Soeben fertig gelesen: "Prinzipat", Band 1 der "Skiir"-Saga von Dirk van den Boom. (Preisgekrönt mit dem Deutschen Science Fiction Preis 2017)
Handlungshintergrund: Anfang des 22. Jahrhunderts wurde die Erde in einer außerirdischen Invasion unterworfen. Die Eroberer waren die Skiir, ein Volk von Insektoiden, die bereits ein riesiges Imperium beherrschen. Zwei Jahrhunderte nach der Invasion steigt die Erde zur vollwertigen Mitgliedswelt auf. Eine Delegation der Erde reist zur Hauptwelt der Skiir, um die Menschheit im Parlament des Imperiums zu repräsentieren. Allerdings wird kurz vor Antritt der Reise ein Delegationsmitglied ermordet und es kristallisiert sich nach und nach heraus, dass dieser Mord zu einer größeren Verschwörung in der Führungselite der Skiir gehört.
Mein Gesamturteil: Nicht schlecht, aber da ist noch Luft nach oben.
Das Imperium der Skiir ist liebevoll ausgearbeitet, gut durchdacht und angenehm klischeefrei. Zwar haben sich die Skiir die absolute Macht gesichert und können durch kein Kontrollgremium zur Rechenschaft gezogen werden; doch achten sie darauf, ihre unterworfenen Völker bei Laune zu halten, indem sie ihnen einen glaubwürdigen Anschein von Mitbestimmung einräumen und sie kontrolliert an Technologie und Wohlstand des Imperiums teilhaben lassen. Die Skiir selbst bilden keine gesichtslose Masse, sondern man lernt verschiedene Individuen kennen, von denen einige machtgierige Unterdrücker sind, wohingegen andere ehrenhaft und verantwortungsvoll für die unterworfenen Völker eintreten.
Leider schien der Autor den Ehrgeiz zu haben, das gesamte Imperium auf einmal vorzustellen. Bei der Fülle der auftretenden Charaktere hätte ich mir irgendwann ein Glossar mit Mindmaps gewünscht, um noch den Überblick zu behalten. Das Springen zwischen verschiedenen Handlungssträngen, die Lichtjahre voneinander entfernt spielen, sorgt letztlich dafür, dass keiner dieser Stränge je Tempo aufnehmen kann. Zwar beherrscht der Autor im Gegensatz zu den meisten anderen den Aufbau von Cliffhangern, doch verpufft ihre Wirkung (zumindest für mich) darin, dass man in der Wartezeit bis zur Auflösung von zu vielen verschiedenen anderen Handlungssträngen verwirrt wird. Das Buch verheddert sich in seiner Komplexität.
Auch schien dem Autor bei den unterworfenen Alienvölkern schnell die Fantasie auszugehen. Von ihrem Äußeren her schön ausgeschmückt, fühlen sie sich von der Mentalität her alle an wie Europäer. Heutige Araber, Japaner oder Kameruner wirken auf mich fremdartiger als die in diesem Roman auftretenden Auleli, Borka oder Darithi. Letzten Endes blieben die Charaktere alle etwas flach und oberflächlich; eine Beziehung habe ich zu keinem von ihnen aufgebaut.
Positiv hervorheben möchte ich die ausgewogene Stimmung, die für mich eine angenehme Abwechslung vom derzeitigen Grimdark-Mainstream darstellte. Das Imperium der Skiir stellt keine der üblichen Dystopien dar, sondern besitzt funktionierende rechtsstaatliche Strukturen. Den blutigen Kampfszenen und finsteren Intrigen stehen entspannte und zum Teil auch humorvolle Sequenzen gegenüber.
Ich vergebe 3,5 von 5 Sternen.