Ich bin mir nicht sicher, aber was Beral meiner Vermutung nach als Ziel haben könnte, ist die Konzeption des klassischen Rollenspiels zu verbessern, indem er einen dysfunktionalen Aspekt davon aufzeigt.
Das bemängele ich ja gerade. Du musst nicht erst irgendwas objektiv dysfunktionales finden bevor du was verbessern kannst. Warum nicht einfach sagen: "Ich möchte das so und so haben, wie könnte man das machen?". Der ganze vorhergehende Teil was jetzt am Rollenspiel kaputt ist und warum ist doch völlig überflüssig, sofern man nicht selbst eindeutige Maßstäbe gesetzt hat. Du kannst sagen das Rollenspiel ist an deinen Maßstäben gemessen kaputt, das ist ok, aber das muss deutlich werden. Dann geht es nämlich nicht um eine historische oder sonstwie empirische Betrachtung, sondern einfach um Vorlieben und Design, und das ist ein riesen Unterschied.
Sonst ist das doch gerade die Vorgehensweise die bisher jedem Theoretiker (mal zu Recht mal zu Unrecht) vorgeworfen wurde.
Ok, das reicht für mich zu diesem Thema.
Jetzt mal zum eigentlichen Problem. Rollenspiel als "Endlosmetzelschleife" gefällt dir nicht, es soll "erwachsener" sein, diese Stufe des Spiels stellt für dich ein "Steckenbleiben" dar. Der Heldenmythos als Entwicklungsgeschichte soll ein mögliches Vorbild sein an dem man sich orientieren könnte.
Erstmal würde ich auch hier sagen, das klassische Rollenspiel muss überhaupt keine Endlosmetzelschleife sein. Es bleibt nicht auf eine Stufe stecken, es folgt einfach nur nicht den Stufen die im ersten Post umrissen sind. Das ist alles. Ein Steckenbleiben kann durchaus ein Gruppenproblem sein.
Eine klassische Kampagne sieht nach meiner Erfahrung (so wie ich auch gespielt habe) folgendermaßen aus: Die Helden sind keine auserwählten (wichtigster Unterschied zum Heldenmythos), sondern mehr oder weniger völlig normale Leute, die sich nur durch ihren Drang nach Ruhm und Ehre, Abenteuer und Reichtum von den anderen abheben, klassische Glücksritter also. Als Auserwählter ergibt sich eine ganz andere Erzählstruktur. Probleme wie Schicksal (Railroading?) und Fokus treten auf. Kann eine ganze Gruppe gleichsam auserwählt sein? Kann ein Auserwählter freiwillig aussteigen und durch einen anderen Auserwählten ersetzt werden? Ein Auserwählter kann doch nicht so einfach nebenbei sterben? usw. usf.
Das alles sind Probleme die man im klassischen Spiel von vornherein vermeidet. Dann sieht die Struktur der Ereignisse eher aus wie in einer Endlosserie oder Soap-Opera. Alle menschlichen Schicksale werden innerhalb kürzester Zeit durchlebt: Konflikte, von Armut zum Reichtum und wieder zurück, Freundschaften und Feindschaften, Tode, der Fokus der Figuren wechselt (Helden sterben oder steigen aus, neue steigen ein) usw. Das ganze ist durchbrochen von episodischen Ereignissen, bei denen nicht die Charaktere sondern die Ereignisse oder die Welt (das Abenteuer) im Vordergrund stehen.
Man könnte es auch als eine Art Familiensaga bezeichnen nur mit der Abenteuergruppe anstatt einer Familie. Mal sind einzelne Personen wichtiger als andere, die Beziehung der Charaktere untereinander verändert sich, sie bilden eine Schicksalsgemeinschaft, die sich über die Zeit verändert (Leute kommen und gehen, es geht aber immer um die Gruppe). Andere spielen eher mit dem Fokus auf den Episoden, nicht auf den Charakteren.
Das alles hat für mich keine Gemeinsamkeit mit der Struktur die oben genannt ist und trotzdem ist das absolut keine Metzelschleife. Abenteuer setzen sich zur Ruhe, heiraten oder erhalten politische Macht, bauen Häuser, Burgen und kaufen Schiffe. Das ist alles immer noch "ganz normaler" Abenteurer-Kram, völlig ohne Heldenmythos.
Will man jetzt einfach nur innerhalb dieser Struktur "erwachsenes Spiel", also Themen die eher zum Erwachsenen gehören (Verantwortung übernehmen, Macht ausüben, in Beziehung und auch Abhängigkeit leben anstatt frei und unabhängig zu sein, usw.)? Oder will man die ganze (sehr offene) Struktur loswerden und zu einer abgeschlossenen Entwicklungsgeschichte eines Charakters gelangen? Das sind eben ganz unterschiedliche Spielformen.
Für Entwicklungsgeschichten ist z.B. das Solar System hervorragend geeignet. Aber auch dort wird nicht dem klassischen Heldenmythos gefolgt. Zumindest aber wird die Entwicklung eines Charakters bis zu einem bestimmten Punkt erzählt und den Einfluss den er dabei auf die Welt nimmt.