Zugegeben, ich beschäftige mich recht oberflächlich mit Rollenspieltheorie.
Deswegen verwundert mich auch ein wenig die indirekte (egal ob intentioniert oder nicht, ich habe es so verstanden) Darstellung von Storytelling als Spielen einer vorgefertigten Geschichte, wie hier beschrieben:
http://tanelorn.net/index.php/topic,57285.0.htmlMeiner Meinung nach geht es beim Storytelling gerade nicht um vorgefertigte Geschichten. Es geht darum, eine Geschichte entstehen zu lassen. Das kann in Relation mit einer Metageschichte geschehen, aber grundsätzlich dreht sich alles um die Charaktere, deren Veränderung und die daraus entstehenden Effekte auf die Spielwelt. Ich versuche mal zu erklären, wie ich das meine:
1. Voraussetzung ist eine regelmäßig spielende Gruppe mit festen Charakteren und festem SL.
2. Der SL ist ein fairer SL, der sowohl die Regeln wie geschrieben berücksichtigt und den Spielern über ihre Charaktere auch die volle Handlungsfreiheit innerhalb der Spielwelt einräumt. Die Spieler haben jedoch keinen Metaeinfluss im Sinne von direkter Beeinflussung der Spielwelt ohne Umweg über ihren Charakter.
3. Der SL entwickelt ein Setting, eine Spielwelt mit eigener Dynamik. Dies geschieht um die Spieler und deren Charaktere herum, damit die Motivationen jedes einzelnen Spielers/Charakters berücksichtigt werden und dieser einen echten Grund hat, an den Geschehnissen teilzuhaben.
4. Der SL bietet im Spiel Hooks, welche die Charaktere in die Dynamik der Spielwelt schleudern. Die Spieler können sich natürlich auch selbst welche suchen, was sich meist von ganz alleine ergibt. Die Handlungen der Spieler haben direkten Einfluss auf das Geschehen und bestimmen, sofern sie das wollen, die Dynmaik der Spielwelt maßgeblich mit.
5. Der SL geht auf individuelle Abenteuerwünsche ein, die der Entwicklung des Charakters dienen (Ich glaube, das sind Flag-Abenteuer? Ich meine jedenfalls Abenteuer im Sinne von Questen, die sich um die persönlichen Ziele des Charakters drehen und im besten Fall mit der Spielweltdynmaik zusammenhängen, aber nicht müssen). Mit Entwicklung meine ich Veränderung durch schwierige Entscheidungen, die tatsächlich eine Verhaltensänderung bewirken.
Daraus ergibt sich im besten Fall eine dynamisch entwickelte Geschichte mit einem fixen Startpunkt und einem völlig flexiblen Endpunkt, die durch eine ständige Interaktion der SC mit der Spielwelt und die kontinuierliche Entwicklung der Protagonisten, wie sie für viele Geschichten im Sinne von Büchern, aber auch Filmen absolut charakeristisch ist (Star Wars als Beispiel für Anakin's persönliche Heldenreise), und diversen Abenteuern unterschiedlichster Ausprägung lebt.
Ist das Storytelling?