Mir ging's eher darum, dass so viele Beiträge dabei waren, die irgendeiner Randgruppe angehören musste, damit's irgendwie eine Bedeutung hatte.
Du bist ja nicht Künstler, oder Rockstar, du bist jetzt Non-binärer Künstler, oder Gay-Rockstar ohne Klamotten, oder was weiss ich.
Du warst immer auch schon Gay-Rockstar oder Non-binärer Künstler. Freddy Mercury war auch nicht nur Rockstar, sondern Gay-Rockstar. Die Androgynität von bestimmten anderen Künstlern war auch schon immer da.
Abgesehen davon: Ich zähle 2 in irgendeiner Form angekündigt queere Künstler:innen beim diesjährigen ESC – drei, wenn wir den Engländer mitzählen. Von 25. Ist uns das schon zu viel?
Was mir grade nicht in den Schädel will: Wir pendeln in der Debatte immer zwischen zwei Extremen:
Haben queere Künstler irgendwo Erfolg, sei es an den Kinokassen, bei Musikveranstaltungen etc., dann waren sie natürlich nur erfolgreich, weil sie ihre Queerness so vor sich hertragen und sich damit angebiedert haben... und überhaupt ist das kritikwürdig, denn es ist das alles zu viel und es nervt. Gewinnen queere Künstler irgendwo nicht, sei es an den Kinokassen, bei Musikveranstaltungen etc., dann haben sie natürlich nur deshalb versagt, weil sie ihre Queerness so vor sich hertragen und es die Leute nervt und sie davon genug haben...Wenn man als Künstler:in seine eigene Identität, wenn es eine queere Identität ist, thematisiert, dann macht man es gewissen Bevölkerungsgruppen ja doch nicht recht. Kann man gar nicht! Es wird sogar beim ESC kritisiert und diese Veranstaltung hat seit über 20, 30 Jahren nicht unbedingt mit Paradiesvögeln gegeizt. Aber jetzt ist das plötzlich ein Problem, wo die Sichtbarkeit eine kritische Masse überschritten hat?
Ich MAG nackte Haut. Ich mag auch VIEL nackte Haut. Aber soweit ich das korrekt in Erinnerung habe ist das immer noch ne Musikveranstaltung und in dem Kontext hat das vielfach einfach nur noch BILLIG statt kreativ oder rebellisch gewirkt, was da auf der Bühne stand. Ja, klar, sex sells aber wenn das Lied nur wegen nackten Ärschen und Titten im Gedächtnis bleibt und musikalisch komplett zu vergessen ist, sind die Prioritäten falsch.
Leben wir seit den letzten 30 Jahren auf demselben Planeten?
Niemand, außer vielleicht dem Finnen, den Spaniern und der Irin, waren bei diesem NSC übermäßig leicht bekleidet. Diese Art von Pop-Performances sind doch spätestens seit den 90ern, aber eigentlich schon seit Madonna völlig verbreitet. Das haben wir im HipHop schon gesehen und im Eurodance und in der neuen deutschen Härte – alles schon in den 90ern. Sogar die Red Hot Chili Peppers oder Man-o-War zeigen ihre blankrasierten Männerbrüste.
Ich weiß echt nicht, was hierzuforum vom ESC erwartet wird. Der ist doch immer schon super-campy! Seit ich ihn verfolge ist der grell und da wird übertrieben und manchmal auch bewusst schockiert.
Wer eine tiefschürfende Auseinandersetzung mit Werken von hohem musikalischem Gehalt möchte, der kann ja von mir aus die Top 500-Albenliste vom Rolling Stone durchhören (lohnt sich!). Aber der braucht doch nicht beim ESC einschalten, also ernsthaft.
Finde den Schweizer Beitrag vollkommen unansprechend, in absolut jeder Hinsicht. Das mag ich weder hören noch sehen.
Habe noch in ein paar andere Sachen reingeschaut und mich bei einigen der Inszenierungen gefühlt als ob man da in ner Chippendales Show Casting betrieben hätte oder eigentlich bei der Venus auftreten wollte..
Also die Vergleiche finde ich ob der Tatsache, dass wir Rollenspieler mit gewisser Wahrscheinlichkeit Spiele mit einer Frank Fazetta-Ästhetik im Schrank stehen haben, uns durch die GTA-Titel gespielt haben und X Staffeln "Game of Thrones" durchgehalten haben (um nur einige Beispiele zu nennen), ja etwas entglitten.
Gut okay, der eine Finne hatte während seiner Performance ganz offensichtlich die meiste Zeit keine Hose an. Und einige Spanier sind in Netzstrumpfhose und Corsage auf die Bühne.
Aber ich dachte nach 30 Jahren Loveparade, CSD, Ballermann und Oktoberfest und 60 Jahren "Tochter des Kalifen"-Fantasy sind wir das eigentlich gewöhnt.