Autor Thema: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?  (Gelesen 62932 mal)

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Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #325 am: 8.01.2010 | 14:49 »
Mmmmh. RR-Maßnahmen können in Einzelfällen angeraten sein, wenn der SL seine Verantwortung für den Erhalt der Gruppe ernst nimmt und erkennt, daß das, was die Gruppe jetzt aus ihrer Ameisenperspektive für toll hält, mittelfristig zur riesigen Spaßbremse wird?

EDIT/ Nachgedacht. Ja.
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Mike

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #326 am: 8.01.2010 | 14:52 »
Ja, dem würde ich mich anschließen. Schließlich trägt der Spielleiter auch irgendwo mit die Verantwortung für ein tolles Spielerlebnis.

Offline Teylen

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #327 am: 8.01.2010 | 14:59 »
@Tearmaster
Bei uns rotiert die SL nicht innerhalb einer Kampagne sondern eines Setting / Szenario mit einem Set Charakteren. ^^; Innerhalb Kampagnen (grossen Plots) macht es auch kaum Sinn ^^;

Wenn ich "Haken in den Rücken werfe", dann wird's halt tendenziell railroadig, weil ich einfach nicht akzeptiere, dass die Spieler einen anderen Weg einschlage.
Jaein.
(Plot-)Haken sind doch dafuer bestimmt das sich jemand dran haengt. Ist wie beim Angeln.
Man legt keinen Haken aus und kuemmert sich dann nicht wenn nix dran anbeisst.
Man haelt die dem Spieler ja nicht hin und ist dann nicht verstimmt wenn diese nicht anbeissen.
Weil wenn die Spieler nicht anbeissen wollen hat der SL keinen Plot mehr und wenn sie denken sie koennten wo anders lang - und glauben das es gehen muss - kann es einfach sein das sie unsanft an eine Wand geworfen werden, sich verennen und der Plot nicht mehr funktioniert.

Die These das es egal ist ob Spieler auf einen Plot Haken anspringen halte ich fuer Illusion ^^;
Ist doch nur ein erzaehlerischer Kniff wo der Spieler statt ggf. Schienen ein Schlauch Level kriegt wo er zwar weiter nach rechts / links kann, aber letztlich gefuehrt wird, oder?

Zumal das von A-Z RR wie bei Großkomtur beschrieben doch schlicht kaum Menschen-Moeglich sein duerfte? Irgendwo kriegen die Spieler doch immer was zu tun?
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Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #328 am: 8.01.2010 | 15:03 »
Andrerseits würde ich mich als Spieler genervt fühlen, wenn unsere Gruppe einen Weg einschlägt der leider völlig am Plot vorbei geht, und wir damit nur die pure Langeweile erleben anstelle ein spannendes Abenteuer.

Da wäre ich dann auch wieder "narrativistisch" und würde sagen, dass der SL eben versuchen muss, die Handlungen der Charaktere in Richtung einer Geschichte zu bündeln. Ich finde nicht, dass man rein simulationistisch an die Sache rangehen muss, das kann tatsächlich öde werden. Entscheidend ist in meinen Augen eher, dass die Handlungen der Charaktere Konsequenzen haben. Möglichst interessante Konsequenzen.

Es ist ja nicht so, dass ein SL, der RR vermeiden möchte, sich zwangsläufig zurücklehnt und sagt "sollen sie machen, was sie machen wollen, und dann simulieren wir die Folgen immer ordentlich Schritt für Schritt anhand meiner Schauplatz- und NSC-Beschreibungen durch." Oder "Nach Norden gibt es nur einen langweiligen Wald ohne Wölfe, ihr kriegt jetzt also zwei Stunden Landschaftsbeschreibung."

Entscheidend wird es aber doch meistens, wenn die Spieler bereits ansatzweise über eine Situation informiert sind ("Der Baron hat die Prinzessin entführen lassen, um sich ihre hellseherischen Kräfte zunutze zu machen!"), sich dann aber für ein anderes Vorgehen entscheiden, als der SL/der Abenteuertext es plant: ("Großartig! der Baron ist ein schlauer Mann, mit dem können wir doch sicher verhandeln, damit er uns die Prinzessin kurz überlässt und wir ihre Fähigkeiten nutzen können, um das Geheimversteck dieses nervigen Kults von Al'Zuul zu finden, das uns beim letzten Mal durch die Lappen gegangen ist!"). Potentiell auch ein interessantes Abenteuer, obwohl der SL vielleicht geplant hat, dass die Aufrechten Helden die Prinzessin befreien.

Das bedeutet natürlich, dass die Spieler zumindest bereit sein müssen, sich ausgehend von der Situation, in der sie sich befinden, in irgendeinen Konflikt einzutreten - sei es einer, der von außen an sie herangetragen wird, oder einer, den sie von selbst lostreten. Wenn sie einfach allem aus dem Weg gehen, dann können sie eben nicht viel erleben - außer vielleicht, auf der Flucht zu sein.

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #329 am: 8.01.2010 | 15:12 »
Das RR, das Komtur da definiert, gibt es aber nicht. Selbst die schlimmsten Railroader, unter denen ich gespielt habe, haben die Ergebnisse der Spieleraktionen ins Spiel eingebunden. Insofern kann man nicht behaupten, die Aktionen hätten keine Auswirkung.
Außerdem lässt diese Definition eine Frage offen: Was ist, wenn der SL nur "seinen" Weg zulässt, die Spieler aber ohnehin diesen Weg gehen? Kein Railroading? Wäre unlogisch. Dennoch werden die Spielerentscheidungen NICHT entwertet, weil sie ja derart sind, wie es sich der SL gewünscht hat und folglich zu 100% umgesetzt werden.

RR ist etwas, das sich Spieler ausgedacht haben, die ein Problem damit haben, wenn es nicht nach ihrer Nase läuft.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #330 am: 8.01.2010 | 15:12 »
Weil wenn die Spieler nicht anbeissen wollen hat der SL keinen Plot mehr und wenn sie denken sie koennten wo anders lang - und glauben das es gehen muss - kann es einfach sein das sie unsanft an eine Wand geworfen werden, sich verennen und der Plot nicht mehr funktioniert.

Das nennt man schlicht und einfach Kommunikationsstörung. Wenn der SL einen derart festgelegten Plot hat, muss er seiner Gruppe vorher klarmachen, dass der Plot des Abenteuers von ihm vorangetrieben wird und nicht von Spielern und SL gemeinsam. Wenn die Spieler ihre Charaktere dann vor Wände laufen lassen und frustriert sind, obwohl der SL ihnen die Hooks vor der Nase baumeln lässt, sind sie selber schuld.

Wenn der SL aber so tut, als hätten die Spieler die freie Entscheidung, was sie tun, und sie dann einfach nur deshalb vor die Wand laufen lässt, weil er keinen Plot vorbereitet hat, der in die entsprechende Richtung führt (und nicht etwa, weil sie sich blödsinnig verhalten und es nur logisch ist, dass sie vor die Wand laufen), dann hat der SL halt schlecht vermittelt, was gespielt wird. Oder die Spieler haben schlecht vermittelt, was sie gerne spielen möchten.

In meiner DSA-Gruppe reden wir tendenziell vor jedem Abenteuer drüber, ob der SL da eher railroadet, damit wir uns an den großen Bombastszenen erfreuen können und nichts verpassen, oder ob das Abenteuer eher aufgebohrt wird, um viel Handlungsfreiheit zu ermöglichen.

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #331 am: 8.01.2010 | 15:16 »
Außerdem lässt diese Definition eine Frage offen: Was ist, wenn der SL nur "seinen" Weg zulässt, die Spieler aber ohnehin diesen Weg gehen?

Die Frage ist nicht offen: Die Definition baut darauf, daß die Spieler eben nicht den Weg des SL gehen wollen: "Ein Spielleiter, der railroadet, weigert sich  – trotz der offensichtlich vorhandenen Wünsche seiner Spieler, den Plot mit zu gestalten – auch nur einen Zentimeter von seiner Geschichte abzuweichen." Wären SL und Spielerwollen übereinstimmend, bestünde keine Notwendigkeit, von der Geschichte abzuweichen.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #332 am: 8.01.2010 | 15:24 »
Er schreibt ihnen exakt vor, wo es langgehen soll. Die Spieler sind passive Objekte seines Willens.

Das habe ich als zentrale Definition herausgefiltert. Das bedeutet, dass es auch RR ist, wenn sich die Spieler freiwillig passiv verhalten und dem Weg des SL exakt folgen.

Und genau das ist der Knackpunkt, an dem man ansetzt, wenn man sich RR neutral nähert.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #333 am: 8.01.2010 | 15:44 »
Neutrales Railroading, das eben keinen negativen Aspekt beinhaltet, setzt m.E. voraus, dass man eine Gruppe hat, die eine Art von Spiel machen möchte, die mit Rollenspiel im klassischen Sinne in etwa so viel zu tun hat wie MBs HeroQuest.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #334 am: 8.01.2010 | 15:58 »
Mit anderen Worten, du grenzt einfach eine bestimmte Gruppe von Rollenspielern aus, weil sie kein wahres RPGTM machen.

Meines Erachtens verhält es sich so, dass quasi jedes Rollenspiel sich irgendwo zwischen 100% Railroading und 100% Freiheit bewegt.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #335 am: 8.01.2010 | 16:01 »
Ich grenze niemanden aus. Rollenspiel im klassischen Sinne bedeutet, einen Charakter so handeln lassen, wie man es selbst für angemessen hält. Wenn ich meinen Charakter ausschließlich so handeln lasse, wie es der Spielleiter für angemessen hält, ist das schlicht und ergreifend eine andere Sorte Spiel. Ich habe nicht gesagt, dass sie schlechter ist. Aber es ist dann kein Rollenspiel mehr.

Edit: Wenn mein Charakter nur so handelt, wie der Spielleiter es will, ist der Spielleiter eigentlich kein Spielleiter, sondern mehr ein kombinierter Regisseur/Drehbuchautor und ich bin kein Rollenspieler, sondern Schauspieler.  ;)
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 16:03 von Großkomtur »
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #336 am: 8.01.2010 | 16:04 »
Und warum nicht? Bei PC-RPGs ist es doch auch so. Sind das jetzt keine RPGs?
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #337 am: 8.01.2010 | 16:06 »
Ja nu, wenn Du mit meinem Terminus "Rollenspiel im klassischen Sinne" nichts anfangen kannst, tausche es halt gegen "Pen & Paper Rollenspiel" aus.
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Offline Maarzan

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #338 am: 8.01.2010 | 16:07 »
Er schreibt ihnen exakt vor, wo es langgehen soll. Die Spieler sind passive Objekte seines Willens.

Das habe ich als zentrale Definition herausgefiltert. Das bedeutet, dass es auch RR ist, wenn sich die Spieler freiwillig passiv verhalten und dem Weg des SL exakt folgen.


Wenn die Spieler keine eigene Richtungspräferenz haben, ist auch kein Zwang, kein auf die Schiene biegen notwenig, denn die Spieler haben ja keine Eigenrichtung, aus der sie per Schiene gedrückt werden müssen -> kein Railroading.
Railroading ist nur da der Fall, wo die Spieler mit einer Schiene in eine Richtung gedrückt werden, welche ihnen nach den ursprünglichen Parametern offen stehen müßte.

Ansonsten:
Wenn der Fisch nicht an den Haken geht, war der Köder wohl Mist.
Aber es ist wohl leichter über blöde Spieler zu schimpfen und den "Fraß" ihnen runter zu zwingen oder zu tricksen , denn mal ein anständiges Spiel zu leiten/ Abenteuer zu schreiben.

Überhaupt die Aussage, es gibt doch Leuten denen es Spaß macht an der Nase geführt zu werden - klar gibt es solche, aber wenn Railroading als Vorwurf auf den Tisch kommt, hat es zumindest einem keinen Spaß gemacht. Und da anstatt über den Vorwurf und dessen Berechtigung über die Begriffsdefinition und Qualitäten von Railroading diskutiert wird, legt für mich nahe, das man den Vorwurf selbst wohl nicht stichhaltig entkräften kann.
Statt dessen wird typischerweise unpersönlich definierter Spaß oder bessere Story/ Plot bemüht.
In dem Sinne kann ich auch verstehen, wo die Assoziation zu "Sie will es doch auch" herkommt.
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Achamanian

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #339 am: 8.01.2010 | 16:10 »
Neutrales Railroading, das eben keinen negativen Aspekt beinhaltet, setzt m.E. voraus, dass man eine Gruppe hat, die eine Art von Spiel machen möchte, die mit Rollenspiel im klassischen Sinne in etwa so viel zu tun hat wie MBs HeroQuest.

Ich habe den Eindruck, dass die Diskussion jetzt in Richtung einer RR-Definition geht, die bsagt: "RR ist eine so extreme Form der Gängelung von Spielern, dass wirklich jeder sie ganz doll bäh findet!" Ich wüsste aber nicht, welchen Zweck so eine Definition in einer Diskussion hat, außer, einen bestimmten Spielstil maximal abzuwerten oder im Zirkelschluss allgemeine Einigkeit darüber herzustellen, dass RR doof ist ("Was ist RR?" - "Das, was alle doof finden.")
Mir erscheint das witzlos. Klar ist RR als Begriff geprägt worden, um etwas vorher nur diffus Empfundenes zu kritisieren, also erstmal negativ konnotiert. Und klart wird er öfter zur Kritik als im Sinne einer positiven Bezugnahme verwendet, denn wer mit einem Spielstil zufrieden ist, muss ihn gar nicht erst zur Sprache bringen. Aber wenn man sich fragt, welche Elemente RR ausmachen, dann hat es doch keinen Sinn, festzulegen, dass all diese Elemente erst dann RR sind, wenn jemand das als negativ empfindet, nur, weil die Definition ihren Ausgang von der Kritik eines bestimmten Spielstils her genommen hat.

Neutral empfundenes RR habe ich nebenbei gesagt subjektiv durchaus erlebt - eben Abenteuer aus der DSA-7G-Kampagne, bei denen man eben auch als Spieler schon irgendwie merkt, dass es nun mal so läuft und nicht anders. Solange die Story einen noch interessiert, lauscht man, macht ein bisschen Intime-talk, seine Würfelwürfe und überlegt hier und da mal rum, was das AB jetzt wohl von einem erwartet, bis man drauf kommt und es weitergeht. Dabei nimmt als Spieler zwar Einfluss auf Abläufe, nie aber auf deren Konsequenzen. Das kann durchaus entspannend sein, weil man weiß, dass es schon irgendeinen vorgeplanten Weg geben wird, die ganze Sache zu packen und am Ende als Sieger dazustehen.
Es kann aber auch nerven, wenn man gerade eine eigene Idee hat, die mindestens ebenso folgerichtig ist, die der SL aber verhindern muss, weil er nicht darauf vorbereitet ist. Wenn man gerne etwas Risiko im Spiel hätte (und zwar darüber hinaus, dass man einen Patzer im Kampf würfeln könnte).

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #340 am: 8.01.2010 | 16:12 »
Ja nu, wenn Du mit meinem Terminus "Rollenspiel im klassischen Sinne" nichts anfangen kannst, tausche es halt gegen "Pen & Paper Rollenspiel" aus.

Das sind doch Wortklaubereien. Nur weil es eine Art beschnittenen RPGs wäre, die dir keinen Spaß machen würde, wäre es imo dennoch RPG.

@Maarzan: Wenn der SL in seinen Plot eine Wand gebaut hat, durch die ein Spieler unbedingt mit dem Kopf hindurch will, bei wem liegt da wohl das Fehlverhalten? Was ich sagen will, ist, dass imo viele RR-Vorwürfe erhoben werden, weil der SPIELER sich nicht den Grenzen des Szenarios unterordnen will. Der oft beschriebene Fall, bei dem der SL einem Spieler sagt, er könne etwas nicht tun, ohne einen zwingenden Grund zu nennen, kommt m.E. sehr viel seltener vor, als die RR-Vorwüfe glauben lassen. Da passt etwas einfach nicht zusammen.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #341 am: 8.01.2010 | 16:23 »
Das ist ganz gewiss keine Wortklauberei. Alle mir bekannten Definitionen des Begriffs Pen & Paper Rollenspiel nennen als Bestandteile Spieler, die gemeinsam eine Geschichte entwickeln. Wenn nur einer die Geschichte entwickelt und alle anderen lediglich passive Konsumenten dieser Geschichte sind, spielen sie offensichtlich etwas anderes.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #342 am: 8.01.2010 | 16:34 »
Das ist ganz gewiss keine Wortklauberei. Alle mir bekannten Definitionen des Begriffs Pen & Paper Rollenspiel nennen als Bestandteile Spieler, die gemeinsam eine Geschichte entwickeln. Wenn nur einer die Geschichte entwickelt und alle anderen lediglich passive Konsumenten dieser Geschichte sind, spielen sie offensichtlich etwas anderes.

Heißt das dann, dass die gesamte 7G-Kampagne von DSA definitionsgemäß - zumindest nach dem, was einem als SL laut Abenteuertext nahelegt wird - kein Pen&Paper-Rollenspiel ist?

Offline Maarzan

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #343 am: 8.01.2010 | 16:35 »


@Maarzan: Wenn der SL in seinen Plot eine Wand gebaut hat, durch die ein Spieler unbedingt mit dem Kopf hindurch will, bei wem liegt da wohl das Fehlverhalten? Was ich sagen will, ist, dass imo viele RR-Vorwürfe erhoben werden, weil der SPIELER sich nicht den Grenzen des Szenarios unterordnen will. Der oft beschriebene Fall, bei dem der SL einem Spieler sagt, er könne etwas nicht tun, ohne einen zwingenden Grund zu nennen, kommt m.E. sehr viel seltener vor, als die RR-Vorwüfe glauben lassen. Da passt etwas einfach nicht zusammen.

Wenn die Wand/grenzen des Szenarios nicht vorher abgeklärt waren und sich auch nicht sinnvoll aus der Spielwelt erklären, dann ist der Plot/das Szenario einfach SCHEISSE, und ein Spielleiter, der dies durchzwingt auch. Und die Gründe, welche für "etwas geht nicht" angegegeben werden, sind es häufig auch. Der Protest gegen einen Railroader erwächst ja typischerwiese nicht nach der ersten Wand, sondern nach der x-ten, wo dann der Vertrauensvorschuss aufgebraucht ist.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #344 am: 8.01.2010 | 16:38 »
@ Achamanian: Das einzige Mal, dass ich DSA gespielt habe, war 1985 auf einer Con, und das Abenteuer hieß, glaube ich, "Das Wirtshaus zum Schwarzen Keiler". Insofern kann ich da leider nicht mitreden. DSA soll aber, nach allem was man hört, ziemlich prädestiniert für den Missbrauch durch Diktatoren-SL sein.
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #345 am: 8.01.2010 | 16:38 »
Oh, an der Gemeinsamkeit des Spiels hänge ich mich da auch gar nicht auf. Aber das Entwickeln fasse ich dann doch graduell auf. Und viele Spieler, die ich kenne, wollen zu 90% konsumieren und wenig Mühe in tatsächliche Entwicklung der Geschichte stecken. Sie wollen etwas "serviert" bekommen ohne groß Eigenleistung zu erbringen; genau darüber stöhnen doch auch die SLs viel hier im Forum. Willst du da jetzt anfangen zu differenzieren, in der Art "RPG ist es aber nur wirklich, wenn alle gleichmäßig zur Entwicklung einer Geschichte beitragen, die allen Spaß macht"? das ist vielleicht ideales RPG, aber nicht unbedingt das, was ich beobachte.

Ich wehre mich einfach dagegen, durch einen Kunstgriff die Definition von RR derart zu gestalten, dass RR schon per Definition schlecht ist. Genausowenig, wie Medizinmann sagen kann, Gewalt ist per Definition schlecht.

Wenn die Wand/grenzen des Szenarios nicht vorher abgeklärt waren und sich auch nicht sinnvoll aus der Spielwelt erklären, dann ist der Plot/das Szenario einfach SCHEISSE, und ein Spielleiter, der dies durchzwingt auch. Und die Gründe, welche für "etwas geht nicht" angegegeben werden, sind es häufig auch. Der Protest gegen einen Railroader erwächst ja typischerwiese nicht nach der ersten Wand, sondern nach der x-ten, wo dann der Vertrauensvorschuss aufgebraucht ist.

Tja, und jetzt heißt das, dass der Vorwurf des RR gerechtfertigt ist, weil bei Spieler A die Frustgrenze niedriger ist, als der SL einkalkuliert hat? Damit kann man jegliche Definition von RR bzw. jegliche Diskussion um RR vergessen, weil RR reine Gefühlssache wird, und allein an der Frustgrenze eines Spielers festzumachen ist. Damit kann aber doch nicht arbeiten.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 16:46 von Tudor the Deadish »
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #346 am: 8.01.2010 | 16:40 »
Klar, man kann Schimpfworte auch positiv belegen. Manche Leute finden es ja auch cool, wenn man sie Motherfucker nennt, obwohl es im eigentlichen Sinne des Wortes eher negativ belegt ist...
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #347 am: 8.01.2010 | 16:44 »
Das RR, das Komtur da definiert, gibt es aber nicht.  ...
Doch das giebt es !
Wir hatten in unsere Dragonlance Kampagne(muß 2006 gewesen sein) so einen SL.Der hat sein Ding 2 Sessions lang durchgeführt (jetzt alles aufzuführen würde zu lange dauern),dann hab Ich und ein weiterer Mitspieler erst mit den anderen Spielern geredet und gemerkt,das Sie das auch nicht mögen,nach der 4 ten Session mit dem SL geredet und ihn gebeten so nicht mehr weiter zu machen und als er nach der 6ten Session nicht aufgehört hat(und auch zur 7ten so spät kam,das wir dachten er würde gar nicht mehr kommen) haben wir Ihn abgewählt.Als er dann (2 oder 3 Stunden später ohne anzurufen )doch noch kam,saß jemand anders im SL Sessel (Jupp wir haben einen SL Thron  ;D ).Wir haben ihm alles erklärt und Ihm angeboten weiter als Spieler mitzumachen,damit er
versteht was wir meinen,er ist aber nie wieder vorbeigekommen

mit einem Tanz in Bielefeld (das giebts auch,entgegen anderer gerüchte)
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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #348 am: 8.01.2010 | 16:45 »
Klar, man kann Schimpfworte auch positiv belegen. Manche Leute finden es ja auch cool, wenn man sie Motherfucker nennt, obwohl es im eigentlichen Sinne des Wortes eher negativ belegt ist...

Es geht nicht um positiv belegen, es geht darum, sich zu entscheiden, ob man einem Begriff eine analytische Funktion zukommen lassen will. Wenn man RR nur als Schimpfwort braucht und will, dann ist das in Ordnung, dann kann man sich aber eigentlich jegliche Definitionsdiskussion sparen, weil RR dann Definitionsgemäß genau die Form von Spielergängeglung ist, die man selbst Kacke findet. Am heimischen Spieltisch mag das sinnvoll sein, in Forendiskussionen bringt es gar nichts.

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Re: Definition Railroding: Ja was isses denn nun?
« Antwort #349 am: 8.01.2010 | 16:51 »
Klar, man kann Schimpfworte auch positiv belegen. Manche Leute finden es ja auch cool, wenn man sie Motherfucker nennt, obwohl es im eigentlichen Sinne des Wortes eher negativ belegt ist...

Keine Ahnung, wie du das jetzt meinst. Um bei der Gewalt zu bleiben: Nur weil heute jeder bei Gewalt gleich an körperliche Gewaltekzesse denkt, heißt das noch lange nicht, dass das der Definition von Gewalt im Allgemeinen gerecht wird. Ich sage nur: Gewaltenteilung, Staatsgewalt, Entscheidungsgewalt... da schwingt nichts Negatives mit, oder?

Es geht nicht um positiv belegen, es geht darum, sich zu entscheiden, ob man einem Begriff eine analytische Funktion zukommen lassen will. Wenn man RR nur als Schimpfwort braucht und will, dann ist das in Ordnung, dann kann man sich aber eigentlich jegliche Definitionsdiskussion sparen, weil RR dann Definitionsgemäß genau die Form von Spielergängeglung ist, die man selbst Kacke findet. Am heimischen Spieltisch mag das sinnvoll sein, in Forendiskussionen bringt es gar nichts.

Genau das denke ich auch.
« Letzte Änderung: 8.01.2010 | 16:54 von Tudor the Deadish »
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