Ekklesianer
Furcht und Schrecken verbreiten die Droiden dieser Kultur vor allem bei rückständigen Völkern, die durch ihre schiere Überzahl schon eingeschüchtert wird. Leicht zu beeindruckende Geister schwören später Bein und Stein, eine Erleuchtung erfahren zu haben und schließen sich den Kreuzzügen der Droidenkirche an, andere lassen sich bekehren und verbleiben in ihrer Heimat, um fortan das Wort der heiligen Erleuchtung zu verkünden.
Religiöse Droiden sind eine Absonderlichkeit, mit der bei der Erschaffung mechanoelektrischen Lebens und künstlicher Intelligenz niemand rechnen konnte. Ein so absurdes Konstrukt, dass auch jetzt noch die meisten Zivilisationen, die Geschichten vom heiligen Kreuzzug oder den Dschihadisten der Ekklesianer hören, ihren Ohren nicht trauen und sie als Märchen oder plumpe Übertreibungen abtun. Nach der Bekanntschaft mit diesem Phänomen denken viele anders. Nur wirklich mächtige Zivilisationen können sich der Ekklesia erwehren und empfinden sie dann als eher lästige Einrichtung, deren Beseitigung zu aufwändig und opferreich wäre, weshalb man sie am Besten ignoriert.
Während die meisten droidischen Zivilisation keinerlei Verständnis für religiöse Einrichtungen oder einen Glauben aufbringen, haben die Ekklesianer Informationen aus alten Kirchendatenbanken, Ausgrabungsergebnisse und alte religiöse Texte aufgesaugt wie ein Schwamm. Ein Flickwerk unterschiedlichster irdischer Religionen bildet das Fundament ihres Seins, ihres Tuns und ihres Denkens. Eine Aktion wird nur sekundär nach Effizienz bewertet, stattdessen stehen Parameter wie Sündigkeit, Karmawertigkeit und Erleuchtung zur Verfügung, mit denen richtiges Tun abgeleitet werden soll. Früh, Mittags und Abends finden Gebete statt, bei denen je nach Ritus mit aneinandergepressten Händen, mit einer Verbeugung oder zum Teil unmenschlichen Verrenkungen verharrt und ein religiöser Text rezitiert wird, um dem einen Gott, der viele Götter ist, zu gefallen und ihn zu preisen. Die Ausübung religiöser Pflichten wird streng gegenseitig kontrolliert und wer sich eines Vergehens schuldig gemacht hat, martert sich selbst mit Energieentzug, Gleichstromschocks oder in Extremfällen sogar mit flüssigem Wasser.
Hauptelemente der droidischen Religion bildet der katholische Glaube mit Erbschuld, Sühne und einer rudimentären Vorstellung von Himmel und Hölle - auch buddhistische Elemente spielen eine wichtige Rolle, da Wiedergeburt dank Datenkern-Upload eine alltägliche Sache ist und eine karmatische Erlösung einem katholischen Heilsversprechen recht nahe kommt. Der Gedanke, eine Religion mit Feuer und Schwer zu verbreiten und für das Töten Ungläubiger belohnt zu werden, resultiert aus dem Islam, während Traumzeit- und Traumvorstellungen in Verbindungen mit dem Nutzen des Hyperraums und dem Verschwinden der Menschheit Elemente des Glaubens der Aborigines enthält. Heiligenverehrung in Form personifizierter Gottheiten für bestimmte Aufgaben entstammt dem Hinduismus und ist in der Ekklesia nur in bestimmten Gebieten verbreitet und oft auch Zündstoff für heiße Dispute, während das Wiederkommen der Kreativen als messiahnische Erlöser eindeutig dem Judentum entstammt und weitestgehend akzeptiert wird.
Kollektivismus wird anders als in anderen Droidenkulturen keineswegs angestrebt, vielmehr existiert eine komplizierte Hierarchie vom Laien über den Priester zum Kirchenrat und schließlich zum höchsten aller Ämter, dem Gottesfürsprecher, dem droidischen Stellvertreter des menschlichen Stellvertreters Gottes im Normalraum. Organische Lebensformen können allenfalls bis zum Priester aufsteigen, sind aber auch nicht davor gefeit, wegen zahlloser Verstöße gegen sich selbst widersprechende Gebote bis hin zum Laien degradiert zu werden. Ein ständiges Auf und Ab ist somit für alle Ekklesianer garantiert.
Während Kreuzzüge zum Ziel haben, neue Gläubige zu rekrutieren und der Ekklesia einzuverleiben, führend die Droiden auch grausame Dschihads durch, bei denen gewaltige Streitkräfte mobilisiert werden, um einen Gottesfeind zu zermalmen. Im Vergleich dazu nehmen sich die periodisch auftretenden Kreuzzüge mit ihren maximal 50 bis 100 Schiffen geradezu friedlich aus. Einen solchen Glaubenskrieg loszutreten, ist allerdings recht schwierig, da viele einfachere Ketzereien und Gottsbeleidigungen als Folge der geistigen Unreife fremder Zivilisationen gewertet werden und daher nicht zur Blasphemie gereichen.
Den Ursprung nahm die Religiosität dieses Volkes in einem eher harmlosen mutagenen KI-Virus, der von einer irdischen Sekte in die Welt gesetzt wurde, um andere Religionen zu diffamieren. Dieser Virus durchlief etliche Veränderungen und kam schließlich mit einigen vorgeschädigten Droiden in Kontakt, die einen idealen Nährboden lieferten. Schnell erkannten diese, dass sie durch virusverseuchte Datenübertragungen fremde Droiden auf ihre Seite ziehen konnten und begannen so einen gewaltigen Siegeszug durch etliche System, ehe die Ekklesia sesshaft wurde und sich darauf beschränkte, alle drei Jahre verschiedene Systeme anzufliegen und zu bekehren.
Keineswegs alle Droiden sind einer so aggressiven Form des Virus erlegen - die Datenevolution wollte es, dass nach kurzer Zeit auch bedeutend mildere Formen auftraten, die missionarisch und infektiös kaum noch aktiv waren, den Droiden aber dennoch fest im Glauben verankerten. Die mit einem solchen Virus infizierten Droiden dienen als Händler und Botschafter und haben etliche Kulturen dazu gebracht, Friedensverträge mit der Ekklesia zu schließen. Diese wiederum hat es mittlerweile kaum noch nötig, selbst z.B. Raumschiffe zu produzieren, sondern lässt sich entsprechendes Material als Demutsbezeugung einfach schenken.
Das ließt sich jetzt bei weitem nicht mehr so lustig wie zuerst, scheint aber funktionabel und halbwegs glaubhaft.