Autor Thema: Charakterspiel und Charaktertiefe  (Gelesen 10100 mal)

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Offline scrandy

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #25 am: 18.08.2009 | 02:39 »
Scherz beiseite, ich habe jetzt mehrmals Charaktertiefe und dazugehörig Lebensläufe gelesen. Ich habe als Live-SL schon 30seitige Charakterhintergrundgeschichten, aus denen nicht ne halbe Idee erwuchs und dass sie den Charakter wesentlich vertieft hätten, naja. Ich verwende mittlerweile sehr gern das 50 Wort-Konzept (geht natürlich auch mit 100 Wörtern, xyz Zeichen, Bruchteil Seite), weil es zwingt, sich zu fokussieren, dass was man will, kurz und bündig zu schreiben.
Ja, es geht nicht immer nur um Menge, sondern auch darum die Infos zugänglich fürs Spiel zu machen. Nicht ganz einfach die Sache.

Ich setze bei meiner Gruppe in letzter Zeit auf die sogenannte Drama-Sektion meines Charakterbogens. Dort gibt es nur ein kleines Feld für die Charakteridee, die jeder vor den Fähigkeiten wählen ausfüllen muss. Damit kann man Gruppen schon mal zusammenstellen und eine Grundidee in eben die 50 Worte packen. Anschließend gibt es verschiedene Felder für Beziehungen, Ziele, Gewohnheiten, Moralische Werte und Kleinigkeiten. Dort wird immer der Ist-Zustand gehalten. Das heißt nur das, was man auch aktiv verkörpern möchte wird eingetragen, nur das womit mich der SL oder ein anderer Spieler triggern soll, wird eingetragen. Bin ich mir irgendwann unsicher über einen Eintrag oder der Charakter macht eine Veränderung durch, dann werden Dinge entfernt oder hinzugefügt und die Veränderung können dann immer noch in einer Hintergrundgeschichte festgehalten werden. Somit hat man halt nur ein paar gute Informationen zur Hand, die aber wohlüberlegt sind und im täglichen Spiel helfen können.

Das ist zwar nicht der Weisheit letzter Schluss aber ein Anfang.
« Letzte Änderung: 18.08.2009 | 02:44 von scrandy »
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Offline Haukrinn

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #26 am: 18.08.2009 | 08:26 »
Das ist zwar nicht der Weisheit letzter Schluss aber ein Anfang.

Das ist meiner Meinung nach erheblich mehr als ein Anfang. Das ist nicht neu (die 50 Worte gibt's auch bei the Pool, die anderen Felder z.B. bei Sorcerer), aber das macht dieses Vorgehen ja nicht weniger nützlich. Ganz im Gegenteil.

Zum Thema Charaktertiefe sind ja schon so einige wichtige Techniken genannt worden. Ein wichtiger Teil sind meiner Meinung nach noch erzählerische Techniken, die den Mitspielern bestimmte Facetten eines Charakters verdeutlichen können. Hier würde ich beispielsweise Flashbacks nennen, sowie innere Monologe. Ein sehr mächtiges Hilfsmittel ist auch die Beurteilung/Einschätzung anderer Figuren durch den jeweiligen Charakter.

Bzgl. des schauspielerischen Aspekts kann ich, denke ich, nur wenig beitragen. Ich bin da alles andere als ein Freund von (ähnlich wie Jörg) und sehe schauspielerisches Handeln eher als unnötig einschränkend denn als nützlich im P&P-RPG an. Es zu fordern halte ich sogar für ausgesprochen destruktiv. Denn seien wir doch mal ehrlich: 99 (und zu denen gehöre auch ich) von 100 Rollenspielern sind miserable Schauspieler.
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #27 am: 18.08.2009 | 08:57 »
Zitat
Dort wird immer der Ist-Zustand gehalten. Das heißt nur das, was man auch aktiv verkörpern möchte wird eingetragen, nur das womit mich der SL oder ein anderer Spieler triggern soll, wird eingetragen. Bin ich mir irgendwann unsicher über einen Eintrag oder der Charakter macht eine Veränderung durch, dann werden Dinge entfernt oder hinzugefügt und die Veränderung können dann immer noch in einer Hintergrundgeschichte festgehalten werden. Somit hat man halt nur ein paar gute Informationen zur Hand, die aber wohlüberlegt sind und im täglichen Spiel helfen können.

Das ist ein sehr guter Ansatz, wenn man das Triggern des SL oder anderer Spieler weglässt. Die können ja nicht sehen, was der Spieler auf seinem Blatt stehen hat. Wichtiger ist es auf dem Bogen zu stehen haben, wie man andere Spieler sieht.

Vielleicht ist es ein Ansatz, eine E(go)-Map des Charakters zu erstellen um seine Beziehungen und Ziele zu den jeweiligen Personen im Spiel zu erstellen. Auf der kann dann auch drauf stehen, wie und warum er zu bestimmten Personen gehört. Man bricht die R-Map die ja für den SL ist auf den Charakter und seine Sicht der Dinge zurück um ihn zu helfen, die Beziehungen darzustellen.

Ich werde mal sehen on ich da einen Ansatz zu finde, das graphisch gut auf zu bearbeiten.

Denn du schreibst im Eingang ja, das es für den SL haufenweise Tipps gibt aber für Spieler nicht. Wenn es auf dem Charakterbogen steht und Ziele des Charakters darstellt, dann hilft es auch dem Spieler, Tiefe zu erlangen und den Charakter zu spielen. Die Beliefes und Needs der Charaktere in in Burning Weel sind z.B so etwas.

Auch das Ausfüllen der Fragen zum Charakter kann bei der Tiefe helfen, weil es dem Spieler hilft sich ein genaueres Bild des Charakters zu machen. Mit diesem besseren Bild kann er dann einfacher den Charakter spielen und darstellen.

Eigenarten wie Körperhaltung, Akzent und Sprachweise könnte man als Tipps zur Darstellung genau so aufnehmen, wie Marotten, Ticks und Angewohnheiten. Es sind Details, die bei der Visualisierung des Charakters helfen können.

Akzente und Sprachweisen kann man in Gesprächen mit Freunden üben. Gestik und Körperhaltung im Spiegel. Man sucht sich die Grundemotionen heraus und übt diese vor einem Spiegel. Sobald die sitzen geht man dazu über, mit diesen Gesichtsausdrücken eine Körperhaltung zu verknüpfen, die die Darstellung unterstützt. Die Sprache ändert sich schon durch Mimik und Haltung ganz nachhaltig und wird dann zum Schluss mit in die Übung eingebunden.

Ich kann jedem, der an seinem Schauspiel arbeiten will nur empfehlen, sich Filme herraus zu suchen und die Schauspieler zu beobachten, wie sie verschiedene Emotionen darstellen. Dann macht man es einfach nach und übt es vor einem Spiegel.

Ein anderes Mittel um die Darstellung zu unterstützen sind Hilfsmittel. Wenn der Charakter auf einer Zigarre pafft nimmt man einfach einen Weinkorken in den Mund und heraus, wenn man spricht. Bei einem Zigarettenraucher eine Schoko Zigarette oder einen Stift mit dem man das Ding imitiert.

@ Haukrin

Ich bin kein Feind vom Schauspiel, du IMHO auch nicht. Ich denke bloß, das wir es beide nicht verlangen, weil es das Spiel nicht zwingend weiter bringt und es verurteilen, wenn die Darstellung zu Lasten der Plausilibität oder dem Spaß des Restes geht.

Flashbacks und innere Monologe sind sehr gut. Fällt der Monolog of Vitory für dich unter innere Monologe?

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Er hat nur manchmal keine Lust mit Idioten zu diskutieren.

Offline Haukrinn

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #28 am: 18.08.2009 | 09:22 »
Fällt der Monolog of Vitory für dich unter innere Monologe?

Nee, eigentlich nicht. Aber sinnvoll und bereichernd ist der trotzdem.  ;)
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Offline Vash the stampede

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #29 am: 18.08.2009 | 10:05 »
@scrandy:
Und es geht noch besser. ;) Schauspielerei im RSP ist nur ebenso etwas, das nicht jeder mag. In diesem Sinne bin ich ganz bei Jörg.

... Wenn jemand etwas partout nicht möchte, werde ich ihn dazu nicht zwingen.

Das Rollenspiel aber größer ist als Rollenspiel, ist doch schon länger klar, auch wenn die Don Quixotes dieser und jener (Foren-)Welt es anders sehen.

Ich bin gespannt auf die Ergebnisse, die scrandy produzieren wird und verharre der Dinge. ;D
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #30 am: 18.08.2009 | 10:19 »
Alles, was die Bande zur Realität lockert und die Bande zur Phantasiewelt stärkt, wirkt immersionsfördernd. Gutes Schauspiel gehört ohne Frage dazu. Ich denke auch, dass die meisten Leute, die gerne immersiv spielen, auch eine gewisse Ader dafür haben. Ggf. ist das Talent verborgen, aber wer gerne eine Rolle in einer Fiktion übernimmt, hat den ersten Schritt in Richtung Schauspiel natürlich schon gemacht.

Und nein, zwingen sollte man niemanden.

Die Frage nach Techniken stellt sich mir dann tatsächlich, weil ich da einiges an brachliegendem Potenzial erkennen kann, um aus Stereotypen auszubrechen und mehr Farbe ins Spiel zu bringen.

Was die Charaktertiefe angeht: Flag Framing ist der Schlüssel. FF fordert den Spieler auf, sich eine Antwort auf die allumfassende Frage "Was will ich eigentlich?" zu überlegen, und den SL, diese Antwort zu verwenden. Das Konzept ist uralt und perfekt erprobt. Ich kenne Leute, die das bereits vor 30 Jahren angewandt haben, auch wenn es damals noch nicht so genannt wurde.
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #31 am: 18.08.2009 | 10:39 »
Hmm, ich sehe das bei Flagframing etwas differenzierter. Den Nutzen für tatsächliche Charaktertiefe sehe ich da nur indirekt, denn Du fragst ja "Was will ich als Spieler eigentlich" und nicht "Was will mein Charakter eigentlich".
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #32 am: 18.08.2009 | 10:58 »
Hmm, ich sehe das bei Flagframing etwas differenzierter. Den Nutzen für tatsächliche Charaktertiefe sehe ich da nur indirekt, denn Du fragst ja "Was will ich als Spieler eigentlich" und nicht "Was will mein Charakter eigentlich".

Da der Charakter das Vehikel ist, meine Ziele im Spiel voranzubringen, ist das aber nicht auseinander zu halten. Ein Hintergrund, der den Charakter motiviert, ist in den entsprechenden Runden elementar fürs FF.
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #33 am: 18.08.2009 | 11:09 »
Ja, aber eben nicht direkt und vor allem nicht immer. Demnach also eigentlich doch nicht "Ja, aber", sondern "Nein".

Wenn Du fragst "Warum macht es Spaß Deinen Charakter zu spielen?" dann ist "weil er coole Superkräfte hat und abhotten kann" eine sehr brauchbare und ganz klar zulässige Antwort - die Dir im Bezug auf Charaktertiefe aber nicht mehr Informationen vermitteln kann. Bei anderen Fragen wie "Welche Rolle nimmt Dein Charakter in der Gruppe ein und warum?" kann genau dasselbe passieren.
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #34 am: 18.08.2009 | 11:11 »
Ja, aber eben nicht direkt und vor allem nicht immer. Demnach also eigentlich doch nicht "Ja, aber", sondern "Nein".

Jau, indirekt trifft es. Und korrekt angewandt. ;)
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Offline scrandy

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #35 am: 18.08.2009 | 11:18 »
Über den Sinn und Unsinn von Flag-Framing habe ich mit Jörg gestern und heute ausführlich PMs getauscht um hier nicht wieder diese "Ich hab recht - nein ich hab recht"-Posts zu produzieren, die es leider in letzter Zeit viel zu häufig gibt.

Mein Drama-Sektion ist jedenfalls als Charakter-orientierte Implementierung von Flag-Framing gedacht gewesen mit der Änderung, das ich nunmal mit Mystix einen starken SL habe und es mit SL-vorgegebenem Plot-Gerüst einsetze. Dadurch wird quasi alles auf die Flags konzentriert und dadurch bekommen diese halt auch erhöhte Charakterrelevanz und nicht nur Spieler-Relevanz, weil sie sowohl Baustelle des Charakters sind und diese Charaktermerkmale aber als Flags auchkommuniziert werden, wenn ich sie mir als SL ansehe oder in der Vorstellungsrunde vor dem Spiel die Flags kurz vorstellen lasse.

Das man Flag-Framing aber sehr unterschiedlcih interpretieren kann und meine Methode wahrscheinlich nur noch Bruchstücke vom Flag-Framing hat, hab ich dann aber auch gesehen. Dennoch sehe ich es als gute Quelle um entsprechende Methoden zu entwickeln und vielleicht auch noch weiter zu verfeinern.
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Offline Edwin

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #36 am: 18.08.2009 | 11:32 »
Hab das Thema schon auf dem Treffen kurz angesprochen, vll war das ja auch ein wenig Inspiration zu diesem Threat.

Es ging darum dass im Forum eigentlich über alle möglichen Aspekte des RPGs schon in epischer Länge diskutiert wurde...und dabei der für Außenstehende OFFENSICHTLICHSTE Aspekt ausgeklammert wird. Was einem Zuschauer nämlich ZUERST auffällt, ist das zarte Mädchen das den Halbork Gruschnar "Blutaxt" mit grummelnder Stimme darstellt oder der 180 Kilo-Mann mit seiner fragilen Elfin. Ich finde es unerklärlich dass es hier nicht direkt unter dem Channel "Allgemein" einen mit dem Namen "Schauspiel" gibt.

Die stiefmütterliche Behandlung (wenn überhaupt eine!) kann ich mir eigentlich nur durch den schon angesprochenen, vollkommen gegenstandslosen "Das ist doch alles eine Gottesgabe"-Aspekt erklären...wenn überhaupt. Vll gibt es auch Resentiments weil man an überbordende Darstellung denkt, die alles andere erstickt- OBWOHL es ja gerade auch gutes Schauspiel ausmacht, durch suptile Gesten viel ausdrücken zu können.

Genauso seltsam ist der Einwand, niemand solle gezwungen werden...das sollte doch vollkommen klar sein, oder? Manche mögen kein Taktisches Spiel, manche keinen Sandkasten- aber niemand bis auf die größten RadikalwahrenrollenspielerdderrichtungXY bestreitet, dass dies für andere wichtige Teile des Hobbys sind,

Und nach einigen im Improtheater üblichen Lockerungsübungen könnte das Spiel viel der üblichen anfänglichen Behäbigkeit verlieren, und damit ähnliche Effekte wie der berühmte BANG erzielen.
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Offline scrandy

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #37 am: 19.08.2009 | 15:31 »
Hi Edwin,

ich hab zwar auf dem Treffen nicht so viel mit dir gesprochen, aber mir geht es genauso.

Wenn du zufällig konkrete Ideen hast, wie man da was verbessern könnte, oder auch nur schon mal klären könntest, was denn im Rollenspielbereich schauspielerich an Ansprüchen und Qualitätskriterien existieren, dann wäre das schon sehr Hilfreich, denn man muss ja erstmal wissen, was man will, bevor man was aufbauen kann.

Ich sammle da grundsätzlich erst noch, weil mir noch nicht 100%ig klar ist, wohin es wirklich gehen soll.

Im Charaktertiefen-Bereich ist da ja schon mehr klar:
- Hintergrund mit Fragen erörtern
- Momentaufnahme visualisieren und zugreifbar halten
- und irgendeine verbindung zum Schauspiel aufbauen

Dort ist mir jedoch noch nicht so klar, was schauspielerisch das Idealbild wäre.

Ich persönlich würde wahrscheinlich erstmal ein Arsenal an einfachen Symbolen, Klischees und Schauspielelementen aufbauen und irgendeine Hilfestellung anbieten, diese zu lernen und Charaktereigenschaften zuzuordnen. Da wir im besten Fall Laienschauspieler sind ist klischeehaftigkeit, überspitzte Darstellung und Symbolhaftigkeit wahrscheinlich der Schlüssel zur Klarheit. Außerdem braucht es eine Technik um Fehler und Ungenauigkeiten von komplexen Darstellungen zu unterscheiden, so dass undurchsichtige Gestalten klar von schlechtem Schauspiel unterschieden werden können. Denn Fehler in der Kommunikation sind viel schlimmer als der Verzicht auf die Schauspielerei. Das muss also gewährleistet sein. Hat man diesen primitiven Schritt ersteinmal geschafft, dann kann man von dort an beliebig in die Tiefe gehen. Aber dieser Schritt muss erstmal geschafft werden.
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Offline Beral

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #38 am: 19.08.2009 | 20:28 »
Was Literatur angeht, so kann man einfach blind bei Amazon suchen. Je weniger man von etwas Ahnung hat, desto geringer ist die Gefahr, ein Buch zu erwischen, das einen nicht vorwärts bringt. Und je mehr Ahnung man bekommt, desto besser kann man schon im Voraus die Spreu vom Weizen trennen.

Wäre ich am Thema dran, würde ich mir z.B. eins der Bücher (oder beide) holen:
http://www.amazon.de/Die-Schule-Schauspielkunst-Acting-Lektionen/dp/3894875062/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1250705694&sr=8-2
http://www.amazon.de/ABC-Schauspielens-Talent-erkennen-entwickeln/dp/3894874740/ref=sr_1_4?ie=UTF8&s=books&qid=1250705694&sr=8-4

Youtube kann man auch mal befragen. Da gibt es zu jedem möglichen und unmöglichen Thema Vorträge und Lehreinheiten.
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #39 am: 28.10.2009 | 19:32 »
... und zu Guter letzt wäre da auch noch die Schauspieltheorie die man heranziehen kann. Sie beschäftigt sich u.a. mit dem Darstellen von Emotionsreaktionen und der Wirkung auf das Publikum.
Artverwand aber eher für den Spielleiter relevant wäre die Theaterwissenschaft, die sich auf die Wechselwirkungen von Publikum und Schauspieler bezieht.

Offline Horatio

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #40 am: 5.11.2009 | 20:17 »
zu Charakterspiel:
Wie man seinen Charakter nach außen kommuniziert ist reine Geschmacksache. Ob direkte Rede verwendet wird oder  in der dritten Person erzählt oder direkt darstellt was eben darstellbar ist, ändert am Inhalt und damit an der Tiefe erstmal gar nichts^^.

Zwangsläufig Immersionsverstärkend wirkt sich ein „schauspielerischer“ Ansatz meines Erachtens auch nicht aus. Wenn mein Mitspieler / SL nur erzählt, stelle ich mir die entsprechenden Handlungen so oder so in meinem Kopf vor, ähnlich wie bei einem Buch.. und gerade bei Büchern „immersiere“ zumindest ich meist besser als bei vielen Filmen :D.


zu Charaktertiefe:
Hm.. ich wage mal eine Definition des Terms Charaktertiefe basierend auf Aussagen in diesem Thread:

Charaktertiefe entsteht über die Vernetzung des eigenen Charakters mit (möglichst vielen) „spielrelevanten“ Elementen, - also solchen, die entweder direkt im Laufe des Spiels vorkommen oder auf die im Spiel selbst Bezug genommen wird - insbesondere Charakteren / Gruppierungen oder Konzepten (bspw. Gerechtigkeit / Ehre / "Gott").

(Einer der Gründe warum viele Hintergrundgeschichten von Charaktere in dem Bereich versagen; sie bieten keinen Bezug zum späteren Spiel.)

Vernetzungen können im Spiel selbst erfolgen oder bereits im Vorfeld als Teil der Vorbereitung, indem der Spieler durch seinen Charakter zu den entsprechenden Elementen Position bezieht. Wichtig ist das letzendlich nur, soweit diese im Verlauf des Spiel diskutiert / in Frage gestellt werden (was mE am besten mit einem narrativen Fokus gelingt).

Würde diese zwei Paragraphen gerne mal zur Diskussion stellen^^ (falls das alles schon mal diskutiert wurde, sorry bin neu hier)


Btw.: Eigentlich werden hier zwei unabhängige Themen behandelt: „Tiefe“ und „Schauspiel im Rollenspiel“. Möglicherweise könnte man die Themen ja trennen. Finde den Thread so etwas anstrengend zu lesen.

Btw.2: Vielen Dank für die ganzen Links^^. Kenne bisher in erster Linie Edwards und den Forge (plus Threefold Model und GEN) und bin über alles was da noch zum Thema Rollenspieltheorie rumspukt dankbar :).
« Letzte Änderung: 6.11.2009 | 10:48 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
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Offline scrandy

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #41 am: 6.11.2009 | 15:28 »
Hi Horatio,

ich hattedas Thema verknüpft,weil ich mir zusätzlich zu guten Spielleiter-Handbüchern eben auch gute Spieler-Handbücher wünsche in denen Spieler sich verbessern können. Da zumindest in meinen Spielen der Spieler vorallem die Aufgabe hat den Charakter zu spielen und nicht wie bei einigen Indie-Spielen auch die Welt mitgestaltet, habe ich nach ein paar Ideen gesucht, wie man diese Spieler-Aufgabe verbessern könnte. Dazu ist mir sowohl die Schauspiel Seite als auch das verbessern bzw. intensivieren des Charakters eingefallen. Das man das natürlich vielleicht besser getrennt diskutieren sollte kann aber durchaus sein.

Im Zweifelsfall mach einfach noch einen Thread auf und verlinke auf diesen hier und umgekehrt.

Was deine Einschätzung betrifft kann ich dir jedenfalls voll zustimmen. Ich sehe auch vor allem ein Problem von der Hintergrundgeschichte zum Spieltisch hin. Deswegen habe ich meinem Spiel ein Stichwortartiges Flaggen-System bei dem die Spieler relevante Spielelemente der Persönlichkeit auf ihrem Charakterbogen notieren und sich so damit auseinandersetzen was sie am Spielabend thematisieren. Da dieser Bereich auf dem Bogen recht überschaubar ist kann man vor der Runde sich über diese Inhalte austauschen und der SL und die anderen Spieler können diese Flags direkt anspielen.

Ich bin jedenfalls auf deine Ideen gespannt, wie du das Problem für dich löst...
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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #42 am: 14.11.2009 | 20:58 »
Hm.. ich geb zu, da tue ich mir mit einer Antwort etwas schwer. Furchtbar viel Neues fällt mir dazu auch nicht ein (I guess it's Forge all over again^^..).

Ich denke letztendlich muss man einen Anreiz zum Einbringen von Standpunkten und nicht nur dem Festlegen von Standpunkten geben. Einfach nur dem Spieler einen Fragenbogen ausfüllen lassen reicht da nicht aus (außer der Spieler hat schon gelernt mit solchen Elementen umzugehen und schätzt Vanilla Nar; aber viele Systeme versuchen solches Verhalten ja geradezu zu unterbinden.. "simulationism by habit" eben).

Wenn es dir in erster Linie um schmückende Ausgestaltung der Handlungen der Charaktere seitens der Spieler geht, hilft meines Erachtens bereits ganz einfaches Verwenden von „fortune in the middle“ was man bei vielen Systemen die nicht zu sehr ins Detail gehen ohne Probleme einbringen kann. Das gibt dem Spieler mehr kreative Kontrolle über seinen Charakter die meist automatisch zu einer differenzierteren Darstellung führt und sei es nur um bei einem Fehlschlag den Charakter besser dastehen zu lassen; auf jeden Fall wird es dadurch einfacher dem Charakter einen eigenen „Stil“ zu geben.

Ein einfaches Bonus geben für das „schöne“ Beschreiben der Handlung wie es bspw. Sorcerer kennt (und was ich gehört hab auch Exalted) finde ich weniger förderlich, da es erstens dem ganzen FitM Prinzip entgegensteht (da der Bonus vor dem Wurf feststehen muss) und zweitens mitunter Divas heranzüchtet.. aber das nur am Rande^^.

Ansonsten machen es einem Spiele mit behavoir mechanics wie bspw. The Riddle of Steel oder Hearts and Souls [EDIT: gerade in Reign reingesehen.. passt auch^^]*   leichter, da man hier über die vorher ausgearbeiteten Motivationen des Charakters Vorteile im Spiel bekommt, sofern sie im Bezug zur Handlung des Charakters stehen. Ähnlich steht es mit Systemen die Traits verwenden, wie bpsw. FATE, die einem auch die Möglichkeit geben den Charakter über Ansichten und Wesenszüge zu definieren.

(*sind mal die einzigen Spiele, die mir spontan einfallen, die behaviour mechanics mit klassischer Task Resolution haben)

Ansonsten kann es auch helfen dem Charakter im vorhinein Beziehungen „aufzuzwängen“. Bspw. bei Vampire The Requiem muss der Spieler sich sowohl für einen Clan und einen Bund entscheiden, womit schon der Grundstein für Loyalitätsfragen mit mehr als einem Ausgang geliefert (und man kann das im Spiel sicher auch noch weiter aufpeppen). Wichtig ist auch hier wieder, dass diese Beziehungen auch im Spiel selbst thematisiert werden und zwar so, dass der Spieler sie nicht ignorieren kann, bzw. nicht eine Entscheidung so richtig ist, dass sie ohne Nachzudenken zu treffen ist oder sie nichts über den Charakter aus zusagen vermag.

Hm.. ich glaube ich Schulde hier noch ein paar Beispiele, aber ich hab noch etwas zu tun (auch wenn ich mich davor gerade drücke).. ich liefere welche nach, versprochen :).


Behaviour mechanics und conflicted gauges sind nebenbei meiner Meinung nach die beiden Elemente, die aus dem Indie Bereich endlich mal in den Mainstream Bereich rein müssten. Die passen auch ausgezeichnet auf ein Sim Chasis mit Taks Resolution und könnten idiotische Reward Mechanics wie extra XP für „gutes Rollenspiel“ endlich mal ablösen..
« Letzte Änderung: 15.11.2009 | 15:44 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
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Offline Beral

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #43 am: 14.11.2009 | 23:29 »
Wo hast du all die lustigen Fachbegriffe her? Ich verstehe nur Bahnhof.
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Offline Horatio

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #44 am: 15.11.2009 | 01:41 »
Sorry, ich dachte im Theorie Forum ist das Usus.. ist möglicherweise mit mir durch gegangen *blush*

Naja den Kram findet man unter anderem hier:

Forge Glosary:
http://indie-rpgs.com/_articles/glossary.html

Design Patterns of Successful Role-Playing Games:
http://legendaryquest.com/
(unter Downloads)
« Letzte Änderung: 15.11.2009 | 01:46 von Horatio »
You see, it did not matter that setting canon and expected style was being broken,
as long as the characters in the story believed in their roles, the Story Guide believed in the consequences of any actions taken,
and the players believed in the story more than mere setting facts. Whatever the story would be in genre and message,
that would be revealed after the fact, not before.
- Eero Tuovinen: A Loveletter to a Story Gamer

Offline Bad Horse

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #45 am: 15.11.2009 | 02:00 »
Behaviour Mechanics hast bei bei WoD schon versteckt mit drin - wenn du dich deinem Archetyp entsprechend verhältst, regenerierst du dadurch Willpower. Ich glaube, dieses System wurde beim späteren Editionen eher noch verstärkt, hakt aber natürlich an den sehr rigiden Archetypen.

Ansonsten empfehle ich dir - falls du es nicht schon kennst - die Keys aus The Shadow of Yesterday, mit denen du als Spieler sofortigen XP-Zugewinn triggern kannst, und über die der Spieler die volle Kontrolle hast (Key doof? Key weg, neuer Key her).
Zitat von: William Butler Yeats, The Second Coming
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Offline Horatio

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #46 am: 15.11.2009 | 02:12 »
Ja die nWoD scheint mir da schöne Ansätze zu zeigen. Mit Blutmacht oder wie das heißt, hat Requiem ja anscheinend auch einen conflictet gauge, da je höher die ist, gleichzeitig auch die Ansprüche an die Nahrungsquelle steigen (also bspw. Menschen- anstatt Tierblut); also nicht nur eine "je höher desto besser" Geschichte.

Für mein Gefühl könnte es da in beiden Bereichen noch ein Tick mehr sein, aber die Ansätze sind da und sauber umgesetzt :).

Bezeichnend, da gerade Edwards die oWoD immer sehr stark kritisiert hat^^. Wie schon an anderer Stelle gesagt, ich bild mir ein, dass da ein wenig der Einfluss von Sorcerer zu sehen ist; auch bezüglich der Aufbereitung von Source Material :).

TSoY steht auf meiner Liste auch ganz weit oben.. der Imago muss mir das nur endlich mal mitbringen :D.
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oliof

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Re: Charakterspiel und Charaktertiefe
« Antwort #47 am: 15.11.2009 | 13:25 »
Horatio: TSoY zum Selbstbedienen, mit den Regeln ganz nahe bei.