Bin beruflich gerade sehr eingespannt, darum habe ich keine Zeit, mich kürzer zu fassen
- und auf alle Beiträge kann ich daher auch nicht eingehen.
@Ironie
Eure Antworten, ghoul und Rorschachhamster, zeigen mir, dass Ihr die PESA-Thesen letztlich doch sehr ernst meint, dass die überspitzte Präsentationsform Eurer Dogmen k e i n e ironische Brechung ist – sondern das, woran Ihr wirklich glaubt.
Ich halte die PESA-Anhängenden, die mir hier begegnet sind, für gebildete, gewitzte, interessante Menschen, und dass Ihr Euch in diesen paar Punkten so extrem und fundamental eingemauert habt, bekomme ich in meinem Bild über Euch nicht zusammen.
Trotz meines Versuches, den Bereich zwischen den Extrempolen „Eingreifen“ oder „Nicht Eingreifen“, in Euren Worten „Schummeln“ oder „Nicht Schummeln“ auszuloten, bekommt ihr Eure binäre Brille, dass es nur das eine oder das andere gibt, nicht von der Nase. Wieviel Zeit habt Ihr mit Euren Glaubenssätzen zugebracht, dass Ihr nicht mehr über diesen Bereich dazwischen sprechen könnt?
Ja, richtig, weil innerhalb der Begegnung die Spieler mit einer situation konfontiert sind, die sie lösen sollen - nicht die Spielleitung!
Ich lasse sie die Situation lösen.
Die soll nur möglichst neutral den Hintergrund wie beschrieben Laufen lassen.
Laufen lassen? Was ist "neutral Laufen lassen"?
Wenn der Obermotz einer 0815-Begegnung, ein alter Söldner – taktisch nicht ganz unerfahren - seine Schergen gegen die Gruppe ausschickt, und er sieht, dass die Gruppe sich zB vor die Magierin stellt, damit diese schön geschützt Zauber sprechen kann, dann könnte der Obermotz rufen: „Auf die Magierin!“ Er wird seine Taktik justieren. Wenn das mit "neutral Laufen lassen" gemeint ist, dann sind wir uns einig.
Wenn du das im voraus nachjustiert hast, dann solltest du das ja nicht in der Situation müssen - und ja, Fehler passieren,
Nachjustieren: Hier meinst Du, dass die Schergen „plötzlich“ nur die Hälfte der Lebenspunkte haben oder „plötzlich“ noch 10 Schergen mehr aus der Deckung springt, das ist mir klar. Nicht klar ist mir: „dann solltest du das (Nachjustieren) nicht in der Situation müssen". Meinst Du "nicht müssen" oder sogar "nicht dürfen“?
aber die Frage ist doch - wo beginnt ein Fehler, wo einfach Willkür?
Einmal nachjustieren, einmal eine Heilung akzeptieren, obwohl die Regeln der radioaktiven Welt die Heilung unmöglich machen, ist noch keine Willkür*. Spielleitung ist hier nicht binär, es gibt einen Bereich zwischen „gestalten" und "schummeln".
Ja, wenn ich als SL Fehler mache bzw verantworte, dann ist es an mir sie zu beseitigen.
… Natürlich hat sie das. Aber irgendwie mit Würfeln drehen oder Werte spontan abzuändern ist, selbst wenn man deiner Argumentation folgt, doch keine bewusste Gestaltung - das ist Murks!
Murks zu beseitigen ist kein Murks. Fehler passieren, ich verstehe nicht, warum die Gruppe die SL-Fehler ausbaden muss, wenn die Begegnung schon begonnen hat.
Fiktives Beispiel (würde mir so nie passieren
): Bei der Session vor einem Monat haben das Waldläufer-Kombinat der Gruppe genau beschrieben, womit man das schreckliche Waldmonster bekämpfen muss, denn es ist gegen alles resistent außer Säure. In dieser Spielsitzung zieht die Gruppe nun gegen das Monster. Niemand erinnert sich an die Resistenzen. Der Kampf geht los, und das Monster scheint unbesiegbar. Selber schuld, Gruppe, hättet Ihr Euch mal an das Gespräch mit dem Kombinat erinnert!
Doch aufgrund eines Nebengesprächs in der Gruppe wird der SL klar, dass SIE vergessen hatte bei dem Gespräch mit den Waldläufern vor einem Monat die Resistenzen zu erwähnen! Jetzt wird die Gruppe aufgerieben, und die SL ist schuld.
Ich meine, das sollte jetzt nachjustiert werden, auch wenn der Kampf schon in vollem Gang ist. Das ist nicht unmoralisch, sondern moralisch geboten: Ein Waldläufer, der den Kampf beobachtet, könnte eingreifen und die Säure-Info nachtragen. Vielleicht kann die Gruppe dann entkommen und neu vorbereitet noch einmal mit Säureangriffen antreten. Oder der örtliche Oberdruide könnte eingreifen und mithelfen. Oder das Waldmonster ist doch nicht feuerresistent, oder das Monster beginnt, der Gruppe etwas abzuverlangen, damit es sie nicht aufreibt. Oder die SL sagt "Time-Out", gesteht ihren Fehler und bieten ein Zurückspulen bis vor die Begegnung an. Alle Lösungen führen in andere Richtungen, klar, aber im Grundsatz sind alle Lösung erstmal gleich denkbar.
Genauso voller Möglichkeiten Fehler zu machen - ganz abgesehen davon, das die ständige Besorgnis, der Erfolgsdruck alles perfekt zu machen, ganz schön hohe Stressfaktoren sind... Nicht gut für Spielleitung und Spieler. "Also ein bisschen Betrügen ist doch ok, Schatz!"
Ist das Beispiel Waldmonster und die Nachjustierung durch die SL Betrug?
Aber wehe die Spieler machen das.
Ist das Vertrauen zwischen SL und Gruppe ein bislang von mir unentdecktes ARS-Thema?
Schummelei und Vertrauen in/zu meiner Gruppe: Ich bin kein allzustrenger Überprüfer. Hauptsächlich weil wir Grundvertrauen zueinander haben. Ich sammle nicht die Charakterbögen ein (aber dann können sie ja in ihnen rumkritzeln
), ich lasse mir ihre Würfelwurfergebnisse ansagen und gucke nicht jedesmal hin. Wenn ein wenig Betrügen auf ihrer Seite der Preis für ein Vertrauen ist, das ich durch ständiges Überprüfen zerstören würde, dann ist das so.
Andererseits: Meine Gruppe kann jederzeit von mir verlangen, dass ich offen würfle, und auch ich kann von mir aus offen würfeln. Die Gruppe weiß dann, dass es sehr ernst wird. Das mache ich, wenn es in „Bosskämpfen“ in unserer ansonsten für die SCs nicht sehr sterbenshäufigen Welt dann doch potentiell tödlich wird. Sie wissen: Dass sie aufgrund einer Zufallsbegegnung sterben werden, ist zwar nicht völlig auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Wenn es aber gegen einen ihrer vielen Erzfeinde geht... Meine Gruppe hat auch mal Angst, ist aber nicht ängstlich - so sollte es in meinen Augen bei einer Held:innengruppe sein (und das war zu RuneQuestzeiten ganz anders:..)
Was das mit Zufallstabellen zu tun hat verstehe ich zwar nicht, aber: Du entscheidest also, wann jemand stirbt, und wann nicht? Das war jetzt Falsch zu Schwach und Bernhard der Kleriker stirbt. Diesmal aber drehst du den Würfel und Gutbert überlebt? Wow. Viel Spaß.
Das bildet unsere Spielrealität nicht ab, weil es mehr zwischen „Nachjustieren“ und „Schummel“ gibt, als Ihr seht.
Und "Eine überzeugend dargestellte Realität" hat aber Begegnungen die zu Schwach oder zu Stark sind. Da ist nicht alles auf die SC zugeschnitten. Da deine Spieler auch mal abbrechen, wissen sie das
Bis hierhin habe ich Dich verstanden, glaube ich, und ich stimme Dir zu: ""Eine überzeugend dargestellte Realität" hat aber Begegnungen die zu Schwach oder zu Stark sind." Und es ist nicht an mir, zu beurteilen, ob eine Herausforderung zu groß oder zu klein ist, das macht meine Gruppe selbst, und ich bewerte ihre Entscheidung nicht als gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt.
Die uPESA hat immer propagiert, dass eine bessere Spielleitung möglich ist und dass Spieler aufbegehren sollen, wenn schlechte DM-Sitten zu Spielkultur verklärt werden.
Was meine Gruppe genau denkt, ob sie gar kurz vor dem Aufbegehren steht, das weiß ich natürlich nicht. Aber ich kann erklären, worauf es mir ankommt, und beschreiben, was meine Gruppe interessiert und tut:
Mit dieser Gruppe spiele ich an einer Kampagne seit Ende der 90er, seit etwa 25 Jahren: Erst mit einer Art Microlite (Mini-DnD-Homebrew), dann Runequest, und seit Mitte der 00er Jahre 3.5E. Sie sind jetzt Stufe 17-18. Mein Stil zu spielleiten hatte sich bei meiner ersten Gruppe Mitte der 80er bis Mitte der 90er geformt (Ad&D und AD&D 2E). Ich denke, bei meiner zweiten Gruppe ist mein Leitungsstil recht stabil geblieben.
Kampfsituationen, Diplomatie und Taktikplanung&“Rätselei“ kommen etwa im zeitlichen Verhältnis 4:3:2 vor. Meine Gruppe liebt es, die Subtexte meiner NSCs zu analysieren – und liest sie verdammt häufig sehr richtig. Sie liebt es, Angriffe, Heists oder diplomatische Missionen zu planen. Und sie liebt es, sie durchzuführen. Sie interessieren sich für die mythischen Hintergründe der Welt, die sie nach und nach entschlüsselt haben.
Ich bin überzeugt, dass der Spielspaß unserer Kampagne sich aus „Handlung, Personnagenidentifikation und atmosphärischer Kampagne und Nervenkitzel“ zusammensetzt, das, was PESA ARS nennt.
*Ironie on* Danke für Eure Warnungen, Ihr PESAisten: Da ich ja SCHerze, denn zwischen ARS und SCHerz gibt es ja nichts, muss ich nun langsam wirklich darauf acht geben, dass ich nicht beginne, meine Gruppe „zu langweilen“, meine Freunde zu „betrügen“, meine „verqueren Vorstellungen durchzudrücken“, weil ich wohl „unsittlich“ und „charakterschwach“ bin. Sollte ich mich nicht ändern, dann könnten diese ansonsten klugen Leute trotz ihrer stetigen Nachfrage, Anwesenheit und ihrem großem Interesse an der Spielwelt vielleicht nach und nach herausfinden, dass alles nur ein Bluff war, den sie trotz ihrer Lebenserfahrung als Juristen und Wirtschaftsinformatiker nicht bemerkt haben. Was sind schon 25 Spieljahre – die SCHerz-Erkenntnis könnte sie schlagartig treffen! *Ironie off*
@Zed, du exponierst dich hier aus freien Stücken, daher nehme ich an, ich soll auch darauf antworten, auch wenn es vielleicht ein wenig schmerzhaft wird?
Andernfalls bitte nicht lesen, auch wenn ich ganz zahm formuliert habe:
Ich schätze ehrlich Dein Bemühen, ghoul, aber meine Gruppe, die langjährige Stetigkeit der Anerkennung, die sie mir durchs leidenschaftliche, engagierte Spielen zollt, unsere Höhepunkte an Spannung, Drama und Humor, die wir in manchen Sessions haben, statten mich mit der festen Überzeugung aus: Bei Deiner Einschätzung der Wirkung meines Spielleitungsstil liegst Du falsch, und bei „Wer nicht ARS ist, ist SCHerz“ (<- meine Paraphrasierung) auch.
*Oder doch? Bisher hat sich nur hassran/takti in dieser Frage um eine klare Antwort gedrückt...