gerade angefangen: Susie Bright: "Big Sex - Little Death. A Memoir"
Erzähl mal wie das ist, wenn du durch bist.
Bluerps
Ok, Buch hab ich inzwischen durch (eine Woche lang mit einem
BÜP in Salzbergen sein hat seine Vorteile
):
Der Untertiel "A Memoir" paßt definitv, weil es für eine Autobiographie zu episodisch bleibt (z.B. erwähnt sie IIRC mit keinem Wort "Bound", geht aber über zwei Seiten auf die Spielplatzsezene aus "Chasing Amy", der von einem ihrer alten Kumpel produziert wurde, ein).
Der Anfang des Buches ist eigentlich noch recht straff, und verbindet sowohl persönliche Sachen (eigene Erfahrungen, die Familiengeschichten mütterl. und väterl.-seits) mit Mentalitäts- und Zeitgeschichte. Dabei spielt ihre Mutter eine dominierende Rolle, die auf der einen Seite sowohl Rollenvorbild (unabhängige, selbstbewußte Frau mit Collegeabschluß, die sich von niemanden vera''''en läßt und den Bildungshunger ihrer Tochter aktiv unterstützt), aber auch Schreckensgestalt (manisch-depressiv und gewaltätig - an einer Stelle wundert sich Bright, was für die schlimmer war, die Wutausbrüche ihrer Mutter zu ertragen, oder sie sofort hinterher trösten zu müssen) war.
Im Gegensatz dazu erscheint ihr
Vater als ziemlich coole Sau (der, während seines Altphilologiestudiums, ziemlich der einzige Hetero der Fakultät war und deshalb das Comming-out seiner Tocher, ebenso wie seine Ex-Frau, wesentlicher gelassener aufgenommen hat, als Bright selbst - leider erwähnt sie die Geschichte nur in einem Nebensatz
). Ihre Stiefmüter kommen bei all dem bestenfalls als Stichwortgeberinnen vor. Und das Kapitel über ihre
Tochter ist auch eher knapp, und es geht auch eher darum, daß sie sich bei der Erziehung nicht zu sehr von den Erinnerungen an ihre Mutter beeinflussen lassen will.
Leder zerfasern mir die Kapitel über die 1970er (als sie zuerst bei der linken "
The Red Tide" Schülerzeitung, und später für die
International Socialists unterwegs war, während sie etwa bei Mac Donald's oder in der Einkaufsabt. eines Warenhauses für den Lebensunterhalt jobbte) etwas zu sehr.
Zwar sind die einzelnen Episoden alle interessant (z.B. wie sie, wegen "Abweichlertum" aus der IS rausfliegt), aber der verbindende Faden fehlt mir dabei (obwohl das vielleicht für die Erlebnisse einer 17 - 21 jährigen paßt
)
Die Kapitel über "
On Our Backs" (Brights Version der Geschichte hier:
http://susiebright.blogs.com/History_of_OOB.pdf - definitiv NSFW) fand ich medienwissenschaftlich interessant, allerdings war IMHO die Art, wie sie ihre Kritikerinnen - vor allem
Andrea Dworkin und
Catharine MacKinnon - abbürstet (das Kapitel heißt auch "Les Belles Dames sans Merci") nicht besonders tiefgehend. Ihre Kritik an beiden läuft zu sehr auf "Die haben sich an die Mächtigen (= Mitarbeit an Anti-Pornographie-Gesetzen) und die Puritaner (= Fernsehprediger übernehmen ihre Rhetorik) verkauft" hinaus. Zwar versucht sie das auch zu relativieren, indem sie z.B. Dworkins "Fire and Ice" lobt. Aber ob die so begeistert gewesen wäre, mit de Sade verglichen zu werden, bezweifel ich mal. Und der Hinweis, daß sich MacKinnon von einer Butch aus Brights Nachbarschaft hat abschleppen lassen, ist vielleicht nett gemeint, muß aber nicht so rüberkommen
Fazit: Viele nette Episoden, die teilweise aus eine Brüder Coen Film (z.B. eine Autofahrt mit einem stockbesoffenen Vietnam-Veteran, der sich als durchgeknallter Rassist rausstellt, am Steuer oder ein IS Parteitag in einem von einer erzkonservativen Veteranenorganisation angemieteten, und dementsprechend dekorierten Halle) stammen könnten, viele interessante Fakten über das Leben ihrer Großeltern in den 1930ern, und die Folgen der Weltwirschaftskrise (Armut, Alkoholismus und Vernachlässigung auf mütterl. Seite, bescheidender Neuanfang in Kalifornien auf väterl. Seite). Alles eher eine Zwischenbilanz, als eine umfassende Darstellung von Brights Leben oder ihrer Zeit.