So außerordentlich langwierig Kampfszenen in DL Classic mit einigen Dutzend Beteiligten schon dauern, so viel SPASS hat man dabei aber aufgrund der vielen, deutlich feineren Handlungsmöglichkeiten, wo ein kleiner Unterschied schon eine qualitativ und quantitativ ANDERE Wirkung hat, als bei DL:R, das halt alles nach SW-Maßstab über einen Kamm schert.
Gerade die DL Classic Fahrzeugregeln oder die Luftkampfregeln machen einfach enorm viel Spaß, WEGEN des MEHR an Detail, das sie bieten.
Und über das, was mit DL:R den arkanen Hintergründen "angetan" wurde, möchte ich mich nicht nochmal in der zwangsläufigen Breite äußern.
Die SW-typischen Powers passen KEIN STÜCK zu dem, was im Weird West SETTING der Mad Scientist darstellt. - Hier sehe ich einen BRUCH in der Setting-Kontinuität, der früher NICHT da war. - Der DL:R-Weird-West hat Mad Scientists, die "Gegenstands-Zauberer" sind, während der DL Classic, der originale Weird West eben WISSENSCHAFTLER hat, die etwas KONSTRUIEREN und BAUEN können. - Die "Magie" kommt da nur beim Entwurf der Blaupause ins Spiel.
Mich haben die Mad Scientist Regeln aus dem Hause Pinnacle schwer enttäuscht - ich hatte erwartet, daß sie das Coole bei einem Mad Scientist mit einem DEUTLICHER angepaßten, settingspezifischen Arcane Background in DL:R bewahren würden. - Stattdessen gab es ein paar Powerpunkte mehr, und das war's. - MIES. Wirklich enttäuschend mies.
Und die Huckster, die plötzlich auch OHNE mit den Manitous zocken zu müssen, zaubern können, waren ebenfalls der Griff ins Klo! - JEDER Zauber eines Hucksters ist NACH SETTING-Konzept ein "Deal with the Devil". - Ein Huckster hat so etwas wie Powerpunkte NICHT. - Da ist die DL:R-Regelung ausgesprochen schlecht.
Die Blessed sind total VERHUNZT. - Sie können UNMENGEN an Powers ohne irgendwelche Edges dafür rauszuhauen. Das ist schon mal ein reiner Powertrip. So sah es anfangs in der Papierform aus, und nach über einem Jahr DL:R-Runde hat sich herausgestellt: JA, der Blessed kann mit einer kleinen Handvoll Edges ALLE seine Powers, und dann kann er noch Ballern, Labern, Reiten und Schießen als wäre er Tausend, weil er keine Level-Ups in New-Power-Edges, Power Point Edges, usw. reinstecken muß. - Blessed sind der Arcane Background der Wahl für Leute, die knallharte Gunslinger spielen wollen UND vollwertige Zauberer.
Die Martial-Artists kamen noch am Besten weg. Das liegt daran, daß das SW-Power-System den Enlightened Martial Artist Regeln in DL Classic noch am nähesten ist (und noch viel näher dran ist es den Deadlands:Hell on Earth Arcane Backgrounds - von HoE:Reloaded werden ich SICHER NICHT so enttäuscht sein, wie von DL:R).
Die Schamanen hingegen haben auf GANZER LINIE verloren. - Sie sind "geschmacksneutrale" "Normalo-Wunderwirker" geworden. - Vorbei die stimmungsvollen Rituale, die Sandbilder, das Trommelschlagen, die Tänze, die Tätowierungen, die Selbstverstümmelungen, usw. um Appeasement-Punkte zu bekommen. - Das, was im demnächst auf Deutsch erscheinenden Ghost Dancers die Indianer-Charaktere in Deadlands zu so dermaßen interessanten Charakteren gemacht hat, das ist nun nur noch ein "Abziehbild" eines Indianers, eine sehr dünne Tünche, die man über das kalte, geschmacksneutrale Gerippe der SW-AB:Miracles-Regeln gekippt hat. Das ist zu WENIG zum Spielen. Das ist nämlich ÜBERHAUPT NICHTS!
Die Schamanen bekommen hoffentlich im kommenden Plot-Point-Kampagnenbuch zum Servitor of War, dem Band "Last Sons", mehr von dem zurück, was für mich Ghost Dancers zu DEM BESTEN DL Classic Buch überhaupt gemacht hat.
Die Voodoo-Priester und Bloodmages sind ähnlich stimmungslos und mißraten umgesetzt.
Ganz fehlen - weil sie ja den Mad Scientist UND den Huckster KAPUTT gemacht haben - die Metal Mages! - Gerade die Nachfolger Sitgreaves sind mit das beeindruckendste an "Weirdness" in puncto spielbarer Arkaner Hintergrund in Deadlands - und sie wurden GESTRICHEN! - Das ist eine SCHANDE, da Sitgreaves ja auch eine gewisse "Meta-Plot-Relevanz" hat.
Die Shootists wurden praktischerweise noch mieser umgesetzt als die Huckster. Wie schade, weil gerade die Shootists so viel arcane Gunslinger Stimmung mitgebracht hatten, und nun sind es Power-Point-abstreichende "Fantasy Magier" mit Knarre statt Zauberstab. - Lameness, beyond belief!
Solche obskureren Arcane Backgrounds wie die Anahuac Priester und einige andere mehr aus den diversen regionalen Quellenbänden, gibt es eh nicht mehr in DL:R. - Schade.
Auch ein schmerzlicher Verlust: Harrowed sind PUSSIES geworden!
Ein Harrowed hatte früher seinen eigenen Fear-Level mit sich herumgeschleppt. Er hatte übelste Harrowed Powers, die meisten davon NICHT mit den paar popeligen Beispielen in DL:R abbildbar. - Stone und noch weniger mächtige andere Harrowed waren etwas, wo man sich als SPIELER in die Hose gemacht hat, wenn man solch einem KILLER gegenüber trat. - Was die DL:R-Harrowed Powers anbetrifft: Sie sind - niedlich. Leider nicht einmal gruselig, sondern nur Scooby-Doo-like. - Wie SCHEISSE!
Wer mal einen Harrowed (Ex-Normaler-SC) in seiner Runde hatte, der kann das nachvollziehen, was ich mit "Pussies" meine. - Ein ECHTER, d.h. DL Classic Harrowed ist ein MONSTER! Und die Spielergruppe hat immer mindestens so viel Schiß vor dem Harrowed, wie vor den sonstigen Gegnern, mit denen sie sich herumschlagen.
Die Umsetzung der Harrowed läßt einem die Tränen kommen, die selbst bei dem vielen Weinen um die Mad Scientists und Huckster noch nicht ganz versiegt sind.
Unterm Strich ist DL:R in vielen Bereichen SCHNELLER zu spielen. Und das SCHÄTZE ich ja auch an DL:R. - Es gibt Szenarien (auch DL Classic Szenarien), die EWIG dauerten, wenn man sie nicht mit DL:R und SW-Regeln spielte. - Aber der Weird West ist ja nicht nur eine Abfolge von Massenkämpfen und 5 gegen 50, die so reiten und schießen, als wären es 500 Kampfszenen!
Wenn ich an unsere DL Classic Great Maze Runde denke, dann sind da allein beim "Schippern" mit einem Mazerunner durch die Channels des Maze so viele REGELSYSTEMBEDINGTE coole Szenen, an die ich mich erinnere, die mit SW NIE so möglich wären. - Gerade die (Wasser-)Fahrzeugregeln in DL Classic sind außerordentlich genußvoll zu spielen - langsamer als die SW-Fahrzeugregeln, aber nicht jeder muß IMMER Fast-Food konsumieren!
Ich spiele aktuell BEIDE Deadlands-Varianten. - Es gibt aber Stoffe im Weird West, die ich NIE UND NIMMER mit dem einen bzw. dem anderen Deadlands-Regelwerk angehen würde.
Was mit DL:R außerordentlich gut geht (wenn man sich das Schluchzen um die versauten Mad Scientists, Huckster, Harrowed und den murksigen Blessed-Munchkin verkneifen kann), ist das Spielen von The Great Railwars Szenarien als ROLLENSPIEL und nicht nur als Table-Top-Szenarienfolge. - Das funktioniert BESTENS und bietet auch die Herausforderungen an regeltechnische Abwicklungsgeschwindigkeit, bei denen SW einfach eine verdammt gute Figur abgibt.
Was mit DL:R schon (und nach über 10 gespielten Runden in unterschiedlicher Besetzung für mich zweifelsfrei) problematisch ist, ist das Last-Stop-Demo-Szenario für DL Classic. Spielt man den dort enthaltenen Stoff mit DL:R, so ist das ganze Herausforderungsgefüge im Arsch. Last Stop:Reloaded ist EINFACH, während Last Stop Classic ein HARTES Stück Western-mit-Zombies ist.
Man kann bei DL:R leider nicht so wie beim mit Trefferlokationen arbeitenden DL Classic das zwangsweise AUSEINANDERSCHIESSEN von Zombies und Patchwork Men spielen! - Und damit geht das gesamte Flair dieses Szenarios flöten.
Wie gesagt, ich nehme BEIDES, aber schaue mir sehr genau an, was ich mit welchem Regelsystem umsetze.
DL Classic ist, wenn man als Marshal den Dreh raus hat, die Marshal's Short-Cuts verwendet, und Spieler hat, die die DL Classic Regeln beherrschen, auch nicht so langsam, wie man vielleicht meint. - Langsam wird es erst, wenn "wertige", d.h. individuell sehr unterschiedliche Gegner in Massen auftreten. Das kann SW (schon aufgrund der "Notation via Miniatur") flotter abwickeln als DL Classic, wo man Wind/Puste, Wunden, Munition, usw. stets sauber mitnotieren muß. Buchhaltungsseitig ist DL Classic schon - gerade für den Spielleiter - richtig viel ARBEIT.
Aber solche, die im Endergebnis einfach LOHNEND ist.
Man muß sich nur vorsehen: Wer das Weird West Setting der einen Regelvariante kennt, der entscheidet sich oftmals beim Spielen im Weird West der anderen Regelvariante UNGUT! - Der Weird West in DL:R ist ein ANDERER als der in DL Classic. - Die Unterschiede liegen darin, was die bestimmenden "Weirdness"-Einflüssen je nach Regelsystem tatsächlich BEWIRKEN.
Und da ist DL:R eher wie Wild Wild West, während DL Classic eher wie High Plains Drifter ist.