Was passiert, wenn der amerikanische Sender STARZ (Bezahlsender ähnlich HBO) sich erfahrene Leute anlacht -Sam Raimi (Spiderman, LotSeeker)
und Rogert Tapert (Hercules, Xena) als Produzenten, Steven DeKnight (Buffy, Smallville) fürs Drehbuch- und beschliesst, eine Serie über den antiken
Recken Spartacus zu produzieren?
Die Genannten stehen für eher leichte Unterhaltung, um so mehr verblüfft das Ergebnis.
Nicht Tapert's "Xena", nicht Raimi's "Legend of the Seeker" (Einzelgängers Review in Tanelorn: http://tanelorn.net/index.php/topic,42589.msg898573.html#msg898573 )
standen hier Pate, auch nicht HBO's geniales "Rome".
Historienfans eines "I, Claudius", setzt euch, auch ihr wart definitiv nicht die Zielgruppe.
Nein, Pate für "Spartacus - Blood and Sand" war offensichtlich der Film "300" von 2007.
Zum Plot.
Wir schreiben das erste Jahrhundert vor Christus.
Die Römer kämpfen mit dem kleinasiatischen König Mithridates VI. und überzeugen die Thraker, zu denn auch der namenlose Protagonist zählt, sich ihnen als
Auxiliartruppen anzuschliessen. Diese versprechen sich davon die Vernichtung der Geten, einem Volk, dessen Plünderungen man zwar satt hat, aber das militärisch auch eine Nummer zu gross ist.
Schnell überstürzen sich die Ereignisse.
Die Thraker kämpfen zuerst tapfer, der römische Befehlshaber wird dank seiner Frau jedoch von Ruhmsucht überkommen. Vergessen sind die Abmachungen, die Geten zu vernichten, die wiederum auf Raubzug in Thrakerlanden aus sind.
Das Heldendorf brennt nieder, "mann" desertiert, mann wird gefangen, geschunden, die Frau vom noch warmen Liebesnest entrissen, wie Vieh nach Italien verschifft, in die Arena gepackt und schliesslich wird ihm noch der Name "Spartacus" verpasst .
Hier muss der Todgeweihte um sein nacktes Leben kämpfen.
Simple Geschichte, die aus einem Videospiel stammen könnte. Und genau so ist sie auch inszeniert.
Wie beim Videospiel, bei welchem Action-Enthusiasten die Zwischensequenzen schon mal überspringen, macht "Spartacus" um alles einen Bogen, was nicht nach Riefenstahl-ästhetischer Action Marke "300" aussieht:
Histotische Akkuratesse, Familienfreundlichkeit, tiefschürfende Dialoge
Die Checkliste sah wohl eher so aus:
400 Hektoliter Digitalblut pro Kampfszene;
explizite Gewalteinwirkung auf den menschlichen Körper mittels antiker Waffen;
expliziter, provokativ angelegter "antiker" Sex;
Darstellung der "Bösen" als Scheusale - analog zur fast schon komisch anmutenden Darstellung der Unsterblichen in "300", werden die Geten hier in Ermangelung
besserer Begriffe als Orks portraitiert;
sowie ausserdem ein Übermass (!) an Fluchvokabelnutzung. Man versteht schnell, die eingeölten Nackedei-Gladiatoren wollen um jeden Preis verhindern, als Weichlinge angesehen zu werden.
Hochgeistig ist "Spartacus" also wirklich nicht.
Um zu verstehen, wie brutal der Pilot wirklich ist, ein klitzekleiner Exkurs zum Thema Gewalt:
In den wilden 20ern wurde von CDU/CSU hierzulande (Weimarer Republik) bereits der Grundstein für die heute als BPJM bekannte Behörde gelegt.
Jugendliche sollten vor Schund -damals amerikanische Comics- "geschützt" werden.
Ihre wahre Berufung erfuhren die Amtsstubeninquisitoren aber erst mit Ausbreitung der Videorekorder.
Heute kennt vermutlich jeder Erwachsene im erlauchten Forum den ein oder anderen indizierten Film und weiss um die Problemtik der behördlichen Schnittkunst (obwohl Sender da kräftig wie auch dilettantisch mittgezogen haben)
Horrorfans waren der erklärte Lieblingsfeind der Scheren-Greise.
Damals traf man sich als Fan, um importierte Filme zu schauen, in denen irgendwann ein oder zwei Mal ein mehr oder weniger brutaler Effekt für vielleicht drei Sekunden zu sehen war.
Jegliche Kritik aussen vor, genützt hat es anscheinend nix, die Lust am Mord ist bei Deutschen und Amis ungebrochener denn je (man schaue nur auf den Erfolg von Tatort oder CSI)
Und Splatter/Gore ist endültig im grossen Kino angekommen, bei den Blockbustern, die aus unerfindlichen Gründen Immunität gegenüber Zensur aufweisen.
Man schaue auf "Rambo", "Saw" oder eben auf "300".
Und mit diesen Flimen möchte die Serie mitziehen.
Beispiel: An einer Stelle bekommt der Held in Zeitlupe (nervig: Kämpfe und Verletzungen sind IMMER in Zeitlupe dargestellt!) eins auf den Hinterkopf und es spritzt kübelweise, Vergleiche mit Mangas eines Schlages von "Fist of the North Star" bieten sich an.
Einzelgänger denkt ernsthaft "wow, was ne Wendung, da stirbt der Protagonist", denn alles andere wäre affig.
Falsch gedacht.
"Rome" war auch nicht zimperlich, die Gewalt war aber Teil des Erzählgerüstes und immer glaubhaft. Rom war für HBO kein edler Ort.
Bei Spartacus gibt es
nur den Gewaltmodus, das Erzählgerüst eines Videospiels, bei dem der Gegner stets mit "finishing moves" besiegt werden muss.
Deswegen stehe ich als Zuschauer bei "Spartacus" vor einem Dilemma:
Mit der gleichen Schnittgeilheit wie weiland bei "Hardboiled" auf Pro7 ausgeführt, bliebe von "Spartacus" allerhöchstens die Hälfte übrig.
Soll ich mich jetzt zurücklehnen, in den Stammhirnmodus verfallen, um mit der Genüsslichkeit eines Hardcoresplatterfans, (endlich?) absolute, diesmal in brillianten Bildern dargestellte Gewalt zu geniessen?
Oder mich über die fehlende Tiefe ärgern. Aber wie? Die Serie versuchts ja nicht mal im Ansatz?!
Wenigstens ist die Serie dahingehend ehrlich, das "bort und Spiele" Prinzip folgerichtig und offenherzig in den passenden Handlungsraum (dekadentes Rom, Gladiatorenzirkus) zu hinterlegen.
Ein überraschter Einzelgänger drückt sich vor einer richtigen Wertung,
Ich empfehle Spartacus folgenden Gruppen: Gornofans (Gore-Porn), Leuten, die sich schon immer eine "300"-Serie wünschten, Reptiloiden, sowie all denen, die Luci Lawless nackt sehen möchten
der komplette Rest guckt besser weg
p.s. auf die deutsche Version bin ich gespannt, die Serie lediglich zu beschnieden ist so sinnvoll wie die Handlung eines Pornos zu gucken.
Übrigens ist die Serie jetzt schon für eine zweite Staffel freigegeben!