Nein, nein. Du irrst dich. Hero System hat nur einen etwas seltsamen Ruf in der heutigen Zeit.
Ich habe es letztes Jahr nach langer Pause wiederentdeckt und wieder gespielt. Ich kann dir sagen: Man KANN es spielen. Mit ein bisschen Vorbereitung und Geduld ist es gut zu spielen und es läuft gut -- und ich meine hier mit "Vorbereitung und Geduld" bestimmt auch nicht mehr Vorbereitung und Geduld, als jeder normale DSA-, Shadowrun- oder D&D-Spielleiter in seine typische Runde reinsteckt.
Auf den ersten Blick hat Hero sehr viele "Stats", in der 6. Edition sogar mehr Stats als bereits in der 5. Edition, aber in der sechsten ist dafür nun alles flexibler und lockerer, logischer erklärt: Man kann unter anderem einen Mentalisten-Kämpfer erschaffen, der wirklich gehörig reinhaut und schwer zu besiegen ist, aber nur sehr schwache physische Attribute hat. Auch muss man nun keine hohe DEX kaufen, um im Kampf gut zu sein. Ein Kämpfer, der auf Robustheit, rohe Kraft, Einstecken und Schnellkraft setzt, braucht nicht auch noch eine DEX wie ein olympischer Bodenturner zu haben. Er steckt einfach Punkte in PD, REC, STUN, END und vor allem in seinen OCV, den man nun separat mit Punkten hochziehen kann (früher hing OCV ja direkt von DEX ab).
Beim letzten Mal, als ich Hero leitete, wurden die Spielercharaktere auch tatsächlich nur gestresst oder angeschlagen, nicht schwer verletzt. Also genau das, was das Comic-Genre auch will. Außerdem machten meine Spieler auf einmal sehr viele interessante Dinge einfach durch das Benutzen von Skills--und die Skills sind in Hero das Leichteste überhaupt. Einfach nur mit 3W6 kleiner oder gleich eine bestimmte Zahl würfeln. Ein Ergebnis entscheidet.
Ich finde, Hero verlangt zwar einige Lesezeit vom SL, ist jedoch letztendlich leichter und ergiebiger als GURPS. Da die Stärken von Charakteren nun auf viele aktive und passive Attribute verteilt sind und nicht nur auf 4 Stück wie in GURPS, finde ich Hero etwas fairer und besser strukturiert.
Viele Bestandteile an Hero System sind außerdem modular und optional. Ich selbst verfolge das Ausgeben von END nur dann, wenn abzusehen ist, dass der END-Punktestand entscheidend für den Ausgang einer Kampfszene sein kann. Hit Locations lasse ich weg, ebenso manche Kampfmanöver, die einfach schwer auszurechnen sind. Die mächtigen Fähigkeiten mit dem "DANGER" Warnschild daneben lasse ich in den meisten Kampagnen auch nicht als Spielercharakter-Fähigkeiten zu.