Autor Thema: [Tutorial] Kühlkonzepte für den Rechenknecht  (Gelesen 986 mal)

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Offline Yerho

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[Tutorial] Kühlkonzepte für den Rechenknecht
« am: 12.12.2009 | 18:51 »
Nun gut, eigentlich ist es kein Tutorial, eher eine Art Erläuterung der Grundlagen. Vieles davon dürfte dem einen oder der anderen bekannt sein, aber in der Praxis kommen (und kamen auch hier) ja öfter Fragen in dieser Richtung auf.
Nachdem sich heute Vormittag ein Bekannter gewundert hat, wie ich es schaffe, meinen mit stinknormalen Lüftern quasi unhörbar auf Temperaturen zu halten, von denen manche Besitzer einer Wasserkühlung träumen, und ich es ihm lang und breit am Beispiel erklärt habe, dachte ich mir, ich schreib das einfach mal auf und stelle es hier rein. Gedanken, Ideen und Verbesserungsvorschläge sind ausdrücklich erwünscht.

Im Kern geht es bekanntlich darum, entstehende Wärme/Hitze möglichst elegant aus dem Gehäuse zu bekommen. Unelegant wird es dann, wenn man trotz etlicher wie irre ventilierender Lüfter keinen nennenswerten Effekt bemerkt oder einfach nicht so viele Lüfter haben möchte bzw. aus Platz-/Anschlussgründen haben kann.

1.) Bei Lösungen mit einem Lüfter besteht der ganze Trick darin, dass im Gehäuse ein - und sei es noch so geringer - Unterdruck erzeugt wird. Dadurch strömt kühle(re) Luft durch hoffentlich vorhandene Öffnungen ins Gehäuse und nimmt die Wärme der Komponenten (bzw. der Kühlkörper für diese Komponenten auf). Der gleiche Lüfter, der den Unterdruck erzeugt, saugt die aufgewärmte Luft nach draußen, damit neue kühle Luft nachströmen kann.
Bis hierher ist das noch so simpel, das man sich fragt, warum es trotzdem noch Leute gibt, die einen einzigen Lüfter verwenden, der Luft ins Gehäuse bläst. Das kann zwar in sofern von Vorteil sein, dass man einen kühlen Luftstrom auf besonders heizfreudige Komponenten richten kann, nur muss dieser Lüfter es auch noch packen, die aufgewärmte Luft aus dem Gehäuse zu drücken, denn freiwillig geht sie nicht raus, sondern hat vielmehr die ganz natürlich Neigung, nach oben zu steigen. Dort staut sie sich, wobei bei einem normalen Tower-PC dem Netzteil besonders gemütlich wird ODER der Lüfter dess Netzteils muss die Wärme abführen, was auch suboptimal ist. Die wenigen Gehäuse-Konzepte mit separater Entlüftung oben sind eher Exoten.
Das ist also Käse es sei denn, man hat einen Riesenlüfter in der Seitenwand, wobei diese Variante von der Effizienz her auch umstritten ist und ganz unstrittig den Nachteil hat, dass der Rechner unfreiwillig als Luftreiniger funktioniert und dabei selbst ruckzuck zustaubt.
Trotzdem hat bei Ein-Lüfter-Konzepten ein möglichst großer Lüfter Vorteile, weil er größere Luftmengen bei moderaten Drehzahlen bewegen kann. Die ratsamste Lösung ist dabei ein 120mm-Lüfter an der Rückwand, da dieser die Hitze aller Komponenten mit Ausnahme des Netzteils direkt abnehmen und nach draußen befördern kann. Das Netzteil ist dann nur noch für seine eigene Abwärme zuständig, und das ist auch gut so.

Bei manchen Boliden ist das aber womöglich nicht ausreichend, und dann man möchte dem ganzen Luftgezwirbel noch etwas auf die Sprünge helfen. Apropos "Luftgezwirbel" - genau dieses sollte man eigentlich vermeiden, weil es absolut nichts bringt, wenn die warme Luft im Gehäuse Runden dreht. Optimal ist ein beständiger Luftstrom, wie er bei der unter (1) beschriebenen Ein-Lüfter-Lösung beschrieben wurde.

2.) Nun soll es darum gehen, diesen Luftstrom mit zusätzlichen Lüftern zu verstärken oder gezielter zu leiten. Es muss ein Luftstrom bleiben, also etwas, dass ein Gefälle aufweist. Das ergibt sich schon dadurch, das man auf die Frischluftzufuhr durch Unterdruck nicht verzichten sollte, weil es effizienter eigentlich nicht geht. Nur könnte der Hauptluftstrom natürlich gerne ein wenig stärker und gelenkter sein. Zu diesem Zweck sollte man eine weiteren Lüfter anbringen, der in einem Tower-PC idealerweise vorne und eher weiter unten angesiedelt ist.
Das hat zwei Gründe: Der Hauptluftstrom geht dann beim ATX-Standard über alles, was über Sockel oder PCI mit dem Mainboard verbunden ist, also im Prinzip über jede Komponente, die aktive Kühlung brauchen kann.
Ganz wichtig: Der vordere Lüfter sollte schwächer sein als der hintere, weil es sonst erneut zu einem Stau erwärmter Luft kommt; logisch, wenn mehr reingeht als rausgebracht wird. Außerdem würde man damit auf indirekte Luftströme verzichten, welche Festplatten und Laufwerke so schön mitkühlen.
Auch sind die separaten Lüfter von Hochleistungskomponenten wie dem Prozessor oder der Grafikkarte zu berücksichtigen. Lüfter von Grafikkarten saugen Luft von unten an, profitieren also vom kühlen Eingangstrom des vorderen Lüfters. Sie blasen Luft entweder separat über entsprechende Slotblenden nach außen oder verteilen diese im Gehäuse, was kein Problem ist, da sie dort in den Hauptluftstrom gerät und mit abtransportiert wird.
Allerdings gerät diese gern in Konflikt mit dem Lüfter der CPU, die es gar nicht gerne hat, wenn bereits warme Luft auf ihren Kühlkörper gepustet wird. Abhilfe schafft hier ein Luftschacht, der es dem CPU-Lüfter ermöglicht, kühle Luft über eine Seitenöffnung zu holen und nicht auf die im Gehäuse zurückgreifen zu müssen. Neuere Gehäuse haben so etwas dabei, allerdings bauen es viele ab, weil sie eine Behinderung des Hauptluftstroms befürchten - Lasst es, Leute! Die kleine Störung ist den gewaltigen Nutzen wert. Ganz und gar unsinnig ist es an diese Stelle einen weiteren Lüfter einzubauen, denn der führt dann wirklich zu ernsthaft störenden Verwirbelungen, drückt die Hitze zurück aufs Mainboard und arbeitet gegen den vorderen Lüfter.

Als sehr gute Kombination hat sich meinen Erfahrungen die Mischung aus einem großen Lüfter (120mm) hinten und einem kleineren Lüfter (80mm) vorn erwiesen. Wenn man vorne einen gleich leistungsstarken Lüfter einbaut, sollte dieser aus oben beschriebenen gründen relativ zum hinteren Lüfter (stärker) herunter geregelt werden.

Wenn man nicht gerade einen extremen Spiele-Rechner hat, ist es bei einem sehr guten Strömungsverhältnis nicht unrealistisch, den Lüfter (nicht zu verwechseln mit dem Kühler) der CPU wegzulassen und/oder eine passiv gekühlte Grafikkarte zu verwenden. Zu beachten ist dabei nur, dass die Lamellen der CPU- bzw. GPU-Kühlkörper im Luftstrom stehen und nicht gehen diesen ausgerichtet sind. Man eliminiert dadurch zwei Luftquirle als Stör- und als Geräuschquelle. Da ihre Aufgabe lediglich darin besteht, die von den Kühlkörpern ins Gehäuseinnere abgestrahlte Wärme abzuführen, sind sie entbehrlich - das leisten im optimalen Fall die Gehäuselüfter, ohne dafür auch nur geringfügig aufdrehen zu müssen.
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Offline Crujach

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Re: [Tutorial] Kühlkonzepte für den Rechenknecht
« Antwort #1 am: 12.12.2009 | 20:29 »
sehr schöne Zusammenfassung zu dem Thema.

Zwei Sachen würden mich dazu noch interessieren:
- was hälst Du von Netzteilen, die unten statt oben im Gehäuse eingebaut sind - sinnvoll, weil Sie es unten kühler haben, oder schlecht, weil Sie ggf. warme Luft ins Gehäuse pusten?

- mein Gehäuse hat oben Gitteröffnungen ist es sinnvoll dort noch Lüfter einzubauen?

Offline Yerho

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Re: [Tutorial] Kühlkonzepte für den Rechenknecht
« Antwort #2 am: 12.12.2009 | 21:25 »
- was hälst Du von Netzteilen, die unten statt oben im Gehäuse eingebaut sind - sinnvoll, weil Sie es unten kühler haben, oder schlecht, weil Sie ggf. warme Luft ins Gehäuse pusten?

Wenn das Netzteil unten angebracht ist, hat das meines Erachtens weder Vor- noch Nachteile, natürlich immer vorausgesetzt, es ist ein vernünftiges Netzteil. Diese werden nur selten ernsthaft heiß, strahlen also auch keine nennenswerte Hitze ab, die dann nach oben wandern könnte. Auch bei unten angebrachten Netzteilen ist die Entlüftung nach außen gerichtet, nicht aber ins Innere des Gehäuses. Das wäre ja auch mächtig sinnfrei. ;)

Dass das Netzteil oben angebracht ist, hat im ATX-Konzept eigentlich zwei Gründe: Als es entworfen wurde, waren (auch gute) Netzteile noch nicht so effizient wie heute, haben also noch mehr Energie in Wärme umgesetzt; da war es vorteilhaft, wenn die anderen Komponenten davon nicht betroffen waren. Außerdem war im Office-Segment durchaus vorgesehen, dass das Netzteil auch einen Teil der Entlüftung mit übernimmt - was in dem Bereich auch gar kein dummer Gedanke ist, denn die Abwärme eines schwachbrüstigen Office-PCs bewältigt so ein Netzteil spielend. Bei einem Gamer-PC sieht das natürlich ganz anders aus: Die dort entstehende Abwärme durch das Netzteil absaugen zu lassen, wäre schon fahrlässig. 

Zitat
mein Gehäuse hat oben Gitteröffnungen ist es sinnvoll dort noch Lüfter einzubauen?

Warme Luft steigt ohnehin nach oben, also würde man da vermutlich offene Türen einrennen. Ich habe das aber noch nicht getestet, deshalb sage ich ganz vorsichtig: Wenn Du einen passenden Lüfter herumliegen hast, probier' einfach aus, ob es einen Unterschied macht! Schaden wird es auf keinen Fall und mindestens verhindern, dass Staub von oben ins Gehäuse kommt. Nun gut, und ich kann mir vorstellen, dass es manche Leute etwas nervt, wenn an dieser Position ein Lüfter arbeitet, und sei er noch so leise.
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