Ein Film bleibt hängen, wenn er richtig gut ist. Und ein Film bleibt hängen, wenn er richtig gut und zugleich richtig schlecht ist – so wie
„The Northman“, ,
aktuell auf ÖRRflix, in der ZDF-Mediathek, aus Gründen nur abrufbar zwischen 22 und 6 Uhr.
Auf der einen Seite ist dieser Film ein künstlerischer Einfühlversuch in was-immer-die-Autoren-für-Wikinger-like halten, und herausgekommen ist eine wüste Mischung aus Blut, Testosteron und Steroiden, aus fabulierten Fantasy-Heidenritualen und aus der in jeder Hinsicht misslungenen Fanfictionversion einer recht lahmen Rachegeschichte mit unsäglichen Dialogen, die vor Pathos nur so triefen. Einige echte Ergebnisse der Wikingerforschung, die eingewoben sind, können die Handlung nicht wirklich anreichern.
Dieser Film will so deutlich eine voremanzipatorische Geschichte erzählen, dass die Frauen ihren imaginierten Unterstatus nur dann etwas aufbrechen dürfen, wenn eine Frau als Königin die Sklavinnen zur Ankleide und Türenschließen befehlen. Oder wenn sie als Gefangene und Sklavinnen die heidnische Hexe in sich von der Leine lassen. Im Zweifel fügt sie sich dem nach Geschlechtsverkehr beliebenden Manne, aber mehr Handlungsoption als ein Fluch oder eine Intrige bleibt ihr als Frau nicht. So war das damals!
„Lass meine Worte der Wetzstahl Deines Schwertes sein!“*
Auf der anderen Seite sind da die (eigentlich) hervorragenden namhaften Schauspieler:innen, die Liste hört gar nicht auf: Nicole Kidman, Ethan Hawke, Anya Taylor-Joy, Willem Dafoe, Björk und Produzent und Hauptdarsteller Alexander Skarsgård. Sie alle legen sich ohne Hemmungen in Matsch, Blut und Dreck und versuchen redlich, den maximal gestelzten Dialogen Wahrhaftigkeit einzuhauchen, doch sie müssen an *diesen Worten scheitern. Häufig stieren sie bedeutungsschwer frontal zur Kamera, und Alexander Skarsgård muss gequält dreinschauend von filmplakattauglicher Pose zu Pose wechseln. Beim terminatorhaften Gehen biegt ihm die Bedeutungsschwere den Hals zum Buckel. Die Figuren gehen einem am Allerwertesten vorbei.
Der Regisseur ist auch Film-Produktionsdesigner, und wenn er eines kann, dann Film ausstatten: So gut hat für mich noch kein Wikingerfilm ausgesehen. Auch die Kameraarbeit ist fast immer sehr beeindruckend, wenn auch manchmal zu artifiziell. Woanders wirken ein paar „Assassin‘s Creed“-Einstellungen als Anleihen sicher modern, hier tragen sie aber nur zum kruden Mix bei. Dem sind ansehnliche, unbekleidete Rückansichten ästhetischer Menschen hinzuzufügen, aber auch das rettet das Gesamtbild nicht.
Herausgekommen ist eine wilde Mischung aus teils tollen Bildern und seltsam unentschlossener, halbvergorener Geschichte, wie ich mich nicht erinnern kann, sie schon mal gesehen zu haben. Hätten Drehbuch und Schauspielführung mehr mitgezogen, wäre das ein Film geworden, der hängen geblieben wäre, weil er gut ist.