Was ich grundsätzlich als „Player Empowerment“ werte sind jede Art von „Gummipunkten“. Ich kann damit als Spieler ohne über meinen Charakter als „Werkzeug“ gehen zu müssen, Wahrscheinlichkeiten beugen...
Wobei das Soaken von Wunden sogar noch diese "Gummipunkte" als eine Art "Multifunktions-Hitpoints" verwendet. Setzt man z.B. bei Deadlands die Fate-Chips zum Wundenvermeiden ein, dann sind es "Hitpoints". Setzt man sie zum Lernen oder Verbessern von Charaktereigenschaften ein, dann sind es "Erfahrungspunkte" oder "Lernpunkte". Setzt man sie zum Aktivieren von Knacks oder Guardian Spirits ein, dann sind es "Fate-Punkte, die den Aspekt 'Knack' taggen".
Einzig das Wurfwiederholen findet KEINE Parallele in im Charakter irgendwie verankerten Eigenschaften. - Es ist ALLEIN die Entscheidung des SPIELERS (wie bei den obigen anderen Effekten auch!), doch findet sie ausschließlich im "Meta-Game"-Raum statt. Der Wurf ist an sich bereits gelaufen, der Fakt bestimmt. Nun ÄNDERT die Wurfwiederholung diesen Fakt (eventuell). Das ist ein EINGRIFF in die eigentlich bereits via Charakter geschaffene Spielweltfaktenlage. Und daher ist dieses Wurfwiederholen IMMER PE.
Nach den Ausführungen von ZH ist mir klar, dass er dass nur als eine weitere Resource sehen will, wie bspw. Hitpoints, aber den Schritt bin ich (noch?) nicht bereit mitzugehen .
Die Fate-Chips in Deadlands sind zwar dem CHARAKTER zugeordnet, doch kann und wird der Charakter NICHT SELBST damit etwas anfangen können. Diese Resource ist NUR für die Verwendung durch den SPIELER bestimmt.
Der Charakter kennt andererseits auch keine Wundenstufen, keine Trefferpunkte, keine Magiepunkte, usw.
Alle diese Eigenschaften sind nur für den Spieler da. - Trefferpunkte lassen den SPIELER einschätzen, wie gefährdet der Charakter ist, wie gefährlich eine Waffe ist, wie gesund und fit sich der Charakter fühlen mag.
Auch ist der direkte Einsatz von Magiepunkten ja immer eine Spielerentscheidung - und zwar eine unmittelbare, im Gegensatz zu Trefferpunkten, die der Charakter auch gegen den Willen des Spielers verlieren kann.
Das ist das "Spielige" am Rollenspiel. Der Spieler bekommt Resourcen an die Hand, entlang deren Änderungen oder möglicher Änderungen er Entscheidungen treffen kann. - In den meisten Fällen KENNT ein Charakter solche Resourcen NICHT, weil sie NICHT in der Spielwelt vorkommen. Sie sind völlig separat zu dem, was in der Spielwelt passiert.
Interessanterweise auch Aspekte. - Ein Charakter selbst hat nicht einfach einen Aspekt. Der Aspekt BESCHREIBT ihn. - Somit ist die Entscheidung einen Aspekt zu Taggen oder zu Compellen eben NICHT aus dem Charakter heraus möglich, sondern es ist eine Entscheidung eines Spielenden (des Spielers oder des Spielleiters) diese Eigenschaft des Charakters zu aktivieren. - Erst durch das nachfolgende SPIELEN mit dem aktivierten Aspekt, gefolgt von einem Würfelwurf!, werden FAKTEN in der Spielwelt geschaffen. Nur diese Fakten sind dem Charakter bekannt. Nicht, daß er jetzt um einen Fate-Point ärmer oder reicher ist, und daß er deshalb eine ihm zugesprochene Eigenschaft in seiner Handlung ausgelebt hat.
@ Zornhau
Ich muss doch mal kurz auf die City-Creation eingehen^^.
Die Intrige und das Spiel mit Charakteren die selbst in die Geschehnisse involvierten sind und nicht nur „zu Besuch sind um den Tag zu retten“ gibt es nicht ohne Wissen über Parteien und Umstände. Sie empowert den Spieler wieder und zwar auf der klassischen Spielerebene. Ohne Informationen können die Konsequenzen einer Handlung nicht abgesehen werden. Ohne das Wissen über die Umstände können sich Optionen und mögliche Vorgehensweisen dem Spieler gar nicht erst erschließen.
Das ist NICHT ANDERS als in JEDER Spielwelt mit Intrigen oder sonstigen Beziehungsgeflechten. - Nur haben da eben die Spieler NICHTS reinzureden, bis sie mittels ihrer Charaktere mit dem Beziehungsgeflecht interagieren.
Meine Erfahrung in diesem Zusammenhang ist btw. , dass gerade das „Kennenlernen“ des Szenarios meist der Teil ist, der mir als Spieler am wenigsten Spielspaß bereitet.
Komisch. - MIR und MEINEN Spielern bereitet das ENTDECKEN solcher Zusammenhänge ungemein viel Spaß. - Das Entdecken der Spielwelt ist ein Teil des Spielinhalts, der zum Abenteuer im Rollenspiel dazugehört.
Kennt man die Welt schon, dann ist nichts mehr zu Entdecken, sondern höchstens noch etwas Aufzudecken. Das ist anders und nicht ganz so abenteuerlich.
Ein Dorf in DitV eröffnet erst dann das „eigentliche Spiel“, wenn ich einen gewissen Überblick über die Parteien und Vorgänge habe. Wenig Spieler die ich kennen gelernt habe, tappen gerne lange im Dunkeln .
GENAU DAS, das Herausbekommen, was in einer DitV-Stadt eigentlich so abgeht, wer hier lebt, welche Probleme vorliegen, usw. ist es, was 99% des Reizes an DitV ausmachen. - Wenn man eben gerade noch NICHT weißt, wo der soziale Sprengstoff liegt, geht man in der Stadt unter einer Spannung wie in einem Minenfeld. - Sind die Probleme und die Betroffenen erst einmal bekannt, daann hat man (meist) eine recht geradlinige Lösung vor sich (shoot'em all löst auch immer irgendwas). Das ist aber NICHT das Reizvolle, weswegen ich DitV spiele.
Ebenso ist die City-Creation eben nur ein vorgelagertes Minigame (bei dem gerade auch der SL mitspielt und moderiert). Die Verwaltung des Settings unterliegt immer noch dem SL.
Nur ist er Verwalter, aber nicht SCHÖPFER des Settings. Er ist nicht der UNTERNEHMER, sondern nur ein MANAGER für etwas, was ihm andere vorgesetzt haben.
Und dieser Unterschied ist schon krass.
Das ist so, wie wenn man auf Cons mit einem vorgenerierten Charakter spielt. Man hat ihn nicht selbst erschaffen, man darf ihn aber spielen und weiterentwickeln und kann schauen, was man aus ihm herausholen kann, aber es IST NICHT DER EIGENE!
MEINE Spielwelt soll MEIN Charakter sein.
Ich bin mir btw. auch nicht ganz sicher, ob ich alle deine Ansichten zu ORS teile, zumindest was die strikte Trennung von "SL-" und "Spielerbereich" betrifft^^.
Mußt Du auch nicht teilen. - Es ist ja so, daß für MICH das ganze Old-School-Thema KEINE RENAISSANCE ist.
Ich war dabei, als die gesamte Rollenspielwelt so gespielt hatte.
Ich muß nicht vermuten. - Es gab NIE EINEN ZWEIFEL, daß die Trennung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten so strikt ist und so strikt sein SOLLTE. Das ist die Art, wie man das Spiel spielt.
Im OSR kommt ein Faktor hinzu, der in vielen RSPs die folgten fehlte: Der gesunde Menschenverstand.
Man kann das als GMV bezeichnen.
Ich halte vom GMV-Begriff wenig.
Für mich entscheidet hier die ETHIK des Spielleiters.
Der Spielleiter ist der GRUPPENFÜHRER. Damit ist schon alles gesagt. Das schließt wirklich ALLES ein, was für eine Funktionstüchtigkeit einer Spielgruppe notwendig ist.
Da werden Lösungen und Kompromisse gesucht und geschaffen und zwar wohlgemerkt mit einem Gruppenkonsens.
Nein. - Es werden KEINE "Lösungen und Kompromisse gesucht". - Was soll das mit Old-School-Rollenspiel zu tun haben?
Das hört sich nach Sozialpädagogik oder so etwas an, aber NICHT nach dem Spielleiter als Gruppenführer.
Konsens gibt es nur in der Form von Gruppenzusammenhalt. Dabei sind ALLE üblichen Phasen der Dynamik von Gruppen in einer Rollenspielgruppe anzutreffen. Rollen, Mechanismen, Prozesse, usw. - Alles so, wie in JEDER Gruppe von Menschen.
Aber es findet in Old-School-Gruppen KEIN "Laberkränzchen" und KEINE "Kompromißfindung" statt. - Wie gesagt, das hört sich nach "Ich bin OK. Du bist OK. Gut, daß wir darüber geredet haben." an.
Mag sein, dass der mitunter nur durch das stille Nicken der Spieler zustande kommt, aber erst durch diese Zustimmung wird der Lösungsvorschlag angenommen.
Ist der Spielleiter der Gruppenführer, ist die Entscheidung (nicht ein "Lösungsvorschlag", sondern eine ENTSCHEIDUNG!) sofort gegeben. Es gilt nur eines: Das Spiel MUSS weitergehen!
All dieses Herumdiskutieren und "Vorschläge Unterbreiten" hört sich für mich nach einer Spielrunde an, die sich in Diskussionen verliert und die NICHT SPIELT, sondern nur labert.
Spieler und SL müssen „zusammenspielen“. Es führt kein Weg drumherum.. und genau das macht OSR so gut!
Exakt. - ALLE spielen miteinander. - Jeder nach seinen Aufgaben, Verantwortlichkeiten, Entscheidungsfeldern. - Und daher braucht es bei einem guten Zusammenspiel auch KEINE Diskussionen.
Die braucht es nur, wenn es irgendwo "knirscht" im Getriebe. - Und wenn es "knirscht", dann liegt meist ein normaler gruppendynamischer Vorgang vor. Und ein Gruppenführer hat so etwas im Griff - oder er führt die Gruppe nicht. Das ist es, was das Spielleiten nach "Old-School"-Art zu solch einer Herausforderung macht.