Wie schaut die Charakterentwicklung eines SW-Charakters auf lange Sicht aus? Wie lange kann ich einen Charakter spielen ohne ihn tatsächlich überall gemaxt zu haben?
Man kann mindestens mal über 5 Jahre ca. 14-tägig spielen, weit in den Legendary Rank hinein, OHNE auch nur zwei von acht Spielercharakteren auch nur ansatzweise ähnlich ausgestattet zu haben oder irgendwie an die "Grenzen des Wachstums" gestoßen zu sein.
Savage Worlds bietet (auch natürlich abhängig von den konkreten Settings samt zusätzlicher settingspezifischer Edges, Powers usw.) sehr weiten Entwicklungsspielraum für die Charaktere.
Die "naturgegebenen" Wachstumsgrenzen liegen darin, daß die Attribute nur 5 Stufen haben (W4 bis W12), was bei Attributssteigerungen maximal 25 abzüglich der 5 Attributspunkte bei Charaktererschaffung, also 20 Steigerungen entspricht. - Würde man keine zulässige Attributssteigerung auslassen, dann wäre ein SW-Charakter attributsseitig nach 400 XP "ausgemaxt". Bei ca. 2-3 XP pro Spielsitzung, also im Schnitt 2,5 XP, wären das dann 160 Spielsitzungen.
Will man die Steigerungen von Attributen verlangsamen, dann kann man die bei Shaintar angegebene Settingregel verwenden, die einen Rank statt auf 20 auf 25 XP ansetzt. Dann bedeutet dies entsprechend 500 XP und 200 Spielsitzungen.
Das ist jetzt nur die Attributsseite betrachtet.
Aber die WICHTIGEREN Steigerungen betreffen bei SW eher die Talente (und bei übernatürlich begabten die Mächte). Hier kann man zum einen die Attribute nochmals um 3 "Stufen" anheben - auf W12 +1, W12 +2, und W12 +2 mit Wildcard-Würfel W10. - Zum anderen kommen hier die eigentlichen SPEZIALFÄHIGKEITEN der Charaktere hinzu.
So kann z.B. in Hellfrost ein Charakter stark Richtung Heerführer gehen, sich mit den Anführertalenten, Wissen(Kriegsführung) und jeder Menge Gefolgsleuten und Kontakten ausstatten. Da ist so gut wie KEIN ENDE in Sicht, weil man nie genug Kontakte und Gefolgsleute haben kann.
Ebenfalls in Hellfrost kann ein Magier seine Beherrschung einzelner Mächte deutlich vertiefen. Hier ist pro Macht, die er beherrscht so viel Vertiefung möglich, daß auch bis 400 oder 500 XP noch kein Ende in Sicht ist.
Man sollte für die Langzeitspieltauglichkeit auch beachten, daß eben normalerweise NICHT NUR mit dem Grundregelwerk, sondern eben mit settingspezifischen Erweiterungen und Anpassungen gespielt wird. Hier kann es, wie in Hellfrost z.B. eine FÜLLE an weiteren Talenten geben, die eben die WAHLMÖGLICHKEITEN auf lange Spieldauer immer noch vielfältig genug halten.
Das ist eventuell eine seltsame Frage. Zur Erklärung: Mein Hauptsystem ist Midgard. Dort kann man, so der Abenteurer nicht vorzeitig stirbt, selbst bei wöchentlichem Spiel, seine Figur jahrelang spielen und es finden sich immer neue Dinge, die sich lernen oder verbessern lassen. Als Beispiel: Der maximale Grad (Level) ist 15. Nach über 10 Jahren wöchentlichem Spiel ist einer der Abenteurer kurz vor Grad 14. Der älteste Charakter (nicht regelmäßig gespielt) ist knapp 20 Jahre alt und kurz vor Grad 13. Der Rest der Gruppe sieht so ähnlich aus. Trotzdem kann man noch Spezialisten erkennen. Nicht jeder kann alles und schon gar nicht gleich gut oder gar auf Maximum.
Midgard ist so ein Sonderfall. - Midgard wird ab Grad 10 SCHNECKENLANGSAM im Aufstieg der Charaktere und schon in niederigeren Graden ist der "gefühlte Kompetenzzuwachs pro Grad" gering.
Das ist kein Vorurteil, sondern Feststellung aus unseren auch knapp 10 Jahre währender, längster Midgard-Runde. - Gegen Ende war es eine QUAL.
Das mögen manche Leute so, aber andere eben nicht.
Wenn Du mit SW eine Runde anfängst, dann beachte: Es ist NICHT Midgard! Und es SOLL AUCH NICHT "midgard-ähnlich" sein!
SW ist entworfen worden mit dem Spieler im Sinn, der schon etwas älter ist, der nicht mehr so viel Zeit mit Langwierigkeiten oder Vorbereitungen verbraten möchte, sondern der MEHR SPIEL pro Spielsitzung haben möchte.
Das "Mehr Spiel" wird z.B. durch die ausgesprochen schnellen Kampf- und andere Aktions-Szenen erreicht. Statt Kampfszenen zu haben, die sich über eine ganze Spielsitzung ausdehnen, laufen Kampfszenen bei SW schneller, "fressen" nicht so viel Spielzeit und lassen somit mehr Raum für mehr rollenspielerische Interaktion neben allen taktischen Herausforderungen und Action-Einlagen.
Um einen SPÜRBAREN Entwicklungsfortschritt bei einem Aufstieg eines Charakters zu erleben, sind die Aufstiege mit "großer Stufenhöhe" ausgestattet.
Statt Klettern+15 auf Klettern+16 zu steigern, was effektiv ein sehr geringer Unterschied ist, kann man bei SW ein Talent lernen, welches +2 auf Klettern gibt, was bei einer Zielzahl von 4, die es zu erreichen gilt, ein ENORMER Kompetenzanstieg ist.
Ein Level-Up, ein Stufenanstieg bei SW entspricht in Midgard-Dimensionen einem Anstieg um +5 in einer Fertigkeit mit den XP, die man in nur ZWEI Spielsitzungen erspielt hat.
Somit ist der Anstieg stetig, aber STEILER als in Midgard.
Wenn Du also eine SW-Runde startest, dann ist empfehlenswert Deinen Spielern diese "Steilheit" zu vermitteln. Man spielt schnell, man steigert schnell, und man SPÜRT die Entwicklung eines Charakters (z.T. KRASSE Entwicklungswege, die auch noch nach Jahren erzählenswert bleiben) eben in KÜRZERER ZEIT.
Das sollten die Spieler wissen. - Und wenn sie die ersten drei, vier, fünf Aufstiege hinter sich haben, werden sie merken, wie NATÜRLICH diese Entwicklungsgeschwindigkeit ist, und wie BEFRIEDIGEND die spürbaren Kompetenzanstiege sind.
Wie schaut es mit SW aus? Geht das auch? Oder legt man sich hier eher Charaktere für eine Kampagne an und macht für die nächste Kampagne neue Charaktere (bei gleichbleibendem Setting)?
Das kommt auf den Kampagnen-Begriff an, den man hier anlegt.
Eine Kampagne im klassischen Sinne ist nur die Spielwelt eines Spielleiters. Hier kann man in derselben Kampagnen mit unterschiedlichen Gruppen gleichzeitig oder nacheinander spielen, und die Kampagne bleibt dieselbe.
Im moderneren Sinne meint eine Kampagne meist einen großen Handlungsbogen, innerhalb dessen man kürzere Abschnitte als episodenhafte Teile der Gesamthandlung spielt. Und dies ist der Kampagnenbegriff auf den SW in den meisten Savage-Settings ausgerichtet ist. - Die Plot-Point-Kampagnen in den Savage-Settingbüchern drehen sich um UMWÄLZUNGEN in der Spielwelt und hinterlassen die Spielwelt nachher anders als vorher. Das ist GEWOLLT.
SW ist als generisches Regelsystem für "Settinghopper" ausgelegt, die gerne nach eine "epischen Kampagne" in der einen Spielwelt, die Welt wechseln und in einer ANDEREN Spielwelt eine ganz andere "epische Kampagne" spielen wollen.
Wie schaut ein SW Charakter nach 10 Jahren wöchentlichem Spiel aus?
Das wird man frühesten 2013 sagen können, da es SW erst seit 2003 gibt.