Um glaubwürdig zu sein, muss ich den Spielern nicht alles, was es gibt zeigen. Angenommen, ich bespiele als Setting unsere Welt.
- Es ist realistisch, dass es Afrika gibt. Trotzdem verliert das Spiel nicht an Glaubwürdigkeit, wenn die SCs nie Afrika bereisen und ich den Spielern Afrika nicht zeige.
- Es ist realistisch, dass es in den Tiefen des Meeres Riesenkalamre gibt. Trotzdem verliert das Spiel nicht an Glaubwürdigkeit, wenn ich den Spielern nie einen Riesenkalmar zeige.
- Es ist realistisch, dass auchd ie SCs sterben. Trotzdem verliert das Spiel nicht an Glaubwürdigkeit, wenn ich den SCs dies nie zeige.
Klar gibt es alles drei. - Aber halt nicht zwangsläufig an dem Ort und zu dem Zeitpunkt, an dem gespielt wird.
Daher verliert die Spielwelt auch nicht an Glaubwürdigkeit, wenn man es NICHT zeigt.
Spieler hängen an ihren Spielercharakteren. => Als Spielleiter bedeutet somit jeder Tod eines Spielercharakters ein stark emotional berührendes Ereignis, das auch die Spieler der überlebenden SCs stark empfinden. Die Spielwelt wird für JEDEN Spieler durch einen SC-Tod einfach WIRKLICHER, GLAUBWÜRDIGER.
Naja, es wird emotionaler. Das dies aber die Glaubwürdigkeit unterstützt, wage ich zu bezweifeln.
1) Im realen Leben verspürt der Tote keine Trauer. Der Spieler des toten SCs verspürt aber Trauer. --> UNGLAUBWÜRDIGKEIT
2) Im realen Leben ist man vom Tot einer Person, die man nicht kennt und mit der man nichts zu tun hatte, kaum betroffen. Der neue SC hat nicht unbedingt etwas mit dem alten SC zu tun. - Trotzdem ist der Spieler natürlich betroffen. --> UNGLAUBWÜRDIGKEIT
3) Im realen Leben ist man sehr stark betroffen und trauert extrem, wenn ein guter Freund stirbt.
Den Spielern der überlebenden SCs geht der Tod aber erfahrungsgemäß weit weniger ans Herzen als dem Spieler des toten SCs. --> UNGLAUBWÜRDIGKEIT
Hättest du gesagt, dass das Spiel durch die Trauer emotionaler wird, hätte ich dir vielleicht zugestimmt. Aber glaubwürdiger? NEIN!
Und - das ist meine Feststellung langer, langer Zeit des Spielens auf diese Weise - die Spieler der Überlebenden UND die der Nachfolger der Toten in der Gruppe spielen nach den ersten Toten in der SC-Gruppe VIEL INTENSIVER in und mit der Welt als vorher.
OK, kommt jetzt wieder auf das System an.
Bei
Paranoia habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Spieler nach dem ersten Toten kaum anders weiterspielen als vorher.
Bei
Shadowrun habe ich die Erfahrung gemacht, dass der erste Tote dazu führt, dass die Spieler noch länger planen und es noch weniger Action gibt. (Beim zweiten Toten wurde es noch extremer und ab dem dritten Toten haben wir quasi nur noch "Shadowplan" und nicht mehr "Shadowrun" gespielt.)
Bei
DSA habe ich die Erfahrung gemacht, dass dem Spieler des toten SCs die Kampagne viel weniger Spaß mehr gemacht hat als vorher.
Bei den anderen habe ich erlebt, dass sie vorsichtiger geworden sind. (Was aber nicht bedeutet, dass sie intensiver gespielt hätten.)
Bei
D&D habe ich überhaupt keine Veränderung wahrgenommen. Dort haben wir nach dem Chartod genau so weitersgespielt wie vorher. (Wenn der SC stirbt, bastelt man sich einen neuen und spielt weiter. - Aber das hat weder die Intensität erhöht, noch erniedrigt.)
Bei
Cthulhu habe ich tatsächlich eine Intensitätssteigerung nach dem ersten Toten wahrgenommen. - Hier muss man allerdings auch dazu sagen, dass wir uns nicht all zus ehr mit den SCs identifiziert hatten und ihre Hintergurndstory kaum ausgearbeitet war. - Wir haben die SCs nur als Vehikel für die Story gesehen.
Wo vorher eine Falle nur als ein weiterer Wurf auf Fallen-Entschärfen oder so wahrgenommen wurde, da ist nach der ersten Save-or-Die! *würfel* Reicht nicht! TOT! Falle JEDE WEITERE FALLE plötzlich mit ERNST und als echte Bedrohung wahrgenommen worden.
Und was hat das jetzt mit Glaubwürdigkeit zu tun?
Wieso sind tödliche Fallen jetzt glaubwürdiger als Fallen, denen man in letzter Sekunde noch (schwer verletzt) entgehen kann?
BTW,
dein Post macht auf mich folgenden Eindruck:
"Die Spielwelt ist GLAUBWÜRDIGER, weil... äh, ja weil,...
*ach verdammt, das funktioniert ja gar nicht.*
Die Spielwelt ist also INTENSIVER, weil xyz."Am Anfang des Postes hast du noch etwas über Glaubwürdigkeit geschrieben. Im Laufe des Postes gleitest du immer mehr in Richtung Intensität ab. Und am Ende des Postes schreibst du nur noch etwas von Intensität (nach dem ich NICHT nachgefragt habe), aber nichts mehr über Glaubwürdigkeit.
(Bis auf den vorletzten Satz, wo wieder kurz Glaubwürdigkeit auftaucht.)Ist nun verständlich geworden, was ich mit meinem Beitrag oben meinte?
Jain. Ich vermute, dir geht es nicht um Glaubwürdigkeit, sondern um Spannung.
Würdest du in deinem vorletzten Post das Wörtchen Glaubwürdigkeit durch Spannung ersetzen, könnte ich dir sogar zustimmen.