Och, nur vier Monate für die ersten zwei Bücher. Gar nicht so irre lang!
Machen wir ein richtiges Review draus!Trouilleville(
Bilder hier.)
Voll toll!
Das
Grundbuch "La Silencieuse" ist ein 100% vollständiges Spiel auf 97 Seiten. Es enthält ...
- die Regeln
- fünf spielbare Monstertypen (Golems, Tiefe Wesen, Irre Wissenschaftler, Hexen, Vampire)
- einen kleinen Einführungscomic
- ein Solo-Abenteuer (das tatsächlich alle Regeln beibringt!)
- eine Beschreibung des titelgebenden Waldes und des Monsterstädtchens Trouilleville ("Schreckstädtle"?
)
- jeweils mit Orten, Figuren und "Plothooks" (die aber eher generelle Ideen als fertige Abenteuerprompts sind)
- ein Abenteuer "Krach bei Baba Yaga"
- Beispielcharaktere
Der
Erweiterungsband "Le Marais de Clairbrun" enthält auf 97 Seiten ...
- fünf weitere Monstertypen (Vogelscheuchen, Geister, Werwölfe, Skelette, Mumien)
- eine Beschreibung des titelgebenden Sumpfes, seiner Locations, Personen und Plot Hooks
- zwei Abenteuer
- Hinweise und Zufallstabellen für eigene Abenteuer und Personen
- neue Beispielcharaktere
Beide kosten jeweils 25€ und sind wertige, vollfarbige Hardcover mit ein bisschen Glanz auf dem Cover. Das Layout ist manchmal kreativ, manchmal eher minimalistisch. Es nutzt sehr kleine Schrift. Die Illustrationen sind komplett konsistent und gefallen mir subjektiv total gut. Sie sind zweifelsfrei sehr süß, aber ich finde sie auch ästhetisch und beizeiten sogar
cool, was die meisten Kinderrollenspiele nicht priorisieren.
Insgesamt spielt man in Trouilleville niedliche Monster, die relativ klassische Abenteuer erleben, nur eben "in niedlich". Und das beantwortet für mich auch gleich die wichtigste Frage: Es spricht überhaupt nichts dagegen, das Spiel nur mit Erwachsenen zu spielen! Zumindest, wenn man Bock auf diesen lockeren, "cozy" Tonfall hat; ich kann mir tatsächlich auch einen gewissen Animal-Crossing-Vibe vorstellen, oder eben Adventure Time.
Das
Setting arbeitet einerseits offen und bereitwillig mit den üblichen Monsterklischees in der mehr oder weniger kinderfreundlichen Variante (die teils heftigen Implikationen bleiben
), bringt aber GOTT SEI DANK auch seinen eigenen Geschmack mit ein, im Gegensatz zu den meisten Kinderrollenspielen. So sind die Locations nicht einfach nur irgendwelche Anspielungen, sondern entweder komplett eigen oder zumindest eine kreative "Trouilleville-Variante" davon. Die NSCs haben durchaus Charakter und können beizeiten sogar faszinieren; die "Anführer" der jeweiligen Fraktionen bspw. haben es mir angetan! Besonders hervorheben möchte ich aber noch die Variation der Monstertypen: Okay, du spielst einen Geist, aber ist es eine Weiße Frau, ein royaler Geist, ein Yumboe, ein besessener Haufen Dreckwäsche oder ein Kind im Bettlaken? xD Insgesamt fand ich die Setting-Inhalte des Erweiterungsbandes etwas stärker als die des Grundbuchs.
Die
Regeln sind sehr traditionell: Ein Pool-System mit drei Attributen und einer Hand voll W6, ein Kampfsystem, auf die absoluten Basics heruntergebrochen, und dazu der übliche Kram wie Erfahrung, Zustände etc. Man kann diese Regeln in 10 Minuten vollständig erlernen. Ich weiß nicht ganz, ob ich überhaupt ein Kampfsystem gebraucht hätte, aber immerhin kann man Gegner auch "verschrecken" statt sie körperlich anzugreifen.
Gegenstände und individuelle Charaktereigenschaften aus einer Liste der jeweiligen Monstertypen spielen eine große Rolle und dürften, eine offene Spielleitung vorausgesetzt, auch die Kreativität fördern. Der größte Vorteil dieser traditionellen Herangehensweise (neben ihrer Intuitivität) ist, dass sie nur wenig ineinandergreift und so problemlos erlaubt, einen eigenen Geschmack einzubringen. Kampfsystem rauslassen? Warum nicht! Neue Monstereigenschaften einführen? Klar doch!
Die
Abenteuer wirken definitiv brauchbar, lustig und generell angemessen für die Zielgruppe, wobei ich hier ehrlich bin: Ich habe nicht alles bis auf den letzten Absatz gelesen. Ob ältere Kinder die SL-Rolle selbst übernehmen können? Wahrscheinlich nicht besser oder schlechter als in den meisten Kinderrollenspielen. Eigene Abenteuer zu basteln, ist hier definitiv ein Leichtes.
Wichtiger Punkt:
Die Sprache! Generell ist das Französisch in Trouilleville eher simpel, was natürlich hervorragend passt und mir großen Spaß bereitet hat, die Comics und die zahlreichen Illustrationen lockern total gut auf. Die Regeltexte habe ich absolut problemlos verstanden, beim Solo-Abenteuer und der Setting-Beschreibung musste ich ein paarmal das digitale Wörterbuch rausholen. Trotzdem dürfte Trouilleville für Sprachenlerner wie mich sehr viel empfehlenswerter sein als die meisten anderen französischen Rollenspiele.
Insgesamt also ein total sympathisches, funktionales Spiel, das eindeutig für Kinder gemacht wurde, aber auch die nötigen Reize für Erwachsene mitbringt. =]