Autor Thema: Warum einen Loser spielen?  (Gelesen 73965 mal)

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Offline GustavGuns

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #400 am: 18.01.2010 | 23:35 »
Ich habs grad nochmal spezifiziert...lies am Besten nochmal meine letzten 4 Posts, wenn sich dann keine Klarheit einstellt, erkläre ich es gerne nochmal.
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Offline Zornhau

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #401 am: 18.01.2010 | 23:37 »
Wie darf man sich das konkret vorstellen? Sagst du den betreffenden Spielern, dass sie "Arschlöcher" sind, oder umschreibst du das höflich?
Ich sage meist nur, daß sie einfach GEHEN sollen. Ich sage ihnen, was mir an ihrem Verhalten nicht paßt, daß es jetzt reicht, und daß sie gehen sollen. - Und ich lasse körpersprachlich KEINEN ZWEIFEL, daß sie gehen WERDEN, selbst wenn sie halsstarriges Beharren zeigen sollen.

Nein, ich fange NICHT auch noch einen Nebenkriegsschauplatz an, indem ich sie direkt ins Gesicht beleidige - denn dann könnten sie auf die Idee kommen ewig lang zu streiten oder sonst irgendwie zu eskalieren.

Und NEIN, ich bin NICHT "höflich" im Umgang mit diesen Störenfrieden, sondern ernst, bestimmt, und AGGRESSIV.

Offline Benjamin

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #402 am: 18.01.2010 | 23:40 »
Sorry, GG. Ich meinte "Sobald ich die Hindrances kenne ...".
Trotzdem danke fürs klarstellen.

Achamanian

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #403 am: 18.01.2010 | 23:45 »
The reluctant hero is typically portrayed either as an ordinary person thrust into extraordinary circumstances which require him to rise to heroism, or as a person with extraordinary abilities who nonetheless evinces a desire to avoid using those abilities for the benefit of others. (Übrigens die Grundstruktur vieler der von Dir angesprochenen Geschichten, die Du ausdrücklich vermeiden wolltest.)

EDIT/ Falls der Archetyp gemeint war, so hat der eine Entwicklung, auch in seine Power, oder wie immer Du es nennen willst. Falls dieser Archetyp nicht gemeint war: Bitte nur entsprechend gerundete Dinge als "Rad" bezeichnen.

"Heroism" heißt ja nicht, dass man über legendäre Fähigkeiten verfügt, es bezeichnet eine Art von Verhalten. Ein einbeiniger taubstummer Idiot mit Sonnenallergie ist ein Held, wenn er ein kleines Kind aus einem brennenden Auto rettet.
In diesem Sinne können Loser (also Charaktere mit schlechten Werten) ohne Probleme heldenhaft sein, selbst, wenn sie nur "kleine" Heldentaten vollbringen. Das Buffy-RPG mit den White Hats wurde ja schon aufgeführt - Xander in Buffy ist auch ein Held, ganz ohne legendäre Fähigkeiten.
Meine Hexe geht etwa in die Richtung: Natürlich begeht sie auch zunehmend heldenhafte Taten, weil ihr gar nichts anderes übrig bleibt. Das heißt aber nicht, dass sie sich an die legendären Fähigkeiten der anderne heranarbeitet oder so was. Sie bleibt zweite Garde, und - obwohl Heldin - im Gruppenzusammenhang eine Loserin, ein Xander.

EDIT: ich denke, das Problem liegt darin, dass man die Formulierung "rise to heroism" nicht auf Rollenspiel und Levelling übertragen kann.
« Letzte Änderung: 18.01.2010 | 23:58 von Achamanian »

Offline SeelenJägerTee

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #404 am: 18.01.2010 | 23:53 »
Ich würde sogar folgende These aufstellen.
Desto weniger Tolle Fähigkeiten desto einfacher Heldenhaft zu sein.

Wieso: Ist Mr Asbest heldenhaft wenn er in ein Brennendes aus rennt um ein Kind zu retten? - Nein irgend wie nicht.
Ist aber Thomas Müller von der Freiwilligen Feuerwehr heldenhaft wenn er das gleiche tut?

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #405 am: 19.01.2010 | 00:06 »
@Achamanian: es ging darum, daß Du einen seit Jahrzehnten fest definierten Begriff verwendest, der daher überhaupt nicht für Deinen Gedankengang geeignet war und störend herausstach. Es wird schwer, miteinenader zu reden, wenn Deine Räder fünfeckig sind.

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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
Auf Diskussionen, was im Rollenspiel realistisch ist und was nicht, sollte man sich nie unter gar keinen Umständen absolut gar überhaupt vollständig nicht einlassen.

Achamanian

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #406 am: 19.01.2010 | 00:14 »
@Achamanian: es ging darum, daß Du einen seit Jahrzehnten fest definierten Begriff verwendest, der daher überhaupt nicht für Deinen Gedankengang geeignet war und störend herausstach. Es wird schwer, miteinenader zu reden, wenn Deine Räder fünfeckig sind.

Back to topic.
 


OT: ich kenne den Begriff, nur meine ich, deine Auslegung der Definition ist viel zu eng. Han Solo ist z.B. ein reluctant hero, sein rise to heroism findet aber nicht durch eine Steigerung seiner Fähigkeiten statt (er ist am Anfang kompetent und am Ende, das nimmt sich nix). Genauso gibt es Figuren, die zum Helden werden und dabei in ihren Fähigkeiten Loser sind und bleiben.

EDIT: Also warum die Patzigkeit mit den fünfeckigen Rädern? Ich dachte, wir sind in diesem Thread gerade aus dem Stadium raus, wo wir einander als Idioten beschimpfen?

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #407 am: 19.01.2010 | 00:20 »
Ich gebs auf.

Unhöflich, also:

1) Nicht "meine" Definition, sondern die aus dem Monomyth.
2) Ob zu eng ist vollkommen unerheblich. Sie ist anerkannt. Wenn sie Dir zu eng ist, benutze den Begriff nicht.
3) Ausgerechnet Hans Solo als Gegenbeispiel ist albern - er ist der reine Archetyp nach dieser engen Definition, zweiter Teil.
« Letzte Änderung: 19.01.2010 | 00:33 von Tearmaster »
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Achamanian

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #408 am: 19.01.2010 | 00:32 »
Ich gebs auf.

Schlauer ist das.

Offline Hróđvitnir (Carcharoths Ausbilder)

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #409 am: 19.01.2010 | 00:33 »
Sieh eins obendrüber.
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Zitat von: korknadel
Rollenspiele sollen bei Dir im besten Fall eine gewisse Schwermut, Resignation und Melancholie hervorrufen.

Zitat von: Dolge
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Eulenspiegel

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #410 am: 19.01.2010 | 00:44 »
Naja: Han Solo ist ein extrem mächtiger Charakter, verglichen mit einem Zivilisten. Aber Han Solo ist ein Schwächling, verglichen mit den Jedi-Rittern.

Und das gleiche gilt ja im Prinzip für die Hexe: Sie ist magiebegabt und damit der einfachen Bevölkerung überlegen. Aber sie ist ein Schwächling verglichen mit den anderen SCs.

Aber das ist wirklich OT. (Und da ich mich mit den literarischen Begriffen sowieso nicht auskenne, können wir den Hexen-SC auch gerne anders nennen.)

Offline GustavGuns

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #411 am: 19.01.2010 | 01:01 »
Um auf mein Thema zurückzukommen, noch mal eine Frage an ZORNHAU:

Der Harrowed Gunslinger, dessen Spieler so am Rad gedreht hat - hatte der unter Umständen einen oder sogar mehrere der Flaws "Blutrünstig", "Dickköpfig", "Gemein wie eine Klapperschlange", "Irre" und "Rachsüchtig"? So etwas könnte einen unbedarften Spieler bei einem vorbereiteten Charakter (der auch noch Harrowed ist) dazu bringen, den selben etwas gruppenuntauglich zu spielen. Besonders, wenn man als SL vorher nicht erwähnt, dass diese Flaws für die am Tisch erwünschte Spielweise rollenspieltechnisch keine Auswirkungen haben sollten.

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Offline Zornhau

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #412 am: 19.01.2010 | 01:25 »
Um auf mein Thema zurückzukommen, noch mal eine Frage an ZORNHAU:

Der Harrowed Gunslinger, dessen Spieler so am Rad gedreht hat - hatte der unter Umständen einen oder sogar mehrere der Flaws "Blutrünstig", "Dickköpfig", "Gemein wie eine Klapperschlange", "Irre" und "Rachsüchtig"?
Nein. - Wir hatten Deadlands:Reloaded gespielt, der Charakter hatte Wanted (for Murder in the CSA) (das Szenario war in den Disputed Territories angesiedelt), Death Wish (den Reckoners einmal richtig was heimzuzahlen, bevor er stirbt), Grim Servant of Death (hat in DL:R klare, mechanische Auswirkungen (nicht so schwammige wie in DL Classic) mehr Schaden, höhere Chance Innocent Bystanders zu erwischen).

Es GIBT Con-Szenarien, bei denen ich ein Spieler-gegen-Spieler-Vorgehen wünsche, bei denen die SCs so aufgestellt sind, daß es jede Menge Konfliktmaterial gibt, was die Spieler gegeneinander auf den Tisch bringen können. - Bei diesem Szenario waren die äußeren Probleme mit dem Ermitteln unter "unübersichtlichen Verhältnissen" so schwierig, daß ich KEINE gruppenintern Konflikte auslösenden Charaktereigenschaften vorgesehen hatte. - Die hatte dann auch keiner der SCs (auch nicht die Gitarren-Edel-Prostituierte).

Manche Hindrances könnten von Luschen-SPIELERN als "Entschuldigung" im Sinne von "Mein Charakter ist halt so"-Geplärre für gestörtes und störendes Spiel herangezogen werden. - Das kenne ich schon. Jemand mit Mean und Bloodthirsty benimmt sich als MEGA-ARSCHLOCH der gesamten Gruppe gegenüber.

Nur, hier gilt: Mach Deinen Charakter so interessant, daß Dich die anderen Mitspieler auch dabei haben wollen. - Solche Charaktere, die allen auf die Nerven gehen, sind in Kampagnen-Runden schnell draußen. - Eventuell bekommt der Spieler eine Chance den Charakter zu ändern, seine Spielweise mit einem neuen Charakter zu ändern, oder auch nicht. Dann muß er GEHEN.

Offline GustavGuns

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #413 am: 19.01.2010 | 02:19 »
Hm, gut, dann war er wohl einfach ein Psycho.

Man kann diese Probleme mit den Flaws natürlich (zumindest bei vorbereiteten Charakteren) einfach dadurch umgehen, indem man der Gruppe schon auf den Charakterzettel schreibt, dass sie schon seit 1-2 Jahren miteinander unterwegs sind und sich also kennen, und den Charakteren am Besten auch gleich Verhalten und Störungen der Mitspieler auf den Zettel schreiben.

Rein grundsätzlich bin ich aber der Meinung, Charaktere mit sagen wir mal mindestens 2 von den Flaws aus meiner Liste oben sind normalerweise Arschlöcher, und eine Gruppe die sie neu kennenlernt wird ihre liebe Mühe mit ihnen haben. Das hat meines Erachtens auch nichts mit Allüren des Spielers zu tun, sondern ist eine objektive Betrachtung von dem, was zu den Flaws im Buch steht.

Wenn ein SL so etwas nicht haben will, sollte er sich, um sicher zu gehen, bei Kenntnis des Systems grade die Flaws des Charakters gut durchlesen und sich eventuell erkundigen, wie der Spieler so etwas auszuspielen gedenkt (wenn überhaupt).
« Letzte Änderung: 19.01.2010 | 02:22 von GustavGuns »
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Offline Grey

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #414 am: 19.01.2010 | 09:53 »
"Warum will jemand so einen Char spielen?"
Was in meinem konkreten Fall den Reiz an meinem Chronisten ausgemacht hat:
  • Ich konnte, während die anderen "heldenhaft" agierten, ohne Reue hinten bleiben (von den anderen kam sogar die ausdrückliche Aufforderung "Bleib hinten!") und in Ruhe mitschreiben, was gerade passierte.
  • Ich war trotzdem ins Spiel involviert. Ich konnte Ideen beisteuern und mußte, wenn es hart auf hart kam, um mein Leben strampeln wie jeder andere auch.
  • Ich hatte hinterher ein schönes, kleines, auch ingame existentes(!) Kunstwerk in der Hand. Meine Chronik unserer Kampagne ruht jetzt als Büchlein in meiner Trophäensammlung. Am meisten ans Herz gewachsen sind mir die Seiten, die z.B. mit einem geschwungenen Strich mitten im Satz abbrechen, weil direkt vor mir ein 100m langer Wurm aus dem Sumpf auftauchte und ich erst mal alles fallenließ und rannte. ;) Sprich: was passiert ist und wie es passiert ist, läßt sich nicht nur an meinen Worten ablesen, sondern am Zustand des Büchleins insgesamt.
  • Die Szenen, in denen die anderen dem "nutzlosen kleinen Schreiberling" den Arsch gerettet haben, waren rührende Höhepunkte der Kameradschaft. (Unser finsterer Hexer durfte sich nach einer solchen Aktion für den Rest der Kampagne von den anderen anhören, daß er wohl langsam weich wird. :D)
« Letzte Änderung: 19.01.2010 | 10:02 von Grey »
Ich werd' euch lehren, ehrbaren Kaufleuten die Zitrusfrucht zu gurgeln!
--
Lust auf ein gutes Buch oder ein packendes Rollenspiel? Schaut mal rein! ;)

Offline GustavGuns

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #415 am: 19.01.2010 | 14:11 »
Ein weiterer Versuch, zu erklären warum ich es interessant finde, Nachteile und Schwachstellen auszuspielen (das ist zugegebenermaßen nicht ganz das OT-Thema, ich denke aber, in diese Richtung hat sich zumindest meine Argumentationsstruktur entwickelt):

Vorteile und Stärken beziehen sich zumeist natürlich in einer positiven Art und Weise auf die Gruppe und die Umwelt. Sie sind zur Problemlösung geeignet. Sie bieten wenig Anschluss für Charakterentwicklung. Sie beziehen nur selten den Rest der Gruppe mit ein.

Nachteile und Schwächen dagegen beziehen sich zumeist in einer negativen Art und Weise auf die Gruppe und die Umwelt. Sie sind dazu geeignet, mehr oder weniger plotunabhängig Probleme zu schaffen oder existierende Probleme zu vergrößern. Sie beziehen im Optimalfall den Rest der Gruppe mit ein. Bewußtes "Versagen" von Charakteren entweder in ihrer Gruppenfunktion oder auf einer "menschlichen" Ebene zwingt zur Improvisation. Das normale Abenteuer geht schließlich davon aus, dass eine Spielergruppe die Herausforderungen meistert, dass sie "funktioniert".

Ich stelle jetzt einfach mal eine Theorie auf, die man mir gerne mit Kritik beliebig zerschießen soll. Ich habe aber den Eindruck, hier kristallisiert sich vielleicht grade eine Struktur von verschiedenen Gruppentypen heraus.

Gruppentyp 1 erwartet bei der Entwicklung eines Rollenspielplots einen klaren Gegensatz Spieler/Spielleiter. Der Spielleiter behält gegenüber der Runde eine relativ klare Rolle als Person, die Problemstellungen aufbaut und die Anlaufstelle für Input und Output aller Spieler ist. Das hat für den SL viele Vorteile, unter anderem dass die Zeitstränge des Abenteuers vom SL weit besser überblickt werden können und er auch etwas weniger zu spontaner Improvisation gezwungen wird (etwas weniger ist natürlich immer noch einiges, wir kennen alle die durchschnittliche Spielrunde). Der Grad der Interaktion und des Einflusses von Spielern auf das Spielgeschehen ist hier aber niedriger als in Gruppentyp 2.

Gruppentyp 2 verlangt nicht so einen klaren Gegensatz Spieler/Spielleiter bei der Entwicklung des Plots. Wenn Spieler glauben, über ihren Charakter eine interessante Szene gestalten und die Mitspieler zur Reaktion zwingen zu können, wird das positiv gesehen. Auch wenn Spieler eine vom SL vorbereitete Szene umgestalten, versucht der SL darauf zu reagieren und das Abenteuer anzupassen. Obwohl der SL immer noch die zentrale Anlaufstelle für In- und Output ist, kann in vielen Momenten ein Spieler durch seine Aktionen den Plot drastisch verändern und so kurz- bis mittelfristig dem SL bis zu einem gewissen Grad "die Zügel aus der Hand nehmen". In wenigen Momenten kann der Spieler mit den Aktionen seines Charakters den Plot vollkommen umstoßen und in eine ganz neue Richtung lenken. Der Vorteil dieser Spielweise ist ein durch den größeren Einfluss viel dynamischerer Plot. Die Nachteile sind potentiell viel unübersichtlichere Zeitstränge und weit mehr Bedarf zur Improvisation.

Ich bin mehr oder weniger mit der zweiten Art der Gruppe aufgewachsen und habe sie von vielen meiner Mitspieler als "idealisierten" Typus einer Rollenspielrunde kennengelernt. Daher sicher meine Vehemenz auch bei der Verteidigung des Ausspielens von Schwächen am Spieltisch. Denn grade Schwächen eignen sich dazu, den Charakteren die (Mit-)Gestaltung von Szenen zu ermöglichen.
Dass es Leute gibt, die so etwas als Belästigung empfinden, war mir im Moment gar nicht wirklich im Bewußtsein, und darum finde ich den Faden hier auch sehr interessant.
« Letzte Änderung: 19.01.2010 | 14:19 von GustavGuns »
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Offline Benjamin

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #416 am: 19.01.2010 | 14:16 »
Plot umschmeißen: Du meinst so wie Zornhaus Psycho? Wo man plötzlich "Erschießt den Psycho im Knast" statt "Löst den Fall" spielen muss?

Nachtrag: Nehmen wir einfach an, er hatte die passenden Nachteile.

Offline SeelenJägerTee

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #417 am: 19.01.2010 | 14:27 »
@Rotzi
Was wenn der Kleptomane genau bei dem wichtigen Informanten klaut?
Der wird dann möglicherweise nicht mehr so gerne die Informationen raus rücken.

Das Zwingt den SL zu einigen Reaktionen: a) Er muss den eigentlich von ihm als freundlich gesonnen gedachten NSC jetzt zum Gegner der Gruppe werden lassen (ich meine nicht im Sinne von Kampf) oder aber eine plausible Erklärung finden warum er ihnen TROTZDEM hilft.
b) Ohne die Informationen ist das Abenteuer u.U. nicht lösbar. Nun muss sich der SL entweder ausdenken wo er die Infos anderweitig platziert damit sie die Gruppe doch noch bekommt ODER was für Folgen das Scheitern in der Spielwelt haben wird.


Anderes Bsp.: Der Ritter mit Nachteil "Liebestoll" verknallt sich in die Prinzessin nach dem er sie aus dem Drachenhort befreit hat. Anstatt sie zum König zurück zu bringen brennen die beiden durch um in wilder Ehe fortan zusammen zu leben.


Bsp 3: Der "Held" mit Nachteil "Machtbesessen" zerstört nicht die Weltuntergangsmaschine von Dr. Evil nach dem er diesen besiegt hat. Nein ab sofort erpresst ER die Welt um 1 Million Dollar.

Achamanian

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #418 am: 19.01.2010 | 14:33 »
Plot umschmeißen: Du meinst so wie Zornhaus Psycho? Wo man plötzlich "Erschießt den Psycho im Knast" statt "Löst den Fall" spielen muss?

Nachtrag: Nehmen wir einfach an, er hatte die passenden Nachteile.

Ich habe den Eindruck, dass Conrunden einfach ein schlechtes Beispiel dafür sind, dass eigenwillige Loser-Charaktere auch als Teil einer Gruppenkonstellation funktionieren können. Ich habe noch nie in einer Conrunde gespielt, aber Voraussetzung ist doch wohl, dass man sich da sehr viel stärker auf die Vorgaben ders SL einlässt, oder? Es ist ja keine Zeit, explizit oder implizit irgendeinen Gruppenkonsens auszuhandeln, man kann auch nicht erstmal 3 Sitzungen lang rumprobieren, wie das läuft ... deshalb fällt der Aushandlungsprozess weg. Der SL bestimmt den Gruppenkonsens in Form eines möglichst klaren Angebots ("Wir machen mal eine Runde, damit ihr das Encounter-System von D&D 4 kennenlernen könnt.") Wer da querschießt nervt.
Allerdings: Wenn ein SL auf einem Con ein Intrigenabenteuer bei Hof anbietet ("Es geht um Eitelkeit, Diplomatie, Rufmord und Giftmord") und einer mit einem ausgemaxten Krieger auftaucht, der jeden zu Brei schlägt, der ihm krumm kommt, ist das doch genauso ein Nervbolzen, oder?

Um das mal in Form zweier "Geschichtentypen" aufzudröseln:

Geschichte 1 (Con-geeignet): "Wie der Drache Fafner besiegt und sein Schatz geraubt wurde." Bei sowas nerven Loser-Charaktere, weil sie nichts oder nur wenig zu der in dem Satz zusammengefassten Geschichte beitragen.

Geschichte 2 (wahrscheinlich kaum Con-geeignet): "Was Berit, Knarf und Salandriel widerfuhr, als sie nach ein paar Bier zu viel auf die tollkühne Idee verfielen, den Hort des Drachen Fafner zu plündern." Da ist ein Loser-Charakter tendenziell kein solches Problem, weil es eben auch Teil dieser Geschichte ist, wie Knarf im Dunkeln von den andern getrennt wurde, mit Mühe und Not von hinten einen Gobin zur Strecke brachte, sich mit dessen Rüstung verkleidet in den Hort schlich und dabei schon mal den Fluchtweg auskundschaftete, während Berit und Salandriel gegen den Drachen kämpften.

Offline Teylen

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #419 am: 19.01.2010 | 14:34 »
Gruppentyp 1 erwartet bei der Entwicklung eines Rollenspielplots einen klaren Gegensatz Spieler/Spielleiter.
Ich denke das auch Gruppen ohne die klare Hirachie hinsichtlich des Plots sich an Luschen-Spielrern stoeren koennen. Zumal der Einfluss der Spieler dort m.E. nicht geringer ist. Weder hinsichtlich der allgemeinen Handlungen noch in Bezug auf den Plot.

Zitat
Gruppentyp 2 verlangt nicht so einen klaren Gegensatz Spieler/Spielleiter bei der Entwicklung des Plots. Wenn Spieler glauben, über ihren Charakter eine interessante Szene gestalten und die Mitspieler zur Reaktion zwingen zu können, wird das positiv gesehen.
Wird es das? Also nach meiner Erfahrung nach konnte die Runde noch so frei sein es hiess immer: Finger weg von Mitspieler Charakteren. Ganz besonders wenn man kein Spielleiter war. Wenn man die Finger an Mitspieler Charaktaere legen durfte dann ueber ordentlich ausgearbeitete Intrigen oder dergleichen.
Sicherlich Nicht in dem man seinen Mitspielern einen *eigenen* Nachteil den man *selbst* bekommen hat fuer den man *Boni bekam* anderen als Fremd-Nachteil rein wuergt.

So etwas ist doch schlicht gecheated?
Ebenso masst man sich doch dann an, eigenstaendig, die Entscheidung der anderen Spieler zu entmachten. Und das jetzt ohne irgendwelchen Bennie handel sondern einfach weil das eigene Ego entsprechend expandiert ist?

Zitat
In wenigen Momenten kann der Spieler mit den Aktionen seines Charakters den Plot vollkommen umstoßen und in eine ganz neue Richtung lenken.
Im Falle Zornhaus wurde es nicht in eine neue Richtung gelenkt sondern lediglich jedes Verfuegbare Spotlight auf die Luschen-Chars gerichtet?

Zitat
Der Vorteil dieser Spielweise ist ein durch den größeren Einfluss viel dynamischerer Plot. Die Nachteile sind potentiell viel unübersichtlichere Zeitstränge und weit mehr Bedarf zur Improvisation.
Dynamisch war der Beispiel Plot nun durch die Aktionen nicht geworden, eher das Gegenteil, und die Zeit bleibt doch auch stringent? Oder geht es soweit das die Chars munter Sachen in der Vergangenheit veraendern duerfen und die Zukunft definieren?
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Offline GustavGuns

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #420 am: 19.01.2010 | 14:47 »
Plot umschmeißen: Du meinst so wie Zornhaus Psycho? Wo man plötzlich "Erschießt den Psycho im Knast" statt "Löst den Fall" spielen muss?

Nachtrag: Nehmen wir einfach an, er hatte die passenden Nachteile.

Die Sache mit Zornhaus Psycho ist natürlich ein extremer Fall. Im Endeffekt muss ich aber zugeben, die Antwort lautet auch in dem Fall: Ja. Für den SL ist das natürlich in der Tat ein harter Klotz, der ihm in den Weg geworfen wird. Er muss jetzt entscheiden, ob Teile seines Originalplots noch zu retten sind oder eben nicht, und wie er aus den Trümmern des momentanen Plotstrangs etwas spannendes Neues entwickelt. Im Falle einer Gruppentyp 2 Runde können diese Anregungen aber auch von den anderen Spielern selbst kommen.

Ein Großteil der Leute, mit denen ich viel gespielt habe (und auch ich), hätten sich aber auch auf die "Erschieß den Psycho"-Szene gestürzt und viel Spaß daran gehabt.
Genau deshalb fand ich die Konstruktion der verschiedenen Gruppentypen hier halt auch angemessen. Gruppentyp 2 rennt mit einem Jippie-Kay-Yo-Schweinebacke in das Sherriff Office und knallt den Harrowed Gunslinger ab wie einen tollwütigen Hund. Der Bürgermeister dankt ihnen vorsichtig, ruft aber die Pinkertons/Marshals in die Stadt. Paar Tage später treffen sie ein und beginnen, unangenehme Fragen zu stellen. Der Spieler mit dem Harrowed kriegt entweder nen neuen Charakter oder ist draussen.
Unter Umständen hätten sie ihn vielleicht auch befreit und in einem tollkühnen, tagelangen Ritt aus dem Staat gebracht, und der SL hätte ihnen Marshals/Pinkertons und eine Posse aus der Stadt hinterhergehetzt, bis das Ganze in einem Canyon vor der Staatsgrenze in den finalen Shootout mündet. Abenteuer zuende, die Spieler sind jetzt alle "Wanted" oder mehr "Wanted", alle haben Spaß gehabt.

Gruppentyp 1 hingegen ärgert sich, weil der spannende Plot im Arsch ist/schwerer wird weil man Zeit verloren hat, und man jetzt voll lange gebraucht hat, um diesen Egotrip aufzulösen. Man geht wieder zurück zum Originalplot.

« Letzte Änderung: 19.01.2010 | 14:49 von GustavGuns »
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Offline Yerho

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #421 am: 19.01.2010 | 14:49 »
Spielt eigentlich noch jemand "Entwicklungs"-Rollenspiel, also wo die ganze Gruppe als Loser beginnt und sich erst steigern muss? Ich habe das Gefühl, als hätte es sich irgendwie eingebürgert, dass die Gruppe - selbst wenn sie auf, gemessen am jeweiligen System, niedrigem Level startet - doch schon aus recht patenten Charakteren besteht, was vermutlich daran liegt, dass erfahrene Spieler nicht beim Urschleim anfangen wollen, selbst wenn sie neue Charaktere generieren.

(Was schon fast zum Diskurs überleitet, ob der Rollenspieler-Nachwuchs fehlt. Muss aber jetzt nicht sein.)
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Offline Wolfmoon

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #422 am: 19.01.2010 | 14:52 »
Ich spiele mit 'ner Gruppe von Anfängern. Das ganze startete natürlich auf Level 1... :)
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Offline Teylen

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #423 am: 19.01.2010 | 14:53 »
Spielt eigentlich noch jemand "Entwicklungs"-Rollenspiel, also wo die ganze Gruppe als Loser beginnt und sich erst steigern muss?
Ja.

Zitat
Ich habe das Gefühl, als hätte es sich irgendwie eingebürgert, dass die Gruppe - selbst wenn sie auf, gemessen am jeweiligen System, niedrigem Level startet - doch schon aus recht patenten Charakteren besteht, was vermutlich daran liegt, dass erfahrene Spieler nicht beim Urschleim anfangen wollen, selbst wenn sie neue Charaktere generieren.
Meine Gruppe schleimt erstmal gerne am unteren Ende der Skala rum und unsere einzige sorge ist das die Chars zu schnell zu maechtig werden koennten,...
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Offline GustavGuns

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Re: Warum einen Loser spielen?
« Antwort #424 am: 19.01.2010 | 15:07 »
Es gibt ja inzwischen wenige Systeme, in denen die Charaktere wirklich als Luschen beginnen. Meist ist mal ja "ein bisschen besser" als der Durchschnittsmensch. Der SL, der mich momentan hauptsächlich bespaßt, versucht aber schon uns am Anfang von Kampagnen ein klares Gefühl unserer relativen Bedeutungslosigkeit in den größeren Zusammenhängen zu geben, damit Platz für eine Entwicklung nach oben vorhanden ist.
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