Tendentiell würde ich sagen, ist das schon ganz schön Retro und dann auch wieder nicht. Es sind mythisch-archaische Helden im modernen Gewand (außer vielleicht der Zorroverschnitt Batman), die allerdings inzwischen längst mit der Popkultur verschmolzen sind. Und obwohl diese Figuren teilweise bis zu 60 oder gar 70 Jahre alt sind, haben sie sich immer wieder dem Zeitgeist angepasst und sind dadurch einigermaßen frisch geblieben, auch wenn gewisse Ermüdungserscheinungen nicht wegzudiskutieren sind. Die Zukunft, zumindest die der Ikonen des Genres, liegt jedoch nicht mehr in den Comics, sondern in den Blockbusterfilmen. Das mag man beklagen, allerdings wird da das große Geld verdient, und gleichzeitig können dadurch auch die noch im Druck befindlichen Serien mitfinanziert werden.
Im Rollenspiel kommt es wohl in erster Linie auf den Spielstil an, ob man mehr oder weniger Retro spielt - wobei ich mir nicht vorstellen kann, daß ein klassischer Silver Age Stil, mit all seiner Naivität, noch viele Freunde finden wird. Und wie man es dreht und wendet, die Heldenkonzepte sind nun mal ein wenig altmodisch: mit Ehrenkodex, Code vs Killing, Verantwortungsgefühl, etc ..., das kann man natürlich umgehen, in dem man die Hardcore-Punisher-Kampagne spielt - aber wer will das schon? Also, so richtig Four Color spielen ist schon eher Retro, würde ich sagen, und bei Street-Level wird es halt schnell recht düster. Da muß man die Mischung suchen, die einem gefällt.
In den heutigen Comics hat das Silver Age, wie schon von anderen gesagt, etwas an Boden gut gemacht; der Schwerpunkt liegt allerdings, in bester TV-Serien Manier, mehr denn je auf den Problemen und Dilemmas der Protagonisten, die man Monat für Monat verfolgen soll.
In Deutschland war das früher wohl eher altersspezifisch mit dem Comiclesen. Ich hatte einen älteren Bruder, der Superman, Batman, Die Spinne, MAD, u.ä. las und in die Hefte hab' ich natürlich reingeschaut, aber bei mir selber standen eher Lustige Taschenbücher und so etwa auf der Agenda. Das das der totale Schund ist, hab' ich höchstens mal von Deutschlehrern gehört, und die waren auch nur Kinder ihrer Zeit. Schließlich hat man in Deutschland bis heute allenfalls eine rudimentäre Ahnung davon, was gute Unterhaltung eigentlich ist, aber das Fass mach' ich jetzt nicht auf.