Die Gruppe erreicht Talabheim und gerät erwartungsgemäß sofort in Schwierigkeiten. Es ist eben ein Unterschied, ob man im kislevitischen Hinterland Personen foltert oder ob man das am hellichten Tage in einer Seitengasse in einer imperialen Hafenstadt tut…
Warnung ! Der kommende Spielbericht behandelt das Abenteuer "Empire at War" von „Mad“ Alfred Nunez Jr. aus der "Enemy within" Kampagne und ist voller Spoiler. 66. Die Stadt der Lügner und geistig Schwachen
Einige Tage später kam der Hafen Talabheims in Sicht. Am Fuße des mächtigen Vulkankraters schmiegte sich das Örtchen Talagrad in die Biegung des Flusses. Schon von Weitem konnte man erkennen, dass die Stadt überfüllt war. Viele Menschen flüchteten vor dem befürchteten Bürgerkrieg, während Söldnertruppen die Zeit bis zur nächsten Schlacht totschlugen. Am Hafenkai war kaum noch ein Platz zu finden. Das mächtige Passagierschiff "Imperator Luitpold" nahm den Raum von einem Dutzend Flussschiffen ein, doch sollte sie im Laufe des Tages noch ablegen. Die Abenteurer verabschiedeten sich von Ulf und seinen Söhnen und blickten sich suchend um. Wo mochte wohl die Taverne "Zum Gehenkten" sein?
Das Stimmengewirr in den zum Bersten gefüllten Gassen drehte sich verständlicherweise um die Spannungen zwischen dem Ostland und dem Talabecland sowie dem drohenden Krieg. Einige Ränkeschmiede vermuteten die Armeen des Feindes sogar nur wenige Tagesmärsche vor den Toren Talabheims. Während die Gefährten noch ihre Taverne suchten, drängte sich Walter ein Händler mit einem prall gefüllten Geldbeutel auf. Doch die Erleichterung des armen, schwer tragenden Mannes sollte nicht der einzige Zwischenfall auf dem Weg zur Schänke sein. Eine Frau wandte sich weinend an die Abenteurer; ihre Fahrscheine für die Imperator Luitpold seine ihr gestohlen worden, den vermeintlichen Dieb konnte sie auch aus der Menge ausdeuten. Walter und Answald
holten die Tickets diskret zurück; zwar stellte sich heraus, dass die Frau die Kameraden angeschmiert hatte, doch der Kuss, den sie zum Dank springen ließ, machte diese Fehlinformation erträglich.
Wenig erträglich fand das Opfer dieser Aktion deren Folgen. Der Diener Hans konnte seinem Herren, dem Händler Helmut Sternwald, nämlich später nicht seine Fahrscheine präsentieren; die hatte die trickreiche junge Dame nämlich schon längst weiter verhökert. Sternwald verprügelte den armen Hans ganz fürchterlich, doch die schlimmste Strafe sollte erst noch kommen: Magnus heuerte den armen, nunmehr arbeitslosen Kerl als seinen Lastenesel an. Diese neue Beschäftigung würde ihn bald schon wieder wünschen lassen, weiter von Sternwald verhauen zu werden...
Doch noch immer sollte es den Abenteurern nicht vergönnt sein, ihre Taverne zu suchen. Ein altes Weib trat an die Freunde heran. Sie suchte ihren Enkel Alexis. Der sei Stallbursche bei Baron Talbastock, allerdings seit einigen Tagen mitsamt des Barons Neffen Hugo verschwunden. Nun hieß es, er hätte den jungen Noblen entführt, und die Schergen des Barons waren unterwegs, um ihn aufzuknüpfen! Alexis' Onkel Silas würde vielleicht wissen, wo sich der Junge herumtrieb. Dem Helfersyndrom erlegen, sagten die Gefährten dem Großmütterchen zu, ihren Enkel samt adligem Kumpel aufzuspüren und ihr zurückzubringen.
Wie sich bei kurzen Nachforschungen herausstellte, handelte es sich bei Silas um einen Tunichtgut und Trunkenbold, der gefälschte Glücksbringer verkauft. Ein Penner führte die Gefährten zu einem Armenhaus, wo der betrunkene Betrüger in einer großen Pfütze seines eigenen Erbrochenen einen komaähnlichen Vollrausch ausschlief. Rasch ward er geschnappt, zum Fluss getragen und ein paarmal in das eiskalte Wasser eingetunkt. Prustend und schnaubend schickte er die Abenteurer zu dem Schmied Sven Svensson, welcher berichtete, dass die abenteuerlustigen Buben auf der Suche nach einer Söldnerkompanie waren, der sie sich anschließen konnten. Bei der Muldhavener Todeswache, die ihre Zelte vor der Stadt aufgeschlagen hatte, war kein Neuzugang zu verzeichnen; die Ostmärkischen Schwerter im Glatzköpfigen Bären jedoch rekrutierten fleißig jeden, der aussah, als könne ihm beigebracht werden, an welchem Ende man ein Schwert am Besten anfasst. Zwar behauptete der hünenhafte Sergeant Ochs, er habe die beschriebenen Buben noch nie gesehen, doch wirklich glaubhaft war seine Aussage nicht.
Laut Silas hatte er seinen Neffen und dessen Freund in der Taverne "Grund des Brunnens" getroffen. Der Wirt dort erinnerte sich an die Burschen - er hatte sie zuletzt mit Linkshand-Iwan gesehen, einem Fahrscheinfälscher. Rasch eilten die Abenteurer zum Hafen, wo soeben die Imperator Luitpold ablegte. Und siehe da, fröhlich pfeifend kam ein verlotterter Kerl mit verkrüppelter rechter Hand vom Anlegeplatz her gen Straße geschlendert. Der Mann musste das schlechte Gewissen in Person sein: Als er die Gefährten von Weitem sah, nahm er plötzlich und unvermittelt die Beine in die Hand. Doch er musste an Richard vorbeilaufen. Dieser streckte einfach seinen Arm aus, und der Halunke prallte dagegen und stürzte zu Boden, als habe er einen Baum gerammt. In einer stillen Seitengasse wurde der Fälscher eindringlich befragt, wo die Jungen abgeblieben seien. Da er die abenteuerlichsten Lügengeschichten aufzutischen versuchte, verprügelte Richard den Halunken erst einmal nach Strich und Faden. Die Erschütterungen der Schläge schienen die Hirnzellen in seinem Kopf wieder in die richtige Reihenfolge gebracht zu haben, denn kleinlaut führte er die Abenteurer zu einem Mietstall am Stadtrand; hier habe er die Burschen an Igor Robinkov, den Stallbesitzer, "verkauft". Diese Formulierung machte die Kameraden stutzig. Die Gefährten malten Iwan mit einigen phantasievollen Drohungen aus, was ihm geschehen könne, wenn er wieder gelogen hat. Dann wurde er angewiesen, in der Gasse zu warten. Um ihn daran zu erinnern, dass ihm Strafe droht, wenn er lügt oder wegläuft, verpasste Magnus dem Verband seiner rechten Hand mit einem billigen kleinen Zaubertrick ein glimmendes Leuchten. Derart verarztet, ließen sie den Halunken zurück und begaben sich zum Stall.
Ein folgenschwerer Fehler, wie sich herausstellen sollte!
Auch Igor nahm es mit der Wahrheit nicht so genau. Der alte Kislevite behauptete zunächst, er habe die Buben als Stallburschen beschäftigt, nur seien die undankbaren Gören ihm vor wenigen Augenblicken davongelaufen. Dass seine Geschichte genauso glaubhaft war wie die Märchen, die der einhändige Iwan zunächst erzählt hatte, erkannten die Abenteurer nach einer raschen Durchsuchung des Anwesens. Unter einer Falltür im Schuppen verbargen sich mehrere Käfige, und in einem von ihnen saß ein blonder Junge, der den Gefährten verängstigt und vom plötzlichen Licht geblendet entgegenblinzelte. Igor war, wie sich herausstellte, ein Sklavenhändler! Der kleine Michael war gemeinsam mit Alexis und Hugo im Gewahrsam des Alten gewesen, bis den beiden anderen die Flucht gelang. Sie dachten eigentlich, Robinkov würde sie an eines der Söldnerheere vermitteln, wo sie Ruhm und Ehre in großen Schlachten einzuheimsen gedachten. Michael wurde belehrt, wie töricht seine Idee war, und zurück zu seinen Eltern geschickt, welche vor den Mauern der Stadt eine Farm betrieben und vor Sorge sicher schon ganz krank waren.
Der nächste folgenschwere Fehler!
Denn kaum war der Bursche um die nächste Ecke verschwunden, erklang draußen das Trampeln schwerer Schritte. Die Gefährten dachten sich zunächst nichts dabei und wandten sich wieder Igor zu, um zu fragen, wo denn die beiden anderen Jungs hingelaufen sein konnten. Doch da rief von draußen ein Hauptmann der Wache: "Kommt raus, ihr seid umstellt!"
Entgegen allen gesunden Menschenverstandes war der offenbar geistig behinderte Iwan nicht in der Gasse geblieben, wo er zurückbleiben sollte. Vielmehr hatte er nichts besseres zu tun, als die Drohungen und damit verbundenen Anweisungen der Abenteurer zu missachten, sich und seine leuchtende Hand der nächstbesten Wache zu präsentieren und abenteuerliche Geschichten über die dämonenanbetenden Fremden zu erzählen, die zu Igors Stall geführt hatte. Dass er sich hierdurch selbst für den Scheiterhaufen prädestiniert hatte, schien ihn nicht zu interessieren. Der Wache indes war es gelungen, innerhalb weniger Augenblicke einen undurchdringlichen Kordon rings um den Stall zu errichten, wie Answald mit einem Blick aus dem Hinterausgang feststellte. Bernard sprach die Wachen an und erklärte die Situation - von der Stellung als Ritter des Imperiums bis hin zu der Sklavenhändlertätigkeit erläuterte er alles, was einen Menschen mit gesundem Menschenverstand überzeugt hätte. Nicht so den Trottel der Stadtwache.
Da die Wahrheit niemanden interessierte, kam nun Walter ins Spiel. Er hatte einst das Gewand eines Sigmarpriesters gefunden. Sogleich legte er es an und trat vor die Scheune, um den Sachverhalt von Angesicht zu Angesicht zu klären. Doch der Wachmann war nicht nur dumm, sondern auch noch respektlos. Gleich ließ er Walter, trotz der Autorität seines Gewandes und der Tatsache, dass er sämtliche kritischen Fragen überzeugend beantwortete, in Ketten legen. Als "Vater Salter" den Hauptmann zum Kerker führte, wo die Buben gefangen gehalten wurden, gesellte sich zu Dummheit und Respektlosigkeit dann auch noch Blindheit hinzu. Leider war der blonde Michael verschwunden, doch vermutlich hätte den geistig zurückgebliebenen Wachmann auch dieser Beweis nicht interessiert.
Da die Stadtwache offensichtlich nur darauf aus war, die Gefährten auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen oder noch besser gleich vor Ort "auf der Flucht" zu erschießen, kam nun der letzte verfügbare Plan zur Anwendung. Die Gefährten wollten sich nicht auf das Niveau der Wachen begeben und versuchten daher nicht, sich den Weg freizukämpfen. Drei Dutzend erschlagene Wachmänner hätten sicherlich nicht zur Beliebtheit der Gruppe in der Stadt beigetragen. Also trieben Answald, Bernard und Richard alle Pferde zusammen. Magnus, des Reitens nicht ausreichend kundig, versteckte sich im Stroh, während seine Kameraden mit den über dreißig Pferden den Ausbruch wagten. Die Herde donnerte aus dem Stalltor heraus; der alte Igor war dumm genug, ihnen in den Weg zu treten, und wurde zu Tode getrampelt. Answalds Pferd strauchelte plötzlich, er stürzte zwischen die wirbelnden Pferdehufe, und beinahe wäre ihm das gleiche Schicksal widerfahren. Als Bernard dies sah, sprang er rasch ab und verschwand wieder in der Scheune. So gelang schließlich nur Richard die Flucht. Answald wurde ebenfalls in Ketten gelegt, und so schienen die Gefährten jeder Möglichkeit beraubt, dieser bizarren Situation unbeschadet zu entkommen; es schien fast so, als hätte ein böser Gott sich eingemischt und es zu seinem obersten und einzigen Ziel erklärt, das Schicksal der Abenteurer zum Schlechten zu beeinflussen... Hier gabs zum ersten Mal ne richtige Streiterei zwischen Spielern und SL. Grund war das Zeitmanagement und Plausibilitätsfragen. Es ging los mit dem Gefangenen, der trotz seiner leuchtenden Hand zur Wache gerannt war. Die Spieler sagten, es wäre nicht plausibel, dass er zur Wache rennen würde, da er Gefahr laufe selber als Mutant oder Chaoshexer verbrannt zu werden. Ich erwiderte, dass er in Panik war und nicht rational gehandelt hatte (ich hatte sein Verhalten ausgewürfelt und dem Gang zur Wache eine 10% Chance eingeräumt).
Danach die Aktion am Mietsstall. Ich veranschlagte die Zeit für die Befragung, die Durchsuchung und Befreiung des Jungens mit ca. einer Stunde. In Echtzeit hat der ganze Kram nur 10 Minuten gedauert. Dann hörten sie die Wachen anrücken. Ich dachte mir, dass eine Stunde ausreichend wäre eine genügend große Anzahl von Soldaten zusammenzuziehen, hatte ich doch gesagt, dass aufgrund der Bürgerkriegsgefahr viel mehr Wachen unterwegs waren, als zu normalen Zeiten.
Ich sagte ihnen also, dass eine größere Anzahl Soldaten auf den Mietstall zumarschierte und fragte sie nach ihren Handlungen. Sie sagten, dass sie die Soldaten ignorieren und im Stall verbleiben würden. Die Soldaten umstellten daraufhin den Stall und forderten jeden Anwesenden auf, unbewaffnet nach draußen zu kommen.
Jetzt wurde mir der Vorwurf gemacht, die Spieler hätten gar keine Zeit gehabt zu reagieren. Das verstand ich überhaupt nicht. Als die Soldaten anmarschiert kamen, hätten sie jederzeit durch die Hintertür verschwinden können. Sie hatten aber gesagt, dass sie die Wachen ignorieren wollten.
Dann kam der Trick mit der Priesterkutte. Fand ich echt gut. Nur hat der Charakter seine Charismaproben mit Pauken und Trompeten versemmelt. Der Auftritt war also nicht überzeugend.
Zuletzt wollten sie mit der Pferdeherde entkommen. Ich sagte ihnen, dass für Charakter, die reiten können eine einfache Probe genügt (sie wollten sich seitlich an die Pferde hängen). Ich legte allerdings fest, dass Charakter mit Plattenrüstung eine schwere Probe würfeln müssen.
Das Ende vom Lied war, dass sie mir vorwarfen, alle ihre Pläne bewusst zu sabotieren, um sie im Sinne des Plots gefangen zu nehmen. Da ist mir dann ein wenig der Arsch geplatzt und ich sagte ihnen, dass die Szene mit der Wache überhaupt nicht im eigentlichen Abenteuer vorkommt und einzig und allein eine Reaktion der Spielwelt auf ihre Handlungen darstellt.
Ich sagte dann noch, dass sie bei den entscheidenden Würfelwürfen Pech gehabt hatten und wir uns das Würfeln auch schenken könnten, wenn misslungene Proben keine Auswirkungen hätten.
Letztlich hatte ich den Eindruck, dass die ganze Problematik wie so oft auf einem Kommunikationsproblem beruhte.