Autor Thema: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung  (Gelesen 7415 mal)

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Offline 1of3

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #25 am: 22.02.2010 | 23:28 »
Von denen, die sich irgendwo im Begriff freies Rollenspiel wiederfinden, wie definiert ihr das theoretisch und wichtiger noch, wie sieht das bei euch am Tisch aus und wo legt ihr die für die Praxis notwendigen Grenzen der Freiheit, wo sie mit der Durchfürbarkeit bzw. den sozialen Spielanforderungen kollidieren.

Gar nicht. Das zu tun würde der "Freiheit im Rollenspiel" eine ontologische Qualität einräumen. Ich könnte sagen: "Freiheit ist, wenn sich niemand eingeschränkt wird." Aber das wäre nicht folgerichtig, denn das hieße nur, dass niemand Unfreiheit empfindet.

Wir könnten jetzt natürlich Anekdoten sammeln, aber das ist dann keine Theorie mehr. Deshalb ist die Fragestellung sinnlos. ErikErikson hat dagegen eine sinnvolle Fragestellung präsentiert und zwar ist sie sinnvoll, weil sie rein pragmatisch ist.

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #26 am: 22.02.2010 | 23:32 »
Wenn der SL aber dann fortfährt, meine Kämguruherwerbsbemühungen unter fadenscheinigen Vorwänden ins Leere laufen zu lassen, dann wirds eben langsam verdächtig.

Nicht nur fadenscheinig. Wenn er dir einfach kein Känguru gibt und das auch so sagt ("Känguru gibts nicht; is so"), obwohl du - zu Recht - darauf hinweist, dass man sich doch in Australien befindet, dann ist das unfrei.

Aber es wird schon zu speziell. Ich wills mal so ausdrücken: 100% frei ist es, wenn die Orte A und B zwei Punkte in der Fläche der Settinglandschaft sind und die Spieler sich auf der gesamten Fläche um A und B bewegen können (so langweilig die meisten Punkte der Fläche auch sein mögen). Wenn der SL die Fläche zugunsten besserer Handhabbarkeit auf eine überschaubare Zahl an (interessanten) Punkten / Strecken reduziert, beginnt das Spiel unfrei zu werden.
Oder noch anders: wenn es beliebig viele (plausible) Wege gibt, von A nach B zu gelangen ist es frei. Wenn es aber nur eine geringe Anzahl dieser Wege gibt, weil der SL nur die wesentlichen Wege zulässt, ist es unfrei (Und wenn es entgegen aller Plausibilität nur einen einzigen Weg gibt, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit das, was (manchmal und nach bestimmten Definitionen) mit dem R-Wort bezeichnet wird...).

Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einschränkung der von mir hier dargelegten Freiheit im Sinne des Spieles ist. Auch eine sinnvolle Einschränkung bleibt eben eine Einschränkung.

Das meinte ich mit meinem Haustier-Beispiel. Wenn man alles bekommen kann (100% Freiheit), fallen darunter auch tendenziell uninteressante Tiere wie Kellerasseln oder Pandabären - Tiere, die von verschwindender Relevanz sind, weil sie normalerweise kein Interesse wecken. Niemand geht sich ein Haustier kaufen und denkt dabei an einen Wasserbüffel - auch wenn man plausiblerweise vielleicht einen bekommen könnte. Nur schränkt der SL die Auswahl vielleicht ein, weil er keine Lust hat, eine Tabelle mit Spielwerten für alle Tiere dieser Welt zu führen.
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Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #27 am: 23.02.2010 | 08:39 »
Nicht nur fadenscheinig. Wenn er dir einfach kein Känguru gibt und das auch so sagt ("Känguru gibts nicht; is so"), obwohl du - zu Recht - darauf hinweist, dass man sich doch in Australien befindet, dann ist das unfrei.


Dann hab ich offenbar einen der erwähnten anderen Begriffe von fürs Rollenspiel relevanter Freiheit: Das Setting ist gegeben, das kann auch heißen, dass es in diesem Australien eben keine Känguruhs gibt.
Die Erstellung des Settings ist natürlich noch mal eine andere Frage, d.h. ob das der SL alleine macht oder die Spieler da eingebunden sind. Aber am Spieltisch sind die Einschränkungen die einem in der Welt begegnen nicht schon an sich Einschränkungen der Freiheit, den Charakter nach Belieben handeln zu lassen. Das Vorhandensein einer nicht willkürlichen Welt ist ja vielmehr überhaupt erst die Bedingung von Handlungsfreiheit, sie stellt etwas dar, auf das die Charaktere in nachvollziehbarer Weise einwirken können.

Ich würde mir von Freiheit am Spieltisch erwarten, dass mein Charakter die Art von Handlungsfreiheit besitzt, die ich auch als echter Mensch in der wirklichen Welt habe. Und auch ich sage ja nicht: "Ich bin unfrei, weil ich kein kleines, pelziges Wesen von Alpha Centauri zum Streicheln habe", obwohl ich gerne eins hätte.
Na schön, genaugenommen soll mein Charakter in seiner Welt in gewisser Weise durchaus "freier" sein als ich in meiner, denn ich will, dass er mit seinen Handlungen die Welt in weitaus unmittelbarer Weise beeinflussen kann als mir das in meiner möglich ist. Aber ich erwarte nicht, dass die Welt um meinen Charakter herum sich seinen Wünschen gemäß gestaltet.

Offline Maarzan

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #28 am: 23.02.2010 | 08:57 »
So gewisse Informationen sind auch Teile der Freiheit, den ohen Informationen, was ich kann und was da ist um damit interagiert zu werden ist auch nötig um die Freiheit der Handlung entfalten zu können.
Natürlich kann es in einem bestimmten Spiel-Australien keine Känguruhs geben,aber wenn die Beschreibung der Spielwelt war, wie unsere mit Voodoo und Geistern so um 1820 rum, dann erstaunt ein Fehlen von Känguruhs doch.
Viel schlimmer führt es aber zu dem bohrenden Gedanken, was ist denn hier noch anders, was dann ggf. deutlich relevanter ist als eine eingeschränkte Haustierwahl.
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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #29 am: 23.02.2010 | 09:48 »
Nein nein, immer noch nicht... Es geht nicht um Settingbeschränkungen. Es geht genau um das
Ich würde mir von Freiheit am Spieltisch erwarten, dass mein Charakter die Art von Handlungsfreiheit besitzt, die ich auch als echter Mensch in der wirklichen Welt habe. Und auch ich sage ja nicht: "Ich bin unfrei, weil ich kein kleines, pelziges Wesen von Alpha Centauri zum Streicheln habe", obwohl ich gerne eins hätte.

Wenn der Spieler denkt, dass es keinen Grund gibt, warum sein SC etwas nicht tun können sollte, es aber nicht tun kann, weil der SL es nicht unterstützt (warum auch immer), dann hat er nicht 100%ige Freiheit. Ein Setting kann ja schlecht alle Elemente der Spielwelt abklären. Man geht einfach von gewissen Parallelen zur Erde aus. Gras ist grün, ein Wald besteht aus Bäumen, der Himmel ist blau und die Fauna ist, wenn nichts anderes gesagt wird, annähernd identisch. In einer gemäßigten Klimazone, die ähnlich zu Europa ist, erwarte ich, dass es Mäuse, Eulen, Wölfe, Krähen etc. gibt, wenn das Setting (bzw. der SL, wenn er das Setting festlegt) nicht sagt, dass es das nicht gibt. D.h. wenn ich dort in einen Zooladen gehe, erwarte ich z.B. Mäuse kaufen zu können. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: A) der SL sagt: in diesem Setting gibt es keine Mäuse bzw. es werden aus Spielweltgründen keine Mäuse in Zooläden verkauft. Das ist völlig in Ordnung. B) der SL sagt: du kriegst keine Mäuse, weil ich keinen Bock drauf hab (aus diversen Gründen). Das ist imho dann unfrei.
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ErikErikson

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #30 am: 23.02.2010 | 10:02 »
Ich sage: Es geht in diesem Abenteuer um Mäuse, über die hab ich mich eingelesen und kann sie euch logisch darstellen, mit Nestern, Futter und Verhalten. Wen Mäuse nicht interessieren, soll heut zuhause bleiben.

Wenn mir dann einer mit Känguruhs kommt, schieß ich ihn auf den Mond, mitsamt seiner Freiheit. IMHO zu recht.

Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #31 am: 23.02.2010 | 10:03 »
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten: A) der SL sagt: in diesem Setting gibt es keine Mäuse bzw. es werden aus Spielweltgründen keine Mäuse in Zooläden verkauft. Das ist völlig in Ordnung. B) der SL sagt: du kriegst keine Mäuse, weil ich keinen Bock drauf hab (aus diversen Gründen). Das ist imho dann unfrei.

Das ist jetzt aber was anderes als am Anfang, da meintest du, frei wäre, wenn es in der Zoohandlung prinzipiell alles gibt, und unfrei, wenn das Angebot eingeschränkt ist.

Prinzipiell finde ich es glaube ich schwer, das an einem Vorfall festzumachen. Klar, wenn der SL explizit sagt: "Ich lasse deine Handlung nicht zu, weil ich keinen Bock drauf habe", dann ist das eine deutliche Einschränkung der Freiheit. Wenn der SL aber sagt: "Okay, du willst das machen, allerdings stößt  du dabei auf dieses und jenes Problem", dann ist das erstmal ein ganz normaler Teil der Darstellung der Spielwelt. Entscheidend ist doch, dass der Spieler seinen Charakter ganz nach Belieben auf die Situation reagieren lassen kann und dass der SL diese Reaktion dann wiederum ernst nimmt und entsprechende Konsequenzen eintreten lässt. "Okay, wenn die keine Mäuse dahaben, dann frage ich, ob sie welche bestellen können." - "Ja, können sie, morgen kannst du deine Mäuse abholen." (Und nicht: "Nein, können sie nicht. Es gibt auch keine anderen Zoohandlungen in der Stadt. Die Labore machen ihre Versuche hier alle mit Meerschweinchen, deshalb haben die auch keine Mäuse.")

Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #32 am: 23.02.2010 | 10:08 »
Ich sage: Es geht in diesem Abenteuer um Mäuse, über die hab ich mich eingelesen und kann sie euch logisch darstellen, mit Nestern, Futter und Verhalten. Wen Mäuse nicht interessieren, soll heut zuhause bleiben.

Wenn mir dann einer mit Känguruhs kommt, schieß ich ihn auf den Mond, mitsamt seiner Freiheit. IMHO zu recht.

Kannst du natürlich auch machen, solange dir das als SL nicht langweilig wird.
Und natürlich können Spieler einen auch bewusst nerven, indem sie einfach immer möglichst absurde Handlungsweisen wählen. ("Meine Schwester ist ermordet worden? Mir egal, ich mach erstmal Urlaub in Mexico.") Das sind dann entweder: a) nervige Idioten, oder b) Spieler, die die Nase voll davon haben, immer dem Script des SL zu folgen, das aber nicht richtig artikulieren können und vielleicht gar nicht wissen, was genau ihr problem ist, und die deshalb in hilflose Trotzreaktionen verfallen. Zweitere sind nicht unbedingt Idioten, sondern einfach Spieler, die einen nicht offen zur Sprache kommenden Konflikt mit dem Leitstil des SL haben.

Offline Maarzan

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #33 am: 23.02.2010 | 10:41 »
Ich sage: Es geht in diesem Abenteuer um Mäuse, über die hab ich mich eingelesen und kann sie euch logisch darstellen, mit Nestern, Futter und Verhalten. Wen Mäuse nicht interessieren, soll heut zuhause bleiben.

Wenn mir dann einer mit Känguruhs kommt, schieß ich ihn auf den Mond, mitsamt seiner Freiheit. IMHO zu recht.

Solange du das vor dem Spiel sagst, ist das für mich zunächst völlig in Ordnung. Wenn das Abenteuer dann Tiere mit Beutel braucht und du erhoffst, das die Spieler die geheime Formel mit der man Mäusen Beutel anzüchtet jagen, würde ich dich nicht mehr für voll nehmen.
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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #34 am: 23.02.2010 | 11:01 »
Freiheit heisst erst einmal nur die Gelegenheit willkürlich unter verschiedenen Möglichkeiten zu wählen, ohne dabei (gesellschaftlichen) Zwang ausgesetzt zu sein. Diese Freiheit endet natürlich da, wo die Freiheit des anderen beginnt. Dies gilt für beide "Seiten" am Spieltisch, denn ein Spiel kommt nur dann zustande, wenn man bereit ist einen Konsens zu finden.

Der Spieler wird Kompromisse bei der Wahl seiner Handlungen eingehen müssen, so wie der Spielleiter Kompromisse bei der Wahl der Spielweltreaktionen eingehen muss. Wenn sich eine der beiden Seiten dieser Konsenssuche verweigert, so pocht diese auf ihre Rechte (Entscheidungsfreiheit) ohne dabei Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gegenseite zu nehmen. Dies ist sowohl der Fall beim RR als auch bei Verweigerung der Spieler zum Spiel beizutragen.

Mit irgendeiner Einordnung auf einer Skala Erzählonkel-Sandbox oder einer absurden Vorstellung von Sachzwängen virtueller Welten hat dies dabei aber gar nichts zu tun, sondern allein mit einer naiven Vorstellung von Freiheit im gesellschaftlichen Kontext.
« Letzte Änderung: 23.02.2010 | 11:04 von Ein »

Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #35 am: 23.02.2010 | 11:28 »
Freiheit heisst erst einmal nur die Gelegenheit willkürlich unter verschiedenen Möglichkeiten zu wählen, ohne dabei (gesellschaftlichen) Zwang ausgesetzt zu sein. Diese Freiheit endet natürlich da, wo die Freiheit des anderen beginnt. Dies gilt für beide "Seiten" am Spieltisch, denn ein Spiel kommt nur dann zustande, wenn man bereit ist einen Konsens zu finden.

Der Spieler wird Kompromisse bei der Wahl seiner Handlungen eingehen müssen, so wie der Spielleiter Kompromisse bei der Wahl der Spielweltreaktionen eingehen muss. Wenn sich eine der beiden Seiten dieser Konsenssuche verweigert, so pocht diese auf ihre Rechte (Entscheidungsfreiheit) ohne dabei Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gegenseite zu nehmen. Dies ist sowohl der Fall beim RR als auch bei Verweigerung der Spieler zum Spiel beizutragen.

Mit irgendeiner Einordnung auf einer Skala Erzählonkel-Sandbox oder einer absurden Vorstellung von Sachzwängen virtueller Welten hat dies dabei aber gar nichts zu tun, sondern allein mit einer naiven Vorstellung von Freiheit im gesellschaftlichen Kontext.


Da muss man erst mal wieder die ebenen auseinanderklamüsern:

Zum einen haben wir die Freiheit der realen Spieler, einen (meist impliziten) Vertrag miteinander einzugehen, bei dem wiederum alle (frei) bestimmte Verpflichtungen auf sich nehmen. Der Vertrag kann so aussehen, dass man Sandboxing betreibt, dass man brav dem Script des SL folgt oder dass jeder so spielt, wie es ihm am besten gefällt und dabei versucht, seine Vorstellungen durchzusetzen. Das freie dabei ist, dass einen niemand zwingt, diesen Vertrag einzugehen. Dabei sollte man wohl die ganze Problematik bürgerlicher Vertragsfreiheit, strukturellen gesellschaftlichen Zwang usw. außen vorlassen, denn in einer RSP-Runde ist die Vertragsfreiheit ja tatsächlich relativ idealtypisch gegeben: Es gibt kaum strukturellen Gesellschaftlichen Zwänge, die mich nötigen, einer Rollenspielrunde beizutreten, und kaum etwas, was mich daran hindert, die zu verlassen, wenn mir der Vertrag nicht mehr zusagt.
Wenn man die positive Erfahrung von Freiheit im Sinne solcher Vertragsfreiheit maximieren will, dann heißt das erstmal nur: Möglichst klar kommunizieren, wer welche Ansprüche und Erwartungen mitbringt, damit niemand den Vertrag unter falschen Prämissen eingeht und sich damit evtl. Ansprüchen unterwirft, die er überhaupt nicht erfüllen will (z.B. den Plot des SL zu bedienen, oder als SL konsequent auf das Handeln der Charaktere zu reagieren).

Das ist schön und gut, sagt aber noch absolut nichts über den Spielstil - und so, wie ich es verstehe, geht es hier doch um den. Anders ausgedrückt: Was sind die Vertragsbedingungen, die einem freien, nicht schicksalsgelenkten Handeln der Charaktere in der Sekundärwelt des RSP Vorschub leiten? Und wie wird die Freiheit dort definiert? Und dann hat das Ganze evtl. sehr wohl mit Sachzwängen in virtuellen Welten zu tun.
Die Helden antiker Sagen z.B. sind tendenziell nicht in einem bürgerlichen Sinne frei, weil das Schicksal sie lenkt - sie haben keine Kontrolle über die Folgen ihres Handelns (Ödipus WIRD seinen Vater töten, egal was er dagegen unternimmt). Der moderne Bürger versteht sich dagegen als aufgeklärter Mensch, der die Folgen seines Handelns abschätzen und in gewissem Maße kontrollieren kann (lassen wir dabei jetzt auch mal außen vor, inwieweit das nur eine hübsche Ideologie ist und ob der moderne Mensch die Folgen seines Handelns tatsächlich kontrolliert, sonst kommen wir zu weit in die Philosophie). Ich kann jetzt einen freien Gruppenvertrag für ein Spiel eingehen, in dem die Protagonisten unfrei sind, d.h. die Folgen ihres Handelns nicht beeinflussen können (der SL hat das alles vorgescriptet). Das ist okay, bedeutet aber, dass die Charaktere im Spiel unfrei sind. Oder ich kann einen Vertrag eingehen, der bestimmt, dass die Charaktere im Spiel die Folgen ihres Handelns maßgeblich beeinflussen können, also ein Spiel, in dem moderne, bürgerliche Formen von Handlungsfreiheit innerhalb der Sekundärwelt zum Tragen kommen.

Wenn man über Freiheit auf der Ebene des Gruppenvertrags redet, dann sagt man aber noch nichts über Spielstile, und ich habe den  Eindruck, dass hier eben nach Spielstilen gefragt ist.
« Letzte Änderung: 23.02.2010 | 11:30 von Achamanian »

Ein

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #36 am: 23.02.2010 | 11:58 »
Fiktive Figuren in einer erdachten Welt können keinen Sachzwängen unterliegen. Als Gedankenkonstrukte und damit als Nicht-Individuen ist der Begriff der Freiheit auf solche Figuren schlicht nicht anwendbar.

Alles was bleibt sind die Spieler und dabei gibt es zwar viele Möglichkeiten wie man Freiheit verstehen kann, grundsätzlich bleibt davon aber unberührt, dass immer ein Konsens eingegangen werden muss, wenn es zum Spiel kommen soll. Dabei wird von den Spielern freiwillig die eigene Freiheit eingeschränkt, um die Funktion des Größeren Ganzen (hier das Spiel) zu gewährleisten.

Mit Spielstil hat das aber nur insofern zu tun, als dass jeder Spieler seine eigenen Präferenzen (persönlicher Spielstil) mit an den Tisch bringt, welche zusammen mit den Präferenzen der anderen Spieler, den Konsens eines gemeinsamen Spielstils finden lassen (oder auch nicht).

Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #37 am: 23.02.2010 | 12:21 »
Alles was bleibt sind die Spieler und dabei gibt es zwar viele Möglichkeiten wie man Freiheit verstehen kann, grundsätzlich bleibt davon aber unberührt, dass immer ein Konsens eingegangen werden muss, wenn es zum Spiel kommen soll. Dabei wird von den Spielern freiwillig die eigene Freiheit eingeschränkt, um die Funktion des Größeren Ganzen (hier das Spiel) zu gewährleisten.


Da hast du zwar recht, das betrifft aber doch nicht die Fragestellung des Threads, denn die geht ja offenbar um den Spielstil. Ich finde ja auch, dass "Freiheit" ein schlechtes Stichwort ist, um über den zu reden, aber der Threadstarter will das nun mal trotz Alternativvorschläge so haben.

Fiktive Figuren in einer erdachten Welt können keinen Sachzwängen unterliegen. Als Gedankenkonstrukte und damit als Nicht-Individuen ist der Begriff der Freiheit auf solche Figuren schlicht nicht anwendbar.

OT: das stimmt zwar strenggenommen, trotzdem kann man sich aber Fragen, ob fiktive Figuren (z.B. auch in Romanen) eher handeln, als wären sie frei oder als wären sie unfrei, bzw. in welcher Weise sie wie Freie oder Unfreie handeln. Gerade in der Philosophie werden doch dauernd literarische Figuren wie Odysseus, Bartleby usw. verwendet, um den Begriff der Freiheit zu erörtern. Von daher kann man sich natürlich auch fragen, ob man einen Spielstil pflegt, in dem die Charaktere in einer bestimmten Art und Weise frei oder unfrei sind, auch wenn das strenggenommen nur "Schein" ist, weil die Charaktere fiktiv sind.

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #38 am: 23.02.2010 | 15:05 »
Das ist jetzt aber was anderes als am Anfang, da meintest du, frei wäre, wenn es in der Zoohandlung prinzipiell alles gibt, und unfrei, wenn das Angebot eingeschränkt ist.

Nein, es ist nichts anderes. Ich habe gesagt, er kann alles haben, was denkbar ist (besser: was plausibel ist). Wenn er nicht alles haben kann, was plausibel ist, ist er nicht gänzlich frei. Plausibel ist alles, was das Setting als plausibel erklärt; dabei ist dann zu beachten, dass vieles nicht explizit als plausibel erklärt wird, sondern nur implizit (Gras ist grün, Gravitation wirkt normal etc.). Die Freiheit des Spielers muss sich auch auf implizit Plausibles erstrecken. Implizit plausibel wäre z.B., dass man ein Gebäude auch durch ein Fenster betreten kann. Wenn der SL das nicht unterstützt, obwohl es offensichtlich (plausibel) möglich sein sollte, ist man als Spieler in diesem Punkt unfrei. Wenn der SL die Plausibilität für die Unmöglichkeit nachliefert (Fenster sind vergittert), ist es grenzwertig, denn dann bewegt man sich im Prinzip im Illusionismus, weil die Plausibilität künstlich und vor allem nachträglich im Sinne des SL verändert wird. Das ist dann das, was du "fadenscheinig" nennst. Die Einschränkung darf eben nicht speziell auf die aktuelle Situation beschränkt sein. Es ist der Unterschied zwischen "Du kannst jetzt gerade keine Mäuse kaufen" (plausibel) und "du kannst generell nie Mäuse kaufen" (unplausibel). "Du kannst gerade dieses Gebäude nicht durch ein fenster betreten" bzw. "Du kannst kein Gebäude durch ein Fenster betreten". "Du kannst heute nicht mit einem Boot auf diesem Fluss fahren" bzw. "du kannst prinzipiell nie mit einem Boot auf einem Fluss fahren".

Ich möchte nochmal darauf hinweisen, dass ich die Einschränkung der Freiheit als wertneutral auffasse. Zuviel Freiheit schadet sogar imho dem Spiel, weil Orientierungspunkte fehlen.
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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #39 am: 23.02.2010 | 18:53 »
Ich muss Ein voll zustimmen, so meinte ich das auch. Wer hier anfängt mit Plausibilität in irgendwelchen Settings zu argumentieren ist auf einem völlig falschem Weg.
Natürlich kann ein Spieler sich eingeschränkt fühlen, wenn er etwas nicht tun kann was er für plausibel hält, aber die eigentlich wichtige Frage ist doch dann nicht ob er Recht hat in Bezug auf ein absolutes Bezugssystem von Freiheit, Plausibilität, Realismus oder was auch immer, sondern wie seine Ansprüche und Erwartungen zustande kamen und ob sie innerhalb der Gruppendynamik berechtigt oder nachvollziehbar sind oder nicht.
Ohne Gruppe und System zu kennen sind konkrete Aussagen völlig sinnlos, das wurde doch jetzt schon mehrfach gesagt. Ist das ein so fremdartiges Konzept?

Wenn man über konkrete Freiheiten in der Ausübung der Rolle sprechen will, so z.B. Bewegungsfreiheit, die Freiheit irgendwelche Haustiere zu erwerben und 100 Millionen andere Sachen, dann kann man sich dem theoretisch nur über wahrscheinliche Erwartungen unter bestimmten Umständen nähern. Da müsste man dann aber wieder mit Statistiken kommen, sonst kann man da wieder nichts beweisen und jeder hat seine Anekdote.

Was im Rollenspiel plausibel ist wird doch gerade erst im Spiel erspielt. Das ist doch ein Großteil des Reizes. Das System dient dazu die völlig unterschiedlichen Erwartungen und Vorstellungen mehr oder weniger konsistent in ein virtuelles Geschehen umzusetzen, damit es eben nicht so abläuft wie in einer Diskussion wo jeder seine Meinung hat die dann neben allen anderen steht.
Es hat also auch gar nicht so viel Sinn genaue Vorstellungen vorher zu klären, denn damit zieht man einen Teil des Spiels vor. Entscheidend ist nur Erwartungen aneinander auszurichten und Kompromissbereitschaft zu schaffen und das macht man eben am besten über einen offenen gleichberechtigten Umgang.
« Letzte Änderung: 23.02.2010 | 18:55 von Dr.Boomslang »

Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #40 am: 23.02.2010 | 22:51 »
@Tudor:
Ah, okay, jetzt versteh ich das, die Sache mit der Plausibilität habe ich da nicht mitgedacht.

Und @Boomslang:
Nein, natürlich gibt es für Plausibilität da keine absoluten Maßstäbe und das gemeinsame Weltverständnis entwickelt sich im Spiel. Trotzdem hat aber die Frage, ob der SL Plausibles tendenziell einräumt oder tendenziell verhindert durchaus damit zu tun, ob die Charaktere "wie frei" in der Welt agieren können. Und das "wie freie" agieren der Charaktere kann eben eine geschätzte Qualität sein (muss aber nicht).

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #41 am: 23.02.2010 | 23:48 »
Nur weil jemand seine Erwartung irgendwie aus seiner realistischen Betrachtung ableitet ist das aber noch kein Argument für die Berechtigung dieser Erwartung. Erstens kann auch was ganz anderes Plausibel sein. Und zweitens muss der eine nicht plausibel finden was der andere plausibel findet nur weil es eventuell realistisch ist, oder sonst irgendwo aus einem Kanon abgeleitet (z.B. literarische, filmische Vorlage o.ä.). Diese Vorlagen und ihre Integration ins Spiel sind ja selbst wieder Verhandlungssache.

Auch der SL muss nicht Sachen erlauben nur weil sie einem Spieler plausibel erscheinen. Viel mehr hat der SL ja eigentlich gar nicht darüber zu entscheiden. Das System bewertet was plausibel ist, im Idealfall ist all das als plausibel zu sehen was das System ermöglicht und zulässt. Ansonsten muss das System geändert werden und zwar von der Gruppe.
Wie ich schon in meinem ersten Post hier schrieb, die Spieler müssen sich dabei nur darüber im Klaren sein ob sie gerade spielen oder ob sie gerade über das Spiel entscheiden, das erspart eigentlich alle Probleme die mit Freiheit zusammenhängen.

Achamanian

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Re: Freiheit ?! Wahrnehmung und Beschränkung
« Antwort #42 am: 24.02.2010 | 09:59 »
Nur weil jemand seine Erwartung irgendwie aus seiner realistischen Betrachtung ableitet ist das aber noch kein Argument für die Berechtigung dieser Erwartung. Erstens kann auch was ganz anderes Plausibel sein. Und zweitens muss der eine nicht plausibel finden was der andere plausibel findet nur weil es eventuell realistisch ist, oder sonst irgendwo aus einem Kanon abgeleitet (z.B. literarische, filmische Vorlage o.ä.). Diese Vorlagen und ihre Integration ins Spiel sind ja selbst wieder Verhandlungssache.


Ich glaube, dem widerspricht auch keiner (ich zumindest nicht) - wie gesagt, was plausibel ist entwickelt sich im Spiel (und wird sicher auch zu weiten Teilen mehr oder weniger explizit unmittelbar vorher abgemacht).