Da täuscht dich deine Erinnerung: dass Bob auf Alpha-Männchen macht, war schon im ersten Teil ein Thema. Als er seinen Job verliert, redet er kein Wort mit seiner Frau darüber - es ist es ihm wichtiger als "der starke Mann" und Ernährer der Familie zu gelten, als seine Familie darüber zu informieren, dass sie jetzt vielleicht den Gürtel enger schnallen sollten. Und dann natürlich noch sein neuer Job bei Syndrome, welcher voll auf toxischer Männlichkeit fußt - nicht umsonst wird der Bezug zum Fremdgehen gesetzt.
Insgesamt passt das in Teil 2 also, allerdings denke ich, dass da noch mehr drin gewesen wäre: gerade die Tatsache, dass Helen als "Elastigirl" promoted wird und nicht als "Mrs. Incredible" hätte das Potential für eine starke Aussage bezüglich Geschlechterrollen in der Gesellschaft gehabt (Frauen müssen sexy, Single und jung ("girls") sein - eine verheiratete Frau mit mehreren Kindern wird von der Öffentlichkeit nicht als "Heldin" akzeptiert, usw.), aber leider vollzieht der Film diesen (mMn ziemlich naheliegenden) Gedankenschritt nicht.
Okay, ja der erste Teil ist bei mir eine ganze Weile her (damals auch im Kino). Aber das führt mich dann direkt zur Kritik an "Ralph Reicht's 2"... ich finde es immer ein wenig zu einfach, wenn man Konflikte, die man in einem Film aufmacht und sich daran abarbeitet, dann im nächsten Film gleich wieder aufmacht. Bzw... kann man schon, aber dann muss man das auch gut machen. Und da bin ich dann auch bei Alexandro: Die "Unglaublichen" geht da dann eben auch nicht weit genug und führt den Konflikt auch nicht so glaubhaft ein (zumindest nicht für mich, der ich die Grundsteine, die im ersten Film gelegt wurden, vergessen hatte... also auch für Zuschauer, die den Film nicht vorher kannten). Und ich finde der Film hat die äußeren Konflikte nicht so gekonnt mit den inneren Konflikten verbunden... in der Superhelden-vs-Schurken-Handlung ging es um etwas vollkommen Anderes und die Nebenhandlung mit Bob und Helen hat da nicht unbedingt gut mit reingespielt.
Mission accomplished.
Wieso muss in einem Kinderfilm alles Bedeutung haben und die Handlung voranbringen? Einfach nur mal zwischendurch ne Runde vergnüglichen Unsinn angucken ist nich weil darf nich?
Gegenfrage: Haben dann Kinder etwa kein Recht auf gute Geschichten, mit stringenten Handlungen, nur weil sie Kinder sind? Dieses
ist ja nur ein Kinderfilm ist doch eigentlich überhaupt die größte Beleidigung für minderjährige Zuschauer. Es gibt großartige Beispiele für Kinderfilme und -serien mit reichlich Unsinn und auch mal ein bisschen ziellosem Unsinn.
Gravity Falls ist ein gutes Beispiel. Und
Alles steht Kopf. Und das
Lego Movie. Alles teils zielloser Unsinn.
Aber
Chaos im Netz ist einfach so extrem durchgebrandet, hat mich aber überhaupt nicht abgeholt. Diese Art an zielloser Referenzen, nur um der Referenz wegen. Und dabei können Disney und Pixar eigentlich ganz gut Zuschauer abholen. Aber in diesem Fall habe ich mich einfach nicht gut unterhalten gefühlt... und, wie ich sagte, die Kinder im Kino auch nicht. Und dieser Slaughter-Song... puh, also die Disney-Renaissance zu verulken ist jetzt ja irgendwie auch Disneys
New Normal (und das kann auch gut gelingen, die Twists in "Frozen" fand ich zum Beispiel ziemlich gut gesetzt). Und ich habe auch nicht das Gefühl gehabt, den Slaughter-Song lauthals mitschmettern zu wollen, was eine inhärente Qualität der Disney-Songs
Und nur soviel: Ich mochte die Disney-Prinzessinen-Szene. Wirklich. Ich fand die toll. Und ich hätte mir die als ausgegliederten Kurzfilm gewünscht.
Und natürlich darfst du Spaß daran haben. Ich bin ja nicht die Kinopolizei. Und ich habe all diese Filme auch unter ganz anderen Gesichtspunkten angeschaut, als du, Sashael. Genau wie du dir, wahrscheinlich, "The Last Jedi" unter anderen Gesichtspunkten angeschaut hast, wie ich. Wenn ich jetzt komme und sage "Ja, mein Gott, ist halt ein Weltraum-Märchen... da darf so ein bisschen ziellos erzählter Unsinn drin sein.", dann würdest du mir doch auch nen Vogel zeige. Ist auch dein gutes Recht das zu tun.
Mir ging es nicht darum, einen möglichst vergnüglichen Nachmittag mit einem coolen Disney-Film zu haben (wär natürlich noch als Bonus oben draufgekommen). Ich habe mir all die Filme in Hinblick auf ihre Oscar-Qualitäten angeschaut. Und da zählen mich für mich Kriterien wie:
- Drehbuch
- Animation
- Artstyle
- Pacing
- Subtext
etc.
Ich finde nämlich nicht, dass die Frage ist "Darf mir ein Kinderfilm keinen Spaß machen?", sondern: Können Animationsfilme mehr sein als bloße "Kinderfilme". Ich beschäftige mich inzwischen ganz gerne mit dieser Filmgattung. Und ich finde in diesem Jahr sind wir erstmalig in der bequemen Situation, dass die zwei ästhetisch wertvolleren Animationsfilme ("Spiderman" und "Isle of Dogs"; vielleicht ist "Mirai" auch gut, weiß ich aber leider nicht) sich gute Chancen auf die Trophäe ausrechnen können. Und ich fände das ein wirklich wichtiges Signal, weil Animation sich eben nicht nur dadurch auszeichnet, dass sie "lustig" ist. Animation kann eben auch "ernstzunehmend" sein. Pixar macht das doch auch gerne selbst mal vor. Und das ist mir bei solchen Filmen eben wichtig und das darf mir auch wichtig sein. Und ich sehe als Erwachsener jetzt auch in der Rückblende diverse Disney-Filme meiner Kindheit anders ("Der Glöckner von Notre Dame" ist ein zu Unrecht verschmähter Disney-Film).
"Die Unglaublichen 2" ist kein schlechter Film (der Streifen zeigt gut, wie man Superhelden-Action darstellen muss), "Chaos im Netz" finde ich schon (oder, sagen wir's so, im Vergleich zu anderen Disney-Filmen äußerst schwacher).
Also, ich hab das unter ganz anderen Gesichtspunkten geguckt als du und andere hier am Board. Und mich hat "Chaos im Netz" jetzt in keinem Aspekt überzeugt und es ist mein gutes Recht, diese Meinung auch zu vertreten. Und damit will ich es jetzt mal belassen.
---------------------
Gestern habe ich "Honig im Kopf" halb verschlafen... und ich kann gut verstehen, warum das amerikanische Publikum den nicht goutiert. Das ist ein ungeheuer unstrukturiertes Machwerk. Hallervorden mag ich ja immer schon sehr gern. Aber dieser Film ist eine Aneinanderreihung von "Guck mal, was der demente Opa für blödsinnige Sachen macht"-Szenen. Und er hat mit der Schwiegertochter/Mutter/Frau von Till Schweigers Rolle die schlimmste Frauenfigur die ich seit Jahren in einem Film gesehen habe. Diese Frau reagiert auf alles mit hysterischem Geschrei von 0 auf 100, schlägt mit Baseballschlägern auf Dinge ein und hat überhaupt keine Empathie. Ganz furchtbar überzeichnet. Ich finde das fast schon misogyn, wie diese Frau dargestellt wird und über ihre Eigenschaften den schwarzen Peter zugeschoben bekommt (so nach dem Motto "Die ist selbst Schuld, dass ihr Mann fremdgegangen ist...") Ganz schlimm. Aber ich bewerte hier auch nur die erste Hälfte, von daher, vielleicht hat sich da noch später was getan. Ich finde allerdings auch insgesamt den Umgang mit der Krankheit mehr als unglücklich.
In Vorbereitung auf den Kinofilm gucke ich mit meiner Frau, die es schon kennt, auch zum ersten Mal "Club der roten Bänder". Und die Serie funktioniert wirklich sehr gut (wenn auch für meinen Geschmack ein bisschen zuviel Esoterik drin ist... und eine gewisse Gestelztheit in manchen Dialogen). Aber für eine deutsche TV-Produktion wirklich eine ansprechende Serie, mit guten Figuren und angemessener Thematisierung der Krankheitsbilder, so aus Laienperspektive. Also, ich bin gespannt, wie es weitergeht.