Mal ganz ehrlich, wieviel Geld hast du in den letzten Monaten in neue Rollenspielregelwerke bzw. Zusatzregelwerke investiert? Ich selbst habe im letzten Jahr - wenn es hoch kommt - vielleicht mal gerade so... 10 Euro im Rollenspielladen meines Vertrauens gelassen. Und was investiert ein Neueinsteiger in den ersten Monaten?
Ja, ich gebe deutlich weniger Geld aus als in früheren Jahren, was aber auch daran liegt, das vieles, was heute in den Läden liegt, mich nicht mehr zu packen weiß, sowohl vom inhaltlichen als auch vom ästhetischen. Das meiste, was ich sehe, ist GROTTENSCHLECHT.
Wobei das immer noch nichts mit Komplexität zu tun hat. Nochmal: Detailgrad der Textur ungleich Komplexität.
Und bevor ein anderer auf den Bolzen kommt: Feinkörnige Spielmechaniken und Unmengen von Charakterbauoptionen ungleich Komplexität.
Komplexität ist für mich Reichhaltigkeit - an echten Entscheidungsmöglichkeiten, harten Fakten, verborgenen Geheimnissen, ablaufenden Entwicklungen, undsoweiter.
Ein Setting, das mich ansprechen soll, muss überquellen von diesen Dingen, und zwar so sehr, das ich auch beim dritten oder zehnten Mal noch nicht tatsächlich alle erfasst habe. Und nicht nur eine romantische Landschaftsstudie oder ein aus Kitsch und Klischees zusammengeklatschtes NDE - Setting ist.
Ein Regelwerk, das mich ansprechen soll, braucht dies nicht unbedingt, es braucht stattdessen WERKZEUGE, die meiner Inspiration Flügel verleihen - wie zuletzt Traveller, MechWarrior II (wohingegen ich Version III ab jetzt auf ewiglich ignorieren werde), AD&D, Mutant Future, Mazes & Minotaurs. Es muss die berühmte "Magic - in - a - Bottle" sein. Es muss mir ermöglichen und erleichtern, für meine Kampagnen meine eigene Komplexität zu erstellen.
Die Vergessenen Reiche unter 4E sind NICHT komplex. Sie wirken wie die Reisebeschreibungen eines Demenzkranken auf Steroiden. Sie sind inhaltlich leer, lieblos, und haben keine inspirative Kraft, man vergleiche es einmal mit "Abenteuer aus den Vergessenen Reichen" aus 2E und dem Kampagnenband der 3E, wo man mit Leichtigkeit komplexe Kampagnen draus hat erstellen können.
Ein weiteres Beispiel für gelungene, wahre Komplexität für ein Setting: Die alten BattleTech - Hausbücher, einen Schatz darf sie nennen, wer sie besitzt. (zum Vergleich: Die Field Manuals waren grottig, die Neuen schaffen es immerhin auf ein "befriedigend").
Wobei diese Dinge natürlich auch nur dann komplex sind, wenn SL und Spieler dies zulassen.