@ Stahlstadtkind: Ich hatte das jetzt so verstanden, dass Du Konzepte für die Wahren Fae suchst, nicht für die Verlorenen. In diesem Fall möchte ich zuerst einmal Nin widersprechen, der behauptet, dass die Fae grundsätzlich abstrakte Konzepte darstellen. In "Autumn Nightmares" wird das Wesen der Herrschaften ja dem dramaturgischen Geschmack des Spielleiters überlassen (AN, S. 55-58). D.h., dass man sich zu Beginn einer Kampagnenplanung schlicht entscheiden sollte, ob man die Anderen als göttliche Wesen, Engel, Dämonen oder außerirdische Wesen konzipiert.
Stahlstadtkind scheint sich ja lediglich nach der scheinbar als Standardversion eingerichteten Darstellung zu richten, der zufolge die Anderen Alptraumwesen sind. Dann sind m.E. zwei Herangehensweisen stimmig: als die alptraumhaften Archetypen der klassischen Märchen oder eben als die Verkörperung abstrakter Beklemmungen und Ängste (wie von Nin bereits angemerkt).
Ich finde es deswegen völlig in Ordnung, die Erhabenen sehr dicht an Märchenvorlagen entlang zu stricken. Allerdings wird das Figurenrepertoire m.E. auf die Dauer auch etwas zu glatt. Die Spieler könnten unter Umständen in eine Lage geraten, in der sie die Fae allzu schnell "entschlüsseln" und diese dann auch schlicht nicht mehr verstörend genug sind. Da sie ja "die Anderen" sind, sollte auch immer etwas Andersartiges an ihnen haften. Diesbezüglich finde ich das bizarre Element, das dem Syzygy aus "Lords of Summer" (LoS, S. 2-5) anhaftet, vorbildlich: "Vater" und "Mutter" haben hier definitiv nichts mit den klassischen Märchengestalten zu tun, bieten aber genug Anspielungen auf psychologische Angstmomente, dass sie ins Konzept der Alptraumwesen passen.
Mein Vorschlag wäre eine Abstraktion der Teichnixe (ein altes deutsches Märchen, nicht die Andersen-Variante):
Inmitten eines dichten Schilfgürtels befindet sich ein Teich, bedeckt von Seerosen, über dem schillernde Libellen fliegen. Ein morscher Steg, grün von Moos und grau von Flechten, führt auf das Wasser hinaus. Ein einsamer Wanderer mit sehnsüchtigem Herzen kann nachts traurigen Gesang aus dem Wasser aufsteigen hören, der ihn immer wieder zu sich ruft und von Liebe und der Hoffnung auf Gemeinsamkeit erzählt.
Dabei handelt es sich aber nicht um die schöne Nixe aus dem deutschen Märchen, sondern um etwas, das die Verlorenen nur "das Abscheuliche" nennen: Wenn der Wanderer bereit ist, den zauber zu erfüllen, wird er einen Spiegel, in dem sein Antlitz eingefangen ist, ins Wasser werfen. Sobald er diese Bedingungen zu erfüllen bereit ist, und er den Spiegel ins Wasser taucht, wird das arme Geschöpf von kalten grauen Händen gepackt und ins Wasser gezerrt. Dort wird er ins Reich des Abscheulichen entführt, das sich im trüben Zwielicht am Grunde eines Tümpels befindet. Das Abscheuliche ist eine runzlige, alte Gestalt, deren grauer Körper überall von strohigem Haar bedeckt ist. Im gesichtslosen Kopf tut sich lediglich ein großer Mund mit schiefen Zähnen und einer dicken, geschwollenen Zunge auf.
Das Abscheuliche spürt Sehnsucht und Einsamkeit wie eine gähnende Leere in sich, die es mit etwas zu füllen versucht, das es aber nicht versteht. Die Hoffnung auf Zweisamkeit treibt es dazu, immer neue Opfer zu suchen, mit denen es in seinem Bau aus Wassergras, Perlmutt und schimmernden Luftblasen glücklich oder zumindest zufrieden zu sein versucht. Weil es aber keine Fähigkeit besitzt, Gemeinsamkeit zu empfinden oder aufzubauen oder zu erhalten, wird es von seinen "Geliebten" schnell enttäuscht sein und diese in einer Röhre einschließen. Aus diesen Zellen werden die Gefangenen nur ab und zu herausgelassen, um unterhaltsame Abende für das Abscheuliche und sein jüngstes Opfer zu gestalten (als Artist, Koch, o.ä.) oder eine makaber-fröhliche Gesellschaft für den jüngst unglücklich Entführten zu bieten.