So, ich hab Les Chroniques des Féals gestern bekommen und schon mal durchgeschmökert.
Hintergrund- und Systemteil sind optisch voneinander getrennt - die Welt ist bunt (im Druck wie im Detail), das System S/W. Die grafische Aufmachung ist - typisch französisch - ein Leckerbissen. Die Beschreibung der Welt und ihrer Bewohner macht mehr als 3/4 des 330 Seiten starken Buches aus, dagegen präsentiert sich das System sehr schlank und vor allem sehr offen.
Es ist ein W10-Poolsystem, bei dem die Anzahl der Würfel durch die Fertigkeit, der Erfolgswert aber durch das Attribut vorgegeben wird. Die Schwierigkeit wird durch die Zahl der nötigen Erfolge ausgedrückt. Dieser Mechanismus kommt für alle Proben zum Einsatz, sei es Kampf, Magie oder Interaktion. Ein Rad bietet einen wunderbar durchdachten Überblick über die Zuordnung von Schwierigkeiten in verschiedenem Kontext.
Die Rollen der Spieler sind die von Féalen - "Priestern" von Fabelwesen, die im Laufe ihres Lebens immer mehr von dessen Eigenschaften und Fähigkeiten annehmen können. Man nennt dies Mimetik. Ihr Gegner ist das Nichts, eine Macht, die die ganze Welt auflösen wird, wenn es nicht aufgehalten wird. Es gibt aber noch einen weiteren Feind - das Aas. Die Grenzen zwischen dem Reich der Lebenden und der Toten sind durchlässig geworden und so gelangen die Aasgeier (Untote) in die Welt (die übrigens als M´Onde bezeichnet wird, ein Wortspiel, dass nur auf französische funktioniert, ist es doch einerseits einfach "W´elt", enthält aber gleichzeitig das Wort "Onde", die "Woge", eine der beiden magischen Kräfte der Welt). Diese sind offensichtlich feindlich, stehen aber andererseits dem Nichts ebenso feindlich gegenüber.
Im Buch enthalten sind zwei Einführungsabenteuer, ein eher kurzes und eine lange Historie.
Dazu gibt es einen SL-Sichtschirm mit einem Heft, das das Jahr 995 beschreibt und damit den Grundstein einer fortlaufenden Geschichte der Welt legt. Der SL wird übrigens als "Exodin" bezeichnet, ein Begriff aus der Welt.
Wer AGONE kennt, dem werden die Ähnlichkeiten nicht entgangen sein. Zwei negative Kräfte, von denen eine eigentlich nicht ganz so negativ ist, Helden, die mit sehr speziellen magischen Kräften ausgestattet sind, eine Welt, in der Magie durchaus alltäglich ist. Dennoch ist es sicherlich kein AGONE-Klon. M´Onde ist als Welt deutlich düsterer als Harmundia, die Magie der Féalen sehr zweischneidig, verändert sie den Anwender doch im Laufe der Zeit. Das System trägt dem Rechnung, indem es Trauma einsetzt und "Nekrose" - den Einfluss des Nichts. Noch stärker als bei AGONE hat man aber System und Welt inhaltlich miteinander verknüpft, erklärt systemtechnische Dinge aus der Welt heraus (1 am W10 ist die Perfektion, 0 hingegen die Zahl des Nichts) und macht settingspezifische Zusammenhänge über das System verständlich.
Fazit: Ich muss den Systemteil für meine Gruppe mal auf Deutsch übersetzen und dann zum Spieltest schreiten. Kann aber eine Weile dauern, weil wir derzeit bei AGONE noch sehr zufrieden festsitzen.