Und ich glaube du hast auf den unwichtigen Teil meines Posts geantwortet
Mir war wichtig, den Eindruck zu zerstreuen, dass es den Schreibern hier vordringlich um ein Hochjubeln der französischen Szene geht. Derart sind meine Beiträge schon vor 12 Jahren missverstanden worden (was ich aber auf meine Kappe nehmen muss, denn sie luden durchaus zu einer solchen Interpretation ein).
Mein Interesse hingegen war und ist das Erkunden einer anderen Rollenspielkultur, und ein Ergründen der Mechanismen, die diese Kultur geschaffen oder begünstigt haben; und in einem zweiten Gedankengang die Vorstellung, wie es bei uns eben anders aussehen könnte, wenn diese Mechanismen auch bei uns gegriffen hätten.
Nicht, weil diese anderen Mechanismen zu höherwertigeren oder anspruchsvolleren Ergebnissen führen, sondern weil sie zu
anderen Ergebnissen führen.
"The road less traveled."
Es gibt viele französische Spiele, die mich bei aller bewunderten optischen Opulenz inhaltlich
nicht die Bohne interessieren - über die ich aber trotzdem alles wissen will! Darum ist eine Präsentation/Gesamtübersicht wie die von
COPS sehr lehrreich. Der Casus Belli brachte übrigens früher immer ein bis zwei Jahre,
nachdem ein Rollenspiel neu erschienen war, eine ähnliche Sammelrezension ("Portrait de Famille" genannt) aller bis dahin erschienenen Produkte - doppelt interessant, wenn man sie im Vergleich mit der ersten, meist ebenfalls sehr ausführlichen Rezension des Regelwerkes las.
Bei manchen Systemen wundere ich mich ernsthaft, dass sie in Frankreich erfolgreich sind. Dem 2005 erschienenen
Palimpseste zum Beispiel hätte ich keine großen Chancen ausgerechnet. 2008 erschien dann sogar eine überarbeitete zweite Auflage unter dem Titel
Terres Suspedues, der sogar sechs farbige Sichtschirme für die Spieler beilagen.
Da sind sicherlich auch - wie in den USA und bei uns - Vanity-Projekte darunter, die lediglich wegen der größeren Verfügbarkeit von Zeichnern eher wie professionelle Produkte aussehen (
Écryme). Manche Spiele haben ganz bescheiden als Hobbyprodukte angefangen, wurden stetig erweitert und wiederveröffentlicht, bis sie später von professionellen Verlagen aufgegriffen wurden. Die erste professionelle Fassung von
SimulacreS war bereits die 5. Edition;
Mega III hatte den Zahlenzusatz, weil es die 3. Edition war.
Ich könnte mir vorstellen, dass auch
Rêve de Dragon und
Hurlements in ihrer ersten Version Hobbyprodukte waren;
RdD1 habe ich leider nie gesehen (Fotos in einem Katalog legen eine Fan-Veröffentlichung nahe), aber beide Spiele waren selbst in der Frühfassung in Läden zu finden (
Hurlements habe ich 1992 in einem ausgesprochen touristenorientierten Holz-Geduldspiele- und Schach/Backgammon-Laden in Les Halles gefunden) und wurden eifrig mit Abenteuern und Supplements unterstützt.
Und dann darf man auch nicht unterschlagen, dass es viele professionelle Spiele kaum über das Regelbuch hinaus geschafft haben (
Stella Inquisitorus, Scales, Shoan) oder von vornherein als Ein-Buch-Reihen ausgelegt waren (
Mega III).