Autor Thema: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?  (Gelesen 12791 mal)

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Ein

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Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
« Antwort #50 am: 13.02.2010 | 10:33 »
@Markus
Es gibt einen Mittelweg zwischen Railroading-Abenteuern und Wahllos-Sandkasten. Allerdings wird dieser zwar propagiert, aber es wird viel zu selten erläutert, wie man einen solchen aufbaut.

Zitat
Distanzen waren nie ein Problem, ich fange eigentlich immer sehr klein an (Tal mit ein paar Dörfern, Stadt in der Nähe)
Es geht nicht um Distanz im Sinne von physikalischer Entfernung, die für das Rollenspiel überhaupt nicht relevant ist, denn Rollenspiel ist ein erzählerisches Medium, in dem man solche gedachten Distanzen auch nur mit einem Gedanken überbrücken kann. Daher geht es um psychologische Distanz der Spieler zu den Spielinhalten.

Eventuell stehen deine Spieler vor dem Sandkasten und sie wissen nicht wo sie anfangen sollen. Sie werden mit verschiedenen Informationen zu unterschiedlichen Orten gelockt, können daraus aber keine Struktur aufbauen. Diese Struktur ist aber sehr wichtig, denn Menschen brauchen Strukturen, um Informationen in relevant und irrelevant zu unterscheiden.

Bei einem gradlinigen Spiel werden diese Strukturen vom SL vorgegeben, bei einer Sandbox müssen diese Strukturen von den Spielern selbst erstellt werden. Dazu brauchen sie aber eventuell (meist ganz sicher) eine Starthilfe, einen Kicker, der sie in das Abenteuer zieht, eine interessante Ausgangssituation, die die Aktivität der Spieler erzwingt. Bei diesem Brückenkopf kann es sich z.B. um einen Auftrag handeln (Finde Amerika für mich, Kolumbus. Wir brauchen dringend Ihre Hilfe, Judge Dredd.) oder um einen Ort, an dem immer direkte Handlungsoptionen als Rückfalloption angeboten werden (Wir brauchen eine schnelle Passage weg von Tatooine und keine Fragen.) oder um einen Konflikt, in dem die Spieler von vornherein erst einmal auf einer Seite stehen. (Ich bin Robin Hood, wer folgt mir gegen Prinz John?)

Ebenso wichtig, wie das Verständnis der Spieler für die Funktionsweise einer Sandkiste ist aber gerade auch das Verständnis des Spielleiters.
Dinge wie:
Zitat
Ich musste meine Spieler erstmal dazu erziehen, nicht beim ersten Fingerzeig blindlings auf die erstbeste Abenteuerspur einzubiegen
sind dabei äußerst kontraproduktiv. Du stellst den Spielern zwar die Option, macht was ihr wollt, aber wenn sie sich dann spontan für eine für sie interessante Option entscheiden, ist es natürlich Unsinn diese zu unterbinden. Ich denke hier liegt auch einfach ein Missverständnis vor, was Sandkasten bedeutet.

Was natürlich dadurch nicht erleichtert wird, dass unter den Begriff Sandkasten drei Sachen fallen können:
 - Hexploration. Es gibt eine vorbereitete Karte, die es zu entdecken gilt. Die Spieler suchen sich ihren Weg selbst.

 - Abenteuer-Sandkasten. Es gibt eine Karte, auf denen Abenteueraufhänger verstreut liegen, die von den Spielern nach Interesse angewählt werden können. Je nach Ausgang eines Abenteuers entstehen neue Abenteueraufhänger, die von den Spielern gewählt oder ignoriert werden können.

 - Konflikt-Sandkasten. Es gibt eine starke, konfliktgeladene Ausgangssituation, in der sich die Spieler ihren eigenen Weg suchen. Die Fortführung des Spiels entsteht durch das Zusammenspiel von Spieler und Spielleiter.
« Letzte Änderung: 13.02.2010 | 10:36 von Ein »

Offline Markus

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Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
« Antwort #51 am: 13.02.2010 | 11:28 »
@Ein

Mit dem Kicker ist es nicht getan. Wenn danach die Folgeabenteuer allzu zwingend sind, gibt es praktisch keinen Unterschied mehr zu gut gemachtem Illusionism. Wenn es danach sehr offen wird, sind wir wieder am Anfangspunkt, wo die Spieler oder die SCs eine eigenständige Motivation brauchen.
Aber ja, das ist ein Graubereich für den es eher wenig Ratschläge gibt.

Zitat
äußerst kontraproduktiv. Du stellst den Spielern zwar die Option, macht was ihr wollt, aber wenn sie sich dann spontan für eine für sie interessante Option entscheiden, ist es natürlich Unsinn diese zu unterbinden. Ich denke hier liegt auch einfach ein Missverständnis vor, was Sandkasten bedeutet.
Du missverstehst, was ich gemacht habe: Ich hab' einfach nur nach dem ersten Abenteueraufhänger laut und deutlich gesagt: Das ist nur ein Angebot. Ihr müsst das nicht machen. Ihr könnt euch auch erstmal noch weiter umhören und dann entscheiden. Wenn ihr allerdings genau auf dieses Ding Lust habt, dann macht das.
In den meisten Kaufabenteuern oder wenn es nur ein SL-Abenteuer gibt (egal wie offen der Ausgang ist) wird man ja gerne mal bestenfalls mit Langweile bestraft, wenn man einen offensichtlichen Aufhänger ignoriert oder sich gar selbst was sucht. Ich habe nur sehr deutlich kommuniziert, dass diese ungeschriebene Regel nicht mehr gilt, aber niemanden davon abgehalten, etwas aufzugreifen was er oder sie interessant fand.


Sandkasten-Kategorien:
Sehr gute Unterscheidung. Defintiv Abenteuer-SK, was ich wohl nicht wieder so machen wollen würde.
« Letzte Änderung: 13.02.2010 | 11:30 von Markus »

Offline Markus

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Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
« Antwort #52 am: 13.02.2010 | 11:44 »
Das dachte ich mir schon, aber dann ist die Sandbox ja nicht das Problem sondern die Spieler. Das ist das klassische Casual-Gamer Problem:
Jein. Also meine Erfahrung ist, dass die meisten Spieler - casual oder nicht - anfangs etwas eigenes wollen und dann erst dazu "erzogen" werden, weniger zu wollen und sich an die SL-Vorgabe, dass "offizielle" Abenteuer, zu halten. Praktisch jeder Neuling in irgendeiner Runde wollte zunächst die Genre-typischen Dinge erleben, hat dann aber schnell gemerkt, dass seine entsprechende Suche in lauter Sackgassen endet, bis er irgendwann das vorbereitete Abenteuer (egal ob offen oder nicht) findet.
Da steckt viel Gruppenkonsens drin, praktische Erwägungen, Genre-Probleme wie die, dass der typische Held ein Einzelheld ist und natürlich auch Dinge, die ich verbockt habe.
Aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Casual Gamer nicht per se reaktiv ist, sondern in den meisten Fällen erst dazu gemacht wird.

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Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
« Antwort #53 am: 13.02.2010 | 13:12 »
Ein Sandkasten kann wegen der Offenheit und auch oft der Größe desSpielfelds nicht wirklich welt/plotzentriert sein. Das ist gar nicht zu transportieren. Daher ist es wichtig dem Spieler seine Figur und deren Wahrnehmung und Beziehung zu seiner Umwelt zu vermitteln und diese mit den nötigen Details anzureichern. Aus diesem Blickwinkel heraus kann der Spieler dann handeln. Das erfordert aber eine entsprechende Vorarbeit aller Beteiligten bei der Charaktererschaffung.

Mit dem blindlings Abenteuer anspringen vermute ich mal ist die antrainierte Tendenz der Spieler gemeint jedes Detaisl als DEN Plothook zu interpretieren udn sich gezwungen zu sehen diesen zu verfolgen in der Erwartung dahinter DAS entscheidende Ereingnis zu entdecken.
Die Leute sind nicht gewohnt ihren Charakter zu spielen, sondern auf Metaebene erraten zu sollen, was der SL denn diesmla von ihnen will. Enstprechend wird auch jedes bisschen Welt versucht in ein Puzzle namens vermutlicher Plot  zu pressen.

(Ist "Braindamage im Rollenspiel" eigentlich urheberrechtlich geschützt?)
Storytellertraumatisiert und auf der Suche nach einer kuscheligen Selbsthilferunde ...

Ein

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Re: Sind Gesetzlose/Kleinkriminelle die besseren Helden?
« Antwort #54 am: 13.02.2010 | 13:50 »
@Kicker/Illusionismus/Motivation
Ich denke ein Hauptproblem ist auch die Einschätzung dessen, was gerade die beiden klassischen SK-Formen (Hexploration und Abenteuer-SK) liefern können. Wegen der sehr hohen Freiheit verbunden mit einem geringen Emotional Investment der Spieler (mangels Konfliktorientierung) habe ich solche Sandkästen immer als recht öde empfunden. Ähnliche Einschätzungen kenne ich auch von meinen Mitspielern.

Ich glaube allerdings nicht, dass das mangelnde Interesse an solchen Freiheiten den Spielern erst anerzogen wird, sondern dass bei den meisten Spielern von Grund auf ein Interesse daran besteht, direkt ins Spiel gebracht zu werden und sich nicht erst stundenlang durch einen zähen Prolog kämpfen zu müssen.

Zumindest ist das meine Erfahrung aus Einführungsrunden ins Rollenspiel mit Spielern, die nie zuvor gerollenspielt haben.
« Letzte Änderung: 13.02.2010 | 13:52 von Ein »