Nachdem ich heute abend vor den Länderspielen noch ein bißchen Zeit gefunden habe, festgestellt habe, dass Eurosport nur die afrikanische Relegation und Ukraine - Griechenland überträgt, während mich die erste halbe Stunde des deutschen Freundschaftsspiels nicht genug vom Hocker gerissen hat, um dafür lang erwartete Comics liegen zu lassen, bin ich doch zum durchlesen gekommen.
Der Zeichenstil ist eher mangahaft und nutzt auch entsprechende Techniken (Chibis, überzogene Mimik etc.), was mich ästhetisch sonst eher abstößt, aber in diesem Fall zum eher abgedrehten, parodischen Stil passt.
Zumindest passt es alle mal besser als der nüchterne Stil der alten Vierfarbhelden oder der realistische Stil der neueren Superheldencomics. Bei einem karikaturhaften Stil wie in westlichen Comedycomics wie Clever&Smart, Die Sturmtruppen oder Don Martin würde hingegen die titelgebende Heldin wahrscheinlich eine schlechtere Figur machen, was bei einem Bunny wirklich ein Problem wäre, und es würde das ganze zu sehr Richtung Klamauk und Parodie kippen.
Insofern sehe ich alter Westmann erstmals das erste Mal, dass der Stil wirklich gewinnbringend eingesetzt wird, anstatt einfach nur aus Tradition ohne Mehrwert (wie bei Fernostimporten) oder um auf den Zug aufzuspringen (wie bei den meisten westlichen "Mangas").
Technisch sind die Zeichnungen im großen und ganzen sauber und decken sich in der Qualität mit den Arbeiten, die man auf Deviantart sehen kann.
Es werden ein paar Spielereien eingesetzt (wie Unschärfe für schnelle Bewegungen und weißes Rauschen über Bildern und Textboxen, um Aufnahmen zu signalisieren), aber das wohldosiert, so dass diese Effekte auch zur Geltung kommen und nicht in einer wilden Materialschlacht beliebig werden (wie es mir oft mit neueren Superheldencomics ergangen ist).
Mir sind nur an zwei Stellen Unschönheiten ins Auge gefallen. In einem Panel in #1 ist eine Bewegungslinie in Hautfarbe ausgefüllt und damit im ersten Moment schwer vom Verursacher zu unterscheiden, was bei genauerer Betachtung auch unschön aussieht. In einem anderen Panel in #2 war eine eine Zahnreihe im Verhältnis zu Kopf und Lippen perspektivisch unsauber gezeichnet (was mir aber auch nur beim genaueren Hinsehen aufgefallen ist).
Was die Genreeinordnung angeht, schwankt es zwischen Blaxploitation, Superhelden und Persiflage auf erstere beide Genres. Die beiden Hefte schwanken dabei schwerpunktmäßig ziemlich (#1 ist sehr klamaukig und überdreht, während #2 ein gutes Stück ernster ist und die Charaktere besser expositioniert), aber dazu später mehr bei den Detailbesprechungen.
Sprachlich wird das Niveau der Wortspiele in den Previews nicht konstant gehalten (auch wenn ebenso kräftig Slang eingesetzt wird), und ein guter Teil des Humors kommt eher aus schlagfertigen Sprüchen mit Situationsbezug, aber es reicht, um mich zu unterhalten. Wer Dialoge wie in den alten Spidermans mag und im Englischen firm genug ist, um den typischen Raptext zu verstehen, der sollte auf seine Kosten kommen.
Eine andere wichtige Humorquelle sind die abgedrehten Spezialgeschosse, die Coco benutzt (und teilweise größer sind als ihr Gadget-Rucksack) und die skurillen Figuren.
#1 ist wie schon gesagt eher klamaukig, und durch das Poster und die zusätzlichen Werbeseiten für die AVP-Comics ist die eigentliche Story um mehrere Seiten kürzer als die in #2.
Die eigentliche Story ist eine ziemlich geradlinige Aneinanderreihung von Action- und Kampfszenen mit sehr viel Schenkelklopferslapstick. Der einzig nennenswerte Kniff ist, dass die Story als Nacherzählung in Gun-Buns Privatleben in ihrer Geheimidentität eingebettet ist, was etwas leichte, beiläufige Exposition erlaubt, indem man erfährt wie Gun-Buns Geheimidentität aussieht, sowie dazu wie bekannt die Heldin ist und wie die normalen Leute sie sehen.
Das Ende sowohl der Hauptstory als auch der Privatszene fügen sich gut in das eher klamaukige Bild ein.
#2 ist ein ganzes Stück ernster und von #1 völlig unabhängig.
Man sollte sich im Verlauf des Comics zusammenreimen können, was Gun-Buns Geheimidentität ist, und man braucht sonst aus #1 nur wissen, dass sie bei den meisten Leuten als Heldin anerkannt ist. Wer mehr an einem richtigen Superheldencomic als eine Persiflage interessiert ist, fängt vielleicht besser hier an und holt #1 bei Interesse nach.
Die eigentliche Story ist ein gutes Stück interessanter, und die Wende am Ende kam für mich ziemlich überraschend. Dabei ist es etwas was in jedem Silver-Age-Comic früher oder später mal vorkam (und was ich da vielleicht vorher geahnt hätte), aber nach einem eher Happy-Go-Lucky-Comic wie #1 hatte ich damit nicht gerechnet.
Allerdings geht ein guter Teil der Seiten für die Einführung eines weiteren Hauptcharakters drauf: Junior, ein schwarzer Kampfkünstler. Ebenso gehen mehrere Seiten für die Exposition zum organisierten Verbrechen in Neo-Metro City, Gun-Buns Kindheit und den Hintermännern hinter ihren Gadgets drauf.
Das hilft zwar dabei, die Charakter zu charakterisieren und besser zu verstehen, und ist vielleicht eine etwas schönere Lösung, als #1 zu einem reinen Einführungs-/Ursprungscomic zu machen oder mit reinen Narration-Textboxen zu raffen, aber letztlich werden so drei wichtige Elemente in ein einziges dünnes 32-Seiten-Heft gequetscht, was zu einigen verwirrenden Sprüngen führt, wenn aus Platzgründen Überleitungen fehlen, und volle Klarheit über die Kernhintergründe hat man dann trotzdem noch nicht. Ich hoffe, dass diese stückchenweise Enthüllung Absicht ist und man in den folgenden Heften mehr erfährt, auch wenn das beim großen zeitlichen Abstand zwischen den Ausgaben eine etwas unschöne Situation ist.
Fazit: Die Reihe ist einen Blick wert.
Die Macher sind noch auf der Suche nach einem endgültigen Schwerpunkt (wobei ich hoffe, dass die letztendliche Richtung sich eher an #2 als an #1 orientiert), man ist als Leser noch über einige wichtige Punkte wie die genaue Natur von Gun-Buns Hinterleuten im Unklaren, und man merkt hier und da, dass nur zwei Leute und eine Indieklitsche dahinterstecken (wie gelegentliche Rechtschreibfehler und verwirrende Sprünge, die bei einem gründlichen Lektorat aufgefallen wären).
Allerdings reissen das Konzept der Hauptfigur und die Prämisse einiges raus, und schon in den ersten beiden Heften wird einiges an Potential angefasst und ein recht eigener Stil ausgedrückt. Wenn die Macher es schaffen, dass dem Konzept nicht nach den ersten Heften die Luft ausgeht, könnte hier nach Exposition aller Kerninformationen eine richtig großartige Serie entstehen, die sich nicht vor den 400-Pfund-Gorillas verstecken muss.