Wie gesagt hab ich durchaus schon Mittelerde als Setting bespielt, und halt es zwar absolut nicht für ungeeignet als RS-Setting, aber es gibt halt doch gewisse potentielle Schwierigkeiten, über die man wohl zumindest vorher mal nachgedacht haben sollte.
1.) Metaplot im großen Maßstab festgeschrieben - bis zum Anfang des 4. Zeitalters. So ist zum Beispiel klar, wenn man vor dieser Zeitenwende spielt, was wann wo passiert, und umgekehrt ist auch klar, was nicht passieren _darf_, wenn man den Kanon nicht umschmeißen will. Z.B. ist es bis zur Reise der Gefährten einfach nicht bekannt, was mit Balin in Moria passiert ist. Um jetzt nur ein Beispiel zu nennen.
Spielt man dagegen zu einer anderen Zeit als der von den Romanen abgedeckten, muss man sich da zwar weniger den Kopp machen - aber die Welt wirkt eben auch nicht mehr so vertraut, was von vornherein sicher einen der Hauptreize Mittelerdes ausmacht.
So oder so ist man halt in den Ergebnissen ziemlich festgelegt, wenn man irgendwann vor dem 4. ZA spielt. So die episch-weltbewegende Kampagne ist da kaum möglich, aber gerade das ist eigentlich Sinn und Zweck des Settings. Man kann sich da zwar irgendwelche Nebenkriegsschauplätze aussuchen, muss sich aber von vornherein damit abfinden, dass die eigenen Taten keine dauernde Berühmtheit erreichen können (sonst stünden sie ja im Kanon...).
2.) Rassen sind im Tolkien-Kanon nicht gleichwertig. Vor allem Elben sind schöner, klüger, weiser, geschickter, gesünder... kurz, von vorne bis hinten _besser_ als Menschen, und nebenbei unsterblich (im Falle eines gewaltsamen Todes -> Seelenwanderung, Wiedergeburt). Umgekehrt sind Hobbits erstmal die totalen Loser, Dúnedain sind durchweg toller als Mittelmenschen, und so weiter. Das muss einem halt klar sein. Wenn man nun innerhalb der Gruppe Wert auf Balance legt, sollte man die Party "reinrassig" halten. Ansonsten muss den Spielern klar sein, worauf sie sich einlassen.
Anders gesagt: In D&D-Begriffen ausgedrückt, haben Elben sowas wie ECL +10 (Schätzwert).
Ein anderer Unterpunkt wäre, dass zu dieser Zeit (spätes 3ZA) Hobbits einfach nicht verreisen --> fallen als Spielerrasse raus.
3.) Diverses: im späten 3ZA ist Mittelerde ausnehmend dünn besiedelt, vor allem Eriador mit Ausnahme des Auenlandes. Auf dem ganzen Kontinent ist nur eine handvoll Ortschaften überhaupt namentlich bekannt -- und von riesigen Gebieten weiß man einfach nur, dass dort _niemand_ lebt. Da muss man halt auch aufpassen, dass es nicht entweder langweilig wird, weil man niemals NSC trifft, oder unglaubwürdig, weil man NSC einbaut wo keine sein dürften.
Insgesamt würde ich also sagen: Mittelerde eignet sich sehr wohl zum bespielen, aber wenn man es mit dem Kanon genau nimmt, sollte man sich verkneifen, ausgerechnet zum ausgehenden 3ZA einzusteigen. Besser wäre wohl zu einem früheren Zeitpunkt, etwa 2.ZA oder frühes 3.ZA.
Oder man steigt erstmal geflpegt zum Ringkrieg ein (und lässt die SCs Helden auf Nebenkriegsschauplätzen werden), und geht dann ins 4.ZA über, wenn die Gruppe Spaß an Aufbauspielen hat.