Wir hatten gestern eine interessante Diskussion nach unserem OD&D-Spiel.
Zwei Spieler (fighting-man und magic-user), inklusive Mietlinge. Fast am Ende des ersten Dungeon-Levels schrecken sie 17 Oger auf. Heldenhaft erschlagen sie neun davon, um sich dann im Raum hinzusetzen. Die restlichen Monster warteten, bis sich die Helden sicher wähnten, dann schlugen sie zu. Resultat: Hirelings geflohen, Helden tot.
Für einen meiner Spieler (OD&D-Neuling) war daraufhin die Luft raus, er beschwerte sich, dass er mit solchen Regelungen "keine Geschichte erzählen" könne. Für den anderen (er mußte insgesamt drei neue Charaktere würfeln) war es völlig in Ordnung.
Derjenige, der "keine Geschichte erzählen" zu können glaubt, will NICHT SPIELEN. Er will ERZÄHLEN.
Wer mit einem Messer zu einer Schießerei kommt, oder mit einem Expose einer Geschichte zu einem Spiel mit Zufallseinfluß, der ist jeweils in einer ABSEHBAR ungünstigen Konstellation.
Die Geschichte im normalen Rollenspiel, ist das, was man HINTERHER, also NACH dem Spielen der Handlungen, erzählen kann. Eine Geschichte, die per "Vorderlader" in die Spielrunde "geschossen" wird, paßt nicht in diese Art des Spielens. - Das sollte einem Spieler, der nicht die letzten 30+ Jahre Rollenspiel-Hobby im "Tal der Ahnungslosen" gewesen ist, eigentlich KLAR sein.
Spielercharaktere haben exakt die Todesimmunität, die ihnen nach den am Tisch verwendeten Regeln zustehen.
Genau das FEHLT mir bei den Antwortmöglichkeiten der Umfrage.
Es ist NICHT so, daß ein Charakter "auch bei einem unglücklichen Würfelwurf" umkommen könnte, sondern er kommt NACH DEN REGELN um. Punkt.
Werden die Regelanwendungen, die ja auch den Charaktertod beinhalten können, einem Spieler vorenthalten, so nennt man das BESCHEISSEN der Spieler.
Ist NACH DEN REGELN der Charakter unrettbar tot, dann ist das ein neuer, durch Regelanwendung geschaffener FAKT in der Spielwelt.
Es gibt Spiele, die solche Sterbeszenen IN DEN REGELN ausschließen. Dann gibt es diese Art von Konsequenzen für SCs dort eben nicht. - Solange NACH DEN REGELN gespielt wird, ist das alles KEIN Problem.
Taktisch versiert sind sie aber auch nur geworden, weil ich sie nicht mit Samthandschuhen angefasst habe.
Genau!
Ohne die von den Regeln gebotene Konsequenzenhärte und deren faire und ohne Nebenabsichten umgesetzte Anwendung, haben die Spieler ja auch keine echten Herausforderungen, die sie überwinden können. Ohne ein Spiel NACH DEN REGELN wird eben nur so getan, als ob man spielt, aber man spielt nicht wirklich, sondern man läßt sich vom "gute-Geschichten-Erzähler"-Spielleiter um das Spiel bringen. - Daß man das freiwillig machen mag, und daß es den Spielern auch Spaß bringen mag, ist alles in Ordnung, nur SPIELT MAN DABEI NICHT MEHR.
Entscheidungen müssen Konsequenzen haben, weil die Handlungen der Spieler sonst beliebig werden.
Will man wirklich als Spieler das Gefühl haben, daß man etwas BEDEUTENDES geschafft hat, dann MUSS es eine entsprechende Konsequenzenhärte geben.
Wenn ein Trasseur durch Treppenhäuser und über Hausdächer flitzt, dann ist das GROSSARTIG. Wenn ein Matrix-Special-Effects-Charakter mit Leichtigkeit die Physik ändert, dann ist das über Hausdächer flitzen leider nur ein HOHLES GESTELL, aber nichts Beeindruckendes mehr.
Wenn ich mit meinem RuneQuest-Charakter gegen einen Cave Troll eine 5% Chance habe, diesen mittels eines Fußfegers zu Boden zu bringen, und ich schaffe das mit einem Wurf von 02%, dann ist das einfach GROSSARTIG und darüber erzähle ich gerne auch noch nach - inzwischen über 20 - Jahren. - Das ist nur deshalb GROSSARTIG, weil aller Wahrscheinlichkeit nach mein Charakter sonst zu BREI geklopft worden wäre, und es wirklich die einzige, letzte Chance für mich war.
DAS ist eine GUTE Geschichte - im Gegensatz zu einer langwierig vorher ausgefeilten "guten Geschichte".
Old School bedeutet eigentlich auch, dass der Spielleiter diktiert, wie gespielt wird.
{und eigentlich auch, dass solche frustrierten Reaktion passieren...}
NEIN! - Wie gespielt wird, steht in den REGELN. Diese sind - inklusive Hausregeln - das von der Gruppe GEMEINSAM akzeptierte Fundament des Spiels.
Und natürlich ist erst einmal JEDER irgendwie niedergeschlagen, wenn es seinen geliebten Charakter erwischt hat.
Aber da es ein SPIEL ist, gibt es hier KEINE "frustrierten Reaktionen"!
Wer lange herumjammert, der zeigt eine angemessene Trauer über seinen Charakter, aber ein Ende des einen Charakters ist auch immer ein Anfang von einem neuen Charakter. - The Game MUST go on!
Steh auf, und SPIELE!
Old-School-Spiel ist Rollenspiel OHNE Zehnerpack Papiertaschentücher zum Vollweinen!
Wer nicht ertragen kann, daß die Anwendung der REGELN auch mal Resultate bringt, die nicht vollauf jedem Spieler gefallen werden, der will doch garnicht NACH DEN REGELN spielen, sondern der will sich nur IRGENDWIE durchsetzen, seinen Vorteil, seinen Willen haben, auch wenn man dafür (man = der vollgeweinte und angefeindete Spielleiter) die Regeln BRECHEN müßte und somit die Mitspieler BESCHEISSEN würde.
Old School heißt Spielen. Mit allem. Und mit ALLEN Konsequenzen, die die Regeln vorsehen.
Wer das nicht ab kann, für den gibt es andere Formen sich im Rollenspiel-Hobby zu betätigen. - Es muß ja nicht gleich jeder, der einen Führerschein hat, in der Formel 1 mitfahren.