Ich glaube, weil SW so gut mit "Fast-Furious-Fun" funktioniert und das mantraartig wiederholt wird, traut keiner SW ein "Dark-Dirty-Deep" zu.
Keiner würde ich nicht sagen.
Im Gegenteil: Gerade bestimmte Savage Settings haben sowohl "dark", als auch "dirty" ebenso im Brennpunkt wie "deep". - Beispiele: Necropolis, Deadlands:Reloaded, Solomon Kane, Evernight.
Necropolis thematisiert tiefgreifende moralische Konflikte der Charaktere mit der knallharten Kirchenlehre, an der offiziell keine Zweifel erlaubt sind. Es ist ein Setting mit sehr "dreckiger" Thematik der Szenarien (kein Krieg ist "sauber", und die Kriege bei Necropolis gleich überhaupt nicht). Und durch die Allgegenwart des Schreckens, der Schrecklichkeiten, der sozialen Härte und Verzweiflung ist das per se schon "düster" - hinzu kommt die "greifbare" Finsternis in Gestalt der Todeszonen unter ihren Dunkelheitsschirmen, die alles unter ihrem Einfluß korrumpieren, mutieren, pervertieren und so zu mißgestalteten, grotesken Zerrbildern verkommen lassen, die nur noch mehr Angst und Schrecken zu verbreiten geeignet sind.
Evernight wirft die anfangs als "Popstars" eingeführten "Helden" in eine wörtlich WELTERSCHÜTTERNDE Krisensituation, in der sogar der Glaube ins Wanken gerät, und in der nur noch die innere Stärke, die innere Überzeugung das Richtige zu tun den letzten Funken der Hoffnung in einer der düstersten Spielwelten überhaupt nährt. Die Welt wird zum Spielball von Kräften aus anderen Dimensionen und Zeiten, die sich mit einer abscheulichen Kälte der Bewohner der Welt "bedienen" und die Schicksale, schlimmer als der Tod für jeden bedeuten werden, der in ihre Fänge gerät. Die Bevölkerung ist lethargisch. Sie haben zu lange darauf vertrauen können, daß die "Popstars", die Helden-Gruppen immer zur Stelle sein werden, wenn es gilt Gefahren und Unheil abzuwenden. Nun müssen sich die wenigen überlebenden Helden mit verzweifelten und antriebslosen Überlebenden auseinandersetzen, die mehr und mehr an zivilisatorischer Tünche über brutalem Egoismus des Überlebens um JEDEN Preis verlieren. Die moralischen Fragestellungen, die emotionale Tiefe, das Ringen mit der eigenen Verzweiflung und der Druck auf den Spielercharakteren, doch wieder nach altem Muster als Helden "schon alles wieder gerichtet zu bekommen", ist enorm. Manche Helden zerbrechen daran (das ist meine direkte Spielerfahrung - da waren ein paar der intensivsten Szenen im Spiel, die ich JEMALS in solch einer am Anfang "D&D-like" Fantasy-Kampagne erlebt habe).
Dark, Dirty, Deep - Das ist eine BELIEBTE Facette von Savage Worlds.
Die meisten Settings, bei denen Shane Hensley seine Finger drin hat, tendieren sowieso zum "darken" Ende des Spektrums. Und "dirty" ist sein zweiter Vorname - eigentlich nicht, aber seine Werke wie A Fistful of Zombies, Bloodshadows - Wilderness, Army of Darkness, und sowieso Deadlands in allen Ausprägungen sind nun einmal alles andere als "sauber und rein", sondern grim, gritty, gory.
Was man als "Tiefe" im Rollenspiel empfinden mag, ist ja (wie auch bei düster und schmutzig) sehr im Auge des Betrachters. - Man KANN Fading Suns auch leichtherzig und mehr als das Setting für "Swashbuckling Duellist Adventures" spielen. Man KANN 50 Fathoms auch mit mehr seelischem Tiefgang als eine Bergmann-Film-Retrospektive spielen.
Das ist somit SEHR STARK eine Frage, was die SPIELER denn tatsächlich mit dem dargebotenen Setting anzufangen wissen.
MEINE Spieler spielten Evernight mit außerordentlicher Intensität. Ich habe aber auch von Evernight-Gruppen gelesen, die in nur sieben(!) Spielsitzungen die gesamte Kampagne "durchgespielt" haben. - Da kann ich mir NICHT vorstellen, daß man sich viel Zeit für Charakterspiel und Charakterentwicklung gelassen hat. In nur sieben Sitzungen rauscht man ja nur so durch die Kampagne und hat keine Zeit etwas sich entwickeln zu lassen, etwas aufzubauen, etwas zu gestalten.
ICH kann jedenfalls aus eigenen Erfahrungen KEINERLEI Defizite bei Savage Settings in puncto "dark, dirty, deep" feststellen - eher im Gegenteil: Die leichtherzigeren Settings, die Settings, die sich ANBIETEN etwas lockerer und weniger ernst, düster, grimmig, gruselig, brutal, emotional mitnehmend gespielt zu werden, sind eher die Ausnahmen.
Mir fallen da vornehmlich die Daring Tales of Adventure als Klischee-Indiana-Jones-Pulp-Abenteuer-Setting ein, sowie Slipstream als Klischee-Flash-Gordon-Pulp-Sci-Fi-Abenteuer-Setting, und PotSM als Klischee-Jack-Sparrow-Disney-Piraten-Abenteuer-Setting ein.
Settings wie Necropolis und Tour of Darkness (Vietnam-Krieg!) sind per se schon nicht leichtherzig zu spielen. Man bekommt im Spiel natürlich auch mal seine Lacher, seine komischen Szenen - oft aus "Übersprung", weil die Situation so verdammt und hoffnungslos ist.
Die meisten Savage Settings erlauben eine breite Spanne an Spielweisen der einzelnen Spieler, der Weltdarbietung des Spielleiters, und der Schwerpunktsetzung der gesamten Gruppe. - Das ist meine Erfahrung quer über die meisten Savage Settings (auch wenn wir nicht alle Plot-Point-Kampagnen zuende gespielt haben, so haben wir doch in die allermeisten "hineingeschmeckt" - ich leite z.B. nicht Tour of Darkness, weil ich für mich und meine Runden nicht reale Kriegshintergründe als Setting im Rollenspiel verwenden mag; auf fremden Kolonialplaneten oder sonstwo in der Zukunft oder weit genug in der Vergangenheit angesiedelt, daß es sich nicht mehr so "echt" anfühlt, ist für mich hingegen kein Problem.).
Die hier im Thread geschilderten Punkte, die das BESONDERE von FS ausmachen sollen, sind zum einen einfach angegebene, bevorzugte SPIELWEISEN von manchen FS-Gruppen bzw. deren Spielern. Diese Spielweisen sind (mit anderer regeltechnischer Unterfütterung) auch mit SW möglich.
Zum anderen sind Punkte geschildert worden, die sich auf REGELTECHNIK des Ausgangsregelsystems für eine Conversion beziehen. Diese kann man getrost weglassen. Was für eine Conversion zählt ist der Fluff und nicht der Crunch des Originals. Wie sich die auf bestimmte Weise im Ausgangsregelsystem geregelten Punkte IN DER SPIELWELT darstellen, das ist der eigentliche relevante Punkt.
Weiters sind Punkte aufgeführt worden, die tatsächlich nur Fluff-Beschreibungen von Setting-Fakten sind. Diese sind in den meisten Fällen direkt einer Abbildung, einem Ausdrücken mittels SW-Regelelementen zuzuführen.
Ich halte eine Conversion von FS in das SW-Regelsystem für MÖGLICH.
Ich habe nur den Eindruck, daß man bei der Abbildung eben z.T. GEWOHNTE REGELN verlieren wird. Diese Regeln machen ja auch einen Teil des Spielgefühls einer FS-Runde aus. Fallen sie komplett weg, weil SW-typisch diese feingranularen oder zähen, wiederkehrenden Aktivitäten als "im Off" erledigt angenommen werden, dann FEHLT etwas für die FS-Spieler, die die alten Regeln gewohnt sind.
Weiters wird man nicht nur Regeln verlieren, sondern in der Umsetzung mittels des Trapping-Mechanismus viele feine Unterscheidungen einfach durch den "groben Pinselstrich" von SW überpinseln. Das mag manche Spieler nicht stören, weil sie diese filigranen Ornamente des Settings eh nie für wichtig gehalten haben, anderen hingegen wird ein Stimmungsträger des Settings abhanden gekommen sein.
Daher halte ich eine Conversion von solch einem umfangreich dargelegten Setting wie FS mit einer durch Gewöhnung eingefahrenen Erwartungshaltung an eine regeltechnische Umsetzung für sehr wahrscheinlich nicht befriedigend möglich.
Es steht hier ein ähnliches Problem an, wie bei einer Aventurien/DSA-Conversion. Ein guter Teil des Originalsystems ist ein Stimmungsträger, den manche Spieler nicht verlieren wollen. Ersetzt man diesen durch ein anderes Regelsystem wie SW, so trägt dieses die Stimmungen, wenn schon nicht in gröberer Granularität so doch zumindest ANDERS als man es gewohnt ist.
Würde man eine FS-Conversion für Savages machen, die FS nicht im Geringsten kennen, dann hätte man, glaube ich, keinerlei Probleme damit. Die würden das Setting so für sich annehmen, wie es durch die Conversion präsentiert wird - wie man das ja auch mit der Originalversion machen würde.
Macht man eine FS-Conversion für FS-Spieler, die mit manchen Regelsystem-Macken des Originalsystems nicht zufrieden sind, dann wird sich vermutlich der von mir oben geschilderte "Verlust an wichtigen Details" einstellen (je nach Gefühlslage sind das auch ganz andere Elemente, die einzelnen Spieler mehr oder weniger wichtig waren. ).
Aber statt zu diskutieren, ob man eine FS-Conversion machen soll oder nicht, könnte man einfach mal mit einer anfangen. - Dann wird sich zeigen, ob diese so funktioniert, wie gedacht.