Zu diesem Thema fällt mir nur eine Kleinigkeit ein, die ich vor Jahren mal in einem Blog eines Spieleautors gelesen habe. Das war übrigens ein Spieleautor aus Großbritannien, der sich auf professioneller Ebene sehr lang und detailliert mit den "klassischen" Systemen befasst hat (d.h. also: Initiative bestimmen, Angriff würfeln, Verteidigung würfeln, Schaden würfeln, Punkte verrechnen ...).
Ich weiß das Zitat nun nicht mehr wörtlich, aber es lief auf Folgendes hinaus:
Wenn du auf jemanden eine Bombe wirfst, ist der wahrscheinlich danach tot.
Wenn du jemanden mit einem riesigen Claymore-Zweihandschwert durchbohrst, stirbt er wahrscheinlich auch daran.
Wenn du jemanden mit einem kleinen Dolch oder Taschenmesser in die Kehle triffst, stirbt er daran wahrscheinlich ebenfalls.
Der klassische Modus in Rollenspielen, oder das, was ich mal so nennen möchte, ist seit 35 Jahren so, dass höchstwahrscheinlich die Bombe am meisten "Schaden" verursachen würde (sagen wir 8W6), aber das Claymore weniger als die Bombe (z.B. 3W6) und der Dolch auch wesentlich weniger als das Claymore (z.B. 1W6).
Ehrlich betrachtet ist das alles Kokolores. Entweder man tötet einen Gegner oder man tötet ihn nicht, oder er hat Glück und kommt mit einer Verwundung davon. Aber ob das Opfer nun mit einer zwergischen Zweihandaxt getroffen wird oder mit einem Wurfpfeil oder Wurfdolch, ist dem Opfer unter realitätsnahen Umständen vermutlich egal.
Das ist insofern schon plausibel, da verschiedene Waffen ein unterschiedliches Schadenspotential haben.
Nehmen wir mal die Kurze Episode im Spätmittelalter, in dem Ritter im Vollharnisch unterwegs waren.
Wenn du nur ein Messer hast wirst du keine realistische Chance auf einen Tödlichen Treffer haben, weil du das Auge treffen müsstest und da der Ritter das weiß wird er diese Stelle gut decken.
Wenn du allerdings mit einem Krähenschnabel, einer Armbrust, einer Helebarde,... unterwegs bist dann KANNST du die Rüstung durchschlagen.
Wieso kann der dumme Kurzbogenpfeil nicht "tödlich" sein? (Das war in RuneQuest zuletzt so.) Schon mal eine Indianer- oder Ritterfilm gesehen, wo die Reiterei von Bogenschützen unter Beschuss genommen wird und ein einzelner Reiter dort einen Pfeil in den Nacken oder in die Brust abbekommt?
Zum Thema man könnte den Treffer des Bogens ins Auge nicht darstellen.
Wenn du z.b. explodierende Schadenswürfe hast geht so was. Da kann dein Messerstecher einen Vollpanzerheini umnieten. Das muss man dann halt nicht zwangsläufig so interpretieren, dass er den Panzer durchstoßen hat sondern eher so, dass er eine Lücke gefunden hat. (Sicher wird dies nur in einem von 1000 Schadenswürfen vorkommen (und der Ritter töten einen vermutlich in 9 von 10 Schadenswürfen) aber es könnte theoretisch vorkommen.
Nach dieser Überlegung bin ich zu der Einschätzung gekommen, dass ich solche klassischen Regelsysteme mit "Schaden auswürfeln" nur noch dann verwende, wenn die Spieler keinen hohen Wert auf Realitätsnähe oder Logik legen bzw. wenn sie über solche Macken in den Regeln freundlich hinwegsehen können. In dramatisch und erzählerisch angelegten Systemen würde ich nur zwischen TÖDLICHEM Angriff und NICHTTÖDLICHEM Angriff unterscheiden. Dazwischen gibt es nichts. Und letztlich würde ich in einem cinematischen System den Schaden möglichst deutlich an die Fertigkeit des schädigenden Charakters knüpfen. Sonst kann es leicht zu dem Phänomen kommen, dass man zuhaut und zuhaut wie ein Weltmeister und in jeder Runde voll trifft, aber damit nichts Spürbares bewirkt.
Zwischem tödlichem und nicht tödlichem Angriff zu Unterscheiden und das als "realitätsnah" zu bezeichnen ist mit Verlaub Bullshit.
Man müsste zwischen Treffern unterscheiden die
A) keinen relevanten Effekt haben.
B) das Kampfpotential relevant verringern.
C) den Gegner sofort Kampfunfähig machen.
D) den Gegner töten
Es gibt genug Leute die mit z.T. tödlichen Verletzungen sich noch einige Hundert Meter weit geschleppt haben.
Nach einem Treffer ins Herz kann man noch - ich meine es waren ca. 10 Sekunden lang - agieren, das sind immerhin 2 Kampfrunden in den meisten Systemen, die derjenige seinen Feind noch töten könnte.
Mit durchgeschnittener Kehle hat man sogar wesentlich länger Zeit, weil im Blut noch eine Restsättigung an Sauerstoff vorhanden ist.
Wuchtwaffen verursachen maximale schmerzen mit minimaler Tötungswahrscheinlichkeit, diese produzieren wahrscheinlicher Treffer der Kategorie B) (deswegen haben Tiere die Verteidigungswaffen besitzen vorzugsweise Defensivorgane die ein Maximum an Schmerz zufügen, letalität ist nicht so wichtig).
Auch deswegen haben Südamerikanische Kulturen vorzugsweise Wuchtwaffen verwendet - um ihre Feinde gefangen zu nehmen, man wollte sie ja noch den Göttern opfern.
Stichwaffen führen zu den tödlichsten Treffern, dummerweise auch zu welchen die am wenigsten Schmerzen verursachen, es ist also Wahrscheinlich, dass dein Feind nach dem Kampf an inneren Verletzungen verbluten wird.
Diese Waffen produzieren sehr wahrscheinlich Treffer der Kategorie D) aber nicht unbedingt in Kategorie B) oder C) fallen müssen. (Tiere die Jagdwaffen haben und Beute töten wollen haben deswegen vorzugsweise spitze Waffen. - wenn ihre Beute in 1km Verblutet ist müssen sie sie halt dort aufsammeln.)
Die Realität ist einfach weitaus komplizierter und nuancenreicher als das ein Spiel jemals (effizient) darstellen könnte.
Welchen der Aspekte man nun im jeweiligen Spiel hervorheben will ist eine reine Designentscheidung. Aber eine Herangehensweise ist so unrealistisch wie die andere (naja ok dann gibt es natürlich noch völlig unrealistische).