Wer 4E wie ein Brettspiel spielt, der wird das Gefühl haben ein Brettspiel zu spielen.
Das ist mittlerweile eine Mischung aus Running Gag und Mantra, was? Ich sehe das genauso.
Aber das meinte Hamf nach meinem Eindruck in diesem Fall gar nicht. Vielmehr kritisiert er die fehlende taktische Tiefe von 4E. Und das finde ich verwunderlich. Nach meiner Erfahrung hält nämlich selbst die maximal brettspielig-reduktionistische Spielweise von 4E eine Fülle taktischer Optionen bereit. Ich fühle mich jedenfalls durch die Bandbreite im Spiel herausgefordert und halte den intellektuellen Anspruch vieler Entscheidungen im Spiel für hoch. Und das sage ich als alter Wargamer.
Es ist aber offensichtlich auch der Fall, dass sich viele Leute mit der taktischen Bandbreite von 4E unterfordert fühlen und diverse Freiheiten vermissen. Siehe stellvertretend Hamf und Settembrini. Auf mich und auch auf die Leute, die ich kenne und mit denen ich spiele, trifft das jedoch nicht zu. Woran die unterschiedliche Wahrnehmung in diesem Punkt jenseits semantischer Begriffsverwirrungen liegt, fänd ich spannend zu ergründen.
Die Möglichkeiten von 4E beschränken sich ja nicht nur auf die Wahl zwischen Daily, Encounter und At-Will. Vielmehr ergeben sich durch die folgenden Punkte Komplikationen:
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Synergie: Die Fähigkeiten der Charaktere erzeugen erhebliche Synergien, die oftmals alles andere als offensichtlich sind, aber einen enormen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Dinge haben.
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Zeitdruck: Entscheidungen werden zumindest in den mir bekannten Gruppen recht schnell getroffen, um ein flüssiges Spiel zu ermöglichen. Dabei ist es für mich unter Zeitdruck herausfordernd, die Bandbreite zu erkennen, in ihrer Wirkung abzuschätzen und die beste Wahl zu treffen (ob es meistens oder gar zwingend eine global optimale Wahl gibt, bezweifle ich übrigens auch noch; aber das wird jemand wie Dom bestimmt besser beurteilen können).
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Reihenfolge: Die Reihenfolge der drei Aktionstypen sowie die Verzögerung von Aktionen haben einen großen Einfluss auf das Geschehen.
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Aktionspunkte: Die Aktionspunkte verleihen zusätzliche Dynamik, die es zu berücksichtigen gilt. Das ist insbesondere auf höheren Stufen sehr schwierig, da mitunter entscheidend.
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Opposition & Umgebung: WotC legt beim Design der Opposition und Situation großen Wert darauf, dass möglichst viel Abwechslung garantiert ist. Das funktioniert meiner Meinung nach sehr gut. Insofern gibt es keine einzelne, gewinnbringende Taktik und man muss selbst ein paar Gedanken investieren.
Das ist doch eine ganze Menge, was es parallel innerhalb kurzer Zeit zu berücksichtigen gilt. Oder nicht?
In Summe: Weniger ist manchmal mehr. So auch hier. Durch die Reduktion auf ein paar wesentliche und vor allem parallelisierte Mechanismen haben WotC mit der 4E ein sehr elegantes System geschaffen, mit dem man sich taktisch hervorragend austoben kann. Das macht mir Spaß und fordert mich heraus.
Ob und wieviel Rollenspiel man darüberhinaus betreiben möchte, ist dabei erst einmal irrelevant. Siehe Georgios.