisgestaltung stimmen; ich hege so meine Zweifel, dass sich ein Distributor (also Zwischenschritt zwischen Verlag und Einzelhändler) erlauben kann, 100% aufzuschlagen.
Er behauptet jedenfalls, dass nur 25% des Ladenpreises beim Verlag landen. Von diesem Geld muss also der Druck bezahlt werden, und vor allem die Autoren, Künstler, Layouter, und wer noch so alles an der Produktion beteiligt ist. Laut SKRs Rechnung summieren sich diese Kosten bei einer Auflage von 10.000 (wenn die auch komplett verkauft wird) auf ca. 10% des Ladenpreises. Ergo: 15% des Ladenpreises bleiben beim Verlag als Gewinn hängen, und zwar _nachdem_ das Personal bezahlt ist.

Das wäre also eigentlich gar nicht so übel. Das Problem speziell bei deutschsprachigen Rollenspielen ist freilich, dass man auch _zuverlässig_ 10.000er Auflagen verkaufen muss, und zwar von _jedem_ Produkt einschließlich Abenteuer, und das auch noch _ständig_, weil man ja laufende Kosten hat, wie du schon richtig sagst. Man muss ungefähr 10.000 Exemplare pro Monat verkaufen, damit diese Rechnung aufgeht. Und hier wird es langsam utopisch.
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Offline Der Nârr

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #213 am: 15.03.2009 | 10:16 »
Vor einigen Jahren hat FanPro mal einen Workshop zu Verlags-Interna auf der RatCon gehalten, hier gibt es eine Zusammenfassung:

http://www.vinsalt.de/Ticker/ratcon03_5.htm

Damals (2003) wurden DSA-Boxen im Erscheinungsjahr noch in einer Auflage von 20.000 Stück verkauft, Abenteuer in einer Auflage von 2000-3000 insgesamt. Ende der 90er sei der Verkauf von Abenteuern in der Erstauflage 3-4x so gut gewesen.


Wie sieht es denn aber nun konkret aus, es wird ja viel herumtheoretisiert. Wo zeigt sich die schlechte wirtschaftliche Lage der Verlage?

Spontan kommen mir hier Eden Studios in den Sinn, die kaum noch publizieren können, aber auch Chaosium (wenn auch nicht so hart und wohl wieder im Aufwind befindlich). Steve Jackson Games konnte Gurps 4th Edition bei weitem nicht so gut unterstützen, wie ursprünglich angekündigt (jeden Monat ein Hardcover) und veröffentlicht vieles rein als PDF. Was bei FanPro nun tatsächlich gelaufen ist (Pleite oder nur Rückzug von Fuchs aus dem Geschäft), weiß man nicht. Ansonsten sehe ich im Moment einige Kooperationen, aber auch noch offensichtlich aufstrebende Verlage die auch neue Projekte wagen (Prometheus, Ulisses). Aber ich meine jetzt Beispiele, wo Produktlinien tatsächlich zurückgefahren oder eingestampft werden bei alteingesessenen Verlagen.
« Letzte Änderung: 15.03.2009 | 10:27 von Hamf aus der Dose »
Spielt aktuell Deadlands reloaded
Spielleitet aktuell gar nix
In Planung Fate Core, Pendragon

Kinshasa Beatboy

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #214 am: 15.03.2009 | 10:35 »
Ansonsten sehe ich im Moment einige Kooperationen, aber auch noch offensichtlich aufstrebende Verlage die auch neue Projekte wagen (Prometheus, Ulisses).
Ulisses hatte vergleichsweise hohe Eingangsinvestitionen, die insbesondere mit den Wege-Boxen hoffentlich sukzessive abgetragen werden können, so dass mittelfristig schwarze Zahlen geschrieben werden.

Bei Prometheus hingegen sehe ich keine solche Möglichkeit. Das ist allerdings eine Einschätzung in Unkenntnis von deren Zahlen. Auch kenne ich nicht die Preise von Lizenzen, denn angesichts der Flut von Lizensierungen scheint da ein wahnsinniger Preisverfall stattgefunden zu haben.

Es gibt aber noch krassere Fälle. Nackter Stahl beispielsweise verbrennt derart offensichtlich Geld ohne leiseste Aussicht auf Änderung, dass ich mich frage, welche Information mir da nicht zugänglich ist. Eigentlich kann es sich dabei nur um ein Abschreibungsprojekt oder irrationale Liebe zum Hobby aus einer Position absoluter finanzieller Unabhängigkeit handeln.

Offline Backalive

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #215 am: 15.03.2009 | 11:14 »

Ulisses geht meiner Meinung nach absolut den richtigen Weg.
So bringt der Verlag bereits vergriffene Produkte, welche man ansonsten oft nur noch teuer über e..y und Konsorten besorgen konnte, meist überarbeitet und mit Erratas versehen, als Neuauflagen auf den Markt.

Auch das trägt zur gewinnbringenden Einnahme bei, da i.d.R. nur noch Druck- und Vertriebskosten, nicht mehr aber die vollen Entstehungskosten finanziert werden müssen.

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oliof

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #216 am: 15.03.2009 | 17:01 »
Die Zahlen von Sean K. Reynolds legen dar, warum Rollenspiele nach dem 3-Tier-Prinzip (Verlag/Vertrieb/Laden) selbst in den USA nicht profitabel sein können. Ich halte sie nach allem was ich weiß für ziemlich realistisch.

Und genau dieses Modell ist der Grund, warum Leute wie Greg Stolze, Monte Cook oder Wolfgang Baur (und natürlich die ganzen Indie-Leute) ein anderes Modell fahren, von PDF-only über Print-on-Demand und Direktvertrieb mit eigener Webseite bis hin zu Ransom/Subscription wie Stolze oder Cook es tun.

Das funktioniert natürlich nur, weil diese Leute sich mit dem alten Modell einen guten Namen gemacht haben.

Offline Timo

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #217 am: 16.03.2009 | 09:34 »
Produktionskosten mal außen vor, ein Verlag darf niemals mehr als 50% Rabatt(direkt oder indirekt, also auch keine Massenrabatte, Beilagen, Geschenke etc. nur Werbematerial zählt hier nicht rein) auf den Buchpreis geben wegen des dt. Buchpreisbindungsgesetzes.
Die Logik dahinter ist, dass wenn der Verlag mehr geben könnte, kann er das Buch auch dem Endkunden günstiger anbieten und Bücher sollen ja möglichst günstig sein und allen zugänglich(deswegen ja auch der geringere Steuersatz)
Das bedeutet auch, dass ein Verlag die Bücher an Händler so zwischen 70%-55% vom Endverkaufspreis an die Händler abtritt, sagen wir mal 60%.
Ein Verlag bekommt dann schonmal, wenn er ein Regelbuch für 30€ nicht direkt verkauft, 18€(sogar erstmal ohne Steuerrückzahlung nur 16,82€).

Verkauft der Verlag 1000 Bücher im Jahr davon(und das schaffen eher nur die großen) macht das ja mal 16820€ Jahresumsatz.
Davon darf der Verlag:
-Druckkosten
-Autoren/Mitarbeiter
-Vertrieb
-Lager
-Büroräume(Miete, Strom, Abfall, Telefon)
-Werbung
-Gewerbesteuer

bezahlen, bei den kleinen sollte wahrscheinlich alles außer Druck-, Werbe- und Mitarbeiterkosten wegfallen.
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Offline Thot

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #218 am: 16.03.2009 | 09:41 »
[...]
Verkauft der Verlag 1000 Bücher im Jahr davon(und das schaffen eher nur die großen) macht das ja mal 16820€ Jahresumsatz.
Davon darf der Verlag:
-Druckkosten
-Autoren/Mitarbeiter
-Vertrieb
-Lager
-Büroräume(Miete, Strom, Abfall, Telefon)
-Werbung
-Gewerbesteuer

bezahlen, bei den kleinen sollte wahrscheinlich alles außer Druck-, Werbe- und Mitarbeiterkosten wegfallen.

Allerdings werden die Kleinen auch eher nicht 1000 Bücher im Jahr verkaufen.

oliof

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #219 am: 16.03.2009 | 09:48 »
ChaosAptom: Buchpreisbindung ist nochmal ne ganz andere Chose. Trotzdem scheint es den Rollenspiel-Anbietern nicht mehr möglich, ihre Spiele als Spiele anzubieten, für die die Buchpreisbindung nicht gilt.

Möglicher Hauptgrund: Spiele haben einen anderen Mehrwertsteuersatz, und beim Bruttopreis wirkt sich das eben doch auf die Gewinnspanne aus (7% vs 19%). Und auf den Bruttopreis schaut der Endverbraucher nunmal.

Offline grasi

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #220 am: 16.03.2009 | 10:18 »
Zitat
Allerdings werden die Kleinen auch eher nicht 1000 Bücher im Jahr verkaufen.
Ich denke, dass es in Deutschland vielleicht 3-4 Verlage gibt, die mehr als 1000 Bücher im Jahr verkaufen. Von Ulisses und Pegasus kann man ausgehen. Bei Prometheus und 13Mann weiß ich es nicht, denke aber dass die das auch schaffen.

Ein Zeichen dafür, dass man mit Rollenspielen nicht wirklich großes Geld verdienen kann, ist die Tatsache, dass die meisten RPG-Verlage, die länger überleben wollen, auch noch andere Bereiche (Brettspiele / Kartenspiele) in ihrem Programm haben.

Offline Thot

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #221 am: 16.03.2009 | 10:23 »
Ulisses und Pegasus kann ich mir vorstellen, 13Mann und Assertpress-Prometheus eher nicht, jedenfalls nicht "1000 Kopien von ein und demselben Buch".

Offline grasi

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #222 am: 16.03.2009 | 10:31 »
Zitat
13Mann und Assertpress-Prometheus eher nicht, jedenfalls nicht "1000 Kopien von ein und demselben Buch".
Deswegen ist es auch wichtig, mehrere Eisen im Feuer zu haben.

Offline Thot

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #223 am: 16.03.2009 | 10:37 »
Deswegen ist es auch wichtig, mehrere Eisen im Feuer zu haben.

Naja, aber das macht die obige Kalkulation schon wieder komplizierter. Für jedes neue "Eisen" habe ich ja wieder erstmal Produktionskosten und Kapitalbindung...

Kinshasa Beatboy

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Re: Die wirtschaftliche Lage von Rollenspielverlagen
« Antwort #224 am: 16.03.2009 | 10:39 »
Naja, aber das macht die obige Kalkulation schon wieder komplizierter. Für jedes neue "Eisen" habe ich ja wieder erstmal Produktionskosten und Kapitalbindung...
Dafür reduzieren sich die Personalkosten erheblich. Ich glaube nämlich zum Beispiel nicht, dass Grasi mit seinen Büchern massig Kohle anhäufen will. Nach meinem Eindruck freut er sich einfach, wenn andere Leute sein Zeug cool finden und verzichtet auf irrwitzige Prozente am Verkauf. Und dann rechnet sich das vielleicht für einen Verlag wieder. Kann (nicht nur) ich kaum beurteilen.