Immer noch Lady Gregory's Complete Irish Mythology. Wobei ich inzwischen sehr fasziniert von der Entwicklung bin, die die irischen Mythen über die Zeitalter hinweg durchgemacht haben.
Die ältesten Sagen über die Tuatha de Danaan waren nichts weiter als Verherrlichung des Faustrechts. "Der Stärkste ist der Beste und wem er was auf's Dach gibt, der hat's verdient!"
Der spätere Sagenkreis um die Fianna beinhaltete schon nachdenkliche Töne. Finn McCool, der heldenhafte Anführer der Fianna, lässt sich mit fortschreitendem Zyklus immer mehr von Eifersucht, Rachsucht und vergleichbaren Begierden leiten. Dabei wendet er sich sogar gegen Freunde und treue Gefolgsleute. Hier wird erstmals thematisiert, dass der Starke und Mächtige auch ungerecht handeln kann.
Inzwischen bin ich im Ulster-Zyklus um den Helden Cuchulain, der im 1. nachchristlichen Jahrhundert entstand. Und hier ist die Moral der einzelnen Geschichten immer wieder, dass es nicht Stärke allein ist, die einen Helden ausmacht (obwohl auch Cuchulain als ziemlicher Superheld aufgebaut wird), sondern dass er sein Wort hält und treu zu Freunden und Familie steht. Unter anderem begegnen wir hier auch erstmals einem König, der dafür gerühmt wird, dass er die Schwachen beschützt.
Mein Eindruck: Über die Jahrhunderte hinweg haben Ethik und Moral der irischen Kelten einen erheblichen Wandel durchgemacht, der sich auch in ihren Mythen niederschlägt. Wahrhaft faszinierende Lektüre!
[EDIT: Grammatik]