So, das wird ein etwas
längerer Text. Es gibt so viel zu sagen, da ich das Gefühl habe ein Spiel gespielt zu haben, daß schon vor 9Jahren hätte rauskommen müssen!
Habe es nach
65 Stunden und 46 Minuten nun durch und wage nun eine Gesamtwertung zu äussern. Da ich grundsätzlich kritisch und sowieso nie zufrieden bin gehe ich eher auf die Schwächen ein. Verzeihung, aber die Qualitäten von DA kennen wir doch alle.
Dragon Age ist ein gutes Spiel. Es ist sogar ein sehr gutes Spiel, eines der besten der letzten 10Jahre imho. Wenn man es beendet ist es schon ein wenig wie Abschied nehmen und trotzdem fühle ich mich am Rollenspielbüffet nicht satt gegessen. Wie kommts, was macht Dragon Age schon falsch? Das ist nicht leicht zu beantworten.
Es bleiben viele Warum fragen und das Gefühl, daß vieles nicht Not getan hätte, wenn man noch feinschliff betrieben hätte.
Doch von Anfang an:
Dark Fantasy wollen sie mir also auftischen. Der Einstieg ist wirklich stark, bis zum Beitrittsritual gibt es schon starke, emotionale Szenen, gute Regie und eine Dysternis, die sich noch aufrecht erhalten kann. 4Players sagt die erste Öffnung der Weltkarte sei ein magischer Zeitpunkt, für mich der Punkt an dem der Lack etwas abblättert. Insgesamt ist das alles nörgeln auf hohem Niveau, doch in Summe macht das ganze Kleinvieh eben auch Mist.
DA ist eine komische Mischung aus Ernsthaftigkeit, pubertärer Naivität und albernen Gageinlagen. Dazu ist die Welt viel zu hell, weich und lichtdurchflutet, als daß man ihr den Blutgetränken Anstrich später noch abnimmt. Im späteren Verlauf kann man dann die teilweise richtig üble Sachen (den Zwergenplot fand ich am härtesten) nicht mehr so ernst nehmen, wie sie gerne genommen werden wollen. Es ist irgendwie nicht rund. Allerdings ist das schon ein Merkmal, daß schon BaldursGate auszeichnete. Nur Bioware bringt es fertig, sich durch Gewalt, Blut und Gedärme zu wühlen und dabei Fröhlichkeit und bunte Zauberwälder unterzubringen.
Doch der Bezug zur Story geht praktisch auf der Stelle verloren, als man Freigang bekommt. Der Gegner ist ein Namenloser Dämon, der die ganze Zeit kein Wort sagt. Musste das wirklich sein? Was interessiert mich der Drache? Ähnlich geht es mit den anderen Antagonisten. Man läuft ihnen nicht über den Weg, kann sich nicht mit ihnen unterhalten. Kann ihr Tun nicht nachvollziehen und keine Beziehung zu ihnen aufbauen. Meinem Charakter wurden die Eltern getötet (Mensch,adliger) aber ich hatte keinen "rollenspielerischen Zorn" auf diese Leere Puppe Namens Howe. Ich habe keine Lust die Bösewichte aufzuhalten, muss es aber.
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Die Nebenplots im Hauptquest (Armee rekturieren) haben überhaupt keinen Bezug zur Hauptstory man verliert mit jeder Stunde weiter an Bezug. Am Ende wird es dann wieder besser. Doch es gibt Schwächen in der Inszenierung, teilweise schlechte Videos, obwohl man schon weiss, die können es besser. Teilweise fehlen sie, wo man sie sich wünscht oder welche HINgehören. Das Finale ist geradezu enttäuschend unspektakulär. Der Soundtrack hat ein paar Höhepunkte, ist aber nicht eigenständig genug, nicht selten sogar langweilig, ist habe ihn bereits jetzt "ausgehört". Viel ältere Partyrollenspiele mit zum Teil demselben Komponisten (Inon Zur) fegen DragonAge im Gegenzug dazu einfach hinfort, wie konnte das überhaupt nur passieren?!
Die Gefährten wirken zum Teil auch albern. Sten labert imho nicht nachvollziehbaren Blödsinn, ausserdem ist er ein geistig instabiler Mörder. Morrigan möchte zynisch sein, kommt mir aber vor wie ein Möchtegern-Emogirl. Dadurch, daß das ingsesamt nicht immer stimmig wirkt fehlt mir auch der Bezug zu den Charakteren, sie wirken nicht lebendig, sondern eben wie erfunden. Das wäre nicht schlimm, wenn man es nicht besser gesehen hätte.
Eine wirkich erwachsene, düstere, zynische Fantasy mit RICHTIGEN Charakteren hat man in The Witcher schon besser gesehen. Gerade bei Geralt (Spielcharakter aus The Witcher) kann sich Morrigan eine dicke Scheibe abschneiden. Ich würde sagen, selbst in Neverwinter Nights2 rangieren die Gefährten auf ähnlich (immer noch hohem) Niveau wie Dragon Age.
Vieles kratzt auch an der Glaubwürdigkeit der Welt. Zum einen ist sie recht einfach aufgebaut, man hat sich schnell einen Überblick verschafft und hat dann den Eindruck alles darüber zu wissen, was man wissen muss (ich habe trotudem viele Kodexeinträge gelesen). Zum Anderen verzichtet Bioware auf grundlegende Errungenschaften zugunsten von Immersionsschwächen aus dem Neverwinter Nights Zeitalter. Die Innenarchitektur der einfachsten Häuser ist zum Teil nicht nachzuvollziehen, eine aneinandergereihte Kette eckiger Zimmer ist kein Gebäude in dem man wohnen kann. Die Landschaft ist von der Gestaltung selten glaubwürdig (und ich meine nicht die Graphik). Und es gibt keinen Tag- und Nachtwechsel.
Das Regelsystem und das Gamplay ist sehr solide und größtenteils auch nachvollziehbar. Es fühlt sich einfach richtig an, wenn man in scheppernder Rüstung oder knirschendem Leder durch die Pampa streift, keine Ahnung wie Bioware das gemacht hat. Trotzdem bietet es insgesamt aber zu wenig Abwechslung. Sei es mit der geringen Anzahl der Powers innerhalb der Spezialisierungen (ich hatte später drei 2Templer und 2Berserker und 3Champions in meiner Runde), der geringen Variation der Gegner und deren Fähigkeiten, den abgespeckten Zutaten (3Kräuter insgesamt, whohoo!) oder der Kampftaktik. Denn seien wir ehrlich, im Grunde läuft jeder Kampf gleich ab. Man haut alles raus, was man hat, holt sich trotzdem bei jedem Kampf blaue Augen, weil der Gegner auch alles raushaut und man ihn kaum am Treffen hindern kann und regeneriert sich bis zum nächsten Kampf, bei dem man wieder alles raushaut was man hat. Es gibt keine Strategischen Überlegungen. Die Powers regenieren viel zu schnell und haben viel zu wenig Auswirkung (mit Ausnahme der Flächenzauber), als das man etwas anders macht als immer wieder die Manöverleiste von 1 bis 10 runterzuklicken.
Nicht falsch verstehen. Der Schwierigkeitsgrad ist sehr gut eingestellt und man muss sich ab und zu überlegen wohin man welchen Gefährten schickt und welchen Zauber man wohin setzt aber nach 10 Kämpfen wiederholt sich das spätestens. Dazu gibt es zu wenig, womit man sich unterstützen kann-. Eine Hand voll Fallen und ein paar Salben sind zu wenig.
Das zieht sich durchs Spiel, im Grunde fehlt an so gut wie jeder Stelle der letzte Schliff. Warum habe ich ein KI System wenn ich nicht mal meinen Gefährten ein bestimmtes Areal zur Verteidigung zuweisen kann (etwas, das Baldurs Gate schon vor 10Jahren konnte!). Warum gibt es Fallenfinden, wenn ich nicht aktiv danach suchen kann? Wieso kann ich die Beschichtungen nicht auf die Waffen meiner Gefährten auftragen? Wieso wird überall von Bonu und Mali geredet (in Setboni, Powerboni) wenn ich nicht sehen kann wie hoch diese sind, bei manch anderen aber schon. Warum wird mir nicht angezeigt wieviel XP ein Questbringt, bei jedem getöteten Gegner aber schon? Warum kann ich die Titel der Kodexeinträge nicht lesen, eine Zahl sagt mir nichts und man sucht stundenlang wenn man etwas bestimmtes sucht.
Dazu kommen verzeihliche Fehler in der Technik. Die Kamerasteuerung ist zum Teil unübersichtlich (man kann kaum von seinen Gefährten wegscrollen), ob man irgendwo hingehen kann ist abhängig davon wie der Sichtwinkel ist. Man kann Ausrüstung anlegen, deren Vorrausetzung man nicht erfüllt in dem man die nötigen Amulette nachträglich ablegt. Und warum hat der beschworene Bär kein Taktikfenster, der Wolf aber schon? Ich glaube der Ton ist auch ganz schlecht abgemischt, mag aber an meiner Ausrüstung liegen. Die Backgroundmusik ist viel zu leise, der die Kampfmusik VIEL zu laut, dafür ist die Sprache im Kampf wiederum zu leise, man ist ständig am regeln.
Ich will mich nicht über die Graphik aufregen. Sie ist circa. 2-3 Jahre alt aber sie schaffen es dennoch einen Flair aufzubauen, das gelingt vielen Spielen mit besserer Graphik zumindest nicht.
Ich unterstelle dem Spiel einen Mangel an Einfallsreichtum. Wenn man sich die ganze Kampagne durch den Kopf gehen lässt ist vieles repetitiv, zwar zu einem gewissen Grad optisch abwechslungsreich, aber immer demselben Ablauf unterlegen. Vieles hat man anderswo schon mal besser gesehen. Die Dungeons strotzen zum Teil vor Langeweile. Wo sind die Geheimgänge? Wo sind die Rätsel?
Quasi nichts an Dragon Age ist neu oder in irgendeiner Weise innovativ. Eine Sache, die Risen in Tests noch das Genick brach scheint bei Dragon Age nicht mal eine Erwähnung wert zu sein. Ja, es hat Stärken im Bereich Entscheidungen und Konsquenzen aber auch das ist schlussendlich nur eine Weiterführung.
ABER, ich sage, es will auch gar nicht innovativ sein. In Dragon Age hallt ein Schrei aus der Vergangenheit vieler gequälter Rollenspieler nach, die nun endlich zur Ruhe gebracht werden sollen. Dragon Age ist BaldursGate oder Planescape Torment (ich packe die in einen Topf) in Neuauflage. Überall erkennt man es wieder, selbst an der Farbgestsaltung und in seltenen Momenten, wenn man in Isoperspektive durch die Dungeons schleicht fühlt man es sogar. Geschickt klauen sie sich dabei die jämmerlich, wenigen moderneren Post-BaldursGate Innovationen zusammen, die in 10Jahren Akzeptanz gefunden haben und die sie zum Teil selber (in NWN1) gemacht haben oder bei anderen (World of Warcraft, NeverwinterNights2...) schon gemacht wurden und beheben damit gekonnt die Schwächen des geistigen Vorgängers BG (wie z.b. Das schreckliche AD&D System oder die fehlende Vollsynchro oder hölzernes Gameplay). Es hat so viel Änhlichkeit, daß ich vermuten würde, ein Neverwinter Nights3 hätte auch so ausgesehen wie Dragon Age.
Manchmal hat man das Gefühl als erwarte Bioware vom Spieler Dankbarkeit. "Seht, wir können tatsächlich noch Isoperspektive und (fast) freies scrollen. Wir können auch noch lebendige Charaktere und Streits in der Party. Wir können sogar noch detailreiche Spielgraphik, jetzt gebt endlich Ruhe."
Doch es fehlt die Brillanz, der Einfallsreichtum und die Abwechslung des großesn Vorbildes. In vielen Beziehungen kann die BaldursGate Saga DragonAge immer noch locker in die Tasche stecken (man denke nur an die Vielfalt der Monster, so ein Feuerwerk wurde bis dato nicht mehr abgebrannt). Vieles wurde 1:1 abgekupfert (z.b. Die Reisekarte mit ihren Modulen), doch die Module wirken nicht so begehbar, und lebendig. Sie wirken eher wie die Level von Super Mario, man klappert eben alles ab und geht dann wieder ins nächste Level. Lediglich die Reihenfolge kann man sich aussuchen.
Aber Warum springt der Funke nicht über? Es macht auch vieles so viel besser als BaldursGate, es hat viel mehr gewichtigere Entscheidungen und Abzweigungen als BaldursGate.
Mögliche Antwort: Auf DA liegt zum Teil auch der Fluch seiner Zeit. Man MUSS heute 3D Graphik liefern. Doch so lebendig wirkt das alles eben dann doch nicht. BaldursGate hatte nur 2D und lediglich Porträts, trotzdem war in BG
Kahlids Tod, die Entführung Imoens, der Tod Aries oder der Abschiedsbrief von Jaheira, der hautnahe Bösewicht Irenicus, viel einschlägiger
das bleibt einfach hängen, das ließ mich nicht kalt. Vielleicht ists die eigene Vorstellung, die man braucht wenn man nur Pixelfiguren und Porträts vor sich hat, da kann keine schlecht animierte Polygonfigur mithalten. Die Charaktere und Bösewichte aus DA lassen mich oft kalt und das ist sehr schade.
Trotz des WESENTLICH besseren Gameplays und der größeren Interaktivität als BaldursGate kann es insgesamt nicht gleich ziehen, dafür bietet es als Spiel zu wenig Abwechlsung, eine zu lange Leine an der Hauptstory und ruht sich zu stark auf den Hintergrundgeschichten seiner NSCs aus.
DA ist eben nichts Neues, sondern nur eine Erinnerung an das, was wir schon mal hatten, wo wir schon mal waren, vor langer Zeit. Und das ist traurig, es ist traurig weil es verschenkte Zeit war. Und es ist schon bezeichnend, daß alle Versuche von Partyrollenspielen der letzten Jahre nicht so erfolgreich war, wie diese beinahe 1:1 Wiederbelebung. Ich hoffe, daß man von diesem Punkt aus nun endlich weitergehen kann, wie es schon lange hätte passieren müssen, damit wir endlich unser emotional geladenes Partyrollenspiel bekommen, daß BG endlich ablösen kann. DA kann es nicht, wenn auch nur kanpp.
Und das ist der Grund warum es nicht wirklich schlecht sein KANN und warum man Bioware nicht böse sein kann. Dragon Age schlägt eine Brücke nach BaldursGate und holt SEINE Qaulitäten in die Gegenwart, so daß wir nicht mehr fürchten müssen, daß sie im Spieledesign vergessen werden, wie es die letzten Jahre den Anschein hatte.
ist das zu kritisch betrachtet?