Realistisches Bild von der Dritten Welt, Schrecken des Krieges: meinst Du jetzt die Bürgerkriege in Afrika, die eine nicht unerhebliche Quelle für das Elend in diesem Teil der Dritten Welt sind ?
Unter anderem. Und da gibt es jetzt drei Möglichkeiten:
1) Wir protestieren friedlich gegen die Bürgerkriege iN Afrika und hoffen, dass die Afrikaner unsere Demonstrationen wahrnehmen und daraufhin mit dem Bürgerkrieg aufhören.
2) Wir schicken UN-Truppen nach unten, die mit den Leuten reden und versuchen, die streitenden Parteien auseinanderzuhalten. Natürlich alles ohne Waffen. Dabei drücken wir den Soldaten die Daumen, dass sie nicht zwischen die Fronten geraten und ebenfalls erschossen werden.
3) Wir schicken UN-Truppen nach unten und zwar mit Waffen. Die UN-Truppen haben den Auftrag, die streitenden Parteien gewaltsam zu trennen und für den Schutz in den zivilen Dörfern zu sorgen.
Irak und Afghanistan: Erstens sind das zwei Schreckensregime gewesen, die wir Westler selbst hochgerüstet haben, wo uns der Schrechensregimecharakter lange Zeit nicht gestört hat. Zweitens ist die Situation in diesen Ländern was die Quantität der Opfer ("Bodycount") angeht durch den westlichen Eingriff nunmal gesunken (400 000 Tote Iraker, darunter viele Zivilisten, hatte nichtmal Sadam Hussein zu verantworten, trotz aller "Chemie Alis" und wie seine gedungenen Mörder heißen.)
1. Punkt:Im ersten Punkt hast du recht. Und hätte man 2003 eine Zeitmaschine gehabt, hätte man in die Vergangenheit reisen und seine Fehler korrigieren können.
2003 gab es allerdings keine Zeitmaschine. Man musste also mit den Fehlern, die man gemacht hatte leben. Und hier gibt es jetzt zwei Möglichkeiten:
1) Man verschließt die Augen vor den Fehlern, die man zu verantworten hat und hofft, dass sich die Fehler irgendwann von selbst bereinigen.
2) Man übernimmt die Verantwortung für die Fehler und versucht, den Fehler wieder gerade zu biegen. (In diesem Fall war es der Fehler, dass man Hussein hochgerüstet hat.)
Disclaimer: Nehmen wir der Diskussion willen an, dass es ein Fehler war, Hussein militärisch aufzurüsten. (Ich denke, dass es kein Fehler war und Hussein auch ohne diese Waffen ein Terrorregime geführt hätte. - Und dass der Irakkrieg auch nicht viel anders verlaufen wäre, wenn Hussein keine Waffen bekommen hätte.)
Aber nehmen wir der Diskussion willen ruhig an, dass es ein Fehler war und stellen uns die Frage, wie man 2003 mit diesem Fehler umgehen sollte.
2. Punkt:Vor dem Irakkrieg war es ja nicht nur Hussein, der dort für Kriegstote gesorgt hat:
Die Kurden und andere unterdrückte Volksgruppen haben ihrerseits ebenfalls viele rebellische Angriffe durchgeführt.
Desweiteren darf man nicht die Leute vergessen, die Hussein nicht getötet hat, sondern die in seinem Gefängnissen vor sich hinvegetierten.
Disclaimer: Ja, in den amerikanischen Gefängnissen im Irak vegetieren auch viele Leute vor sich hin. Und das halte ich ebenfalls für schlecht. Aber man muss differenzieren:
- Den Angriff auf den Irak halte ich für gut.
- Die Art und Weise, wie sich die US-Soldaten dort als Besatzungsmacht aufführen, halte ich für schlecht. (Und Nein: Das ist keine direkte Folge des Krieges.)
"Unterm Strich und auf lange Zeit sind durch Kriege die Regionen dort lebenswerter": Unterm Strich und auf lange Zeit gesehen sind wir alle tot.
ohne Irakkrieg:
Unterm Strich und auf lange Zeit gesehen, sind dort alle Kurden tot.
ohne Afghanistan-Krieg:
Unterm Strich und auf lange Zeit gesehen, lebend ie Leute dort in einer Steinzeit und es ist vollkommen selbstverständlich, dass dort die Frauen unterdrückt werden und keinerlei Rechte genießen.
mit Irak- und Afghanistankrieg:
Unterm Strich und auf lange Zeit gesehen, erholen sich die Länder, es gibt eine Gleichberechtigung der Geschlechter, eine Aussöhnung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen (bzw. falls dieses nicht möglich ist, eine Staatsteilung), und ein halbwegs rechtsstaatliches Gebilde. (Ich will nicht so optimistisch sein und sagen, dass die Staaten 100% Rechtsstaatlich werden. - Aber sie werden zumindest rechtsstaatlicher als sie es bisher waren.)
Der Irak hatte u.a. deswegen keine ausgeprägte Zivilgesellschaft, weil er a) ein autoritär regiertes Land war und b) seit den 80ern in Kriege verstrickt war. Afghanistan hatte aus dem selben Grund keine Zivilgesellschaft: Krieg (gegen die Sowjets) und autoritäre Regierung (islamistisch). Ob sich in beiden Ländern ion der nächsten Zeit eine Zivilgesellschaft entfaltet, bleibt zu hoffen, die Stammeskriege machen aber nicht unbedingt Mut.
Also wenn Hussein noch an der macht wäre, würde sich dort definitiv keine Zivilgesellschaft entwickeln.
Jetzt, wo Hussein entmachtet wurde, stehen die Chancen recht gut, dass sich
langsam eine Zivilgesellschaft entwickelt.
b) Das Nazibeispiel ist komischerweise das Einzige, das immer wieder angeführt wird, um Kriege zu legitimieren (so auch beim Jugoslawienkrieg, wo unsere damalige Regierung sich ja in diesem Beispiel gesuhlt hat).
Es ist halt der einzige Krieg, den Deutschland verloren hat, und wo es nach landläufiger Meinung, dem Deutschen nach dem Krieg besser ging:
Den 1.Weltkrieg kann man nicht heranziehen, weil die Regierung unter Bismark nicht wirklich ein Unrechtsregime war.
Die deutsch-französischen Kriege kann man auch nicht heranziehen, weil dort nie ein ganzes Land besetzt wurde und politisch umstrukturiert wurde.
Andere Kriege kann man als Deutscher nicht heranziehen, weil man daran nicht beteiligt war.
Wenn du aber in andere Länder fährst, dann erhältst du dort andere Beispiele für gerechte Kriege:
1) In den USA: Unabhängigkeitskrieg und Bürgerkrieg.
2) In Kolumbien: Krieg gegen die Drogenkartelle
3) In Frankreich: Revolution 1789
4) In China: Krieg des Königreiches Qin gegen die restlichen 6 Königreiche. (OK, aus europäischer Sicht ist dieser Krieg nicht ganz nachzuvollziehen. - Aber viele Chinesen, halten diesen Krieg für einen "gerechten Krieg".)
Jeder der nicht pazifistisch ist und militäre Mittel als Teil von bestimmten Lösungen für notwendig hält, jeder der Augustinus oder Glucksmann zustimmt ist ein Militarist.
Das nennst du dann nicht vorschnell urteilen?
Nein: So ein Mensch ist entweder "keins von beiden" oder "eher militaristisch".
Es gibt nicht nur die beiden Extreme Militarist und Pazifist, sondern er hat auch noch drei Zwischenstufen in der Umfrage angegeben.