Die richtig harten Storygamer sind übrigens wahre Regelfetischisten. Für die ist es ein Sakrileg, Spiele wie Polaris, My Life with Master, In A Wicked Age etc. auch nur im Ansatz zu verhausregeln … Da wird entweder nach den Regeln gespielt, oder "Du spielst was anderes".
Dass die Regeln dieser Spieler üblicherweise ganz andere Dinge berühren als … sagen wir mal DSA … spielt natürlich mit rein. Aber zu behaupten Story-orientiert spielen heisst auf Regeln scheissen ist vielleicht mehrheitsfähig, aber keine allgemeingültige Wahrheit.
Da hast du sicher Recht, der Gegensatz Regel-Story kommt aber aus einem anderen Verständnis von Story, dass man vordringlich bei DSA beigebracht kriegt. Bei DSA-Abenteuern ist Story eben nicht das, was aus den Handlungen der Protagonisten entsteht, sondern das, was unabhängig von ihren Handlungen geschieht. Story ist den Hauptfiguren da äußerlich, und eine "gute" Story ist dann eine mit einem besonders schlauen "Twist" oder mit besonders beeindruckenden/bewegenden (Sprich: kitischigen) Set-Pieces.
Nur aus dem letzteren Verständnis heraus ergibt die "Der SL wird schon wissen, warum das so besser ist"-Haltung einen Sinn, weil da der SL das Geheimwissen über die tollen Twists und Set-Pieces hat, die nur erreicth werden können, wenn der Abenteuerablauf eingehalten wird. Wenn die Geschichte dagegen aus den Handlungen der Protagonisten heraus entsteht, dann können alle im laufenden Spiel beurteilen, wie interessant/bewegend/beeindruckend die Geschichte sich gerade entwickelt. D.h. alle sind gleich Urteilsfähig darüber, was "gut für die Geschichte" ist, weil die Geschichte jetzt und hier gespielt wird und nicht als einzulösendes Versprechen eines "tollen Abenteuers" inder Zukunft liegt.
Und was Liftboys SL da getrieben hat, lässt sich ja nicht mal bei wohlmeinenster Lesart als der Versuch interpretieren, ein Abenteuer auf Linie zu halten, damit die Spieler die tollen Twists und Set-Pieces nicht verpassen, die noch kommen sollen. Das klingt doch wirklich nach reinem Abstrafen eines Spielers dafür, dass er es gewagt hat, eine kluge Idee zu haben die nicht vorgesehen war. Viele DSA-Autoren erziehen den SL ja auch zu dieser Haltung und enthalten oft die explizite Anweisung, Spieler abzustrafen, die sich "für besonders schlau halten" und den "Plot sprengen wollen". Durfte ich gerade wieder bei der Vorbereitung von "Brogars Blut" feststellen ...