Aus der Reihe "Orko guckt deutsche Filme" hab ich mir gestern auf der Bahnfahrt endlich mal
Kriegerin (2011) angeschaut.
Den hatte ich schon länger auf der Liste, aber bisher irgendwie nie Muße/Motivation gefunden. Nach meinem
Finsterworld-Desaster dachte ich mir, ich schau mir mal den Quasi-Vorgänger von David Wnendt zu seiner späteren "Er ist wieder da"-Verfilmung an.
Kurzer Eindruck: Der zwar sehr eingeschränkte, beinahe naturalistisch wirkende und nicht nur deshalb eindrucksvolle Blick in das Milieu der [damaligen?] ostdeutschen Neonaziszene lässt mich mit ein paar Fragen und losen Gedanken zurück. War das nun ein Film über das Extreme als Mittel der Rebellion aus einem kleinbürgerlichen Korsett? (die 15jährige Svenja) Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Einfluss von Altnazis auf ostdeutsche Jugendliche ohne Perspektive (die Szene)? Eine platte "Gewalt ist eine Einbahnstraße"-Analogie (Marisa)?
Darüber hinaus bleibt nicht viel. Das soll aber nicht heißen, dass
Kriegern deshalb nicht sehenswert wäre! Meiner Wahrnehmung nach dem, was ich von Weggezogenen, Berichten usw weiß, sind die Strukturen dort nach wie vor vorhanden, aber gefährlicher. Da mag der Film heutzutage vielleicht ein falsches Licht auf die rechten Strukturen werfen: Wo im Film nur saufende, prügelnde "Faschos" und ein Altnazi die gesamte Gefahr ausmacht, ist die strukurelle und organisierte rechte Gewalt mittlerweile m.E. das akutere Problem.
Dementsprechend befremdlich kam mir die Szene vor, als besagter Altnazi mit einer Handvoll "Soldaten" in der Kiesgrube den "Ernstfall" übten - also quasi privater Grundwehrdienst: Vier Leute, die auf Kommando durch Schlamm robbten. In der Weite der Kiesgrube ein geradezu jämmerlicher Anblick...
So richtig überzeugt hat mich aber das Spiel von Alina Levshin als Neonazi-Frau Marisa! Ihr nimmt man die wachsende Zerissenheit zwischen Gewalt, Verachtung (passiv - durch das Nazi-Frauenbild - sowie aktiv) und Verantwortung absolut ab. Dazu tragen sicherlich auch die oft verwendeten Nahaufnahmen bei. Die Kamera ist zwar unruhig aber nicht zu wackelig und als Zuschauer ist man oft mitten im Geschehen was besonders bei der Naziparty im verrauchten Wohnzimmer sehr unbehaglich wirkt.
Leider kommt auch eine Kriegerin nicht ohne bedeutungsschwangeren Blick aufs Meer aus (allerdings mit entsprechenden Kontext versehen) und die angedeuteten Hintergrundgeschichten (der Naziopa, der gutbürgerliche Kontrollwahn-Vater) wirken schon ein bißchen plakativ, erfüllen aber ihren Zweck.
Alles in allem eine solide, eindringliche Milieustudie, die wenig mehr als einen oberflächlichen Eindruck bietet. Für alle, denen "Er ist wieder da" zu künstlich war.