Vorwort:
Ich mache mir in letzter Zeit wieder mal viele Gedanken über das Spiel an sich und über den Schwerpunkt. Im
ORK war dazu eine recht ausgiebige Diskussion in der ich viel über meine Sicht des Spieles gelernt habe, während ich sie verfolgte. Das hier sind meine sortierten Gedanken zu dem Thema:
Die Grundthese war, dass es ARS ist, wenn Spielerentscheidungen nicht entwertet werden.
Doch eine der entscheidenden Fragen ist wohl wie immer was denn nun ARS ist. ARS =
Abenteuer
Rollen
Spiel. Man macht es so wie in den Klassikern. Erlebt ein Abenteuer, hat eine Rolle die man darstellt und spielt mit den Würfel ein Spiel. Die Ausprägung oder Ausprägungen dieses Spielstiles sind nach meinem Verständnis von Skyrock und Settembrini definiert worden, aber es gibt sicher auch einen Haufen anderer Leute, die sich klug zu dem Thema geäußert haben.
Sie alle haben aus ihrer eigenen Sicht recht.
Doch ich komme mal zurück zum Thema und der Aussage, dass es ARS ist, wenn Spielerentscheidungen nicht entwertet werden. Ist es nicht grundsätzlich eine Frage der Höflichkeit auf seine Mitspieler einzugehen, also als SL auf die Spieler einzugehen und ihre Entscheidungen nicht zu entwerten? Ich denke, dass es auch im Erzählspiel wichtig ist, Respekt vor den Entscheidungen des Anderen (egal ob SL oder Spieler) zu haben und der SL die Entscheidungen seiner Spieler nicht entwerten sollte. Ein guter SL entwertet nie die Entscheidungen seiner Spieler, er nimmt sie und baut auf ihnen auf. Selbst wenn man sich den klassischen Dreiakter oder die Heldenreise als Vorbild nimmt, so ist Rollenspiel doch immer eher Impro Theater, als Geschichten erzählen. Die Geschichte ist, was nachher raus kommt. Das was entstanden ist wenn der SL seine Ideen auf die Spieler losgelassen hat, diese mit ihren Charakteren oder Figuren auf sie reagiert haben und es zu einem Ende gekommen ist.
Für mein Verständnis von ARS ist es wichtig, das die Entscheidungen der Spieler sich auf ihre direkte Umgebung auswirken, also das ihre Handlungen kurz, mittel und langfristige Auswirkungen haben. Es ist nicht so, dass jede Kleinigkeit sich auswirkt, aber ein gesundes Verhältnis von Ursache und Wirkung gehört für mich mit dazu. Komischerweise habe ich diesen Geschmack aber auch wieder beim eher erzähllastigen Rollenspiel. Für mich bedarf es bei jeder Art des Rollenspieles einer Art vernünftiger Simulation der Spielwelt. Dabei ist es mir egal, ob diese aus der Qualität des Spieleiters kommt oder aus einem guten Satz Regeln. Diesbezüglich haben bei meinem ARS die Würfel eine besondere oder besser gesagt herausragende Bedeutung, denn dank ihnen ist es ist nicht sicher, wie das Abenteuer am Ende ausgeht. Bei guten Würfen kann das Abenteuer einen ganz anderen Weg gehen, wie bei schlechten. ARS zeichnet für mich die Verbindung eines packenden Abenteuers mit unbekannten Ausgangs im Zusammenhang mit den Entscheidungen der Spieler und den Ergebnissen der Konflikte und Proben aus. Man weiß halt nicht genau was passiert, wenn man sich für eine bestimmte Handlung entscheidet. Die Story entsteht aus der Verbindung der vom Spielleiter vorgegebenen Situation am Anfang des Abenteuers, seiner Interpretation oder Reaktion auf die Aktionen der Spieler und dem Element Zufall, welches durch die Würfel in die Geschichte getragen wird.
Die Story ist beim ARS ein Produkt, welches im erst Nachhinein völlig bekannt ist und auch von den Ergebnissen der Würfel abhängt.
Der oder die Spieler können durch narratives Verhalten versuchen, der Geschichte eine Wendung im gewünschten Sinne zu geben, aber die eigentliche Entscheidung wird eben durch Würfel, Tabellen oder eine andere gute Methode zur Simulation von Ereignissen gefällt und nicht willkürlich oder im Sinne einer guten Geschichte. Wenn der SL auf seine Würfel hört, kann er die Entscheidungen der Spieler nicht entwerten, weil sein Ego nicht an der Entscheidung beteiligt ist (OK, das ist grenzwertig, weil der SL ja das Abenteuer und die Herausforderungen oft vorbereitet hat und damit doch das Ego ins Spiel kommt. Man kann das aber auch alles auswürfeln und es komplett dem Zufall überlassen, weshalb ich Zufallstabellen so gerne mag)
Mehr Kontrolle über die Situation bekommen die Spieler, indem sie taktisch oder sogar strategisch spielen. Sie versuchen sich genau vorzubereiten, gehen Bündnisse ein, informieren sich und treffen allerlei andere Entscheidungen um ihre Chancen auf einen Ausgang nach ihrem Willen zu verbessern. Das taktisch-strategische Element kann sich also sehr nachhaltig auf die Dramatik der Geschichte auswirken, da es versucht, etwas an den Wahrscheinlichkeiten bestimmter Situationen zu ändern. Zusätzlich erhöhen die Manöver und Spielzüge der Spieler die Spannung, weil der Spannungsbogen zum Element Kampf/Probe verlängert wird. Diese Elemente sind für mich eine weiter Komponente, mit der ich mehr Futter für meine Fiktion als Spieler oder SL erhalte.
Es geht nicht nur um das persönliche Anliegen meines Charakters, es geht auch um das ganze Umfeld, was mich faszinieren und fordern kann. Zusätzlich liefern strategisch- taktische Elemente oft erhebliche Motivationsschübe für den Charakter und hervorragende Möglichkeiten für Charakterspiel und Drama im Umfeld der Ereignisse.
Das ganze Charakterspiel, in den Szenen, die Frage nach der Moral, und eigentlich alle anderen Aspekte und sonstigen großen Dramen sorgen beim ARS dafür, dass die Charaktere ihre Aufgaben mit Nachdruck verfolgen und die Kämpfe, Intrigen, Rätsel und Manöver Relevanz im Sinne der Fiktion haben. Die Charaktere haben Gründe im Abenteuer zu bleiben und es zu verfolgen, wodurch dieses mehr Tiefe und ihre Reaktionen mehr Glaubwürdigkeit erhält. Das ist für mich etwas anderes, als wenn ich Spieler sehe, die immer zu bestimmten Szenen gescriptet oder auf Schienen zu ihnen gefahren werden.
Railroading hat nichts mit ARS zu tun, es kommt bei Spielleitern, die ihre Zufallsbegegnungen unbedingt einbauen wollen genau so vor, wie bei Leuten die eine Geschichte erzählen wollen und die Spieler deshalb in eine bestimmte Richtung manipulieren.
Die Spieler können beim ARS nach Jörg also mit ihren Entscheidungen durchaus Großes erleben, sich narrativ verhalten und über die seelischen Abgründe ihres Charakters sinnieren. Damit aber alles so kommt wie sie es wollen, müssen sie das Abenteuer aktiv vorantreiben und mit ihren Taten dafür sorgen, dass die Chancen auf den gewünschten Ausgang sich verbessern.
Den Rest erledigen ein guter SL, gute Regeln und die Würfel.
Solange man so spielt ist es meiner Auffassung nach so, das die Freude über den Sieg einfach süßer schmeckt, die Emotion einen mehr trifft, weil sie eben unvorbereitet auf einen einstürzt.
Es ist nichts, von dem man weiß wie es kommen wird sondern das Ergebnis von Ereignissen, Plänen und Taten der Spieler oder ihrer Charaktere. Dabei benötigt man für diesen Stil, das ARS alla Jörg allerdings auch Spieler, die sich reinhängen. Man muss Storrynutten als Spieler haben, die ihre Ziele selber verfolgen, eigene Pläne entwickeln und im Spiel mit ihren Charakteren Gas geben, um ihre Ziele zu erreichen. Die vielen Kämpfe, die Proben und alles was für ein packendes Abenteuer so wichtig ist benötigen einen Grund, die Charaktere eine Motivation, um das Abenteuer voranzutreiben.
Grundlegende Motivationen kann man als SL über die vorgegebenen Rahmenhandlung oder Handlungsmaschine erschaffen, doch wirklich laufen werden die Ereignisse erst ab dem Zeitpunkt wo die Spieler den Plot aktiv vorantreiben, ihn mit Leben und ihren Ideen erfüllen. Wenn die Spieler sich nicht einbringen, ist es egal, ob man ihre Entscheidungen als SL entwertet, oder an den Würfeln dreht, um angeblich die Dramatik zu erhöhen. Die Entwertung wird erst dann relevant, wenn es die Spieler nicht interessiert, was passiert. Das ist in meinen Augen der Fall, wenn die Rolle des Charakters aus der Sicht des Spielers nicht von den Ereignissen berührt wird. Dann interessiert es den Spieler nicht was passiert und das Geschrei über Sinn und Unsinn von Schummeln und/oder Railroading macht ohne Spieler die so etwas stört in meinen Augen keinen Sinn.
Deshalb ist es meiner Meinung nach so wichtig, dass der ARS SL eine gute Geschichte parat hat, die den Spielern Ansätze gibt, ihre Charaktere ins Abenteuer zu führen. Für diese Geschichten und die in ihnen vorkommenden SLC benutze ich z.B die Plottheorie. Egal ob Heldenreise oder Archetypen, alles was mir hilft erst einmal eine gute Geschichte als Grundstein zu erschaffen und meine Handlungsmaschine zu pimpen ist mir mehr als nur recht.
Wenn die Charaktere der Spieler in den Plot verwickelt sind, haben ihre Spieler Gründe, das Abenteuer mit ihren Figuren oder Charakteren zu bestehen und agieren aktiver, als wenn sie wissen, das die nächste Handlung eh egal ist, weil der SL einen festen Plan hat. Die Rolle des Charakters kann an den unvorhergesehenen Ereignissen wachsen und ist für mich lebendiger, als in einer fest vorgeschriebenen Geschichte in denen der Charakter nur als Statist in gewissen Szenen gespielt wird.
Fazit:
ARS ist für mich mehr als nur der Punkt, das Spielerentscheidungen nicht entwertet werden, Es ist das, was für mich das Hobby so interessant macht:
Es ist das Erleben von Abenteuern, mit einem Charakter den ich im Sinne seiner Rolle verkörpern kann. Damit das Ganze auch so richtig Spaß macht gibt es das Spiel und die Regeln, die es mir möglich machen, mich auch als SL von der Handlung, die sich entwickelt überraschen zu lassen und damit genau so aktiv zu spielen, wie meine Spieler.
Ich habe halt Abenteuer Rolle und Spiel, die mir in ihrer Kombination Spaß machen. Gerade bei längeren Kampagnen kann ich als Spieler oder SL mehr machen, als mich über die Konflikte und persönlichen Dramen meines Charakters bespaßen zu lassen. Ich kann taktisch agieren, strategisch im Sinne des Spieles oder der Figur planen, wie geskillt wird. Was sonst noch so rumkommt ist immer eine Frage, wie die Gruppe und die Würfel es gestalten.
Es geht nicht um die Konzentration auf eine bestimmte Sache, es geht um gute Geschichten, spannende Kämpfe, darum das Spiel so vielseitig zu gestalten, das man immer wieder gerne zum Spielen geht.