Was ist ein "Spezialist" unter den Gehirnchirurgen? Ist er einfach nur, was jeder Gehirnchirurg ist, weil jeder Gehirnchirurg mindestens ein Spezialist (wenn nicht besser) sein muß, bevor man ihn auf lebendige Gehirne losläßt?
Also einen Spezialisten auf dem Gebiet der Gehirnchirurgie wir Gehirnchirurg genannt: Genau!
Und ein Spezialist auf dem Gebiet der Reinigungskraft wird Putzfrau genannt.
Und ein Spezialist auf dem Gebiet des Flugzeugfliegens wird Pilot genannt.
Ein Neurochirurg (Gehirnchirurg) kann also niemals weniger als ein Spezialist sein.
Richtig!
Zur Bildung des Durchschnitts kann man also ausschließlich Spezialisten und alle, die noch besser sind, heranziehen...
Falsch!
Man kann auch den Durchschnitt der Gesamtbevölkerung bilden. Aber das will ich ja gar nicht. Ich habe ja ausdrücklich gesagt, dass ich nicht den Durchschnitt der Gesamtbevölkerung bilde, sondern nur den Durchschnitt der Spezialisten. (Ich nehme allerdings nicht den Durchschnitt der Spezialisten, weil das der einzige Durchschnitt ist, den man nehmen kann, ich nehme den Durchschnitt der Spezialisten, weil das imho der sinnvollste Durchschnitt ist.)
Sind die, die "besser" sind, eher mit einem Wert von 15 oder mit einem Wert von 50 anzusetzen, und wieviele sind es überhaupt?
Das ist das gleiche Problem, das man auch bei einer Maximumsfunktion hätte:
Wenn 10 das Maximum wäre, das man in Gehirnchirurgie erreichen kann: Um welchen Wert pendeln dann Nobelpreisträger in diesem Gebiet? Welchen Wert hat ein durchschnittlicher Spezialist? Welchen Wert hat ein Chirurg, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hat?
Und wieviele Leute gibt es überhaupt, die den Wert 9 haben?
Alle Fragen, die du hier bezüglich einer nach oben offenen Skala nennst, gibt es auch bei einer nach oben begrenzten Skala. (Und dort lassen sie sich genau so schwierig beantworten.)
Oder ist ein normaler Spezialist schon ein "durchschnittlicher", weil man in Wahrheit insgeheim über alle Mediziner mittelt und nicht nur über die Neurochirurgen? Oder ändert sich der Wert, wenn man stattdessen von einem Mediziner ausgeht, der Gehirnchirugie nur auch betreibt?
Ein Spezialist in Medizin ist ein anderer als ein Spezialist in Gehirnchirurgie.
Jeder Spezialist in Gehirnchirurgie ist auch automatisch ein Spezialist in Medizin. Aber nicht jeder Spezialist in Medizin ist auch ein Spezialist in Gehirnchirurgie.
Soweit zur Theorie: In der Praxis ist es eh recht unangebracht, wenn man Medizin und Gehirnchirurgie als zwei komplett getrennte Talente betrachtet.
Hier wäre es sinnvoller, wenn man nur ein Talent hat (z.B. Medizin) und Gehirnchirurgie dann eine Spezialisierung wäre.
Ich bezweifle das. Sich das Reinigen einer Toilette beizubringen, ist trivial. Natürlich würde er es beim ersten Mal noch nicht perfekt hinbekommen, aber wenn er mal eine Runde durch die entsprechende Abteilung seines Lieblingskaufhauses gedreht, die Aufschriften auf den verschiedenen Reinigungsmittel gelesen und es dann probiert hat, wird sein Ergebnis für alle normalen Fälle völlig ausreichend sein.
Das liegt aber nicht daran, dass Gehirnchirurgie schwerer ist, sondern daran, dass man höhere Anforderungen stellt:
Bei der Gehirnchirurgie ist es absolut notwendig, dass das besteck steril ist.
Bei einer Toilette kann man auch gut damit leben, wenn sie nicht steril ist.
Wenn du eine Toilette nicht 100% reinigst, wird der gast vielleicht kurz die Nase rümpfen und das war's.
Wenn du bei der Gehirn-OP einen Fehler machst, dann kann dir ein Patient wegsterben.
"Eine Toilette für den normalen Gebrauch reinigen" würde ich viel eher mit "Nach einer Gehirnerschütterung den Kopf ruhig bewahren und ruckartige Bewegungen und/oder Erschütterungen vermeiden" vergleichen.
Beides stellt imho den gleichen Schwierigkeitsgrad da.
"Eine Gehirn-OP durchführen" ist vom Schwierigkeitsgrad her eher vergleichbar mit "eine Toilette so weit desinfizieren, dass man darin essen kann."
noch in der Generation meiner Mutter war das Alltagswissen (und die Toiletten waren sauber!); von "Spezialistentum" zu sprechen, wäre da einfach albern gewesen.
Klar kanns ich manches Wissen auch zur Allgemeinbildung gehören, wenn man es schon frühzeitig lernt:
Hier in Deutschland gehört zum Beispiel die Sprache "deutsch" zur Allgemeinbildung, die fast jeder kann.
Aber wenn du mal einen Japaner fragst, wird er dir bestätigen können, dass die Sprache extrem schwierig ist.
Umgekehrt gehört in Japan die Sprache "Japanisch" zur Allgemeinbildung.
Aber wenn du mal versuchst, diese Sprache zu lernen, wirst du bestätigen können, dass diese Sprache recht kompliziert ist.
Die Tatsache, dass eine bestimmte Fähigkeit (z.B. "deutsch sprechen") zur Allgemeinbildung gehört, sagt nichts darüber aus, wie kompliziert diese Fähigkeit ist.