Autor Thema: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?  (Gelesen 69422 mal)

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Offline tartex

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #100 am: 9.01.2010 | 12:02 »
Bei mir ergibt sich als Spieler Spannung (ob -bogen oder nicht ist mir persönlich egal), wenn der Ausgang einer Situation ungewiss ist.
Am spannendensten finde ich die Frage: wird mein Charakter abkratzen? Auch die Frage "Wird dieser wichtige NSC draufgehen?" ist of spannend.

In vielen Runden ist es allerdings Konvention, dass SCs nicht sterben und welche NSCs drauf gehen, wird ja schon im vorhinein vom Abenteuer festgelegt. Vielleicht muss man deshalb ja mit dem Spannungsbogen kommen. Keine Ahnung.
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ErikErikson

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #101 am: 9.01.2010 | 12:16 »
Hmm... da kann irgendwas nicht stimmen. Normalerweise müssten die Spieler eigentlich von sich aus sich ein interessantes Ziel setzen. Hast du ihnen auch klar gesagt, dass sie das tun sollen? Das ist wichtig, speziell wen nsie RR Abenteuer gewohnt sind.

Humpty Dumpty

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #102 am: 9.01.2010 | 12:30 »
Hmm... da kann irgendwas nicht stimmen. Normalerweise müssten die Spieler eigentlich von sich aus sich ein interessantes Ziel setzen. Hast du ihnen auch klar gesagt, dass sie das tun sollen?
Ich finde Sineijdans Beispiel auch etwas merkwürdig. ErikErikson hat aus meiner Sicht schon recht mit seiner Kritik.

Aber selbst wenn die Spieler von sich aus Ziele setzen und der SL ganz viele verschiedene Tricks und Hooks im Ärmel hat: je mehr der SL in die Breite vorbereitet, desto weniger bleibt in der Tiefe. Man kann nicht eine komplette Welt vorbereiten, wenn man sich parallel auf die Darstellung und die Problemchen jedes einzelnen Bewohners vorbereiten müsste. Bestimmte Eigenheiten, Macken, Geheimnisse, Hintergründe und Wechselbeziehungen von Charakteren kann man auch mit den besten Zufallstabellen in wenig Zeit kaum plausibel generieren. Dazu bedarf es einer spezifischeren Vorbereitung, welche die Spieler in ihren Handlungsoptionen jedoch eingrenzt. Das ist exakt die Balance, von der ich spreche. Kompetente SL und gute Abenteuer zeichnen sich aber exakt dadurch aus: einerseits auf einer Makroebene die Handlungsoptionen ebenso vielgestaltig wie kreativ entwerfen und somit den Charakteren eine Welt voller Möglichkeiten bieten, sich PARALLEL jedoch nicht in Beliebigkeit verlieren, sondern en detail die entscheidenden und wahrscheinlichen Pfade so vorbereiten, dass etwas Cooles entsteht.

Achamanian

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #103 am: 9.01.2010 | 12:36 »
Es verlangt doch niemand Abenteuer ohne Hooks. Natürlich kann jemand in die Keipe stürmen, der gerade von einer Bande finster dreinschauender Schlagetots verfolgt wird. Kacke ist, wenn im Abenteuer steht: "Die Helden werden den Bedrängten nun sicher retten. Bevor ihnen das gelingt, stößt einer der Schlagetots dem verfolgten aber noch einen Dolch ins Herz, worauf dieser darbend darniedersinkt und flüstert: 'Der Rubin! Bringt ihr den Rubin!' Die Helden können ihn nicht heilen oder so, er ist nämlich ganz schnell tot." Und wenn es anders nicht weitergeht - bzw., wenn es einem als SL schwer gemacht wird, mögliche andere Verläufe zu planen, weil man sie Informationen über den Verfolgten, den Rubin und die Schlagetots aus solchen Fließtexten zusammenklamüsern muss und weil der ganze weitere Abenteuertext konsequent davon ausgeht, dass der Verfolgte tot und der Rubin in den Händen der Helden ist - dann steht man halt im Regen. Wenn dann die Szene nicht so läuft, wie vorgeschrieben, verbringt man als treudoofer DSA-Spielleiter (wie ich schon oft) erstmal viel Zeit mit "Reparieren", d.h. an wendet allerlei alberne Tricks an, um den gewünschten Zustand herzustellen, damit es endlich mit der eigentlichen Handlung weitergehen kann. Was jedem Spannungsbogen nur abträglich ist.

Freies Spiel von wegen: "Ok, heute ist der 30 Ingerimm, was wollt ihr machen" geht auch, setzt aber tatsächlich voraus, dass möglichst viele Charaktere eine eigene Agenda mitbringen. Sowas muss man in der Gruppe vorher abmachen, wenn nur alle Helden basteln und dann warten, was passiert, und dann passiert nichts, ist das eben bescheuert.

Wichtigste Grundregel: Mitspieler sind vernunftbegabte Wesen, mit denen man auch Out-Time über das reden kann, was man vorhat.
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 12:38 von Achamanian »

wjassula

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #104 am: 9.01.2010 | 12:56 »
Wenn man zu den Spielern sagt: "Da steht ein Drache vor euch" oder "In diesem Laden gibt es keine Heilkräuter", dann ist das kein Railroading. Man macht einfach nur seinen Job als Spielleitung. Railroading ist es erst dann, wenn man die Konsequenzen der Reaktionen der Spieler auf diesen Input entwertet, indem man sie immer in das gleiche Ergebnis münden lässt. Das Vorbereiten und Einbringen von NSC, Ereignissen, Monstern usw. hat deshalb auch gar nichts mit RR zu tun. Wenn man nicht gerade ein Spiel spielt, in dem alle am Tisch versammelten solchen Input einbringen dürfen, funktioniert Rollenspiel ja sonst auch nur sehr begrenzt. Insofern sollten Kaufabenteuer solche Sachen schon vorbereiten; sie sollten bloß die Handlungen der SC nicht vorschreiben.

ErikErikson

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #105 am: 9.01.2010 | 12:58 »
Genau. Man hat entweder die Agenda, die sich die Spieler selber für ihre Chars ausgedacht haben, oder man hat ein Ereigniss, auf das die Spieler völlig frei reagieren können. Das ist kein RR.

Und das war der Fehler beim Tavernenabend.

Offline carthinius

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #106 am: 9.01.2010 | 13:17 »
Ich halte das ebenfalls für eine Legendenbildung, welche das freie Spiel gegen Kritik immunisiert.

NATÜRLICH zahlt man für das freie Spiel seinen Preis. Denn es hat ja seinen Grund, weshalb Leute freiwillig in ihren Runden eine Beschränkung der Entscheidungshoheit der Spieler akzeptieren, begrüßen und sogar aktiv fördern. Diese Leute sind nicht bescheuert, sondern sie wissen um die Wechselwirkung zwischen Freiheit und Begrenzung. Beides hat nämlich Vor- und Nachteile, die es zu balancieren gilt.

Selbstverständlich kann man nun behaupten, dass Freiheit im Rollenspiel ohne Preis daherkommt. Und man kann auch Leute niederbrüllen, die das in Zweifel ziehen. Selbst wenn diese Frage jedoch empirisch nicht letztendlich zu klären ist, so bleibt doch der Umstand bestehen, dass viele Runden, die aus ebenso kompetenten wie erfahrenen Spielern bestehen, sich letztendlich trotz interessanter Erfahrungen mit absolut freiem Spiel dennoch eigeninitiativ wieder gewissen Beschränkungen unterwerfen. Das kann man verstehen oder nicht. Mehr gibt es dazu aus meiner Sich aber nicht zu sagen, denn man kann das beliebig kleinteilig totdiskutieren.
Sicherlich ist keine der beiden Optionen ohne Nachteile (oder wie du es nennt, Preis). Und niederbrüllen will ich hier auch keinen. Ich denke aber trotzdem, dass viele Spieler eher die Begrenzung vorziehen, weil sie ihnen gefühlt mehr Sicherheit bietet. Reines "Sandboxing" ist mir auch eher zuwider (vielleicht auch, weil ich es noch nicht gut gemacht erlebt habe, aber ich muss auch gestehen, dass es mich nicht sonderlich anspricht), das sollte man DSA auch nicht aufpfropfen wollen. Wofür ich plädiere ist, dass der SL z.B. mit Plothooks u.ä. unterstützt wird, die er nutzen kann, aber nicht nutzen muss. Vielleicht entsprechen ja die Szenarien im Boten mittlerweile diesem Verständnis, als ich zuletzt einen davon aktiver gelesen habe, war das noch nicht der Fall. Einen Anthologie-Band habe ich auch noch nicht durchgearbeitet (offensichtlich ein Fehler, so wie diese Bände hier positiv besprochen werden; ich werde danach mal Ausschau halten). Bemerkenswert finde ich jedoch, dass die metaplotrelevanten Abenteuer eben nicht in diesem Format (also dem "Kleinformat mit Freiheiten") daherkommen, sondern als mehrhundertseitige Monster mit ausgearbeiteten Szenen, "Spannungsbögen" und festen Ausgängen. Will denn die Spielerschaft tatsächlich die Begrenzung der Freiheit, wenn sie mal wirklich was reißen könnten?

Wenn eine meiner Gruppen in einer Schenke herumsitzt, dann passiert es nie, dass jemand aufspringt und sagt: "Lasst uns den Drachenkönig erdingsen / die Diebesbande jagen / den alten Schatz heben!". Sondern es passiert einfach überhaupt rein gar nichts, was über Bier bestellen und Konversation hinaus geht. Insofern sehe ich da ohne Impuls, Druck oder Dilemma schlicht und ergreifend kein Abenteuer. Vor allem im Wiederholungsfall ist die beschriebene, defizitäre Situation ja sterbenslangweilig.
Ohne dir auf den Schlips treten zu wollen, aber genau das ist einer der Gründe, warum Geschichten meistens nicht mit dem "Wir sitzen in der Kneipe" anfangen, sondern eher mit einem "Ihr seid auf der Straße nach Volismond. Es ist tiefster Winter, dichter Nebel zieht über die Hügel der Grafschaft, so dass sich der Weg vor euch nur langsam und schemenhaft offenbart. Vor euch seht ihr die Schemen einer Wagenburg, die offensichtlich überfallen wurde. Qualm und Rauch steigen noch aus einigen Trümmern empor, überall seht ihr Verletzte und Leichen herumliegen." Das reicht meist schon. Wenn du bereits weißt, dass deine Spieler von sich aus nicht aktiv werden, sollte dein Abenteuer eben mit einem (mehr oder weniger) heftigen Knall starten. Damit wirfst du die Spieler in eine potentiell spannende Szene und bringst sie dazu, aktiv zu werden. Solche Kicker sind ein legitimes Mittel für den SL - außerdem kannst du damit auch schon einen Rahmen vorgeben, in dem etwas passieren kann, aber nicht muss.
Das Problem vieler Kaufabenteuer ist ja auch, dass sie die persönliche Ebene des Charakters nicht ansprechen können, weil es ja massenkompatibel sein soll. Aber du kannst darauf eingehen,

a) das AB auch wenigstens ein bisschen vorbereiten können, damit die spontane Meisterei nicht einem unterkomplexen und austauschbaren drunkard's walk verkommt. Und
b) brauchts für komplexe (/attraktive) Abenteuer einfach mehr als "einen zufälligen" Spannungsbogen, sondern ein dynamisches Geflecht auf mehreren Ebenen. Es sei denn natürlich, ihr seid so gescheit, dass ihr in der Manier des Improtheaters - und zwar sekündlich und reaktiv, nicht etwa geplant und aktiv - einen Plot nach dem anderen rausfeuert, der brillant gut ist und immer aufs Neue begeistert. Ich verlasse mich da lieber auf das Produkt von Autoren, die wenigstens den Vorteil haben, sich schon ein halbes Jahr lang Gedanken gemacht zu haben.
Das Problem ist doch aber, dass du damit genau einen (in Zahlen: 1) "Spannungsbogen" vorgesetzt bekommst, der auch nur unter bestimmten Umständen spannend ist, nämlich wenn die Spieler keinen "Fehler" machen. Mit einer Relation Map, Beschreibungen der Örtlichkeiten und den Motivationen und Zielen der diversen NSC (und SC!) kannst du potentiell viel mehr aus einer (gern auch komplexen) gegebenen Situation machen. Das soll nicht heißen, dass du nur noch auf das eingehst, was die Spieler tun und ohne deren Input nichts mehr passiert, eher im Gegenteil! Wenn das Abenteuer solche Reaktionen nicht vorsieht und du daher darauf nicht eingehen kannst, dann geht doch viel eher der "Spannungsbogen" flöten, als wenn du mit den NSC und der "Handlung" im Sinne der dir an die Hand gegebenen Werkzeuge reagieren kannst. Und du kannst jederzeit Dinge passieren lassen, auf die wiederum die Spieler reagieren müssen.
Es geht ja auch nicht darum, einem Autor zu sagen, dass er das halbe Jahr, dass er in ein Abenteuer steckt, in die Tonne kloppen soll; ich denke halt nur, dass ein halbes Jahr sinnvoller genutzt werden kann, dir die passenden Werkzeuge zu geben (s.o.) als nur einen Idealverlauf mit kleineren Variationen zu bauen (Vorsicht, Übertreibung!). Denn: Ändern musst du ja meist eh Dinge, damit sie in deine Gruppe passen, da wird es einfacher, wenn er z.B. mehrere mögliche Startpunkte vorschlägt.
Man muss dadurch ja auch nicht auf Schlüsselszenen verzichten, nur dürfen die eben nicht als "Wenn-Dann"-Funktion zu einem bestimmten, vom Autor gewollten Zeitpunkt vorgegeben werden. So wird z.B. der enttarnte Spion des verfeindeten Nachbarreichs immer ähnlich reagieren, wenn die SC ihn ertappen. Soll aber eine Attentatsszene vorkommen, sollte man nicht fest vorgeben, dass die SC darauf in einer bestimmten Weise reagieren oder sie sogar verhindern müssen. Vielleicht wird es ja sogar spannender, wenn die SC zu spät kommen? Ich denke, es verdeutlich ein bisschen, was ich meine.  :)

Bei mir ergibt sich als Spieler Spannung (ob -bogen oder nicht ist mir persönlich egal), wenn der Ausgang einer Situation ungewiss ist.
Am spannendensten finde ich die Frage: wird mein Charakter abkratzen? Auch die Frage "Wird dieser wichtige NSC draufgehen?" ist of spannend.
Genau so etwas meine ich: Spannung entsteht auch durch den ungewissen Ausgang. Natürlich nicht nur, aber auch. Andere Möglichkeiten: Wirf deinen Spielern ein moralisches Dilemma an den Kopf, für das es keine einfache Lösung gibt. Bau einen Twist ein, mit dem keiner rechnet und zieh deinen Spielern den Boden unter den Füßen weg, so dass sie ihre Situation neu überdenken müssen.

@Achamanian, TAFKAKB und Jasper: Vollste Zustimmung!

EDIT:
Ich werde doch meinen Spielern nicht vorschreiben, was sie tun sollen?  :)
Sollst du auch nicht, du sollst ihnen nur klar machen, dass sie nicht auf das Abenteuer in der Kneipe warten sollen. Natürlich kann das Abenteuer sie finden, aber ist es nicht toller, wenn die Spieler das Abenteuer finden? So ganz aktiv?
Außerdem haben Hooks nichts mit Railroading zu tun, im Gegenteil, wenn du ihnen mehrere hinwirfst, die alle nichts miteinander zu tun haben, können die Spieler entscheiden, was sie tun, nicht du! Wenn du für jeden der Hooks eine grobe Idee hast, was es damit auf sich hast, hat das doch nichts damit zu tun, dass du den Spielern sagst, was sie zu tun haben?!

Frodo: "Boah ist mir langweilig. Wisst ihr, worauf ich heute so richtig Lust hätte? Dass mir ein Ring in die Hände fällt und ich dann eine abenteuerliche Flucht bis zum Schicksalsberg hinlege, und um mich herum geht die Welt unter."

So funktionierts halt nicht.
Nee, tut es tatsächlich nicht. Aber der HdR ist ja auch Railroading pur.  >;D
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 13:22 von carthinius »
Meine itch.io-Seite | Guild of Gnomes, ein Hack von Lasers & Feelings (bisher nur auf englisch verfügbar) | Böser Mond, du stehst so stille, ein Szenario für Warhammer Fantasy RPG 3rd | DURF (Deutsche Ausgabe), ein knackiges, regelleichtes Dungeon-Fantasy-Rollenspiel

Humpty Dumpty

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #107 am: 9.01.2010 | 13:45 »
Wunderbar, carthinius.

Ich werde bei Gelegenheit mal die Relationship Map von Power Behind the Throne aus Enemy Within hier verlinken. Das illustriert und konkretisiert die Ausführungen von carthinius vielleicht etwas und ist ein perfektes Beispiel für die Balance von Freiheit und Begrenzung, die mir vorschwebt und die ich mir ganz explizit auch von DSA wünschen würde!

Achamanian

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #108 am: 9.01.2010 | 13:47 »

Frodo: "Boah ist mir langweilig. Wisst ihr, worauf ich heute so richtig Lust hätte? Dass mir ein Ring in die Hände fällt und ich dann eine abenteuerliche Flucht bis zum Schicksalsberg hinlege, und um mich herum geht die Welt unter."


Nebenbei: HdR als Rollenspielkampagne könnte auch gut das Dilemma aufmachen: "Benutzen wir den Ring oder zerstören wir ihn?" Und wenn die Gruppe sich für ersteres entscheidet, kannst du die vorbereiteten Set Pieces "Schlacht um Helms Klamm, Pfade der Toten, Schlacht um Minas Tirith" wahrscheinlich immer noch verwenden, nur mit etwas anderen Ausgangsbedingungen. Kann natürlich sein, dass Gandalf dann zum Gegenspieler wird, der sich mit Gollum zusammentut, um der Heldengruppe um Boromir den Ring zu klauen.
Am Ende ist das natürlich alles eine große Tragödie, Sauron wird besiegt, dafür wird Gondor mit der Macht des Rings voll faschistisch, und schon haben wir die Spin-Off-Kampagne ...

Offline Herr der Nacht

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #109 am: 9.01.2010 | 14:00 »
@Sineijdan ar Asjawell

Vieles was ich schreiben wurde hatten andere bereits wiedergegeben.

Nur soviel dazu: Die Spieler sollten in deinem Beispiel ihren SCs vielleicht Ziele auf den Leib schneidern. Denn die hat jeder, langfristige und kurzfristige.

Das ist die Plotgenerierungsmaschine NR.1

Dann sollte man ihnen eine Bühne präsentieren die sie auch zum Ideen entwickeln anregt

Drittens kann man zusätzlich, falls mal wirklich das große Rauschen angebracht ist und um ein Gefühl für  die Lebendigkeit der Welt zu entwickeln, SC-unabhängige Plothooks generieren (ohne sie groß auszuarbeiten, dass kann man immer noch machen wenn die Spieler anbeißen)

Ein Beispiel aus unserer Herren von Chorhop-Kampagne welche gänzlich ohne vorgenerierte Plots läuft:

Chorhop ist eine südaventurische Hafenstadt die von einem Patriarchen namens Zeforika beherrscht wird. Die SCs haben die Agenda für ihren Auftraggeber diplomatische Grundlagen aufzubauen und Chorhop reif für eine Allianz zu machen. (Agenda der SCs, von mir als SL als Kampagnenziel vorgegeben)

Ein Spieler kam auf die Idee da der Patriarch stinkreich ist, ihn in Zugzwang zu bringen indem er die lokalen Grolme (kleine magische, goldgierige Wese) dazu bringt seinen Tresor auszuräumen. (Eigenes Vorhaben des Spielers)
Dazu ging er zum einzigen Grolm der Stadt und verhandelte mit diesem ein Treffen beim Grolmenkönig. Im Gegenzug verlangte dieser (Grolme machen nie einen Handel ohne Gewinn) dass der SC ihm dafür alchimistische Zutaten aus dem Dschungel bringt, sowie Erkenntnisse über eine Echsenpyramide (Plothook von mir).

Der Spieler ging darauf ein und ich konnte mich an die Ausarbeitungen des Plothooks machen. Oft lege ich auch keine Plothooks aus sondern ermittle aus dem freien Spiel in der Stadt und der Interaktion der Spieler mit den NSCs welche Aufgaben sich generieren könnten.

Stichwort Bass-Playing.

Ein Kaufabenteuer hätte hingegen schon komplett den Lösungsweg (Zeforika lässt sich zu einer Allianz bewegen indem man ihn arm macht, dazu muss man den Grolm Gnorgl dazu bringen die anderen Grolme Zeforika auszurauben. Damit dieser dass macht müssen die Helden Gegenstand X für ihn finden und Dungeon Y erkunden. Dann werden die Grolme dies und jenes machen und es gelingt...blabla) Und zwar genau den EINEN Lösungsweg. Vielleicht interessiert dieser meine Spieler aber auch gar nicht. Vielleicht finden sie Zeforika dufte und wollen sogar für ihn arbeiten, sein Vertrauen gewinnen, etc...

Hast du (Sine) übrigens schon mal darüber nachgedacht dass die Spieler vielleicht gar keinen Raum durch Kaufabenteuer haben sich eine Agenda anzulegen? Bzw dass man sich denkt "lohnt sich ja eh nicht, die Abenteuer können nicht auf meine Agenda eingehen und der SL hat auch keinen Bock sie so umzuschreiben)?
Vielleicht sitzen sie deshalb in der Kneipe rum und wissen nicht was sie tun sollen, weil sie es so gewohnt sind. Nach dem Motto "es wird ja eh gleich einer reinkommen und erzählen dass er überfallen wurde, oder ein Bote kommt, oder eine Kneipenschlägerei entbrennt die uns dann zur Garde führt..."

Zitat von: TAFKAKB
Ich halte das ebenfalls für eine Legendenbildung, welche das freie Spiel gegen Kritik immunisiert.

NATÜRLICH zahlt man für das freie Spiel seinen Preis. Denn es hat ja seinen Grund, weshalb Leute freiwillig in ihren Runden eine Beschränkung der Entscheidungshoheit der Spieler akzeptieren, begrüßen und sogar aktiv fördern. Diese Leute sind nicht bescheuert, sondern sie wissen um die Wechselwirkung zwischen Freiheit und Begrenzung. Beides hat nämlich Vor- und Nachteile, die es zu balancieren gilt.
Das einzige was eine Legendenbildung ist wäre dass freies Spiel bedeutet man müsste als Spielleiter keinerlei Vorbereitung und Ausarbeitungen machen.
Es ist weiterhin eine Legendenbildung das freies Spiel weniger Tiefe entwickelt da die Ausarbeitungen gröber stattfinden und ohne vorgegebene Handlungsfäden.

Die Nachteile für spielerische Freiheit würde ich aber gerne mal wissen, mir würde nichts einfallen. Ausser vielleicht ein SL der freies Spiel falsch versteht und keine Settinginfos liefert, keine Bühne aufbereitet und dann sagt "ihr seid in Gareth in einer kleinen Kneipe, los, jetzt macht mal". Da kann das natürlich nichts werden. Weder arbeitet so das Kopfkino (zu wenig Infos), noch bietet man eine Grundlage für irgendwelche Ideen der Spieler (es sei denn ein Spieler hat seinen SC schon direkt mit einer Agenda erstellt welche dieser erfüllen will).

Offline Herr der Nacht

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #110 am: 9.01.2010 | 14:12 »
Thema Relation-Ship-Maps

Zitat
Ich werde bei Gelegenheit mal die Relationship Map von Power Behind the Throne aus Enemy Within hier verlinken. Das illustriert und konkretisiert die Ausführungen von carthinius vielleicht etwas und ist ein perfektes Beispiel für die Balance von Freiheit und Begrenzung,
Es hat ja auch niemand gesagt das freies Spiel Relation-Ship-Maps und Setting-Ausarbeitungen sich auschließt. Im Gegenteil, ohne gehts gar nicht.

Von daher würde ich solche Dinge nicht als Begrenzung bezeichnen sondern als Rahmen. Ohne diesen Rahmen gibt es keine Bühne, und ohne Bühne gibt es kein Spiel.

Zu HdR. Romanvergleiche werden immer wieder gerne als Persiflage genommen wenn man sagt das Abenteuer keine Dramaturgie benötigen würden. Nur sind Abenteuer eben keine Romane, sie sind auch keine Drehbücher, denn all diese Medien setzen KEINE freien Handlungen der Spieler vorraus. Dies ist jedoch eine Grundlage des Rollenspiels.
Wenn die Handlungen der Spieler irrelevant sind, könnten sie auch gleich weggelassen werden.

Ein Negativbeispiel ist da z.B ein Abenteur aus Questadores in dem die SCs einen Schnitzeljagdkrimi spielen und ein Attentat vereiteln sollen. Letztendlich ist genau vorgegeben dass sie im Finale erst an die Attentäterin herankommen und was das schlimmste ist, sogar nicht einmal ihre Tat verhindern können (welche dann ausbleibt wegen Gewissensbißen). Schlimmer gehts nimmer. Das dämlichste Gefühl was ein Abenteuer dem Spieler geben kann ist dass seine Taten unrelevant und gleichgültig sind.

Je mehr ich skripte und je tiefer ich ausarbeite um so mehr drängt sich jedoch die weitere, von den SCs unabhängige Handlung auf. Um dieses Dilemma zu lösen wurde dann bei DSA Abenteuern versucht Module einzubinden oder alternative Lösungswege. Aber selbst wenn 2-3 Lösungswege vorgegeben werden, verliere ich viel Platz da stehts nur einer eintritt, weiterhin ist das Risiko immer noch sehr groß dass die Spieler eine 5. Lösungsvariante wählen welche nicht vorgegeben ist.
Es fehlte zumeist jedoch die Schlussfolgerung anstatt Lösungswege vorzugeben den Platz in die Umstände und das Setting zu investieren.

Würde man hier mehr Platz investieren könnte es den ergebnisoffeneren Spielern egal sein was in den Szenen passiert und sie wären dennoch gut versorgt. Bedauerlicherweise stimmt das Verhältnis einfach nicht, selbst in den gelobten Abenteuern wie Herren von Chorhop oder Von eigenen Gnaden ist der Anteil an Plotszenen und Hintergrundmaterial 70-80% Szenen zu 20-30% Hintergrundmaterial.

Klassischere DSA Abenteuer jüngerer Zeit kommen sogar mit noch weniger Hintergrundmaterial aus.

Wie man es gut machen kann ist z.B in dem auf dasschwarzeauge.de runterzuladenden Abenteuer Posaunenhall zu sehen. Es gibt Szenen für diejenigen welche so etwas benötigen, es gibt aber auch genügend Hintergrundmaterial um diese notfalls wegzulassen.

Edit: Links eingefügt
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 14:38 von Herr der Nacht »

Humpty Dumpty

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #111 am: 9.01.2010 | 14:17 »
@ Herr der Nacht: Vielen Dank für Deinen Input. Und ja, wir alle können fraglos eine Menge von Dir lernen. Habe mir Deinen Blog mit Interesse angeschaut und werde mich sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal vertieft daran machen (nämlich genau dann, wenn ich das Abenteuer mal leiten sollte). Dafür bin ich dankbar, denn beim Informations- und Wissensaustausch handelt es sich um eines meiner vorrangigen Ziele in diesem Forum. Trotzdem solltest Du die obigen Posts noch einmal etwas genauer lesen, denn auch umgekehrt könnten Dir eventuell ein paar spannende Dinge klarwerden, die Du mutmaßlich momentan noch nicht vollständig auf dem Schirm hast. Schau Dir noch mal aktiv diesen, diesen und diesen Post an. Da werden nach meinem Eindruck jedenfalls Deine an mich gerichteten Fragen (nicht nur) von mir beantwortet.

Edit: Oder anders: ein Rahmen ist keine Begrenzung? Das scheint mir ein bisschen semantische Fuchserei zu sein. Oder?

EditEdit: Das Abenteuer "Posaunenhall" interessiert mich auch und könnte exakt das sein, was auch Sineijdan sucht. Magst Du einen Link setzen? Konnte dort auf die Schnelle nix finden.
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 14:21 von TAFKAKB »

Offline Herr der Nacht

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #112 am: 9.01.2010 | 14:35 »
@TAFKAKB

ich will ja gar niemanden belehren, sondern nur meine Erfahrungen mitteilen. Bis vor 1 Jahr habe ich auch noch eher nach klassischer Kaufabenteuervariante geleitet (und gelitten ;) Und das gänzlich mit eigenen Abenteuern welche dazu neigten sehr tief ausgearbeitet zu sein, ohne dass dies die Spieler mitbekamen noch dass sie davon profitierten.

Irgendwann hatte ich dann gemerkt dass jedes mal wenn meine Unterlagen zuhause lagen (vergessen auszudrucken oder ähnliches) das Spiel entspannter wurde und die Spieler mit mehr Elan dabei waren.

Das hat mich verwundert, bis ich auf Tanelorn gestoßen bin und die interessanten Beiträge von Vermi zumBass Playing gelesen habe. Dann noch Robin D Laws Gamemastering Guide, viele interessante Seiten zu Sandbox und ähnlichem.
Bei den Diskussionen auf Alveran ist mir mehr und mehr aufgefallen wie wenig DSA Produkte diesen Stil unterstützten und wie hochgradig auf RR und Geschichtenerzählen die Spielhilfen und Abenteuer festgefahren sind. Gleichzeitig kam auch ein enormes Unverständnis dem freien Spiel entgegen, weswegen ich versuchte die Infos zu bündeln und ein kleines How-To für DSA-Spieler zu verfassen: Alveran.de Spielpraxis: Plotfreies Spiel

Die Arbeit gegen das Unverständnis dauert noch immer an, denn wie gesagt, der durchschnittliche DSA-Spieler kennt nichts anderes als die Kaufabenteuer-Geschichte. Selbst wenn er eigene Abenteuer verfasst wird er sich idR nach dieser Form orientieren, woher sollen auch andere Impulse kommen?!

Wege des Meisters brachte vorsichtig zumindestens die Begrifflichkeiten und Möglichkeiten auch in einem DSA-Produkt etwas lockerer zu werden. Leider fehlte dort gänzlich die praktische Umsetzung bzw Tipps wie dies anzustellen sei (und begnügte sich auf den Hinweis dass Improvisieren mit zwei Mittel zu handlen wäre, entweder Illusionism ;) oder aber indem man sich auf Improvisieren durch Namenstabellen und ähnliches vorbereiten würde...na danke, jetzt weiß ja jeder bescheid).

die meisten kennen sicherlich hier auch Doms Zen-Spielleitertipps, welche wesentlich besser mit der Problematik des freien Spiels arbeiten. Demnächst werde ich mir auch mal seine Tipps zu Kaufabenteuer entschienen durchlesen, wobei ich denke dass ich da schon grob die Ansätze kenne.

Übrigens, mein Blog weder etwas mit Spielleitertipps zu tun, noch ist er ein Beispiel für eine freie Kampagne. Ich schieße dort lediglich irgendwelche Ausarbeitungen raus (wenn sie nicht mehr spielrelevant für mich sind) um anderen SLs die Arbeit zu ersparen und Inspiration zu bieten. Ich habe dort keinerlei Anspruch irgendwelche Kampagnentipps oder ähnliches zu etablieren (Dazu gibt es ja die schönen Texte hier von Joerg D zu Kampagnen.) noch irgendwo ein vollständiges Vorbild-Setting aufzuziehen (kann ich auch schlecht machen da mir wohl irgendwann urheberrechtliche Probleme drohen könnten).

Ergänzung: @ TAFKAKB
der Posaunenhall-Link steht jetzt in meinem vorhergehenden Post. Kommt aber auch bei der Google Suche als erstes ;)
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 14:39 von Herr der Nacht »

Offline Naga

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #113 am: 9.01.2010 | 14:46 »
Ich versteh das richtig: Dir würde so etwas prinzipiell reichen? Vorlesetexte nur, damit der SL "in Stimmung" kommt bzw. ungefähr weiß, mit welchen Worten er die richtige Stimmung schaffen kann?
Und wenn ich jetzt den Anhang meines "Groschenromans" mit genau den von dir oben genannten Punkten fülle (was ich schon mehrmals gesagt habe), habe ich alles, was du brauchst. Und in der Geschichte (dem Romanteil) hinterlege ich die Textstellen, die ich als Autor als Erzähltexte bzw. Stimmungsinspirationen benutzt sehen möchte, z.B. grau (mit Verweis auf die entsprechende Stelle im Ausarbeitungsteil). Voilà ist alles drin!

Du hast die Aufgabe von "Vorlesetexten" richtig zusammengefasst. Tischrollenspiel ist eben Sprache, und eine treffende, abwechlungsreiche, stimmungsschaffende Ausdrucksweise ist recht schwer aus dem Nichts zu improvisieren.

Da siehst du dann auch die Schwäche deines Vorschlags: Bla hier, Content da funktioniert nicht. Blättern ist nicht. Beides gehört zusammen - das was den Spielern präsentiert wird ist Stimmung + Inhalt. Entsprechend muss der Spielleiter auch beides griffbereit haben. Am besten wäre natürlich, wenn diese Vereinigung von Stil und Substanz über den Grossteil des Materials schon gegeben wäre, mit einigen expliziten Fingerzeigen, worauf bei Improvisationen zu achten wäre (eine Art kurzer "Szenen-Styleguide").

Gerade den Ansatz "Macht es trocken, Flavor udn Farbe reinbringen kann man immer noch" halte ich für einen Irrweg, weil eben dieses Postprocessing am Spieltisch Resourcen bindet, die man eigentlich an anderer Stelle benötigt (oder mangels Improvisationstalent oder Aufmerksamkeit erst gar nicht zur Verfügung hat).

Die sei dir unbenommen. Nur hilft es dem SL nicht, diese Fähigkeiten zu entwickeln, wenn einem das dafür Notwendige immer mundgerecht portioniert werden will, aber gleichzeitig die andere Kompetenz damit ausgehebelt wird. Denn: Beide Bereiche sind zusammen möglich, nur nicht, wenn man beide in einen festen Rahmen pressen will.

Meine Güte, ich spielleiter jetzt seit gut 10 Jahren; was Illusionismus angeht auch halbwegs passabel. Ich kauf mir die Abenteuer eben genau deshalb, damit sie mir Arbeit abnehmen. Und eben nicht, um mich bevormunden und belehren zu lassen. ;)
"Und heute haben wir die Szenenbeschreibung weggelassen, damit sie lernen aus dem Stegreif zu Improvisieren" oder wie?  ::)


Und genau darum geht es doch: Die von dir genannten Dinge sind doch gar nicht das, was die meisten hier stört - ich hab doch nichts gegen eine vernünftig beschriebene Burg. Ich hab nur was dagegen, wenn in Zimmer A unbedingt Ereignis Z (am besten noch um Uhrzeit H) passieren muss, egal, was die Spieler vorher machen.
Verdrehst du nicht gerade den Punkt, der kritisiert wird? Die klassischen Abenteuer belohnen nunmal keine gute Idee, sondern zwingen zu X Sackgassen, weil der Autor das so will!

Oh, ich dachte wir reden schon über die etwas aktuelleren DSA-Abenteuer, und nicht die aus Schmidt-Spiele-Zeiten.
Hab mich wohl geirrt und bin hier anscheinend im falschen Thread...



Der SL hat ja kaum eine Möglichkeit, ohne großen Arbeitsaufwand solche Dinge herauszuoperieren, wenn er eben das Abenteuer ohne Sackgassen haben will, weil er z.B. keine Auflistung mit möglichen Spuren hat, die er vielleicht sogar noch beliebig zugänglich machen kann

Tja, das deckt sich jetzt wieder nicht mit meinen Erfahrungen. In "Haus des Magiers" wird es eben genau so gemacht, und bei den meisten nicht uralten Szenengraph-Abenteuern (ob Shadowrun oder DSA) ist es von meinem Eindruck her ebenso.

Gerade das ist doch das tolle an Szenengraphen: Ich hab als Spielleiter in der Regel mehrere Möglichkeiten zur Hand wie es weitergehen könnte. Ich hab die wahrscheinlichen Schlüssel-Szenen und Locations stimmungsfertig ausgearbeitet. Es sind Punkte vorhanden, an denen ich mich orientieren kann. Weglassen, überspringen oder neue hinzufügen kann ich noch - Improvisation ist das tägliche Brot des Spielleiters. Aber man hängt eben nicht in der Luft, die Gefahr mehr Improvisieren zu müssen als man gerade zu leisten in der Lage ist ist deutlich gering.

Das seh ich übrigens nicht als Entweder-oder in Bezug auf eine gut ausgearbeitete Ausgangsbasis. Ich will beides: Griffige aufbereitete Ausgangslage + Szenengraph der die wahrscheinlichsten Verläufe, Szenen und Locations vorbereitet.

Und gerade bei letzterem gibt es immer noch einiges an Verbesserungspotential: schnell erfassbare Gesamt-Übersicht einerseits, griffig-stimmige Details andererseits ist eben immer ein Spagat. Aber das ist eben kein Grund diesen Teil ganz wegzulassen.

Meine Erfahrungen mit "nur umfangreiche Ausgangslage" waren dann auch eher durchwachsen, mit viel Diskutiererei und Ratlosigkeit, und vergleichsweise wenig Action. Kann natürlich auch eher an der Spielweise der Gruppe liegen, die sich weniger aus Macht- und Ambitionsspielchen macht, sondern als klassische Heldengruppe eher offensichtliche/gleichgeschaltete Ziele verfolgt (vor allem das Böse in Gestalt Borbarads vernichten), und das ganze mit gruppeninternen Soap-Einlagen würzt.


Zitat von: Herr der Nacht
Ein Negativbeispiel ist da z.B ein Abenteur aus Questadores in dem die SCs einen Schnitzeljagdkrimi spielen und ein Attentat vereiteln sollen. Letztendlich ist genau vorgegeben dass sie im Finale erst an die Attentäterin herankommen und was das schlimmste ist, sogar nicht einmal ihre Tat verhindern können (welche dann ausbleibt wegen Gewissensbißen). Schlimmer gehts nimmer. Das dämlichste Gefühl was ein Abenteuer dem Spieler geben kann ist dass seine Taten unrelevant und gleichgültig sind.

Da würd ich dir sogar zustimmen (obwohl ich Kemi-Fan bin ;) ). Allerdings ist das Anpassen des Schlusses in diesem Fall ziemlich simpel.

Humpty Dumpty

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #114 am: 9.01.2010 | 14:54 »
@ Herr der Nacht: Ja, ich stimme Dir zu. Dom hat seine Tips übrigens ausformuliert und ein Buch quasi komplett über BassPlaying geschrieben. Hier. Kennste vermutlich eh schon. Ansonsten ist es klasse, dass Du Dich so aktiv in alle Richtungen umhörst. Mein letzter Beitrag deutete jedoch vorsichtig an, dass die meisten in diesem Thread Beitragenden eine ganz ähnliche Online-Sozialisation hinter sich haben und entsprechend mit vielen der von Dir mit so viel Elan und Verve gerade hin und her gewogenen Ideen ziemlich gut vertraut sind. Das soll nicht heißen, dass ich (und vielleicht auch die meisten hier) nicht von Deinen Beiträgen profitieren würde. Im Gegensatz zu beispielsweise Alveran ist im Tanelorn jedoch die Durchdringungstiefe vieler Konzepte auf einem durchaus beachtlichen Niveau und Du kannst gemeinhin eine gewisse Aufgeklärtheit bei Deinen Beiträgen voraussetzen :)

Achamanian

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #115 am: 9.01.2010 | 14:59 »
Gerade den Ansatz "Macht es trocken, Flavor udn Farbe reinbringen kann man immer noch" halte ich für einen Irrweg, weil eben dieses Postprocessing am Spieltisch Resourcen bindet, die man eigentlich an anderer Stelle benötigt (oder mangels Improvisationstalent oder Aufmerksamkeit erst gar nicht zur Verfügung hat).

Man muss ja nicht möglichst farblos schreiben, sondern kann in Schauplatz- und Charakterbeschreibungen durchaus "Stimmungselemente" aufnehmen. Ich sag ja nicht, dass die Treppe im alten Haus nicht knarren darf, weil ich mir das viel lieber alles selber überlege. Aber die entsprechenden Stimmungs-Eigenschaften sollten sinnvoll in Beschreibungen von Orten und Figuren eingebunden sein, nicht in Form von Vorlese-Szenen.
Die Stimmungs-Szenentexte sind nämlich für alle Spielleiter verschenkter Platz und Störelement, die bestimmte Elemente dieser Texte eben nicht stimmungsvoll finden, sondern abgedroschen, kitschig, bemüht, ausgewalzt oder stilblütenüberladen. DSA-Abenteuer haben echt eine Tendenz, eine interessante, durchaus vielschichtige Welt zu nehmen und sie dann aus "Stimmungsgründen" auf die immergleichen Klischees runterzubrechen.

Dazu kommt, dass das dahinterstehende Verständnis von Stimmung völlig mechanisch ist, von wegen: Dieser text erzeugt eine ganz bestimmte Stimmung. Stimmung entsteht aber im Wechselspiel am Spieltisch. Wenn man sich als SL darauf einschießt, jetzt gerade eine ganz bestimmte Stimmung herzustellen, geht das doch eh meistens nach hinten los. Besser ist es, darauf zu achten, wann eine bestimmte Stimmung aus der Spielsituation heraus entsteht und diese dann zu forcieren, wenn sie vielversprechend erscheint. Stattdessen hat man bei DSA die beliebten Sätze in Richtung von: "Wenn sie die Szene als SL richtig dargestellt haben, werden ihre Spieler vor Ehrfurcht aus den Socken gehauen sein und Rohezal ganz verschüchtert um sein Autogramm bitten." Ja, und wenn sie das aus irgendwelchen Gründen nicht machen (vielleicht, weil ihnen Rohezal doch eher wie ein Aufschneider vorkommt ...), dann hat man als SL alles falsch gemacht. Im Schlimmsten Fall kommen dann SLs bei raus, die ihren Spielern erklären, dass ihre Charaktere jetzt voll die Ehrfurcht empfinden und sich doch bitte entsprechend verhalten sollen.

oliof

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #116 am: 9.01.2010 | 15:40 »
Sinejdan: immer?

Immer wieder mal. Ich glaube aber nicht, dass das :T:-spezifisch ist. Ich gerate auch beruflich immer wieder an Nasen, deren Wissensstand mindestens um 5 Jahre zurückliegt. Bei Informatik ist das geradzu fatal, bei Rollenspielen immerhin lästig.

Und die Lehre, die ich daraus ziehe: DSA verlor vor ~ 10 Jahren einen Teil seiner Kundschaft, der schwer zurückzugewinnen sein wird …

Achamanian

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #117 am: 9.01.2010 | 15:46 »
Wie kommts eigentlich, dass sich Tanelorn immer auf so extrem veraltetes Material bezieht? Das ist eine Sachfrage eines Forenfremden ohne die Absicht, jemand für doof zu erklären. Es ist ja nicht so, dass man ein staubiges, drei Jahre altes Problem diskutiert, nein, Hasswallungen über zehn Jahre altes Material sind die Regel. Die Geschichte mit den Güldenlandillustrationen im Thread nebenan ist schon zum Augenreiben.

Also, ich rege mich derzeit über "Invasion der Verdammten" auf, das ist von 2006 - die Originalabenteuer sind zwar aus den späten 90ern, aber so massiv, wie man da überarbeitet hat, hätte man auch viele der hier bemängelten typischen DSA-Probleme locker beheben können. Hat man aber nicht, zum Teil hat man's sogar noch schlimmer gemacht (ist mein Eindruck, ich besitze die alten Abenteuer nicht mehr).
Daraus folgere ich einfach mal eine sich fortsetzende Tendenz bei DSA, mit Ausnahmeerscheinungen wie "Herren von Chorhop" und "Von eigenen Gnaden". Damit kann ich mich natürlich irren.

Offline kirilow

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #118 am: 9.01.2010 | 15:52 »
@Sineijdan
Das habe ich ja so ähnlich schon öfter gehört und lese deshalb nun Von Eigenen Gnaden. Ist nun auch nicht brandneu aber doch jünger als zehn Jahre.

Da Du gerade den alten Text aus dem grauen Heft der MSZ-Box gebracht hats: ganz vieles davon könnte man in diesem Abenteuer auch noch aufzeigen. Da hat sich etwas geändert, es gibt aber halt auch viele Traditionslinien, die erhalten bleiben. Nach meinem bisherigen Eindruck ist das kein ganz anderes Spiel.
Zudem: die alten Dinger sind ja auch im DSA-fandom geschätzt. Alles schlechte, was hier so über Abenteuer gesagt wird, trifft auf die Borbarad-Kampagne zu, die nun wirklich schon alt ist. Diese hat bei DSA4 immer noch den ersten Platz auf der Abenteuerbewertungsliste. Der Bezug auf uraltes ist also kein Spezifikum der DSA-Hasser in Fremdforen.

Grüße
kirilow
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 15:54 von kirilow »
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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #119 am: 9.01.2010 | 15:58 »
Ich vermute einfach, dass Sineijdan einfach etwas übersensibilisiert ist. Schau Dich hier mal wertfrei um, Sineijdan, dann wirst Du feststellen, dass Dein Eindruck Dich trügt. Es existiert durchaus eine Aufgeschlossenheit gegenüber DSA bei einigen Leuten mit dem Horizont und Hintergrund zu einer vernünftigen Diskussion. Bei kirilow weiß ich das zum Beispiel. Bei carthinius vermute ich das sehr schwer. Und bei vielen anderen auch. Sich auf die offenkundigen und destruktiven Pappasen zu kaprizieren, ist hingegen nicht hilfreich. Wer hier offenen Auges reingeht, nimmt viel mit.

Achamanian

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #120 am: 9.01.2010 | 16:01 »

Ne, das gilt nicht. Das ist ein Remake aus den Neunzigern.

Doch, das gilt: ich habe damals die alte Kampagne teilweise gelesen und gespielt, und die Neuauflage ist so massiv neu geschrieben, abgeändert und umgebaut, dass sie als Produkt der Zeit ihres Erscheinens betrachtet werden muss. Wenn man überall noch Szenen mit Kampagnenübergreifenden NSC einbauen kann, damit die Spieler ein besseres Kontinuitätsgefühl kriegen, dann kann man auch einzelne Abenteuer oder Abenteuerteile aufbohren, um sie flexibler gestaltbar zu machen.
Bei "Unsterbliche Gier" war das übrigens vom Ansatz her gar nicht schlecht, da konnte man relativ frei rumreisen. Der Haken war wieder, dass das, was man beim Rumreisen gemacht hat, letztlich keinen Einfluss auf das geskriptete Finale hatte.

Offline kirilow

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #121 am: 9.01.2010 | 16:04 »
Nebenbei:
Bei "Unsterbliche Gier" war das übrigens vom Ansatz her gar nicht schlecht, da konnte man relativ frei rumreisen. Der Haken war wieder, dass das, was man beim Rumreisen gemacht hat, letztlich keinen Einfluss auf das geskriptete Finale hatte.
Ja, schade, oder? Das war das einzige Abenteuer aus der Reihe, das etwas hätte taugen können, und dann verlässt's sie auf den letzten zehn Metern.
« Letzte Änderung: 9.01.2010 | 16:08 von kirilow »
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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #122 am: 9.01.2010 | 16:11 »
Her mit perfekten Abenteuern, bitte (in deutscher Sprache).
Bist Du wirklich guten Willens oder willst Du nur ein bisschen ärgern? Es haben Dir in der Zwischenzeit mindestens 5 verschiedene Leute Abenteuer genannt, die nach ihrer Ansicht die Anforderungen an gute Abenteuer besser erfüllen als die meisten offiziellen Publikationen von DSA, beispielsweise eines von UA aus der Anduin. Deutsch, kostenlos, zum Download verfügbar. Eigentlich bist Du nun mal dran.

Wenn Du andererseits nur ein bisschen über die Ignoranz der Leute hier ablästern willst, ist das selbstverständlich auch in Ordnung. Du solltest dann aber einen eigenen Post eröffnen und das zur Diskussion stellen.


EDIT: Vergesst es einfach. Ich verplemper Zeit.

Achamanian

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #123 am: 9.01.2010 | 16:19 »
Da hast Du Dir also aus 345 möglichen DSA-Abenteuern genau das ausgesucht, von dem man landein-landauf weiß, dass es sich um die ersten Mega-Rollo-Kampagne im deutschen Sprachraum handelt, und die als zeitgenössischer Versuchsballon ganz eindeutig an massivem Railroading krankt?

Ich kenne bis zur 7G praktisch alle DSA-Abenteuer als Spieler oder Spielleiter, die haben sich vom Grundprinzip spätestens ab etwa der Phileasson-Saga nicht viel genommen, auch die 7G war eigentlich nur etwas bombastischer, funktionierte aber ansonsten genauso wie klassische DSA-Abenteuer.
Und die Überarbeitung sollte den Zweck erfüllen, die Kampagne auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen. Wenn sie das nicht hat, ist das schließlich auch Kritikwürdig.

Letztlich wäre ich mit anderen DSA-Abenteuern vielleicht besser bedient - aber mir geht es ja darum, dass man auch Plots wie die 7G mit einem vernünftigen Mischungsverhältnis aus RR und Sandkasten-Optionen aufbereiten kann, und dass diese Möglichkeit bei der neuauflage nicht wahrgenommen wurde.

Offline kirilow

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Re: DSA: Warum Abenteuer, warum keine Romane?
« Antwort #124 am: 9.01.2010 | 16:19 »
Da hast Du Dir also aus 345 möglichen DSA-Abenteuern genau das ausgesucht, von dem man landein-landauf weiß, dass es sich um die ersten Mega-Rollo-Kampagne im deutschen Sprachraum handelt, und die als zeitgenössischer Versuchsballon ganz eindeutig an massivem Railroading krankt? sogar so sehr, dass damals eine Menge DSAler für immer arrivederci gesagt haben?
Du verwechselst da was. Es Jahr des Feuers, das auch in DSA-Kreisen Missfallen hervorrief.
Die 7G-Kampagne nimmt immer noch eine gute Stellung ein (Platz 2, da hat sich 'was getan) auf der DSA4-Rankingliste.
http://www.dsa4forum.de/viewtopic.php?t=13159

Grüße
kirilow
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