So, ich bin gerade mit der "Welten der Skiir"-Trilogie von Dirk van den Boom durch. (Science Fiction)
Gesamturteil: Ich habe es immerhin bis zum Ende durchgehalten (was bei aktuellen Büchern echt selten ist), fand aber am Ende, dass es meine Zeit nicht wert war.
Grundidee: In der Galaxis breitet sich das Imperium der Skiir aus, einem Volk von Rieseninsekten. Ungefähr um das Jahr 2100 erobern sie auch die Erde. Die Menschheit wird ihrer Technologie beraubt und für die Dauer einer "Umerziehungsphase" einer strengen Kontrolle unterworfen.
Die Haupthandlung setzt 200 Jahre später ein. Die Erde gilt als reif, um einen Vertreter in den Rat der Völker des Skiir-Imperiums zu entsenden. Als Protagonisten lernen wir den designierten Diplomaten kennen.
Und seine Sekretärin, die in Wirklichkeit zum Widerstand gehört.
Und seine spirituelle Beraterin vom Skiir-Kult, eine ultra-heiße und ultra-intrigante Blondine.
Und seinen wissenschaftlichen Berater, der stellvertretend für den ursprünglich vorgesehenen Wissenschaftler reist, weil der kurz vorher ermordet wurde.
Und den Polizisten, der den Mord untersucht.
Und dessen Partner.
Und den amtierenden Präsidenten der Erde.
Und einen hochrangigen Skiir-Geistlichen mit Plänen für einen Staatsstreich.
Und die Alien-Pilotin eines Schmugglerkahns.
Und ...
Damit ging es schon los. Gefühlt wollte van den Boom schon in Band 1 dem Leser jeden Bewohner seiner Galaxis einzeln vorstellen. Ich war ständig am Limit, den Überblick über die Charaktere und die Handlungsstränge zu behalten.
Es wäre mir leichter gefallen, wenn die Charaktere interessant gewesen wären. Aber für mich blieben sie blass und oberflächlich -- mit sorgfältig konstruierten individuellen Zügen, aber blutleer. Und dass die Aliens zwar unterschiedlich aussahen, sich von der Mentalität her aber alle anfühlten wie westeuropäische Homo Sapiens, machte es nicht besser. (Zeitweise scheint sogar van den Boom selbst aus den Augen zu verlieren, dass es nicht alles Menschen sind, wenn z.B. eins seiner Rieseninsekten die Stirn runzelt.)
Auch lernt man verschiedene Planeten kennen, die aber in meinem Kopf alle gleich aussahen. Die Städte unterschiedlicher Spezies auf unterschiedlichen Welten hatten für mich alle die gleiche Architektur. Eine Landschaft jenseits der Städte bekommt man nie zu sehen.
Dementsprechend gelang es der Handlung dann auch leider nicht, mich zu packen. Van den Boom hat sich einen vielschichtigen Plot mit etlichen verlockenden Geheimnissen ausgedacht, aber nachdem mir die Charaktere weitgehend gleichgültig blieben, konnte ich auch lediglich mit rein intellektueller Neugier verfolgen, was mit ihnen geschah. Emotional ließ mich die Handlung weitgehend kalt.
Als sich im dritten und letzten Band die Ereignisse zuspitzen, gelingt es van den Boom zwar, die Vorahnung einer epischen Enthüllung aufzubauen; aber zum einen stellt sich einer der Handlungsstränge in diesem Band als vollkommen überflüssig heraus (und der letztendliche Tod eines der wenigen lauwarmen Sympathieträger als dumm und sinnlos) und zum anderen haben die Entscheidungen aller Protagonisten am Ende keine Auswirkungen auf den Hauptplot. Sie werden zu reinen Beobachtern eines Showdown, in dem die Masterpläne zweier verfeindeter Fraktionen von "gewaltigen Mächten" gegeneinander arbeiten.
Zudem habe ich mich über die "epische Enthüllung" am Ende nur geärgert, weil
sie das Genre der Trilogie schlagartig von Science Fiction zu Weltraum-Fantasy katapultierte. Die Enthüllung lautet so, dass die Menschheit von den Skiir nicht etwa erobert wurde, sondern erschaffen ... und zwar zum Zeitpunkt der Invasion. Die gesamte Menschheitsgeschichte einschließlich unserer momentanen Gegenwart wird dadurch zur von den Skiir fabrizierten Lüge. Damit spielt die Trilogie in einem Setting, in dem wir und unsere Realität reine Fiktion sind, Teil der großen Illusion der Skiir. Die Geschichte hat also von Anfang an nie in einer spekulativen Zukunft gespielt, sondern in einem gänzlich anderen Universum.
Dieser Hintergrund wird zudem zur Grundlage für einen eher enttäuschenden Showdown, der sich auf die Formel reduzieren lässt: "Um die Galaxis zu retten, muss jetzt etwas hochgejagt werden." Altbewährt und für mich normalerweise OK, aber nach all der komplizierten Vorbereitung für mich eher eine Antiklimax.
Positiv hervorheben will ich noch, dass das Skiir-Imperium sehr differenziert dargestellt wird. Anstelle der brutalen Tyrannei eines insektoiden "Herrenvolks" erleben wir ein Sternenreich, das um Interessenausgleich und zumindest einen Anschein von Gerechtigkeit bemüht ist. Und die Machtkämpfe zwischen den internen Fraktionen der Skiir wirken schon dadurch glaubwürdig, dass jede dieser Fraktionen im Rahmen der Obrigkeit eine Zuständigkeit hat und somit vor allem versucht, "ihrem" Thema Priorität zu verschaffen.
Gesamturteil: 3 von 5 Sternen. Durchgehend lesbar, stellenweise unterhaltsam, letztendlich aber enttäuschend.