Um mehr Interessenten zu erreichen, postiere ich hier noch einmal meinen
Blogeintrag zu unserer DRYH-Spielrunde, dem letzten EinzelKnaller der Runde. Vorweg das Fazit, dann etwas allgemeines zum System und schließlich der lange (lange!) Spielbericht. Hoffentlich kann ich damit ein paar Leuten den Mund wässrig machen, auch mal DRYH auszuprobieren.
FazitBei DRYH geht es um Personen, die aus einem bestimmten Grund an Schlaflosigkeit leiden. Nach einigen Tagen ohne Schlaf macht es klick und sie tauchen als Erwachte ein in die Mad City, in der alles Kopf steht. Darüber hinaus erhalten die Charaktere übernatürliche Fähigkeiten. Nur einschlafen dürfen sie nicht, denn dies bedeutet das Ende.
Das Regelwerk ist flüssig, eingängig und aufregend. Es erfüllt seinen Job fabelhaft. Die bizarre Welt der Mad City sorgt für einen fabelhaften Alice-im-Wunderland-Horror.
SpielgeschehenMit dem wunderbaren Questionaire habe ich die Spieler ihre Charaktere vollkommen selbstständig erstellen lassen. Schon allein das war sehr interessant zu beobachten. Wir haben in einer deutschen Stadt gespielt, damit der Kontrast zwischen City Slumbering (die Welt der Schläfer) und Mad City (die Welt der Erwachten und der Albträume) besser zu Tage treten kann. Die Charaktere waren normale Menschen (Sportler, Mutter, Taxifahrer), die jeweils aus eigenen Gründen an Schlaflosigkeit litten.
* Der Sportler Thomas wurde von pseudo-chinesischen Mafiosi bedroht.
* Die Mutter Nadia vermisste ihren Sohn. Zuletzt war er auf dem Spielplatz.
* Der Taxifahrer Antonio hatte den Sohn des Dons gefahren. Leider kam dieser bei einem Unfall ums Leben.
Bei meiner kurzen Vorbereitung lief also alles auf Mafia heraus. Das war mir recht.
Durch den guten Fragebogen, kam das Spiel nie zum hängen. Allerdings dauerte es etwas, bis die Charaktere alle zusammen agierten. Die Unterbrechungen habe ich soweit es ging an Cliffhangern gesetzt, sodass die Spieler hibbelig auf ihren Stühlen saßen, bis es bei ihnen weiter ging. Dadurch war das Spiel sehr flüssig. Die Spannung lag aber natürlich vor allem an den Charakteren, die durch die gute Charaktererschaffung viele Konflikte boten, sehr real wirkten und mit denen sich die Spieler gut identifizieren konnten.
Mit dem Regelwerk sind wir gut zurecht gekommen. Es dauerte etwas, bis die Spieler begriffen hatten, dass sie immer so viele Madness Dice nehmen können, wie sie wollen, aber nach einer Stunde diente das Regelwerk nicht mehr zur Verwunderung, sondern nur noch zur Spannung (Werde ich gleich durchdrehen? Oder zusammenbrechen? …). Wegen der nahezu perfekten Abstimmung des Regelwerks auf den Spielstil hat sich auch gerade durch das Würfeln viel Spannung aufgebaut.
Leider hat aber fast nie Pain dominiert, was ich als Spielleiter etwas schade fand. Allerdings hatte ich die Spieler am Ende so weit, dass sie wirklich aufpassen mussten, nicht zusammenzubrechen oder dem Wahnsinn zu verfallen. Das war ein bisschen Genugtuung (höhöhö).
Tatsächlich habe ich aber bei der Welt ein wenig geschummelt. Ich bin mir nicht 100%ig sicher, wie es vorgesehen ist, aber da ich einen EinzelKnaller geleitet habe, habe ich folgendes angenommen:
* Die Mad City ist ein teilweises Abbild der City Slumbering. Einige Personen existieren parallel in beiden Welten (auch wenn sie die Mad City nicht als solche wahrnehmen). So konnte man gut die Geschichte der Charaktere mit der Mad City verknüpfen.
* Die Charaktere können zu ihren normalen Leben zurück kehren, wenn sie den Auslöser für ihre Schlaflosigkeit beseitigt haben. Das brachte ein Spielziel. Die Spieler konnten gewinnen oder verlieren.
* Die Charaktere haben ihre Fähigkeiten in beiden Welten. Damit coole Action in beiden Szenerien möglich ist.
Das hat sich als gute Wahl für einen EinzelKnaller heraus gestellt und das Spiel sicher nochmal intensiver gemacht.
Alles in allem war DRYH für mich so ziemlich der Favorit unter den EinzelKnallern. Ein echt abgefahrenes Spiel.
StoryverlaufAchtung: lang!
Der Fahrer Antonio wurde bei einem Besuch bei seiner zickigen Tochter (und leider auch seiner Ex) von der Mafia überrascht, die Rache für den Sohn des Dons will. Eilig musste er mit seiner Tochter fliehen, nicht ohne das Treppenhaus in Brand zu setzen um die Mafiosi aufzuhalten. Oh, das ist eine nützliche Fähigkeit! Leider ist seine Tochter echt ungehalten und nur mit Mühe kann er sie zu einem Essen im Ristorante Pasta (Luigi macht die besten Pizze) überreden.
Thomas wird vor seinem Haus von Schlägern mit merkwürdigem Akzent überrascht und muss über die Hinterstraßen fliehen, bis er die Verfolger endlich abgehängt hat. Zum Glück ist er Leichtathlet.
Nadia versucht bei der Polizei etwas über das Verbleiben ihres Sohnes herauszufinden. Diese behauptet, alles zu tun, was in ihren Kräften steht. Und man hätte gerade viel zu tun. Nach einem riesigen Aufstand, muss Nadia mit hängendem Kopf das Präsidium verlassen. Aber auf dem Rückweg erinnert sie sich daran, wie sie zum Spielplatz ging um ihren Sohn zu holen. Da war dieser schwarze Wagen. Und darin dieser grobschlächtige Typ. Genau wie der Typ dort vor ihr!
Nadia heftet sich ihm an die Fersen und wird von Thomas gefunden, der den Typen als seinen Häscher wieder erkennt. Die beiden unterhalten sich und beschließen, ihm zu folgen. Auf die Polizei ist ja kein Verlass. Dieser Vasili telefoniert. Mit Bonebreaker. Und dass der Kleine zum Schweigen gebracht werden sollte. Tatsächlich können die beiden auch die Adresse belauschen.
Thomas wird angerufen. Jemand würde ihn gerne engagieren, es wäre dringend und er könnte viel für seine Karriere tun. Treffen im Ristorante Pasta. Komisch, darin ist gerade dieser Vasili verschwunden. Und der Typ mit seiner nörgelnden Tochter.
Antonios Tochter verschwindet noch kurz auf die Toilette … und kehrt nicht wieder. Antonio hört einen Schrei. Er springt auf und rennt nach hinten Richtung WC. Auf dem Weg schnappt er sich eine von Luigis Pizzaschaufeln als Waffe. Die Türe mit der Aufschrift "Nur Personal" schließt sich mit einem Rumms, nachdem zwei Gestalten darin verschwanden. Antonio reißt sie auf …
Thomas und Nadia begeben sich in das Ristorante. Anschließend wollen sie diesen Bonebreaker aufsuchen. Am Tisch sitzt ein edler Herr, der sich als Geschäftsmann ausgibt. Er macht Thomas ein Angebot, ihn in seine Mannschaft aufzunehmen. Für die kurz bevorstehenden Leichtathletik-Meisterschaften fehlt ihm noch ein Sportler. Sein ursprünglicher Mann ist kurzfristig ausgefallen. Er macht Thomas großzügige Angebote, doch dieser fühlt seinen Sportler-Geist angegriffen. "Und Sie müssten sich nie wieder Sorgen um Ihre Sicherheit machen. Wir sind hier doch eine gute, große Familie, die zusammenhält und einander beschützt." Thomas erbittet sich Zeit. So ein bisschen verdächtig ist dieser Herr schon …
Antonio stürzt aus der Türe auf das Dach. Er befindet sich hoch oben über der Straße. Die Türe zu seinen Füßen schließt sich. Er blickt über ein Meer von Dächern, das über und über mit Türen versehen ist. Panik überkommt ihn und er klettert wieder durch die Türe am Boden.
Er steht auf der Straße. Ein altes Plakat mit der Aufschrift "Zirkus — JETZT!" zeigt eine geballte Faust. Ein abgewetzter, gebeugter Mann kommt ihm mit einem Karren voller Orangen entgegen. "Sind hier gerade Leute entlang gelaufen? Ich suche meine Tochter!" Eine krächzende Stimme antwortet: "Orangen? Frisch und saftig!" Der knochige Finger bohrt sich in das Fleisch einer Orange und der Saft trieft an der Hand herab. Nachdem Atonio ihm einige seiner Früchte abgekauft hat — im Gegenzug für Erinnerungen an das Lächeln seiner Tochter, da er keine Wachsmünzen* hatte — eröffnet der Alte ihm, dass hier ein Mädchen von einem Tommy entlang geschleppt wurde. Er weist auf eine Tür, in der sie verschwunden sind.
Indes begeben sich Nadia und Thomas (grübelnd ob des Gespräches) in eines der schlechteren Viertel der Stadt. Sozialer Wohnungsbau. Grau-bröckelnde Plattenbauten umzingeln die beiden. Die Tür zum Treppenhaus kann nicht mehr verschlossen werden. Achtzehnter Stock. Sie nehmen den Fahrstuhl.
Auf der Straße wird Antonio von einem Bobby mit Aufziehklapparatismus angehalten und soll sich ausweisen. Er lässt sich nicht abwimmeln und folgt stur seiner Polizei-Prozedur. In seiner Verzweiflung blockiert Antonio mit einem gekonnten Stopß mit der Pizzaschaufel die Aufziehfeder am Rücken, die sich vormals ratternd drehte. Kurz zuckt und knattert der Polizist, bevor er mit einem lauten FLOING entzwei springt. Unmengen und Abertausende von Zahnrädern und Feder beflecken den Staub der Straße.
Antonio überredet den Kassierer des Spiegelkabinetts, ihn einzulassen. Er durchschreitet den Vorhang … und zuckt vor einer Fratze mit hohlen Augen und einem widerwärtigen Grinsen zurück. Vor sich selbst. Er fasst Mut und sprintet durch die Gänge. Bis er im Labyrnth landet. Beklemmende Enge. Wände aus Glas und Spiegel. Da! Seine Tochter! Und ein bulliger Typ mit einer Thompson als Kopf. Antonio versucht ihm zu folgen. Doch das Labyrinth ist tückisch. Die drei Glaswände rund um ihn herum sind geschlossen. Er brüllt, trommelt auf die Wände ein. Der Tommy eilt mit seiner Tochter auf den Ausgang zu. Dann erblickt der Tommy Antonio. Ein hämisches Grinsen auf der Trommel. Glas explodiert, Scherben wirbeln durch die Luft, als der Tommy feuert. Unmengen an kleinen Haifischen, die sich durch die Scheiben brechen und in Antonios Fleisch verbeißen wollen. Einer der Fische kommt durch und kaut auf seinem Oberarm herum, während Antonio die restlichen mit seiner Pizzaschaufel auf Abstand halten kann.
Nadia und Thomas stehen auf einer Balustrade, hoch über den Straßen einer unbekannten Stadt. Unten ein Markt, auf dem fleißig Wachsmünzen gegen Puppen und Erinnerungen getauscht werden. Plötzlich hören sie ein rascheln. Ein kleiner Junge, über und über mit Zeitungspapier bedeckt und von Tinte geschwärzt, lugt über das Dach zu den beiden herunter und beginnt, hastig etwas auf ein Papier zu kritzeln. Thomas erwischt ihn und reißt das Papier aus seiner Hand. "Zwei Erwachte von Balustrade auf den Markt gestürzt. Sofort tot." Die beiden ahnen, was ihnen blüht. Sie streichen die Meldung durch und schreiben stattdessen, dass der Zeitungsjunge vom Dach stürzt. Dann schmeißen sie den Zettel achtlos von der Balustrade. Er segelt weit weg in das Verlagshaus. Als die beiden die Wohnung von Bonebreaker betreten, hören sie hinter sich den Zeitungsjungen herab stürzen.
Antonio kann den Tommy bis zum Restaurant Pizza Pizza verfolgen, wo Luigi hinter dem Thresen steht und in einer schier endlosen Reihe Pizze aller Art bäckt**. Er findet seine Tochter hinten bei den Tischen und holt sie zu sich. Doch dann öffnet sich die Türe ins Hinterzimmer.
Thomas und Nadia stehen Bonebreaker gegenüber. Das dampfende Wildschwein lebt in einem engen Zimmer, das vom Chaos regiert wird. Bierdosen, Unterwäsche und leere Tüten liegen um das verranzte Sofa verteilt. Ein Fernseher zeigt endlose Wiederholungen diverser englischer Endspiele. Die beiden nähern sich vorsichtig und sprechen mit Bonebreaker. Ob er Nadias Tochter habe. Dieser grunzt nur höhnisch zurück, sie solle sich nicht in Dinge einmischen, die sie nichts angehen. Ihr Sohn hätte Dinge gesehen, die nicht für ihn bestimmt waren.
Nadia schmeißt ihm telekinetisch den Fernseher gegen den Schädel, der funkensprühend an seinen Hauern zerbirst. Er flieht in ein hinteres Zimmer, wo er Nadias Sohn aufliest und sich zum Fenster begibt. Thomas und Nadia eilen hinterher, Thomas blinkt*** sich nahe an das Schwein ran, bekommt es aber nicht zu fassen. Bonebreaker kraxelt aus dem Fenster auf die Balustrade. Nadia — in erbarmungslosem Hass gegen das Schwein — stößt ihn telekinetisch herunter. Bonebreaker und Nadias Sohn trudeln wie in Zeitlupe auf den Grund zu. Thomas springt hinterher. Er erreicht den Jungen. Dann trifft Bonebreaker auf dem Boden auf …
Und stürzt geradewegs durch die dort befindliche Tür. Thomas hinterher. Nadia beschließt, den dreien zu folgen.
Bonebreaker stürzt duch die Türe direkt auf die Wand mit den Pizzaöfen zu und verschwindet in einem derselben. Klappe zu. Wer möchte Pizza Wildschwein?
Kurz darauf purzeln Thomas, Nadia und ihr Sohn herein. Alle sind sie wieder beisammen. Gemeinsam essen sie Pizza … bis sie bemerken, dass das Restaurant umstellt ist. Von einem guten Dutzend Tommies!
Durch die Türe tritt ein aufrecht gehender Hai von beachtlicher Statur in den Raum. Er trägt einen Armani-Anzug und sein dreifaches Grinsen wirkt bedrohlich.
Thomas erkennt ihn wieder. Er ist der Don. Er ist derjenige, der ihn so dringend als Sportler verpflichten wollte. Ja, es ging um Wetten. Damit die etwas werden, ging es auch um Doping. Thomas' Vorgänger wollte nicht mehr mitmachen. Da musste er ein wenig aus dem Weg geschafft werden. Leider wurde Nadias Sohn Zeuge dieses Prozesses. Was lungert er auch abends bei schlechtem Wetter auf dem Spielplatz herum?
Der Don schreitet auf Antonio zu. Mit eiskalter, keuchender Stimme spricht er ihn an. "Du hast meinen Sohn umgebracht!" Eine kalte Hand legt sich Antonio auf die Schulter. Neben ihm sitzt der verkohlte Leichnam vom Sohn des Don. Er blickt Antonio direkt in die Augen.
Antonio bekommt es mit der Angst zu tun. Er versucht sich heraus zu reden. Er bittet um Verzeihung. Der Don ist entzückt: "Ich bin bereit, Dir zu vergeben. Auge um Auge." Langsam haben sich ein paar Tommies drinnen gesammelt. Sie gehen auf Antonios Tochter zu. "Ich werde sie töten lassen und alles ist verziehen."
Antonio und die anderen schreien auf. Nicht seine Tochter!
Dann greifen die Tommies Nadias Sohn. "Und wie ist es mit einem Fremden. Jemand, den Du kaum kennst?" Der Don ist von einer unerbärmlichen Kälte. "Wenn Du willst, das ich Dir vergebe …"
Nein! Das kann er nicht tun.
"Eine letzte Chance." Der Don lässt seine Männer Luigi, den Pizzabäcker, ergreifen. "Wie entscheidest Du Dich?" Hatte Luigi Antonio nicht verraten? Drei … zwei …
Die drei Akteure zögern.
eins …
In einem Hagel aus Haifischen geht Luigi zu Boden. Hundert- und abertausendfach durchbohrt. Leblos klatscht sein Körper zu Boden. Schallend lacht der Don auf.
Antonio springt auf und rennt auf den Don zu. Die Tommies eröffnen indes das Feuer, doch Nadia lenkt die Kugeln um, so dass sie einander durchsieben. Wild feuernd stürzen sie zu Boden. Dann klacken die Magazine aus der Halterung und sie sind tot. Thomas beschützt die beiden Kinder, während Antonio die Schaufel mit seiner Fähigkeit entzündet. Er springt den immer noch lauthals lachenden Don an und drischt ein ums andere Mal mit dem brennenden Holz auf den Mafiahai im Anzug ein. Nach ungezählten Schlägen sackt Antonio über dem Don zusammen. Dieser röchelt: "Wer wird jetzt die Familie führen?" Dabei schaut er Antonio durchdringend an. Dann haucht er seinen letzen Atem aus mit den Worten: "Luigi war ohnehin zu weich. Er wollte sich nie auf die Familie einlassen."
Ängstlich und verbittert stehen die fünf im Raum. Sie verlassen den die Pizzeria und treten auf die Straßen der deutschen Stadt. Sirenen heulen und flackerndes Balulicht scheint von den hässlichen Bauten der 70er wider. Im Inneren vom Ristorante Pasta zehren die Flammen an den leblosen Körpern von Luigi, dem Don und zwei unbekannten Mafiosi.
Ihre Wege teilen sich. Ohne ein Wort verschwinden die drei und Ihre Kinder im Dunkel der Nacht.
Sie brauchen jetzt etwas Schlaf.
* Vom Wachskönig in Wachs gegossene Erinnerungen.
** Mit etwa Käse, Tomaten, Austern, Milcheis, Autoreifen oder Sardellen. Oder auch die Pizza Canibale.
*** Kurzstrecken-Teleport.
Besten Dank fürs Lesen!