Ich habe gestern auf MUBI Bacurau gesehen, ein brasilianischer Film von 2019, der durchaus hohe Wertungen erhalten hat, aber leider nicht in Deutschland in die Kinos kam.
Wegen der hohen Bewertungen und den positiven Stimmen der Kritiker, denen ich folge, hat ich große Erwartungen an Bacurau, doch diese wurden enttäuscht. Das hat folgende Gründe:
Der Film hat eine simple, aber höchst effektive Prämisse. Ein kleines sympathisches brasilianisches Dorf irgendwo im Nirgendwo verschwindet zuerst wortwörtlich und dann im übertragenden Sinne von der Landkarte, zumindest ist letzteres der Plan der Antagonisten. Der Film lässt dabei den Zuschauer geschickt miträtseln, wer oder was dahintersteckt. Dadurch schlägt die Geschichte den Zuschauer vor allem in den ersten drei Vierteln in ihren Bann. Der Film hebt sich dabei hervorragend vom Hollywood-Drehbuch-1-mal-1 ab und schafft es daher, dass ich als Zuschauer jederzeit damit rechnen muss, dass etwas völlig Unvorhergesehenes passieren kann. Doch tatsächlich passiert das nicht und im letzten Viertel wird die Geschichte zu stringent und klar, als dass diese Faszination aufrechterhalten werden kann. Auch die Auflösung ist letztlich schwach, wenn auch sehr konsequent.
Hinzu kommen einige verwirrende Elemente, wie gewisse Motivationen und plötzliche Seitenwechsel von Figuren im weitesten Sinne, die aber kurze Zeit später überhaupt nicht mehr behandelt werden. Über Motivationen, die im Dunkeln gelassen werden, kann ich zu einem bestimmten Maß hinwegsehen, doch hier fühlte es sich so an, als seien den Drehbuchautoren keine geschickten Einfälle gekommen und sie hätten quasi getrickst. Das fühlte sich für als Zuschauer höchst unbefriedigend an.
Trotz dieser Punkte ist Bacurau ein solider Film. Der Film ist gut inszeniert und gut gespielt. Er ist für die Thematik angemessen brutal. Der Film stellt auf angenehm unkitschige Art und Weise das Dorf dar und lässt den Zuschauer mit diesem faszinierenden Mikrokosmos sympathisieren. Der Film ist politisch und wendet sich klar gegen Brasilien nach Bolsonaroischer oder anderer neurechter Vorstellung, ohne dabei plump, prätentiös oder artsy-fartsy zu sein. Stattdessen hat er eine ausreichende Menge Humor und Unterhaltungswert, um sich von der Klischeevorstellung des „schweren Arthaus-Weltkinos“ abzuheben. Man muss also kein krasser Filmnerd sein, um den Film genießen zu können. Lediglich ist ersten Drittel muss man Sitzfleisch mitbringen, da sich der Film viel – aber keineswegs zu viel – Zeit mit der Darstellung der Dorfgemeinschaft lässt.