Falsch der Polizist in meinem Beispiel hält Folter in diesem Beispiel DENNOCH für böse, er denkt nur, dass es weniger böse ist als das Kind verrecken zu lassen.
Es gibt keinen absoluten Nullpunkt. (Das ist wie mit der Temperatur, wo man 0°CV vollkommen willkürlich gesetzt hat. Man kann vernünftig sagen, ob etwas wärmer oder kälter ist. Aber ein Nullpunkt, der genau zwischen warm und kalt liegt, kann man nicht eindeutig festlegen.)
Genau so ist es bei gut und böse:
Die Folter ist weniger böse, als das Kind verrecken zu lassen.
Also ist die Folter besser, als das Kind verrecken zu lassen.
Wenn es nur diese beiden Handlungsoptionen gibt, dann haben wir eine zweielementige Menge. Und hier gilt nunmal, dass das bessere Element als "gut" und das schlechtere Element als "böse" gilt. (Wenn es noch mehrere Handlungsptionen als diese beiden gibt, müsste man überprüfen, ob es eine dritte Handlungsoption gibt, die besser als "Folter" und "Kind verrecken lassen" ist. In diesem Fall wäre diese dritte Handlungsoption "gut". Falls es aber keine Handlungsoption gibt, die besser als Folter ist, dann ist damit automatisch "Folter" die gute Handlungsmöglichkeit.)
Deswegen ist er ja eben NICHT dafür das zu legalisieren.
Er sagt: Was ich getan habe war böse und dafür darf man mich zurecht bestrafen und das ist auch gut so
Wie schizophren ist der Idiot denn? Ja OK, wenn man den Büßerorden aus einem Haufen schizophrener Idioten zusammensetzt, geht das in Ordnung.
Aber jeder halbwegs vernünftige Mensch würde anders denken:
Entweder, die Folter ist böse und gehört bestraft: Dann würde ein vernünftiger Mensch sie nicht tun.
Oder ein Mensch tätigt die Folter, um das Kind zu retten, dann hält er sie auch für gut. (Sonst würde er sie schließlich nicht durchführen.)
Klar gibt es auch logisch denkende Menschen, die etwas Böses tun, in der Gewissheit, etwas Böses zu tun. Das tun sie dann aber aus egoistischen Motiven. Dann wissen die Leute: "Das, was ich tue, ist zwar böse, aber das ist mir egal. Es bringt mir einen Vorteil."
In dem Augenblick, wo man etwas tut, obwohl man weiß, dass es nachteilig ist, tut man es nur, weil man es für gut hält. (Wenn man es für böse halten würde, würde man es als nicht-Schizophrener schließlich nicht tun.)
Und wieso der Polizist denkt, dass die tat bestraft gehört, ist mir ebenfalls schleierhaft: Durch die Bestrafung des Polizisten steigt weder die Chance, dass das Kind gerettet wird, noch wird die Folter dadurch ungeschehen gemacht. Die Bestrafung dient also keinem anderen Zweck, als die masochistischen Bedürfnisse des Polizisten in deinem Beispiel zu befriedigen.
Wenn wir jetzt einfach mal davon ausgehen, dass die wenigsten Leute masochistisch veranlagt sind, folgt daraus, dass die wenigsten Leute einen Sinn darin sehen, sich bestrafen zu lassen, weil sie einem anderen geholfen haben.
- aber die Alternative wäre noch schlimmer gewesen. Aus ideologischen Überlegungen (weil der Rechtsstaat dann nach und nach aufweicht...) können wir es uns aber nicht erlauben mich jetzt nicht zu bestrafen.
Wieso weicht der Rechtsstaat dadurch auf?
Klar, wenn die momentane Rechtslage ist, dass er bestraft wird, dann muss er aufgrund der momentanen Gesetzeslage bestraft werden. Aber die Rechtsstaatlichkeit wird nicht dadurch verletzt, dass man das Gesetz ändert.
Im Gegenteil: Die Rechtsstaatlichkeit, wird ja gerade dadurch aufgeweicht, dass der Polizeichef einen Behörde von Geißlerpolizisten hat, denen er immer dann Aufträge erteilt, wenn der Polizeichefs ich selber nicht die Hände schmutzig machen will.
Wenn es eine klare Gesetzeslage gibt, wann gefoltert werden darf und wann nicht, wird die Rechtsstaatlichkeit nicht aufgeweicht.
Wenn Foltern offiziell zwar immer bestraft wird, aber der Polizeiinspektor nicht verhindert, dass seine "spezielle Geißlerbehörde foltert und sich anschließend bestrafen lässt", dann wird dadurch die Rechtsstaatlichkeit aufgeweicht. (Das erinnert mich teilweise an die CIA: Offiziell ist in den USA die Folter verboten. - Aber sobald man einen CIA-Agenten dabei erwischt, wie er foltert, wird jede Kenntnisnahme von höheren Behörden abgestritten und der CIA-Agent wird bestraft. - Das sehe ich nicht als Rechtsstaatlichkeit.)
Anderes Fantasybeispiel: Die Welt steht kurz vor dem Untergang. Wir könnten die Welt retten (und zigtausende unschuldige Kinder) indem wir dem Gott der Vernichtung einen einzelnen unschuldigen Säugling opfern.
Derjenige der in der beschissenen Situation ist hat nur die Option zwischen zwei falschen Optionen.
Hunderttausend unschuldige sterben lassen oder einen unschuldigen umbringen.
Er KANN nicht richtig entscheiden.
DOCH! Er kann richtig entscheiden:
Das Säugling opfern ist die richtige Entscheidung.
Hunderttausend Unschuldige sterben lassen ist die falsche Entscheidung.
Wie kannst du ernsthaft denken, es wäre falsch, in so einer Situation den Säugling zu opfern?
Und was für eins sadistischer Gott ist es, dass er den Opferer anschließend auch noch bestrafen will? (OK, er ist der Gott der Vernichtung, er wird wohl sehr sadistisch sein. Aber ich denke, zumindest die 100.000 Geretteten werden darauf verzichten, den Kindesmörder anschließend zu bestrafen und ihn stattdessen als Helden feiern, der ihr aller Leben gerettet hat.)
- Er mag sich nachher vor sich selbst rechtfertigen, dass es moralisch richtig war einen für hunderttausend zu opfern, aber das ist nicht nach jeder Auslegung so.
Klar kommt es auf die Ethik an:
Je nach Ethik ist eine Handlung gut, die in einer anderen Ethik schlecht ist.
Nach utilitaristischer Ethik ist es zum Beispiel gut, wenn ein reicher Mensch einem armen Menschen Geld gibt, damit er seine notwendige OP bezahlen kann.
Nach der Ethik von Nietzsche,w äre genau diese Handlung falsch, da jeder Mensch aus eigener Kraft versuchen muss, vorwärts zu kommen.
Nach der Ethik von Nietzsche wäre es gut, wenn der Reiche sein Geld behalten würde und dem Armen auffordern würde, sich selber das Geld zu verdienen, anstatt zu schmarotzen. (Das wäre nach utilitaristischer Ethik allerdings wieder schlecht.)
Ob eine Tat gut oder schlecht ist, hängt von der Ethik ab. Aber wenn du eine feste Ethik hast, dann kannst du nach dieser Ethik, die Sachen in gute und in schlechte Taten aufteilen, wobei du immer die Handlungsoption hast, eine gute Tat zu begehen. (Bloß was die gute tat ist, unterscheidet sich je nach Ethik. - Aber dass es eine gute Handlungsoption gibt, ist in jeder Ethik gegeben.)
Anderes Realweltbeispiel: Ein Damm ist gebrochen und die Flutwelle rast auf ein Dorf zu, du stehst in der Türe des Hubschraubers und es ist noch Platz für EINE weitere Person.
Vor dir halten dir 20 Frauen ihre Säuglinge hin. Egal welchen du mit nimmst du überlässt 9 andere dem Tot - gut du könntest auch selbst zurückbleiben um noch 7 zu retten aber es bleiben trotzdem welche zurück.
Auch hier gibt es sehr gute taten, mittelmäßig gute taten und schlechte Taten. Ich beschreibe das ganze Mal anhand des Utilitarismusses:
1) Die sehr gute Tat wäre:
Selber aussteigen und drei Säuglinge an Bord nehmen. (Optimalerweise die drei Säuglinge, die am gesündesten aussehen. - Aber gehen wir mal davon aus, dass alle 10 Säuglinge gleich gesund aussehen.)
Das heißt, es gibt 10 über 3 sehr gute Handlunsgmöglichkeiten. (Also 120 sehr gute Möglichkeiten: Jede Wahl von drei Säuglingen, ist eine sehr gute tat. Es gibt 120 verschiedene Möglichkeiten, 3 von 10 Säuglingen auszuwählen, also gibt es 120 sehr gute Taten.)
2) Eine recht gute Tat wäre:
Selber aussteigen und eine Frau mit ihrem Kind an Bord zu lassen. Davon gibt es 10 Möglichkeiten.
3) Eine mittelmäßig gute Tat wäre:
Selber im Hubschrauber sitzen zu bleiben und ein Kind auszuwählen, das man an Bord nimmt. Auch hier gibt es 10 Möglichkeiten.
4) Eine schlechte Tat wäre:
Gar keinen mehr an Bord zu nehmen und einfach so zu starten.
5) Eine extrem schlechte Tat wäre:
Sich nicht entscheiden zu können und die ganze Zeit zu überlegen, wen man an Bord nimmt, bis die Flutwelle kommt und den ganzen Hubschrauber mit allen Insassen hinfort fegt.
Du siehst, es gibt gute und weniger gute Taten, die alle unterschiedlich abgestuft sind. Aber auf alle Fälle gibt es eine gute Tat. (Die natürlich von der Ethik abhängt: Nach der nietzischen Ethik wäre das beste: Selber im Hubschrauber sitzenbleiben und abwarten, welche Frau es als erstes schafft, ihr Kind in den Hubschrauber zu legen. Wenn das keine Frau schafft, dann kurz vor der Flutwelle losfliegen.)
Disclaimer:
Ich will betonen, dass ich NICHT der nietzischen Ethik angehöre. Ich nutze sie hier nur als Konterpart, um zu zeigen, dass die Einstufung in gut und schlecht von der Ethik abhängt.